Episode 5: David und die Riesen
„Aber ich bin auch kein Quälgeist!“
David (Patrick Strasser) kann nicht schlafen, viel lieber will er mit den Erwachsenen noch aufbleiben. Davids Mutter (Carin Braun, „Am Südhang“) möchte ihm daher am Bett noch ein Märchen erzählen, doch David dreht den Spieß um und erzählt seiner Mutter eines – laut ihm auf realen Begebenheiten beruhend. So gäbe es Riesen wirklich und sei er in Wirklich ein Däumling, der am Nachmittag ganz woanders gewesen. Wo genau und was er da erlebt haben will, wird visualisiert, nachdem die Kamera zuvor den Gummibaum im Kinderzimmer mehrfach in bedeutungsschwangeren Großaufnahmen eingefangen – ganz so als handele es sich bei ihm etwas Gruseliges, als würde er David Angst und verwandle sich bald in ein Monster.
Die Geschichte beginnt mit einem Metzger, der in Großaufnahme mit einem Messer Wurst schneidet. David kauft dort Wurst, von der seine Freunde etwas abhaben wollen. David aber rückt nichts heraus, sondern begibt sich allein in einen grünen Park, in dem einige Menschen normale Parkdinge tun – laut David
„komische Leute“. Zwei gruselige ältere Damen, die wie spießige Gouvernanten oder so aussehen, quatschen ihn an, was er mutterseelenallein im Park mache. Endgültig surreal wird’s, als zwei auf Stelzen laufende Pantomimen des Weges kommen, einer von ihnen in seine Tröte blasend. David lässt sich von ihnen tragen und unterhält sich mit ihnen. Da knurrt dem einen der Magen. Wird er David nun fressen? Nein, David holt seine Fleischwurst heraus, beißt noch einmal ab und schenkt sie dem bestelzten Pantomimen, den David in seiner Naivität für einen Riesen hält. Seiner Mztter gegenüber schmückt er die Geschichte sogar noch etwas spektakulärer aus.
Im Anschluss findet er einen Glasflaschenboden und freut sich darüber. Welch genügsames Kind! Durch diesen guckt er nun ständig hindurch, bis seine „Freunde“ ihn johlend wiedertreffen und verspotten – warum auch immer. Rache für Davids Wurstegoismus? Einer der Rasselbande kauft am Kiosk eine Dose Cola, ext sie und fällt um, woraufhin die Kioskbetreiberin auf Bayrisch mit ihm schimpft.
„Schade, tot!“ – es handelte sich jedoch lediglich um eine schauspielerische Einlage des Görs. Dann weint David, weil die Rabauken sein Glas gestohlen haben –
„Blödiane!“, schimpft er. Nun stößt auch sein Vater an der Bettkante hinzu und lauscht aufmerksam den weiteren Ausführungen seines Filius. Ganz dunkel sei es plötzlich geworden – weil er es gewollt habe! Die Rabauken sind nun allein im Dunkeln im Wald unterwegs –
„Der Wald ist verhext!“ David will ihnen den Weg weisen, wenn er sein Glas wiederbekommt. Angeblich habe ein unsichtbarer Zauberriese auf seiner Schulter ihn zu ihnen geführt. Tatsächlich latscht er zu einem der Pantomimen nach Hause, zusammen mit seinen vermeintlichen Freunden. Auch dort bleibt der Pantomime in seiner Rolle und führt Zaubertricks vor. Sein Glas bekommt David wieder. Am Ende kommt der Gummibaum wieder ins Spiel: Über ihm befindet sich ein Riss in der Zimmerdecke, durch den David zurückgekommen sein will. Dann endlich legt er sich schlafen.
Ein mystischer Gummibaum, ein Metzger mit Messer, wenig vertrauenserweckende Omas, ein scheintotes Kind, trötende Pantomimen auf Stelzen, die fremde Kinder zu sich nach Hause laden: Das Gruselpotential ist einmal mehr enorm, wird hier aber in einer zuweilen erneut surrealen Geschichte verarbeitet, die erstmals nicht von einem Erwachsenen in Form Jahrzehnte zurückliegender Erinnerungen, sondern vom nicht schlafen könnenden bzw. wollenden Kind erzählt wird. Dies geschieht jedoch immer wieder mit vermeintlich bedeutungsschwangere Pausen, in denen rein gar nichts passiert, und die Geschichte wirkt auf mich, als hätten Erwachsene naive Vorstellungen kindlich naiver Fantastereien gehabt, was David zuweilen eher dämlich erscheinen lässt. Statt Davids Riesen-Assoziationen anhand der Stelzläufer zu einer Episode zu formen, die ihren Reiz ausschließlich daraus generiert, die wenig fantastische Realität Davis Ausschmückungen gegenüberzustellen, also mit einer Art Text-Bild-Schere zu arbeiten, wird das Gezeigte um weitere Merkwürdigkeiten ergänzt, deren Sinn sich nicht immer erschließt. Dem gegenüber steht ein Gefühl unbekümmerter Freiheit, in der man als Kind allein draußen spielen oder sogar mit seltsamen Gestalten nach Hause mitgehen kann, ohne dass einem etwas passieren würde. Ob es klug ist, dies einem kindlichen Publikum zu vermitteln, sei dahingestellt.
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