New Orleans uncensored - William Castle (1955)

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Maulwurf
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New Orleans uncensored - William Castle (1955)

Beitrag von Maulwurf »

 
New Orleans uncensored
New Orleans uncensored
USA 1955
Regie: William Castle
Arthur Franz, Beverly Garland, Helene Stanton, Michael Ansara, Stacy Harris, William Henry, Michael Granger, Frank Ray Perilli, Ed Nelson, Mike Mazurki,
Al Chittenden, Howard L. Dey, Ralph Dupas, Judge Walter B. Hamlin, , Pete Herman, Joseph L. Scheuering, Victor Schiro


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New York ist der größte Hafen der USA, und seine Abläufe sind fest in der Hand des organisierten Verbrechens. So erklärt es uns der Sprecher zu Beginn des Films, und weiter führt er aus, dass New Orleans der zweitgrößte Hafen der USA ist – Und das Verbrechen hier keine Chance hat. Ist das wirklich so?
Wir folgen dem ehrgeizigen Dan Corbett, wie er in New Orleans eigentlich nur ein altes Landungsschiff kaufen will, um damit im Westen sein eigenes Geschäft aufzumachen. Das mit dem Schiff klappt schon mal ganz gut, aber für die Restaurierung braucht er Geld. Also verdingt er sich im Hafen als Stauer. Er lernt die wunderschöne Alma Mae kennen, die aber um ihren Lover ein großes Geheimnis macht, und er lernt Joe und seine Braut Mary mitsamt deren Bruder Scrappy kennen. Es könnte alles so schön sein, aber spätestens beim Thema „verschwundene Fracht“ blockt Joe auf ganz seltsame Art jedes Gespräch und wird garstig. Das Thema ist aber wichtig, Dan gerät wegen falsch geladener oder verschwundener Fracht sogar in Prügeleien. Als Joe sich mit einem Geschäft selbständig machen will, findet man bald seine Leiche mit vier Kugeln im Leib. Scrappy erklärt Dan warum das so ist, und der Drahtzieher des Mordes, der Racketeer Zero Saxon, der sich auch gleich als Liebhaber von Alma Mae entpuppt, kommt schnell darauf, dass Scrappy gequatscht hat. Er entwickelt einen bösen Plan, wie Dan seinen Freund Scrappy ermorden wird. Alma Mae spielt da auch eine Rolle …

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Prinzipiell eigentlich einer von einer Masse ähnlich gestrickter Filme, punktet NEW ORLEANS UNCENSORED mit sehr starken Bildern einer modernen Großstadt. Regisseur William Castle (jawohl, DER William Castle von SCHREI, WENN DER TINGLER KOMMT) hat sich nicht gescheut, Außenaufnahmen auch auf den Straßen der Stadt zu drehen. Zum Teil, man sieht es an der Reaktion der Leute und am Unterschied im Filmmaterial, auch als Guerilladreh mitten im Verkehr und in den Menschenmengen. Diese Authentizität, wenn die Männer fürs Grobe, Big Mike und Deuce, den armen Joe verfolgen um ihn umzulegen, und dabei durch die bevölkerten Straßen New Orleans‘ laufen, die sorgt für viel Stimmung und packenden Realismus. Da muss die etwas hanebüchene Geschichte um die bemitleidenswerten Leute, die wirklich denken dass es in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts im zweitgrößten Hafen der USA keine Kriminalität gibt, einfach zurückstehen.

Wobei auch die Umsetzung der eigentlichen Geschichte sehr spannend ist. Wenn Dan Peilsender in der Fracht versteckt, oder wenn Streikende auf einem Pier im Kreis laufen und der Gangsterboss Streikbrecher auf seine eigenen Leute loslässt, dann springen Spannung und Gewalt geradezu aus dem Fernseher. Schade, dass das Ende sehr überhastet daherkommt, hier wären ein paar Minuten mehr für ein ausgiebiges Showdown sicher noch vorteilhafter gewesen.
Ich glaube meine Lieblingsszene ist, wenn Mary den Dan das erste Mal auf den Balkon ihrer Wohnung bittet. Im Hintergrund lebt und atmet und pulsiert die Stadt, und vorne schleicht sich die Kamera immer näher an das verhinderte Liebespaar, bis am Ende eine unauffällige Beleuchtung eine unglaublich erotische Melancholie in Beverly Garlands Gesicht hervorzaubert. Mary schickt Dan dann nach Hause, und das Bedauern, dieses traurige und bezaubernde Gesicht nicht trösten und küssen zu dürfen, trifft nicht nur Dan, sondern so ziemlich jeden männlichen Zuschauer. Erstklassige und überraschende Filmkunst in einem kleinen und billigen B-Film – Filme können so schön sein …

Somit bietet NEW ORLEANS UNCENSORED prinzipiell jede Menge erstklassiger B-Action, B-Charaktere, eine überzeugende Stimmung, und mit Helena Stanton eine extrem aufregende B-londine, deren Karriere gerne etwas länger hätte gehen dürfen. Dazu großartiges Handwerk an Stellen wo man es nicht erwartet hätte, und ein ungeschönter Blick in die Realität weißer alter Männer: Der örtliche Präsident der Hafenarbeiter, der Superintendent der Polizei, ein Mitglied des Stadtrates sowie der Feuerwehrhauptmann spielen alle sich selbst. Zwar zum Teil sehr hölzern, dafür aber ausgesprochen authentisch. Der Film wird sicher öfters im Player landen …

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