Die Farbe des Geldes - Martin Scorsese (1986)

Moderator: jogiwan

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fritzcarraldo
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Die Farbe des Geldes - Martin Scorsese (1986)

Beitrag von fritzcarraldo »

Die Farbe des Geldes
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(The Color of Money)
(USA 1986)
Regie: Martin Scorsese
Mit Paul Newman, Tom Cruise
Scorseses quasi Fortsetzung zu THE HUSTLER ebenfalls mit Paul Newman als Fast Eddie Felson ist im Prinzip eine Fabel über Moral und zu sich selbst finden.
Dabei wirkt der Film mitunter etwas unrund, dies könnte aber auch an der ständigen Unentschlossenheit der Charaktere liegen.
Michael Ballhaus' Kameraarbeit ist natürlich ein Fest und gerade zum Schluss hin, wenn das abschließende Turnier in Atlantic City startet, ein wahrer Augenschmaus. Ballhaus gibt dabei alles: Seine legendäre Kreisfahrt, Zooms, Schwenks, damit auch alle sehen, dass Newman und Cruise wirklich spielen, und kunstvolle Nahaufnahmen.
Und ich sollte solche Klassiker doch öfters in der OV schauen. Erst jetzt bekam ich mit, dass Scorsese den Anfangsmonolog selbst spricht.
"Das Leben ist noch verrückter als Scheiße!" (Joe Minaldi -Burt Young- Es war einmal in Amerika)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

https://www.latenight-der-fussball-talk.de
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buxtebrawler
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Re: Die Farbe des Geldes - Martin Scorsese (1986)

Beitrag von buxtebrawler »

„Ist doch nur 'n Spiel, paar Kugeln und 'n Stock...“

Der von Walter Tevis geschriebene Roman „The Hustler“ wurde im Jahre 1961 von Robert Rossen als das Billard-Drama „Haie der Großstadt“ verfilmt. Als Tevis 1984 eine Fortsetzung seines Romans nachreichte, verfilmte sie der US-amerikanische Ausnahmeregisseur Martin Scorsese („Taxi Driver“) nach Richard Prices Drehbuchadaption. Als besonderer Clou dieser späten Fortsetzung konnte Paul Newman („The Verdict“) gewonnen werden, seine in „Haie der Großstadt“ gespielte Rolle erneut zu bekleiden. An seiner Seite: ein junger Tom Cruise kurz vor seinem Durchbruch mit dem fragwürdigen Militärpropaganda-Vehikel „Top Gun“.

„Das war kein Pool, das war Zirkus!“

Einst war Fast Eddie Felson (Paul Newman) ein mit allen Wassern gewaschener Billard-Profi, mittlerweile verdingt er sich jedoch als Spirituosenhändler und managt nebenbei den Poolbillardier Julian (John Turturro, „Leben und Sterben in L.A.“) in der Bar seiner Freundin Janelle (Helen Shaver, „Amityville Horror“). Dort stößt er eines Tages auf den talentierten Jüngling Vincent Lauria (Tom Cruise, „Die Outsider“), der sich seiner Qualitäten noch gar nicht recht bewusst ist und vor allem keine Ahnung davon hat, wie er sein Talent in bare Münze verwandeln kann. Eddie glaubt, in Vincent sein eigenes jüngeren Ego zu erkennen, und möchte ihn fördern sowie zur Teilnahme an der Billardmeisterschaft in Atlantic City überreden. Gemeinsam mit Vincents Freundin Carmen (Mary Elizabeth Mastrantonio, „Scarface“) tingelt man von Stadt zu Stadt durch die verschiedensten Billardsalons, wo Eddie seinem Zögling beibringt, zunächst Untalent zu bluffen, um seine Gegner schließlich abzuziehen und so hohe Wetteinsätze zu gewinnen. Damit hadert Vincent jedoch, während zugleich Eddie wieder zur Freude am Spiel findet. Nachdem sich die Wege der beiden getrennt haben, steht man sich bei der Meisterschaft in Atlantic City als Gegner wieder gegenüber…

„Die Farbe des Geldes“ ist eine wunderbare Liebeserklärung an den Billard-Kneipensport, die mit vielen verdammt coolen, größtenteils tatsächlich von Newman und Cruise vollzogenen Spielszenen einhergeht, die von Scorseses deutschem Kamera-Chef Michael Ballhaus stilsicher hochästhetisch und faszinierend verewigt werden. Zugleich ist Scorseses Film eine Milieustudie, was den Stoff für ihn interessant gemacht haben dürfte. Durch die Bluffs beim Wetten befindet man sich in einer auch für Gangster interessanten Halbwelt mit ihren eigenen Regeln und Dynamiken. Und mehr noch ist „Die Farbe des Geldes“ eine klassische Geschichte über einen Schüler, der sich gegen seinen Mentor erhebt, um sich schließlich mit ihm auf Augenhöhe zu duellieren. Auf einer andere Ebene wiederum fungiert der ehrfurchterbietend schauspielernde Paul Newman als eine Art Lehrer für den noch jungen Tom Cruise, bevor dieser selbst zum Superstar avancierte.

Scorsese gelingt es, diese Geschichte knapp zwei Stunden lang derart routiniert und unterhaltsam zu erzählen und einem dabei die Figuren mit ihren ganz unterschiedlichen Charakteren nahezubringen, dass selbst Billard-Muffel eine gute Zeit haben dürften. Wer möchte, darf sich über Iggy Pops Gastauftritt freuen oder auch anhand Newmans Rolle über lebenslange Passion, das Älterwerden und das Verhältnis zwischen Alter und Jugend philosophieren. Oder man lehnt sich schlicht zurück und genießt einen für Scorsese-Verhältnisse relativ gefälligen Film, der die Durchschlagskraft seiner Meisterwerke vermissen lässt, vielleicht gerade dadurch aber einfach angenehme Zerstreuung bietet. Die dritte Option, durch diesen Film selbst der Billard-Faszination zu erliegen, dürfte jedoch auch auf nicht unbeträchtliche Teile des Publikums zutreffen…
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Maulwurf
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Re: Die Farbe des Geldes - Martin Scorsese (1986)

Beitrag von Maulwurf »

Ich hab den damals im Kino gesehen, und ich war von den Kamerafahrten hin und weg. Die Kamera, die auf Queue-Höhe dem Lauf der Kugel folgt, und das rasend schnell und quasi POV der Kugel ... Hinterher gleich in der Cinema nachgeschaut wie der Kameramann hieß, und seitdem bin ich großer Fan von Michael Ballhaus.
buxtebrawler hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 16:35 Die dritte Option, durch diesen Film selbst der Billard-Faszination zu erliegen, dürfte jedoch auch auf nicht unbeträchtliche Teile des Publikums zutreffen…
Und ja, der Film hatte auf mich sicher einen großen Einfluss. Etwa in dieser Zeit dürfte ich tatsächlich angefangen haben Billard zu spielen, und hatte dabei oft Tom Cruise vor dem inneren Auge. Den Film müsste ich eigentlich mal wieder sehen. Danke für den Tipp! :D
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