Shot Caller - Ric Roman Waugh (2017)

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Maulwurf
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Shot Caller - Ric Roman Waugh (2017)

Beitrag von Maulwurf »

 
Shot Caller
Shot caller
USA 2017
Regie: Ric Roman Waugh
Lake Bell, Nikolaj Coster-Waldau, Jon Bernthal, Jeffrey Donovan, Jessy Schram, Emory Cohen, Benjamin Bratt, Evan Jones, Michael Landes,
Holt McCallany, Omari Hardwick, Juan Pablo Raba, Chris Browning, Matt Gerald, John Christian Love, Sarah Minnich, Keith Jardine


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Jacob Harlan ist ein ganz normaler Mann. Einer wie Du und ich. Ein Bürohengst in den besten Jahren, im Beruf erfolgreich, beliebt, eine wunderbare Familie in der sich alle mögen, ein abzuzahlendes Haus, Freunde … Mit diesen Freunden trifft man sich in einem Restaurant, und man bestellt, weil es so lustig und gemütlich ist, irgendwann noch eine weitere Flasche Wein. Auf der Heimfahrt übersieht Jacob dann eine Ampel – Danach ist sein Freund auf der Rückbank tot, und der Fahrer des anderen Fahrzeugs hat beide Beine gebrochen. Weil Jacob angetrunken war lautet das Urteil auf fahrlässige Tötung: Sieben Jahre Gefängnis. Durch einen Deal kann sein Anwalt diese sieben Jahre auf zwei Jahre und acht Monate runterdrücken, aber dafür wird das Haus weg sein.
Jacob, der Mann wie Du und ich, der Büroarbeiter aus der heilen Welt, ist im Gefängnis. In der ersten Nacht erlebt er mit, wie einer der anderen Frischlinge von einer ganzen Gruppe vergewaltigt wird. Ihm ist klar, dass er, wenn er nicht untergehen will, Härte zeigen muss. Als er am nächsten Tag auf dem Hof aus Versehen mit einem Schwarzen zusammenstößt und der ihn rüde beschimpft, schlägt er zu. Und wieder. Und wieder. Was ihm 30 Tage Loch einbringt, sowie die Aufmerksamkeit der weißen Bruderschaft, die den weißen Teil der Insassen unter Kontrolle hält. Für die Bruderschaft beginnt er nun zu arbeiten: Der erste Drogentransport vom Schlafsaal zum Hof. Der erste Mord. Die Teilnahme an einem Aufstand, was sieben weitere Jahre und die Scheidung von seiner Frau bedeutet. Sein Name ist nun Money, weil er früher mit Geld zu tun hatte, und ihn verbindet nichts mehr mit der bürgerlichen Welt da draußen.
Nach 10 Jahren wird Money auf Bewährung entlassen. Schon am ersten Abend draußen muss er einen großen Waffendeal für die Bruderschaft vorbereiten, und es wird auf ihn ein Anschlag verübt. Money bekommt heraus, dass sein Kumpel aus der Bruderschaft mit der Polizei zusammenarbeitet, und dass er selber, wenn er den Deal durchzieht, wieder im Knast landen wird. Für immer. Wenn er den Deal aber verweigert, dann wird die Bruderschaft zu seiner Familie gehen …

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An einem Ort wie diesem werden wir gezwungen, Krieger oder Opfer zu sein. Dazwischen gibt es hier nichts.

Die größte Angst des kleinen Maulwurfs war es das ganze Leben lang, im Gefängnis zu landen. Unter solchen Bedingungen wie den geschilderten wäre der Maulwurf der klassische Häftling, der sich bereits in der ersten Nacht am Fensterkreuz erhängt. Oder erhängt wird. Mit einem Besenstiel im Arsch. SHOT CALLER beflügelt solche Ängste natürlich lebhaft, aber gerade dadurch wirkt der Film noch mal ein paar Ecken fieser und eindringlicher. Die dichte Atmosphäre, nur und ausschließlich von den Gefühlen Angst und Hass erfüllt, dringt aus dem Bildschirm und ummantelt den Zuschauer wie eine traurige Wand. In diesem Film gibt es kein Licht, keine Freude und kein Lachen. Die wenigen Szenen aus Jacobs früherem Leben wirken durch die Trostlosigkeit und Härte seines neuen Lebens nur umso trauriger. Wie ein Echo aus längst vergangenen Zeiten, eine Kerze in einem dunklen Raum die ausgeblasen wird während man sich doch eigentlich an ihr wärmen will.

SHOT CALLER ist grimmig, finster und eiskalt, und Nicolaj Coster-Waldau, der gutaussehende Schönling aus GAME OF THRONES oder HEADHUNTERS, ist ebenfalls grimmig, finster und eiskalt, genauso wie der Weg Jacob Harlans zu Money, vom Businessman zum eiskalten Gang-ster. Nikolaj Coster-Waldau agiert mit kleinen Gesten, mit unmerklichen Veränderungen; eigentlich zeigt nur seine Barttracht, an welchem Stadium der Verwandlung zum Tier er sich gerade befindet. Seine Augen werden immer kälter, und seine Angst verschwindet im gleichen Maße wie sein Killerinstinkt die Oberhand gewinnt. Eine sehr starke schauspielerische Leistung, die einen völlig übergangenen Ausnahmeschauspieler zeigt. Anders als beispielsweise Nicolas Winding Refns BRONSON ist Jacob schließlich mal ein ganz normaler Mensch gewesen, niemals ein Psychopath. Jemand mit Familie und viel Liebe im Herzen. Dinge, die ihm jetzt eher im Wege stehen, wenn er während des Aufstandes einen seiner Kumpels aus der Todeslinie eines Mexikaners retten muss. Oder wenn ein Mädchen, das vor ein paar Sekunden noch Sex mit ihm haben wollte, von einer Schrotflinte an die Wand verteilt wird, und er keinerlei Gefühle zeigen darf außer absoluter Kontrolle darüber, wer jetzt mit welcher Waffe wo das Haus verlässt um dem oder den Schützen das Licht auszublasen. Obwohl er doch eigentlich viel lieber das sterbende Mädchen im Arm halten würde. Und wenn er am Ende in die Wüste blickt, und seine Augen das Wissen zeigen, dass er die Freiheit dort draußen für den Rest seines verschissenen Lebens immer immer immer nur noch durch die Gitterstäbe betrachten wird, dann senkt sich tiefe Verzweiflung in den Zuschauer. Verzweiflung, und auch Angst – Die Angst, solch ein Schicksal erleiden zu müssen …

Ein Film, dessen Bilder noch sehr lange nachhallen. Länger als viele andere Filme bleibt SHOT CALLER im Herzen und im Kopf haften und ängstigt. Großes düsteres Kino!

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8/10
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