Let Me In - Matt Reeves (2010)

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: Let Me In

Herstellungsland: USA / Großbritannien (2010)

Regie: Matt Reeves

Darsteller: Kodi Smit-McPhee, Chloë Grace Moretz, Richard Jenkins, Cara Buono, Elias Koteas, Sasha Barrese, Dylan Kenin, Chris Browning, Ritchie Coster, Dylan Minnette, Jimmy 'Jax' Pinchak, Nicolai Dorian u. A.
Neue Nachbarn in Los Alamos, New Mexico: die etwa 12jährige Abby (Chloe Grace Moretz) zieht mit einem Mann (Richard Jenkins), der ihr Vater sein soll, in der Nachbarschaft des jungen Owen (Kodi Smit-McPhee) ein. Der Junge ist in seiner Schule nicht eben beliebt und sieht sich ständigen bösartigen Angriffen einiger Mitschüler ausgesetzt, so daß Owen schon bald eigene Gewaltphantasien entwickelt. Die Begegnung mit Abby lenkt ihn davon ab, dafür jedoch gerät Abbys Begleiter in Schwierigkeiten, denn er ist nicht ihr Vater, sondern ihr Freund, der für sie Menschen ermordet, um an Blut für Abby zu kommen - sie ist ein jahrtausendealter Vampir im Körper eines Kindes. Schon bald kommen die "Kinder" sich näher und freunden sich als Außenseiter an, doch beiden droht Gefahr aus der Außenwelt, als sich Abby selbst ihre Nahrung suchen muß...
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von buxtebrawler »

In Los Alamos, New Mexico, bekommt irgendwann in den 1980ern der ein tristes, einsames Leben führende und in der Schule gemobbte zwölfjährige Owen (Kodi Smit-McPhee, „The Road“) neue Nachbarn: Die anscheinend etwa gleichaltrige Abby (Chloë Grace Moretz, „Amityville Horror – Eine wahre Geschichte“) zieht zusammen mit einem älteren Herren – vermutlich ihr Vater – in eine Nachbarwohnung des Wohnblocks ein. Abby und Owen freunden sich vorsichtig miteinander an und sie lenkt ihn ein wenig von seinem Frust und seiner Wut ab. Was Owen zunächst nicht weiß: Abby ist ein Vampir in Gestalt eines zarten, jungen Mädchens und ihr vermeintlicher Vater ihr Wegbegleiter, der ihr Nahrung beschafft. Als dies einmal schief geht, ist Abby auf sich allein gestellt. Owen ist der einzige, den sie noch hat...

Wem das schwer bekannt vorkommt, der irrt nicht: „Let Me In“ ist die Neuverfilmung des schwedischen Bestsellers „Låt den rätte komma in“ von John Ajvide Lindqvist, der 2008 bereits in schwedisch-französischer Koproduktion von Tomas Alfredson („Four Shades of Brown“) verfilmt und hierzulande als „So finster die Nacht“ bekannt wurde. US-Regisseur Matt Reeves, der ebenfalls 2008 mit seinem Spielfilm-Debüt „Cloverfield“ auf sich aufmerksam machte, interpretiert die Geschichte in „Let Me In“, 2010 von den wiederauferstandenen „Hammer Film Productions“ britisch-US-amerikanisch koproduziert, neu.

In sehr schönen, lediglich manchmal übertrieben in Gelb/Gold-Filter getauchten Bildern und äußerst angenehmem, ruhigem Erzähltempo erzählt er die Geschichte einer fragilen, präpubertären Außenseiterromanze, die gleichzeitig Zweckgemeinschaft ist und zwei von ihrer Existenz bzw. von ihrem Umfeld gepeinigten Seelen Halt und Schutz bietet. Die Melancholie der winterlichen Tristesse, die erwärmt wird von der sich immer fester zurrenden Verbundenheit Abbys und Owens, wird immer wieder wohldosiert jäh durchbrochen von plötzlichen Ausbrüchen von Grausamkeit in grafisch expliziten Bildern, umgesetzt mittels gelungener Spezialeffekte und Make-up-Arbeiten. Ebenso grausam jedoch ist der Inhalt des Films, der urteilsfrei zeigt, wie sich ein bisher unbescholtener Junge auf einen Pakt mit diesem Grauen einlässt, weil er in seinem normalen Umfeld und der unwirtlichen Welt um ihn herum keine Hoffnung, keine Perspektiven mehr erkennt. Abbys für sie überlebenswichtigen blutigen Exzesse stehen einer vom Film keinesfalls einseitig als Ausnutzung dargestellte Verbindung zu Owen gegenüber, die ihrerseits überlebenswichtig für den Jungen scheint, um sich zu behaupten und seinen Lebenswillen wiederzufinden. Gut/Böse-Schwarzweißmalerei ist nicht Thema dieses Films. Trotz der Abgründigkeit und des Fatalismus dieser Konstellation erscheint sie nachvollziehbar, folgerichtig, gar begrüßenswert? Identifikationsfiguren von „Let Me In“ sind eben diese beiden Geschöpfe – keine Vampirjäger, Therapeuten, Sozialarbeiter, Eltern oder sonstige Vertreter der Erwachsenenwelt, die nur am Rande vorkommt, was wiederum den fehlenden Bezug zwischen ihr und Owen charakterisiert.

Mit diesem gänzlich unkitschigen, stattdessen zwischen subtil und offen bösartigen modernen, morbiden Vampirmärchen, das sich im Stile eines „Coming of age“-Streifens der sowohl Hoffnung als auch Verwirrung und Gefahr bergenden ersten Liebe auf höchst ungewöhnliche Weise annimmt und mit einem offenen Ende die Phantasie des Zuschauers zu Gedankenspielen anregt, trifft Matt Reeves den Ton der Vorlage bzw., da mir diese unbekannt ist, der Erstverfilmung. Offensichtlich ist er sensibel genug, um ebenso wie Tomas Alfredson seinem Publikum emotionale Kälteschauer durch die Wirbelsäule zu jagen. Den Jungschauspielern zuzusehen ist ein Genuss; wie auch in „So finster die Nacht“ ist es insbesondere die Rolle Abbys (die dort noch Eli hieß), die sich besonders hervortut. Chloë Grace Moretz gelingt es, gleichzeitig das nette Mädchen von nebenan sowie die mysteriöse, abgrundtiefe Traumgestalt zu sein und mit ihrer von der Regie herausgeforderten Ausstrahlung zu faszinieren. Kodi Smit-McPhee als Owen agiert lockerer und beweglicher als sein schwedisches Äquivalent und macht seine ebenfalls ausgesprochen gut, wenngleich er nicht denselben Wiedererkennungswert besitzt. Die von Michael Giacchino komponierte Filmmusik passt sich wunderbar der Stimmung des Films an bzw. sorgt häufig erst für selbige und ist ein weiteres schönes Beispiel für unaufdringliche und dennoch effektive musikalische Untermalung eines bildgewaltigen Films, der gern das Tempo zugunsten einer sich schleichend ihren Weg bahnenden, einlullenden und schließlich vereinnahmenden Atmosphäre drosselt.

Wo jedoch sind die im Vorfeld vollmundig angekündigten Variationen gegenüber „So finster die Nacht“? Wollte man sich nicht enger an die Literaturvorlage halten? Sicher, man geht stärker auf Thomas, Abbys vermeintlichen Vater, ein, der mehr Aufmerksamkeit bekommt und einige starke Auftritte hat, in denen Richard Jenkins glänzt. Man gibt sich noch etwas expliziter, was die Gewaltspitzen betrifft. Man verlagerte die Handlung von Schweden nach New Mexico und amerikanisierte die Namen. Das war es dann aber auch schon weitestgehend; letztlich ereilt „Let Me In“ das gleiche Schicksal wie so viele US-Neuverfilmungen erfolgreicher ausländischer Filme: Es ist eben genau das, eine Neuverfilmung, keine wirkliche Neuinterpretation. Es gibt keinerlei neue Ansätze, stattdessen wird die Handlung hier und da etwas vereinfacht und massentauglich verständlicher gemacht (was nicht immer schlecht sein muss), wird aber auch leider der sozialkritische Aspekt des Originals auf ein Minimum zurückgefahren. Zweifelsohne ist „Let Me In“ für sich betrachtet ein sehr guter Film, den sich anzusehen lohnt, der Tiefgang besitzt und länger nachklingt. Die Originalität aber tendiert leider gen null. Aufgrund der unbestrittenen Qualitäten des Films und weil Reeves und sein Team das Original definitiv verstanden haben, bin ich zwiegespalten und komme nicht umhin, „Let Me In“ anzuerkennen und auch ihm satte 8/10 Punkten zuzugestehen. Die Hälfte jener gebührt aber eigentlich Alfredson. Eigentlich schade, dass ein so gelungener, sehenswerter Film gleichzeitig so unheimlich verzichtbar ist...
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purgatorio
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von purgatorio »

LET ME IN (LET ME IN, USA, Großbritannien 2010, Regie: Matt Reeves)

Sehr gute Metapher auf das Erwachsenwerden, Isolation und Pubertät, Begierde und Sehnsucht! Kodi Smit-McPhee leidet als Owen sehr glaubwürdig, sieht ausgereift nach Außenseiter aus und fordert den Betrachter auf ihm Schutz zu bieten. Leider können wir von vor dem Bildschirm aus nichts tun und müssen die Ungerechtigkeiten ebenso ertragen wie Owen. Chloë Moretz macht ihre Sache gut, stinkt aber entschieden gegen die Leistung von Lina Leandersson im Original ab. Irgendwie sieht man immer Hit-Girl.

Insgesamt liefert Matt Reeves einen sehr guten Film ab, der allerdings auch dem Vorwurf der Unnötigkeit nichts entgegensetzen kann. Schließlich gibt es da SO FINSTER DIE NACHT, der in vielen – eigentlich allen – Belangen besser ist. Zumal letzterer gewollt rätselhafter bleibt, wohingegen LET ME IN seinem Publikum alles – absolut alles ! – erklären muss (wer ist bitte gleich der „Vater“ von Abby?). Einige Variationen in Details machen den Film zwar interessant, letztlich wird er aber ewiglich dem großen Vorbild hintanstehen. Gut ist er trotzdem, wenn mir auch einige Veränderungen nicht gerade gefielen (die tobende Bestie im Tunnel war beispielsweise wirklich zu viel des Guten und definitiv zu sehr CGI – das war nicht notwendig!). 7/10
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Adalmar
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von Adalmar »

Die Fernsehausstrahlung wurde letztens in den Printmedien noch mit großem Hallo als "dunkles Meisterwerk" und "einer der besten US-Horrorfilme der letzten xx Jahre" usw. angekündigt ... gegen Ende wurde dann geradezu widerwillig noch auf das schwedische Original verwiesen. Schon traurig, diese Ignoranz. Ich werde mir den US-Streifen trotzdem demnächst mal angucken.
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untot
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von untot »

Ich frag mich immer warum man Erfolge wie "So finster die Nacht" in dem USA nochmals verwursten muss, zumeinst machen die absolut nix besser, sondern machen ganz auf Ami Art alles was vorher gut gewesen ist gnadenlos nieder.
Muss ich nicht haben, hab den Film zwar gesehen, aber gegen das Original und seinen Charme stinkt er schon gewaltig ab.
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karlAbundzu
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von karlAbundzu »

damit die us-amerkaner die gucken können.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
untot
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von untot »

karlAbundzu hat geschrieben:damit die us-amerkaner die gucken können.
...und auch verstehen ne! :lol:
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karlAbundzu
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von karlAbundzu »

ja, ganz genau.
Ich kann das für den amerikanischen /englischsprachigen Markt verstehen. Synchronisiert wird da halt nicht, und mit ein paar Stars laufen da halt auch vie rein, und gute Filme bleibens ja meist trotzdem, siehe auch Internal Affairs oder Nightwatch.
Let me in habe ich aber noch nicht gesehen, also das Remake, die Erstverfilmung fand ich super, aber jetzt soll mal erst der roman ran.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
purgatorio
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von purgatorio »

karlAbundzu hat geschrieben:(...) und gute Filme bleibens ja meist trotzdem, siehe auch Internal Affairs oder Nightwatch.
und THE GIRL WITH THE DRAGON TATTOO :opa:
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Adalmar
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Re: Let Me In - Matt Reeves (2010)

Beitrag von Adalmar »

Habe den Film jetzt mal gesehen und wie erwartet wurde, soweit ich das Original in Erinnerung habe, massiv von letzterem abgekupfert. So ähnlich wie z. B. die Schwimmbadszene am Schluss teilweise aussah, kann eigentlich niemand mehr behaupten, dass hier das Buch neu interpretiert worden sei. Reeves hat m. E. zum größten Teil einfach Alfredsons Film nachgedreht. Zudem habe ich die Optik des schwedischen Films auch noch als überzeugender in Erinnerung.

Die Darsteller, besonders natürlich Chloe Moretz und Kodi Smit-McPhee, machen ihre Sache wirklich gut und daher täte es mir leid, diesen Film als komplett überflüssig zu bezeichnen. Aber dass viele den US-Abklatsch abfeiern und vom schwedischen Film vielleicht nicht mal wissen, ist schon ein trauriger Gedanke.

Das meiste sehe ich also ähnlich, wie es oben schon buxtebrawler detaillierter formuliert hat, nur in Punkten komme ich zu einem ganz anderen Ergebnis, da schweben mir eher so 3/10 vor, da diese Kopiererei für mein Empfinden nicht honoriert gehört.
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