Mercenario - Sergio Corbucci (1968)

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Moderator: jogiwan

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Blap
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Mercenario - Sergio Corbucci (1968)

Beitrag von Blap »

Mercenario - Der Gefürchtete (Italien, Spanien 1968, Originaltitel: Il Mercenario)

Der Mexikaner Paco (Tony Musante) und seine Kumpanen haben es satt. Sie werden in einer Mine ausgebeutet und proben den Aufstand. Natürlich geht die Sache gewaltig in die Hose und Paco soll gekillt werden. Er kann gerade noch rechtzeitig entkommen, hat aber nun Häscher an den Hacken kleben. Kowalski (Franco Nero) wird respektvoll "Der Pole" genannt. Er stellt seinen Verstand und seinen Colt dem zu Verfügung, der ihn am besten bezahlt. Als Paco und Kowalski aufeinandertreffen, hat der Söldner gerade seinen Auftraggeber verloren. Kurzerhand greift er Paco und dessen Leuten unter die Arme, selbstverständlich nur gegen gute Bezahlung. Das gemeine Volk kürt Paco nach und nach zu einem Hoffungsträger, woran dieser mehr und mehr Gefallen findet. Er begreift recht schnell, dass Kowalski ihn zwar viel Zaster kostet, seine Dienste aber sehr wertvoll sind, denn der kühle, vortreffliche Verstand des Söldners ist ohne Konkurrenz. Während dem Duo auch der fiese Sadist Ricciolo (Jack Palance) auf den Fersen ist, kommen sich Paco und Kowalski ein wenig näher, doch der Söldner kennt keine Freundschaft, ergo entzweit man sich bald wieder...

Sergio Corbucci erschuf mit "Django" (1966) und "Leichen pflastern seinen Weg" (Il grande silenzio, 1968) zweifellos zwei der grössten und wichtigsten Klassiker des Italo Western. Als seine dritte Großtat wird allgemein "Mercenario" betrachtet, der kurz nach "Leichen..." entstand. Franco Nero spielte schon in "Django" erstklassig auf, in "Mercenario" zeigt er sich schauspielerisch weiter gereift, kann noch mehr Klasse und Charakter in die Waagschale werfen. Tony Musante hat erwartungsgemäß keinen leichten Stand, vor allem weil auch noch Jack Palance ab und an durchs Szenario poltert. Musante löst die schwere Aufgabe aber durchaus überzeugend. Palance gibt natürlich einen Bösewicht, dabei steht ihm Eduardo Fajardo zur Seite. Für das Auge bietet Giovanna Ralli erfreuliches, die hier mehr als nur ein armes, kleines Weiblein spielen darf, im doppelten Sinn sehr schön. Frau Ralli ist mir besonders aus Massimo Dallamanos "Der Tod trägt schwarzes Leder" (1974) in bester Erinnerung, dort spielte sie eine aufrechte, engagierte Staatsanwältin. Generell machen alle Schauspieler ihren Job sehr gut, in dieser Hinsicht ist "Mercenario" ein Volltreffer. Lediglich Jack Palance hätte ich ein wenig mehr Raum zur Entfaltung gewünscht, seine fiese Fratze ist einfach ein (Alb)traum der besten Sorte.

Nun kann man sicher jede Menge politische Anspielungen und Systemkritik in dem Film lesen. Die späten sechziger Jahre waren -in jeder Hinsicht- eine wilde Zeit, was sich selbstverständlich auch in der Filmkunst ausführlich und mit allem Nachdruck bemerkbar machte. Der "Kleine Mann" wird unterdrückt und begehrt auf, doch: "Die Reichen sind nie am Arsch" (Zitat aus "Mercenario"). Der Film zeigt die Wandlung der Hauptfiguren auf, ihre Siege und ihr Scheitern. Doch wenn sich dieser Film zu den Grössten seines Genres zählen möchte, dann muss er sich auch mit den Platzhirschen messen können. In der Disziplin "Revolutions-Western" gefällt mir "Töte Amigo" (¿Quien sabe? (1967) etwas besser, denn dort wird der Stoff konsequenter umgesetzt, und Mit Gian Maria Volonté ist ein unfassbar guter Hauptdarsteller am Werk. Das finale Duell in "Mercenario" erinnert in seiner Konstellation an "Für ein paar Dollar mehr" und "Zwei glorreiche Halunken", von denen ich "Für ein paar Dollar mehr" bevorzuge. Das Finale von "Für ein paar Dollar mehr" ist für mich DIE Referenz in Punkto "dramatische Duelle wichtiger Charaktere gegen Ende des Films", an Dramatik, kunstvoller Inszenierung und Göttlichkeit nicht zu überbieten. Diese überragende Qualität hat "Mercenario" einfach nicht! Geht es um die Entwicklung/Wandlung der Hauptfiguren, bleibt für mich Sollimas "Von Angesicht zu Angesicht" (Faccia a faccia, 1967) der Überflieger. Auch im Vergleich mit anderen Werken Corbuccis, kann sich der Streifen nicht gegen seinen "grossen Bruder" namens "Leichen pflastern seinen Weg" durchsetzen. Sicher, "Mercenario" bietet immer wieder feinen Humor und treffenden Zynismus, doch die bösartige Bitterkeit von "Leichen pflastern seinen Weg" erreicht der Film zu keiner Zeit. Keine einzige Szene von "Mercenario" kann in ihrer Intensität mit dem Hammerschlag "Leichen..." mithalten. Das Ende von "Mercenario" kommt versöhnlich, fast weichgespült daher, während sich die Boshaftigkeit von "Leichen..." mit allem Nachdruck durch die Eingeweide des Zuschauers wühlt, sich wie ein räudiges Kampfschwein im Nacken des gepeinigten Betrachters verbeisst.

Für mich ist "Mercenario" ein guter, vielleicht sogar sehr guter Vetreter seiner Zunft. Ein Film, den sich kein Fan des Genres entgehen lassen darf, für höchste Weihen reicht es dann aber leider doch nicht. Koch Media hat dem Film eine schöne Veröffentlichung gegönnt, die den Fan gewissermaßen zum Kauf nötigt! Das Bild hinterlässt teils einen etwas zu "weichen" Eindruck, während man kaum Kratzer und Verunreinigungen feststellen kann. Ich weiss nicht wie es um die Vorlage bestellt war, mir wäre allerdings ein Bild mit mehr Schärfe lieber, dafür würde ich Kratzer etc. gern in Kauf nehmen. Da auch das Filmkorn weitgehend abwesend bleibt, scheint mir hier zu sehr mit Filtern gearbeitet worden zu sein. Da man bei Koch aber mit Filmen umzugehen weiss -wie viele andere Veröffentlichungen unter Beweis gestellt haben- vermute ich die Ursache beim verwendeten Ausgangsmaterial. "Schlecht" ist das Bild keinesfalls, nur die "Form" gefällt mir persönlich nicht ganz so gut. Das Set ist ansonsten sehr gut geworden, ein dickes Digipak steckt in einem Schuber, ein Booklet liegt bei, im Bonusmaterial findet man eine über 40 Minuten dauernde Featurette, sowie ein paar nette Kleinigkeiten wie Trailer. Daher gibt es für diese Veröffentlichung eine klare Kaufempfehlung, eine schmerzhaft klaffende Lücke wurde mit dieser DVD zu "Mercenario" geschlossen!

Ein guter bis sehr guter Italo Western = 7,5/10 (Tendenz weist leicht nach oben).

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Onkel Joe
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von Onkel Joe »

Mehr kann man zu dem Film und der DVD von Koch nicht sagen, das ganze ist stimmig von A bis Z.
Da ich ja nur volle Punkte vergebe wird es ne 8 von 10.Die DVD ist für Fan´s oder welche die es werden wollen ein klares MUST HAVE !!
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Nello Pazzafini
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von Nello Pazzafini »

von mir kriegt der eine klare 10, da simmt einfach alles, ist für mich sicher unter den Top 10 der Italo Western,
Nach dem Genuss des Films und dessen Soundtracks bin ich zum Morricone Sammler geworden! Allein das ellenlange stück beim duell in der stierkampf arena ist einfach G R A N D I O S ! ! !
Hier noch das A0 Querplakat :D

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buxtebrawler
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von buxtebrawler »

Mexikaner in Italo-Western sind wie das Salz in der Suppe bzw. wie die Habanero-Schote im Chili. Werden sie zudem mit der Revolutionsthematik in Verbindung gebracht, wie hier in Sergio Corbuccis „Mercenario“ aus dem Jahre 1968, darf man sich auf ein besonderes Filmvergnügen freuen. Franco Nero („Django“) als polnischer Söldner Kowalski trifft auf Tony Musante als mexikanischen Aufständischen. Kowalski ist ein intelligenter, cooler, mit Bedacht agierender Mann, der nur sich selbst verpflichtet ist. Der hitzköpfige Paco hingegen ist mehr Bandit als Revolutionär und schießt sich in Mexiko plündernd von Stadt zu Stadt. Als beide aufeinander treffen, gehen sie eine Geschäftsbeziehung ein, im Laufe derer eine eigenartige Mischung aus gegenseitigem Respekt, Misstrauen/-gunst, Männerfreundschaft und unterkühltem Pragmatismus entsteht, die ein wenig an das Verhältnis zwischen Clint Eastwood und Eli Wallach in „The Good, The Bad and The Ugly“ erinnert. Das ist nicht nur interessant zu beobachten, sondern bietet auch Raum für allerlei Gags und absurde Situationen, die dem Film eine unterhaltsame Leichtigkeit verleihen, insbesondere verglichen mit z.B. Corbuccis „Leichen pflastern seinen Weg“. Doch auch inhaltlich wird durch den politischen Subtext einiges geboten. Revoluzzer Paco entwickelt nach und nach tatsächlich eine Art politisches Bewusstsein, wozu ihm unter anderem ausgerechnet Kowalski, der sich an Pacos Plänen bereichert, mit denkwürdigen Erklärungen verhilft. Beide müssen außerdem vor Ricciolo in Acht nehmen, der sie unerbittlich verfolgt. Dieser wird von Jack Palance mit einer unnachahmlich fiesen Ausstrahlung gespielt und braucht sich nicht hinter den Leistungen Neros und Musantes zu verstecken. Giovanna Ralli als wunderschöne Columba stellt eine starke Frau mit Köpfchen dar, bei näherer Betrachtung gar eine Symbiose aus den Charakteren Kowalskis und Pacos? Der politische bzw. gesellschaftsanalytische Aspekt des Films dient natürlich als Parabel auf seinerzeit bzw. immer noch aktuelle Ereignisse, der – sofern ich „Mercenario“ richtig verstanden habe – etwas Zynisches, Desillusioniertes anhaftet, z.B. als stehe und falle eine Revolution mit externen Unterstützern, die private Interessen verfolgen. Allzu sehr vertiefen möchte ich das aber gar nicht, da soll sich doch bitte jeder seine eigenen Gedanken zu machen. Die häufig in strahlend hellen Einstellungen gefilmten Settings und Kulissen sind von hohem Niveau, die eingefangenen Bilder wirken stimmig, die Kameraarbeit ist ohne Tadel. Zudem veredelte niemand Geringerer als Maestro Ennio Morricone das Werk mit einer grandiosen Filmmusik. Das Ende fiel nach einigen sehr actionreichen und kreativen Szenen sowie einem unvermeidlichen, aber klasse in Szene gesetzten Showdown auf eine fast schon rührende Art versöhnlich aus, was den leichtfüßigeren Unterhaltungsfaktor des Films noch einmal unterstreicht. So schwer im Magen wie ein „Leichen pflastern seinen Weg“ liegt „Mercenario“ bei weitem nicht, auch ist er nicht so dreckig und verwegen wie ein „Django“, aber immer noch ein intelligenter, ernstzunehmender Western, der noch nicht viel mit späteren Klamaukfilmen gemein hat. Dürfte in die „Top Ten“ der italienischen Western gehören und jeden Genrefreund beeindrucken.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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sergio petroni
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von sergio petroni »

Ennio Morricone hat mit seiner Musik diesen Film wirklich in den Olymp des Italo-Westerns
erhoben. Sein Stück zum Duell in der Arena treibt mir noch heute wenn ich es höre die Tränen
in die Augen. Er hat damit auch die Darsteller Tony Musante, Franco Nero
und im besonderen Jack Palance ein Stück der Unsterblichkeit näher gebracht. Wer diese
Szene gesehen hat und dessen Herz nicht vollkommen erkaltet ist wird sie nie vergessen und immer
in der Erinnerung bei sich tragen.
Morricone=Gott (zumindest nahe dran), und die Morricone Western CD sei in diesem Zusammenhang
jedem ans Herz gelegt. :verbeug:
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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buxtebrawler
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von buxtebrawler »

sergio petroni hat geschrieben:Ennio Morricone hat mit seiner Musik diesen Film wirklich in den Olymp des Italo-Westerns
erhoben. Sein Stück zum Duell in der Arena treibt mir noch heute wenn ich es höre die Tränen
in die Augen. Er hat damit auch die Darsteller Tony Musante, Franco Nero
und im besonderen Jack Palance ein Stück der Unsterblichkeit näher gebracht. Wer diese
Szene gesehen hat und dessen Herz nicht vollkommen erkaltet ist wird sie nie vergessen und immer
in der Erinnerung bei sich tragen.
Ich find's klasse, wenn jemand bei solchen Szenen so empfindet und das auch zum Ausdruck bringt! :thup:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Adalmar
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von Adalmar »

Ich auch, aber mich persönlich hat der Film nicht derart stark emotionalisiert. Vor allem da ich ihn in weiten Teilen ziemlich ironisch fand.
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DrDjangoMD
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von DrDjangoMD »

sergio petroni hat geschrieben:Ennio Morricone hat mit seiner Musik diesen Film wirklich in den Olymp des Italo-Westerns
erhoben. Sein Stück zum Duell in der Arena treibt mir noch heute wenn ich es höre die Tränen
in die Augen. Er hat damit auch die Darsteller Tony Musante, Franco Nero
und im besonderen Jack Palance ein Stück der Unsterblichkeit näher gebracht. Wer diese
Szene gesehen hat und dessen Herz nicht vollkommen erkaltet ist wird sie nie vergessen und immer
in der Erinnerung bei sich tragen.
:nick: Dem kann ich vollkommen zustimmen. "Mercenario" gehört zu meinen absoluten Lieblings-Western. Ich bin mir sicher, dass ich (ausgenommen natürlich "Django") keinen Western so oft gesehen habe und egal, wie häufig ich ihn mir auch anschau, jedes Mal bin ich mitgerissen von der perfekt abgestimmten Mixtur aus Ironie, Humor, Spannung und solchen emotionalen Szenen, wie die, welche du beschrieben hast.
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Ringo aka Angelface
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Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von Ringo aka Angelface »

Das Duell in der Stierkampfarena ist eine geniale Verbeugung vor Leone's Duellen und mit der Musik von Morricone genial umgesetzt. Der Ausgang setzt dem Ganzen das Sahnehäubchen auf.

Für mich ein 10/10 Film. Die Koch DVD ist Verbesserungswürdig aber besser als alle TV Aufnahmen. Bin Zufrieden.
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reggie
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Registriert: Mo 25. Apr 2011, 11:06

Re: Mercenario - Sergio Corbucci

Beitrag von reggie »

► Text zeigen
Da wird klar das Palance einer der genialsten Darsteller aller Zeiten ist!!!

Nero als Kowalski ist natürlich auch toll. Und Musante ebenso!

Und ja Corbucci kommt hier einem Leone ziemlich nahe ;)

Ein sau Starker Film!!!!

9/10 da geht nichts drunter Finde ich ;)
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