Das große Fressen - Marco Ferreri (1973)
Moderator: jogiwan
Das große Fressen - Marco Ferreri (1973)
Herstellungsland: Frankreich / Italien / 1973
Regie: Marco Ferreri
Originaltitel: La Grande bouffe
Darsteller: Michel Piccoli, Marcello Mastroianni, Philippe Noiret, Ugo Tognazzi, Andréa Ferréol, Solange Blondeau u. A.
Story:
Marcello, Michel, Ugo ( ) und Phillippe haben ihre besten Jahre hinter sich. Gelangweilt vom Leben im Überfluss und angeödet vom Mangel an neuen Herausforderungen beschließen sie, sich in einer abgelegenen Villa zu Tode zu fressen. Drei Callgirls und die üppige Lehrerin Andrea leisten den Lebensmüden bei ihrem Selbstmord durch orale Genusszuführung Gesellschaft. Fressgier und Sextrieb verschmelzen miteinander und nach und nach ereilt die Männer ihr selbst gewähltes Schicksal...
Re: Das große Fressen - Marco Ferreri
Klasse Film dekadent, säuisch, verrückt und krank, aber geil!!
8/10
8/10
- Nello Pazzafini
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Re: Das große Fressen - Marco Ferreri
immer wieder ein wahnsinniges vergnügen, köstlich sozusagen, Mahlzeit!
Re: Das große Fressen - Marco Ferreri
Neben "Dillinger ist tot" der beste Film von Marco Ferreri. Der kollektive Selbstmord durch extreme Dekadenz ist unglaublich und intensiv in Szene gesetzt. Was am Anfang wie ein großer Spaß aussieht, treibt immer mehr hinein in ein düsteres, verzweifeltes Drama der überflüssigen Existenz, bei dem es keine Hoffnung mehr gibt. Großartig. 9/10.
Früher war mehr Lametta
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Re: Das große Fressen - Marco Ferreri
Den Eindruck hab ich auch...Santini hat geschrieben:
Marcello, Michel, Ugo ( ) und Phillippe haben ihre besten Jahre hinter sich.
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- Nello Pazzafini
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Re: Das große Fressen - Marco Ferreri
letztens im privatkino entdeckt, schreit nach sichtung.....
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Re: Das große Fressen - Marco Ferreri
„Die Franzosen und ihr Fressen!“
Als der italienische Regisseur Marco Ferreri („Ganz normal verrückt“) nach seinem Erotikdrama „Allein mit Giorgio“ einige renommierte Schauspieler um sich scharte und zum „großen Fressen“ lud, war der Skandal perfekt. Mit seiner eigenwilligen „Dramödie“ um vier Männer aus der Mitte der Gesellschaftlich, die sich zum kollektiven Totfressen versammeln, gelang ihm 1973 in französisch-italienischer Koproduktion ein Aufsehen erregender, provokanter Skandalfilm, dessen Ruf lange nachhallte und der zu Ferreris wohl populärsten Werk geriet.
Der als Richter arbeitende Philippe (Philippe Noiret, „Eine Wolke zwischen den Zähnen“) lädt seine Freunde, den Koch und Restaurantbesitzer Ugo (Ugo Tognazzi, „Barbarella“), Flugkapitän Marcello (Marcello Mastroianni, „Was?“) und Fernsehmoderator Michel (Michel Piccoli, „Themroc“) in die leerstehende Stadtvilla seiner Familie ein. Dort lassen sie sich eine Lkw-Ladung Lebensmittel liefern, bestellen sich drei Prostituierte und versuchen, durch Überfressen das Zeitliche zu segnen und nebenbei noch etwas zu vögeln. Irgendwann stößt durch Zufall die Lehrerin Andrea (Andréa Ferreol, „Der Zwilling“) hinzu, während die Huren angewidert das Weite suchen. Den Männern ist’s egal, sie essen und essen...
Quasi unmittelbar nach Eröffnung des Films reißt Ferreri seine männlichen Hauptrollen bereits aus ihrem Alltag und verfrachtet sie in die opulente Pariser Villa, wo sich die gesamte Handlung von nun an abspielt. Nur zaghaft werden die Personen nach und charakterisiert, obwohl sie nahezu ununterbrochen plappern und wer noch nicht weiß, worauf das alles hinausläuft, wird sicherlich versuchen, so etwas wie einen roten Faden im Treiben zu finden, das zunächst wie ein recht harmloses, wenig aufregendes Treffen langjähriger Freunde wirkt. Dass sie sich in Todessehnsucht für das abwegige Vorhaben, sich so lange zu überfressen, bis sie sterben, versammelt haben, wird im weiteren Verlaufen erst spät deutlich und wirkt fast wie beiläufig erwähnt. Alle vier Mittelklassemänner bewahren lange Zeit eine gewisse Contenance, geben sich außer den Ess- und Sexualexzessen keinen weiteren hin. Drogen bleiben ebenso außen vor wie Drama oder tiefe Emotionen.
Ferreri spult dazu passend Handlung und Entwicklung weitestgehend gleichförmig ab, arbeitet weder mit einem ausgefeilten Timing, noch mit Dramatik oder Tragik, bewahrt quasi stets eine Art Einheitstempo, was „Das große Fressen“ zu einer anstrengenden, monotonen Angelegenheit macht. Seinen Witz entwickelt er aus der Überzeichnung der lebensmüden Charaktere und ihrer Marotten, ohne dabei wirklich lustig zu sein – was er vermutlich auch gar nicht sein wollte. Umso befremdlicher wirkt der Fäkalhumor durch die permanente Flatulenz, die ab einem gewissen Zeitpunkt Einzug hält, was als kontrastierendes Stilelement seine Wirkung nicht verfehlt und durch seine ständige plumpe Wiederholung zu einem Running Gag auf Grundschulniveau avanciert – immerhin. Weshalb alle bis auf einen kurzen Zwischenfall den Mageninhalt stets bei sich behalten, statt nach dem x-ten übermäßigen Bissen zu Reihern, was das Zeug hält, erschließt sich mir jedoch nicht.
Die gezeigte nackte Haut mag damals hier und dort noch skandalträchtig gewesen sein, die Kamera bleibt jedoch stets auf Distanz, statt sich hemmungslosem Voyeurismus hinzugeben oder die sexuellen Inhalte exploitativ auszuschlachten. Rubensfrau Andrea wurde vermutlich bewusst gegen Mainstream-Schönheitsideale gecastet und einerseits passt sie mit ihrem fleischhaltigen Körper gut zur Thematik, andererseits entbehrt das womöglich nicht einer gewissen chauvinistischen Diskriminierung fülligerer Frauen. Die Mischung aus vermeintlich absoluter Hemmungslosigkeit bzw. der Darstellung des Versuchs derselben durch vier allem Anschein nach zivilisierte, mitten im Leben stehende Herrschaften in Verbindung mit außerehelichem Sex, Völlerei und viel Ekel dürfte es gewesen sein, die derart sauer aufstieß, was wiederum das Kalkül Ferreris gewesen sein dürfte. Wie man es wiederum schafft, ein trotz all dieser Zutaten derart langatmiges Filmerlebnis zu kreieren, weiß wohl auch nur Ferreri allein.
Über die Intentionen der Männer lässt uns Ferreri ebenso im Unklaren, die Motive bleiben im Dunkeln und werden nie thematisiert. Möglicherweise wollte er verschiedene Interpretationsansätze von Konsumkritik über westliche Dekadenz bis hin zu moralischen oder religiösen Motiven anbieten und zum Nachdenken anregen, eventuell war es ihm aber auch schlicht egal und es ging ihm in erster Linie darum, sein Publikum auf eine Probe zu stellen, es zu verschrecken, mit Tabus zu jonglieren und/oder sich über reale Vorbilder seiner gutsituierten Protagonisten lustig zu machen. Weshalb er dann im letzten Drittel des überlangen Films mit der bisher bewiesenen Konsequenz bricht und in Person Marcellos Zweifel am Suizidplan streut – Marcello scheint nämlich doch noch andere Pläne zu entwickeln, doch dafür ist es zu spät –, so als wolle man nun doch noch reichlich bemüht eine tragische Note untermischen, erschließt sich mir ebenso wenig wie manch anderes an diesem bizarren Film, der einerseits unverkennbar den experimentellen Geist des aufgeschlossenen französischen und italienischen Kinos der 1970er atmet, andererseits aber – ich will ehrlich sein – in meiner Rezeption schon etwas in Richtung des angekackten Bettlakens tendiert, das in einer Kunsthalle ausgestellt wird...
So, was gibt's zu essen?
Als der italienische Regisseur Marco Ferreri („Ganz normal verrückt“) nach seinem Erotikdrama „Allein mit Giorgio“ einige renommierte Schauspieler um sich scharte und zum „großen Fressen“ lud, war der Skandal perfekt. Mit seiner eigenwilligen „Dramödie“ um vier Männer aus der Mitte der Gesellschaftlich, die sich zum kollektiven Totfressen versammeln, gelang ihm 1973 in französisch-italienischer Koproduktion ein Aufsehen erregender, provokanter Skandalfilm, dessen Ruf lange nachhallte und der zu Ferreris wohl populärsten Werk geriet.
Der als Richter arbeitende Philippe (Philippe Noiret, „Eine Wolke zwischen den Zähnen“) lädt seine Freunde, den Koch und Restaurantbesitzer Ugo (Ugo Tognazzi, „Barbarella“), Flugkapitän Marcello (Marcello Mastroianni, „Was?“) und Fernsehmoderator Michel (Michel Piccoli, „Themroc“) in die leerstehende Stadtvilla seiner Familie ein. Dort lassen sie sich eine Lkw-Ladung Lebensmittel liefern, bestellen sich drei Prostituierte und versuchen, durch Überfressen das Zeitliche zu segnen und nebenbei noch etwas zu vögeln. Irgendwann stößt durch Zufall die Lehrerin Andrea (Andréa Ferreol, „Der Zwilling“) hinzu, während die Huren angewidert das Weite suchen. Den Männern ist’s egal, sie essen und essen...
Quasi unmittelbar nach Eröffnung des Films reißt Ferreri seine männlichen Hauptrollen bereits aus ihrem Alltag und verfrachtet sie in die opulente Pariser Villa, wo sich die gesamte Handlung von nun an abspielt. Nur zaghaft werden die Personen nach und charakterisiert, obwohl sie nahezu ununterbrochen plappern und wer noch nicht weiß, worauf das alles hinausläuft, wird sicherlich versuchen, so etwas wie einen roten Faden im Treiben zu finden, das zunächst wie ein recht harmloses, wenig aufregendes Treffen langjähriger Freunde wirkt. Dass sie sich in Todessehnsucht für das abwegige Vorhaben, sich so lange zu überfressen, bis sie sterben, versammelt haben, wird im weiteren Verlaufen erst spät deutlich und wirkt fast wie beiläufig erwähnt. Alle vier Mittelklassemänner bewahren lange Zeit eine gewisse Contenance, geben sich außer den Ess- und Sexualexzessen keinen weiteren hin. Drogen bleiben ebenso außen vor wie Drama oder tiefe Emotionen.
Ferreri spult dazu passend Handlung und Entwicklung weitestgehend gleichförmig ab, arbeitet weder mit einem ausgefeilten Timing, noch mit Dramatik oder Tragik, bewahrt quasi stets eine Art Einheitstempo, was „Das große Fressen“ zu einer anstrengenden, monotonen Angelegenheit macht. Seinen Witz entwickelt er aus der Überzeichnung der lebensmüden Charaktere und ihrer Marotten, ohne dabei wirklich lustig zu sein – was er vermutlich auch gar nicht sein wollte. Umso befremdlicher wirkt der Fäkalhumor durch die permanente Flatulenz, die ab einem gewissen Zeitpunkt Einzug hält, was als kontrastierendes Stilelement seine Wirkung nicht verfehlt und durch seine ständige plumpe Wiederholung zu einem Running Gag auf Grundschulniveau avanciert – immerhin. Weshalb alle bis auf einen kurzen Zwischenfall den Mageninhalt stets bei sich behalten, statt nach dem x-ten übermäßigen Bissen zu Reihern, was das Zeug hält, erschließt sich mir jedoch nicht.
Die gezeigte nackte Haut mag damals hier und dort noch skandalträchtig gewesen sein, die Kamera bleibt jedoch stets auf Distanz, statt sich hemmungslosem Voyeurismus hinzugeben oder die sexuellen Inhalte exploitativ auszuschlachten. Rubensfrau Andrea wurde vermutlich bewusst gegen Mainstream-Schönheitsideale gecastet und einerseits passt sie mit ihrem fleischhaltigen Körper gut zur Thematik, andererseits entbehrt das womöglich nicht einer gewissen chauvinistischen Diskriminierung fülligerer Frauen. Die Mischung aus vermeintlich absoluter Hemmungslosigkeit bzw. der Darstellung des Versuchs derselben durch vier allem Anschein nach zivilisierte, mitten im Leben stehende Herrschaften in Verbindung mit außerehelichem Sex, Völlerei und viel Ekel dürfte es gewesen sein, die derart sauer aufstieß, was wiederum das Kalkül Ferreris gewesen sein dürfte. Wie man es wiederum schafft, ein trotz all dieser Zutaten derart langatmiges Filmerlebnis zu kreieren, weiß wohl auch nur Ferreri allein.
Über die Intentionen der Männer lässt uns Ferreri ebenso im Unklaren, die Motive bleiben im Dunkeln und werden nie thematisiert. Möglicherweise wollte er verschiedene Interpretationsansätze von Konsumkritik über westliche Dekadenz bis hin zu moralischen oder religiösen Motiven anbieten und zum Nachdenken anregen, eventuell war es ihm aber auch schlicht egal und es ging ihm in erster Linie darum, sein Publikum auf eine Probe zu stellen, es zu verschrecken, mit Tabus zu jonglieren und/oder sich über reale Vorbilder seiner gutsituierten Protagonisten lustig zu machen. Weshalb er dann im letzten Drittel des überlangen Films mit der bisher bewiesenen Konsequenz bricht und in Person Marcellos Zweifel am Suizidplan streut – Marcello scheint nämlich doch noch andere Pläne zu entwickeln, doch dafür ist es zu spät –, so als wolle man nun doch noch reichlich bemüht eine tragische Note untermischen, erschließt sich mir ebenso wenig wie manch anderes an diesem bizarren Film, der einerseits unverkennbar den experimentellen Geist des aufgeschlossenen französischen und italienischen Kinos der 1970er atmet, andererseits aber – ich will ehrlich sein – in meiner Rezeption schon etwas in Richtung des angekackten Bettlakens tendiert, das in einer Kunsthalle ausgestellt wird...
So, was gibt's zu essen?
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Das große Fressen - Marco Ferreri (1973)
Erscheint voraussichtlich am 21.07.2016 bei Arthaus noch einmal auf DVD:
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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