Tarch Trip - Hiroyuki Oki (1994)

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Salvatore Baccaro
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Tarch Trip - Hiroyuki Oki (1994)

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Originaltitel: Tarch Trip

Produktionsland: Japan / Deutschland 1994

Regie: Hiroyuki Oki

Darsteller: Tadayuki Kataoka, Masashi Mori, Hiroyuki Oki, Masamitsu Yamatsu


TARCH TRIP ist ein impressionistisches Filmgedicht, eine lose Sammlung audiovisueller Tagebuchaufzeichnungen, eine Meditation über die Vergänglichkeit der Dinge, die wirkt, als habe Regisseur Hiroyuki Oki gegenwärtige Momente, geliebte Menschen, vertraute Straßenzüge seinem Wohnort, der Hafenstadt Kōchi auf der japanischen Insel Shikoku, auf 16mm festhalten wollen, bevor die Mühlen der Zeit sie für ihn unkenntlich gemacht, in unerreichbare Ferne gerückt, zerstört haben würden…

Alltägliche Passanten in alltäglichen Handlungen auf verregneten Seitenstraßen. Ein Sonnenblumenfeld, das hinter einer Bushaltestelle die gelben Köpfe emporreckt. Gebäudefassaden, betrachtet aus dem Fenster eines gegenüberliegenden Hauses. Illuminierte Geschäfte und Soft-Drink-Automaten bei Nacht. Der sich verdunkelnde Himmel, weil ein Gewitter droht. Schließlich die stürmische See und winzig klein vor den heranbrausenden Wellen drei Gestalten, die an einem Pier sitzen, wie um den Gezeiten zu trotzen, und trotzdem in ihnen allein rein visuell untergehen.

TARCH TRIP funktioniert völlig ohne gesprochene Worte, dennoch könnte das Sounddesign kaum elaborierter sein: Passagen der Stille, in denen einzig und allein leise Originaltöne zu hören sind, werden immer wieder, scheinbar rein assoziativ von wunderschönen elektronischen Klangflächen durchbrochen, die abrupt aufwallen, nur um genauso plötzlich in sich zurückzufallen – ebenfalls wie Wellen, immer dann ihr Heranrollen bremsend, wenn ich kurz davorstehe, mich von ihnen mitreißen zu lassen.

Zärtliche Homoerotik prägt die Portraits von Freunden und Liebhabern, mit denen Oki seine Bilder banaler Schönheit und schöner Banalitäten parallelmontiert: Ein Jüngling liegt mit grüner Baseball-Kappe und nacktem Oberkörper nach links gedreht auf einem Bett. Drei Schulbuben sitzen in Reih und Glied, eingehüllt in blendendweiße Shirts, und schauen über ihre Schultern in die Kameralinse, - kurz bevor sich unvermittelt die Sonne verzieht und ihre Oberkörper unter Schatten begraben werden. Leitmotivisch ist ein weiterer junger Mann zu sehen, der zwischen zweckdienlicher Architektur ekstatische Tänze aufführt, - als rebelliere sein Körper auf natürliche Weise gegen das dominierende Großstadtgrau. Nur einmal wird Okis Bildsprache wirklich explizit, nämlich, wenn er einen Freund beim Onanieren filmt – (freilich nicht ohne, dass der Geschlechtsbereich den japanischen Zensurbedingungen gemäß nachträglich verpixelt worden ist.)

Produziert wurde TARCH TRIP übrigens von Jürgen Brüning, der sich nicht nur als Produzent von Filmen mit LGBT-Thematik einen Namen gemacht hat, sondern ebenso sowohl die Gay-Porn-Produktionsfirma „Wurstfilm“ wie das Pornfilmfestival Berlin aus der Taufe hob.
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