Die Frauen des Shogun - Ikuo Sekimoto (1977)

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Maulwurf
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Die Frauen des Shogun - Ikuo Sekimoto (1977)

Beitrag von Maulwurf »

 
Die Frauen des Shogun
Ôoku ukiyo-buro
Japan 1977
Regie: Ikuo Sekimoto
Eiko Matsuda, Maya Hiromi, Tokuko Watanabe, Yûsuke Kazato, Akira Shioji, Masataka Iwao, Tatsuaki Azuma,
Yoshinobu Hirose, Takashi Noguchi, Ryuuji Katagiri, Rena Uchimura, Megumi Rinzou


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OFDB

Senjero ist der Anführer eine Bande von Tagedieben und Nichtsnutzen, die sich die Zeit mit kleinen Geschäften und Vergewaltigungen vertreiben, und einfach nur jede Menge Spaß haben wollen. Seine Kindheitsgefährtin und Geliebte Okoyo hat die Schnauze voll von diesem Leben und schafft es, als Konkubine an den Hof des Shoguns zu kommen. Ihre Chancen, an den Shogun selber heranzukommen, um fortan ein sicheres Leben im Wohlstand führen zu können, sind aber ziemlich gering, solange der Shogun mit seiner Lieblingsnutte rummacht. Die auch noch von ihm schwanger ist. Also muss erst mal das Kind weg, wobei Senjero hilft, der sich bei der Gelegenheit aber unsterblich in ebendiese Lieblingsnutte verliebt. Durch die gewaltsame Abtreibung verliert das arme Mädchen erst den Verstand und dann ihre Stellung bei Hof, die dann von Okoyo geschickt eingenommen wird. Als das Mädchen durch den Wald irrt, wird sie von den Männern Senjeros massenvergewaltigt - Senjero kann sie zwar hinterher noch in seine Obhut nehmen, aber ihr Hass auf Männer ist so enorm geworden, dass sie sogar Senjeros Fürsorge ablehnt. Auch Okoyos Stellung schwankt, da ihre Herrin, die Kammerzofe des Shoguns, sich in die sexuellen Fähigkeiten von Senjero verknallt, der sich zu diesem Zeitpunkt bei Okoyo versteckt.

DIE FRAUEN DES SHOGUNS, nackte Brüste auf dem Cover, und das Label Roman Porno auf der Filmdose, fertig ist die Erwartungshaltung, dass man es hier mit einem saftigen Dreiviertelporno zu tun hat. Bah, weit gefehlt, und tatsächlich ist der Film eine Überraschung in vielerlei Hinsicht.

Da haben wir den Anti-Helden Senjero, der in den Tag hineinlebt, rammelt wie ein Kaninchen, und mit seinen Männern die Traditionen von Filmen wie DIE ROTE SONNE DER RACHE hochhält. Ein Asozialer in einer öden und leeren Welt, der nur für sein eigenes Wohlergehen lebt, dann für das seiner Freundin, und zu guter Letzt auch ab und an nach seinen Männern schaut. Viel Italo-Western wird hier eingebracht, und bis zum Schluss hätte auch jemand wie Anthony Steffen (etwa in der Rolle des Arizona) die Rolle ausfüllen können (was vielleicht auch an der deutschen Synchronstimme von Klaus Kindler liegen mag …).
Dann haben wir Okoyos Weg, der eigentlich ein klassisches Drama am Hofe eines Fürsten ist: Die Frau, die sich bis zum Herrscher nach oben schläft und doch wieder abstürzt. Gefilmt in teilweise überwältigend schönen Bildern, oft in sehr anregenden Szenen mit vielen nackten Damen, aber nie zu explizit und niemals wirklich schlüpfrig. DIE FRAUEN DES SHOGUN ist, vor allem für seine Entstehungszeit, überraschend zahm geworden, und bemüht sich häufig lieber um eine erotische Atmosphäre, als um nackte Tatsachen. Das Kopfkino spielt hier eine große Rolle!
Und zu guter Letzt eine oftmals durcheinander wirbelnde Handlung, die tatsächlich einen Sinn macht, und einige Male mit wirklich ergreifenden Szenen punktet. Wenn die einstmalige Lieblingskonkubine am Pranger sitzt und einsam singt, dann dringt eine tiefe Trauer aus dem Bildschirm, und diese Szene bleibt genauso nachdrücklich hängen, wie wenn jemand wie Ang Lee sie inszeniert hätte. Genauso wie etwa die Präsentation des ersten Thronfolgers, gerade während der Shogun sich seinen Leibesfreuden hingibt, und das Mädchen steht den Archetypen des modernen Horrorfilms in diesem Augenblick in Nichts nach. Pure Emotionen, exploitativ zwar, aber gerade deswegen umso eindrücklicher und überwältigender.

Ein wirklich überraschender Film, ein ambivalenter Film, mit wunderschönen Bildern und einer Musik wie aus den besten Zeiten des italienischen Genrefilms. Ein Film der zeigt, dass der Begriff des Roman Porno nicht immer nur mit Misogynie und/oder Gewalt einhergehen muss, sondern auch sehr künstlerisch daherkommen kann, ohne dabei gleich in verschwurbeltes Kunstkino abzudriften, und vieles von dem in sich haben kann, was Film eigentlich ausmacht.

7/10
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