Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Moderator: jogiwan

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Il Grande Silenzio
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Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Il Grande Silenzio »

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bbddfc9499f5510539acd6ef7ece66ec.jpg (55.21 KiB) 78 mal betrachtet

OT: Begotten

ca. 78 Minuten
USA 1991
Regie: E. Elias Merhige
Darsteller: Brian Salzberg, Donna Dempsey, Stephen Charles Barry,u.a.

s/w

Inhaltsangabe:

Eine Gotteskreatur ("God Killing Himself"), die sich in einer Waldhütte einsam selber umbringt, schlitzt sich den Bauch auf. Aus den abgetrennten Gedärmen erwächst "Mother Earth", die sich mit dem toten Samen eines anderen Gottes befruchtet. Sie gebiert eine kahle, geschlechtslose Kreatur ("Son of Earth" aka "Flesh on Bone"), mit der sie in die Wüste zieht. Dort treffen sie auf ein gewalttätiges Nomadenvolk, die ebenfalls Fleisch zerstören, um Neues zu erschaffen...

Quelle: OFDb.de

Viel mehr gibts zum Inhalt nicht zu sagen, der Film kommt völlig ohne Dialoge aus und die o.g. "Inhaltsangabe" lässt sich auch nur deshalb machen, weil die Charaktere im Abspann genannt werden.


Kritik:

Der "Film" ist m. E. noch am ehesten mit Buñuels "Der andalusische Hund" zu vergleichen, wobei dieser noch weitaus zugänglicher ist. Hier kann sich jeder Philosophiestudent und solche, die es sein wollen, bis zum bitteren Erbrechen mit sinnigen oder vielmehr unsinnigen Interpretationsmöglich-keiten austoben. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Merhige selbst eine schlüssige und nachvollziehbare Interpretation geben könnte, und einen tieferen Sinn vermutlich auch gar nicht gewollt hat.

Einen auch nur ansatzweise vorhandenen Unterhaltungswert bekommt der Zuschauer nicht geboten, ein Experimentalfilm aller erster Güte, etwas derart Abstraktes habe ich noch nie gesehen. Insofern schafft es der Film durchaus, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen, weil man ständig bemüht ist, zu verstehen, was auf dem Bildschirm passiert.

Die grobkörnigen, schmutzigen und düsteren s/w-Bilder geben dem Film etwas zeitloses, krankes und undefinierbares, was durchaus gut zum "Thema" passt. In Hochglanzoptik wäre dieses Werk kaum vorstellbar. Für einen Experimentalfilm ist dieses Werk mit knapp 80 Minuten allerdings viel zu lang, zumal das Tempo regelmäßig Zeitlupencharakter hat. Als Kurzfilm wäre Begotten sicherlich erträglicher. Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen.

Trotzdem: Aufgrund der Einzigartigkeit, einer bis dato nicht gesehenen Bildersprache, müsste man (eigentlich) die volle Punktzahl vergeben. Einen Stern Abzug gibt es für die "Überlänge" und den schlichtweg nicht vorhandenen Unterhaltungswert. Definitiv kein Film für Leute, die schon "Eraserhead" als durchgeknallt empfunden haben.

8/10
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jogiwan
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von jogiwan »

diesen Film suche ich schon so lange... bislang vergeblich :(
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Vinz Clortho
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Vinz Clortho »

Jetzt geht's aber rund hier. BEGOTTEN ist meines Erachtens mit keinem anderen Werk der Filmgeschichte vergleichbar, weder mit UN CHIEN ANDALOU noch mit ERASERHEAD. In visueller Hinsicht gehört Merhiges Debüt für mich zum Ungewöhnlichsten, Intensivsten und gleichzeitig Seltsamsten, das jemals über meinen Bildschirm flimmerte. Eine dunkle, abgründige und schlichtweg überwältigende Sinneserfahrung, mit einer profanen Begrifflichkeit wie "Film" kaum angemessen zu beschreiben. Absolute Pflichtveranstaltung für Freunde des Außergewöhnlichen - aber selbst die dürften nur unzureichend auf das vorbereitet sein, was sie hier erwartet!

Man stelle sich vor, die Gebrüder Lumière hätten Alejandro Jodorowsky mit Equipment ausgestattet und ihn beauftragt, in die Steinzeit zu reisen, um mit dort ansässigen Kannibalenstämmen eine frühzeitliche Version von Jesus Christ Superstar zu drehen. So was in der Art. Und doch ganz anders.

Der Regisseur drehte noch den nicht minder großartigen, wenn auch deutlich gemäßigteren und visuell recht konventionellen SHADOW OF THE VAMPIRE, Videos für u.a. Marilyn Manson, Danzig und Interpol sowie den arg mittelmäßigen SUSPECT ZERO. Danach verschwand er in der Versenkung. Angesichts seines beeindruckenden Debüts eine Schande.

9,5/10

wobei ich mich schon frage, ob der nach gängigen Maßstäben überhaupt zu bewerten ist ...
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Arkadin
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Arkadin »

jogiwan hat geschrieben:diesen Film suche ich schon so lange... bislang vergeblich :(
Ich auch :(
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Vinz Clortho
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Vinz Clortho »

Vielleicht gibt's ja Mittel und Wege ... ähem. Ich selbst verfüge zwar nicht über entsprechende Möglichkeiten, aber man kennt ja auch Leute. Oder der Herr, der den Fred ins Leben gerufen hat erbarmt sich? :?
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Vinz Clortho »

ODER man schaut einfach mal spontan bei Youtube nach, ob's da nicht zufällig den kompletten *räusper* Film zu bestaunen gibt ... ;)
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Arkadin »

Vinz Clortho hat geschrieben:ODER man schaut einfach mal spontan bei Youtube nach, ob's da nicht zufällig den kompletten *räusper* Film zu bestaunen gibt ... ;)
Hoppla! Das könnte eine Idee sein. 8-)
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Il Grande Silenzio
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von Il Grande Silenzio »

Ich habe ihn *räusper* auch nur im www begutachten können.

Die DVD gibt es ja leider nur zu astronomischen Preisen. :(
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jogiwan
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von jogiwan »

Jetzt habe ich „Begotten“ auch endlich gesehen und erwartungsgemäß ist der Streifen ohne Dialoge der erwartete Mindfuck, der wirklich so aussieht, als käme er aus einer anderen Zeit und einem Ort. Die Geschichte über Leben, Tod und Gewalt ist rudimentär, die Figuren werden "Gott", "Mutter Erde" und "Sohn der Erde" benannt und eine Gruppe von Menschen oder Nomaden verschleppt, quält und tötet zu infernalischen Grillengezirpe und grobkörnigen Bildern, auf denen oftmals nur zu erahnen ist, was überhaupt zu sehen sein soll. „Begotten“ ist dann auch kein Streifen, der nach handelsüblichen Mustern funktioniert oder so zu bewerten wäre, sondern ein Trip in eine düstere und archaische Welt, für die der Zuschauer auch entsprechend aufgeschlossen sein muss. Der Streifen erinnert auch mehr an eine fordernde und unbequeme Kunst-Installation, die beim Zuschauer etwas bewirken und auslösen möchte und wer siebzig Minuten Zeit opfert und sich einzulassen vermag bekommt hier auch ein zweifelsfrei verstörendes Werk präsentiert. Ein Film, der schwer zu beschreiben ist und den man wohl selbst zu erleben muss, wenn man dieser Art von Experimental-Film aufgeschlossen ist. Prädikate wie "gut" oder "schlecht" greifen hier auch überhaupt nicht mehr und Hut ab vor den Machern und einem derartigen Vorhaben, dass einem kommerziellen Unterhaltungsfilm wohl ferner nicht sein könnte.
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jogiwan
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Re: Begotten - E. Elias Merhige (1991)

Beitrag von jogiwan »

Seltsamerweise hat meine Stiefelbein-Fassung am Anfang von Rogue Video eine andere Einblendung, als die Fassung von DuRöhre (Bild 1), die laut IMDB wohl auch die ursprüngliche Fassung ist...

Bild

Language bearers, Photographers, Diary makers. You with your memory are dead, frozen. Lost in a present that never stop passing. Here lies the incantation of matter. A language forever.


Bild

Like a flame burning away the darkness. Life is flesh on bone convulsing above the ground.

:?

Aus der geplanten Blu-Ray-VÖ bzw. den diesbezüglichen Meldungen aus dem Jahr 2016 ist wohl auch nix geworden, oder? Bei dem Film und seinem gewollten Look macht HD wohl auch keinen Sinn...
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