Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich (1969)

Moderator: jogiwan

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horror1966
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Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich (1969)

Beitrag von horror1966 »

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Champagner für Zimmer 17
(Champagner für Zimmer 17)
mit Renate Larsen, Tamara Baroni, Herbert Fux, Thomas Reiner, Uschi Moser, Alexander Allerson, Elio Crovetto, Helmut Früchtenicht, Lothar Blumhagen, Othella Dallas, Erwin C. Dietrich, Martina Domingo
Regie: Erwin C. Dietrich
Drehbuch: Erwin C. Dietrich / Heinz G. Konsalik
Kamera: Peter Baumgartner
Musik: Walter Baumgartner
keine Jugendfreigabe
Deutschland / Italien / Schweiz / 1969

Eher durch Zufall kommt die Münchner Kriminalpolizei auf das Schönheitsinstitut "Elisabeth", das von einer ehemaligen Prostituierten geführt wird. Die Nachforschungen ergeben, dass der Kosmetiksalon nur als äußerliche Kulisse für einen international agierenden Callgirlring dient. Eine der Angestellten ist Ursula Kossek, die Ehefrau eines der Ermittler, die aus Frustration dieses ausschweifende Leben führt und eines Tages verschwindet. Unterdessen versucht die Polizei die Mädchen zum Sprechen zu bringen. Doch wer sich der Polizei anvertraut, stirbt. Während die Ermittler weiter nach der verschwundenen Ursula suchen, beginnt auch eine Jagd auf den ominösen Hintermann. Die Spur führt in das italienische San Remo ...


Regisseur Erwin C. Dietrich genießt ja eher den Ruf des Schmuddel-Filmers, sind doch die meisten unter seiner Regie entstandenen Werke dem Erotik-Sektor zuzuordnen. Zugegebenermaßen beinhaltet auch der vorliegende-und auf einem Roman von Heinz G. Konsalik (Ein heißer Körper zu vermieten) beruhende Film diverse Nacktszenen, ist aber dennoch keinesfalls als Erotik-Filmchen abzustempeln. Vielmehr beinhaltet das Szenario die Strukturen eines waschechten Krimis, nur das dieser eben aufgrund der vorliegenden Thematik mit mehreren dazu passenden Einstellungen versehen wurde, die dem Gesamtbild sogar eine höchst authentische Note verleihen. Prostitution steht im Vordergrund der Story und als Tarnung für einen Callgirl-Ring dient hierbei ein Kosmetik-Studio, das schon längere Zeit die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich gezogen hat.

"Champagner für Zimmer 17" schafft es fast spielerisch, die Elemente des deutschen Krimis mit denen eines Dramas zu verbinden. Während man sich inhaltlich nämlich einerseits auf die Ermittlungsarbeit der Polizei konfrontiert, gerät mit der Zeit immer mehr die Figur des Kriminalbeamten Kossek in den Fokus, dessen Ehefrau nämlich auch zu den Prostituierten zählt. Gleichermaßen verdichtet sich das Geschehen immer mehr, denn mit zunehmender Laufzeit rückt immer mehr der Aspekt des ominösen Hintermannes des Instituts in den Vordergrund, was den Abläufen ganz automatisch einen gelungenen Spannungsaufbau beschert. Teilweise lassen sich sogar richtig bedrohliche Elemente erkennen, denn um die Ermittlungen der Polizei nicht mit Erfolg zu krönen wird auch vor Mord nicht zurück geschreckt. Prostituierte die zu einer Aussage bereit sind werden getötet, wobei dieser Punkt aber auch gleichzeitig eine kleine Schwäche darstellt, denn es ist nicht wirklich nachzuvollziehen, das Zeugen einen Tag vor der entscheidenden Aussage nicht unter Polizeischutz gestellt werden. Dabei wird zunehmends auf die Gefährlichkeit der Organisation hingewiesen, ebenso geht man immer wieder auf die Schwierigkeit ein, die nötigen Beweise zu beschaffen, um den Callgirl-Ring zu sprengen.

Umso erstaunlicher ist es aber dann das eine wichtige Zeugin in der Nacht vor ihrer Aussage allein in ihrer Wohnung gelassen wird und so ihrem Mörder schon fast auf dem Präsentierteller gereicht wird. Hier handelt es sich jedoch um eine lediglich kleine Schwäche in einem ansonsten sehr stimmigen Szenario, das größtenteils nämlich absolut glaubwürdig daher kommt. Dafür sorgen auch die gut agierenden Darsteller die in ihren Rollen einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen, zudem kann sich ganz generell der gesamte Aufbau der Story jederzeit sehen lassen. Besonders gut wird jedoch meiner Meinung nach der Punkt heraus gearbeitet, mit welchen Widerständen und Schwierigkeiten sich die Ermittler plagen müssen um eine Verbrecherorganisation zu Fall zu bringen. Diese Thematik kann man dann auch jederzeit auf die heutige Zeit anwenden, nur das man das Geschehen ganz sicher visuell härter in Szene setzen würde. Für einen Film, der aber immerhin schon über vier Jahrzehnte auf dem Buckel hat, kann "Champagner für Zimmer 17" aber mit einer erstaunlich hohen Intensität aufwarten, die sich aber nicht unbedingt in reißerischen Bildern zu erkennen gibt.

Für die jüngere Generation ist das Werk von Erwin C. Dietrich vielleicht nicht unbedingt geeignet, legt man doch heute weitaus mehr Wert auf Brutalität, Action und visuelle Gewaltdarstellungen. Wem diese Dinge aber nicht ganz so existenziell erscheinen der sollte definitiv mal einen Blick riskieren, denn die vorliegende Geschichte wurde nicht nur gut umgesetzt, sondern schildert auch durchaus glaubwürdig ein Szenario, das man von der Thematik her auch jederzeit in die Gegenwart verlegen könnte. Nostalgiker und Freunde des realistischen Krimis werden jedenfalls auf ihre Kosten kommen und durch mehrere Nacktbilder diverser Damen wird dem Ganzen auch noch ein Hauch Erotik eingehaucht. So ergibt sich letztendlich ein sehr stimmiges Gesamtbild, das man ohne Weiteres als gänzlich überzeugend beschreiben kann.


Fazit:


Auch wenn viele Leute einen Regisseur wie Dietrich lediglich auf Werke wie beispielsweise "Django Nudo und die lüsternen Mädchen von Porno Hill" reduzieren kann der gute Mann auch durchaus gute Filme unter seiner Regie entstehen lassen. Zwar kommt man auch in vorliegendem Fall nicht gänzlich ohne Erotik aus, was aber dieses Mal vielmehr in der Thematik verankert ist, als das man ein schlüpfriges Filmchen drehen wollte.


8/10
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Reinifilm
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich

Beitrag von Reinifilm »

Hast du eine Idee warum der FSK-18 ist? :?
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horror1966
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich

Beitrag von horror1966 »

Reinifilm hat geschrieben:Hast du eine Idee warum der FSK-18 ist? :?

Das wird wohl wegen der nackten Haut der Fall sein, ich kann mir nichts anderes vorstellen.
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jogiwan
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich

Beitrag von jogiwan »

Reinifilm hat geschrieben:Hast du eine Idee warum der FSK-18 ist? :?
Pidax hat wohl auf eine teure Neuprüfung verzichtet und die bisherige Freigabe aus dem Erscheinungsjahr übernommen, da sich ein "Sittendrama nach einem Illustrierten-Roman" mit FSK18-Freigabe wohl auch ohnehin besser verkauft... ;)
 ! Nachricht von: buxtebrawler
Entfernt, da beim Bildhoster directupload.net leider nicht mehr verfügbar.
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich

Beitrag von dr. freudstein »

die paar Zeilen lesen sich jetzt aber ganz anders als die vom Horror, aber ratet mal wem ich mehr vertraue... ;) PIDAX hab ich eh lieb gewonnen :nick:
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horror1966
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich

Beitrag von horror1966 »

dr. freudstein hat geschrieben:die paar Zeilen lesen sich jetzt aber ganz anders als die vom Horror, aber ratet mal wem ich mehr vertraue... ;) PIDAX hab ich eh lieb gewonnen :nick:

Die Frage stellt sich ja wohl erst gar nicht oder? :basi:
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Slim Naughton
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich

Beitrag von Slim Naughton »

Öh, ich muss zugeben, dass ich's diesmal tatsächlich eher mit den Zeilen aus dem Presseausriss halte *hust*. Lest aber selbst ;-): Champagner für Zimmer 17.

Dafür haben wir aber auch einen Trailer gebastelt:


Die FSK-Freigabe, klar, ist die aus dem Jahr 1969. Ich denke, damals wurde der Streifen weniger wegen seiner eher harmlosen Nackedeiszenen, als vielmehr wegen der transportierten Moralvorstellungen entsprechend eingeordnet: Ablehnung von Ehe, Prostitution aus Spaß, Geldgier, etc.pp. das war ja auch bei den Italowestern zu beobachten: Zensiert wurde oft nicht Gewalt, sondern politisch oder moralisch Anstößiges. Klassisches Beispiel ist "Mögen sie in Frieden ruh'n", bei dem in der zensierten Fassung nahezu die gesamte Rolle Pasolinis rausgeschnitten wurde.
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CamperVan.Helsing
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich (1969)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Ich habe mich von "Champagner für Zimmer 17" weitgehend angenehm unterhalten gefühlt, Nacktheit, Prostitution, italienische Strände, Herbert Fux, grandiose Settings (der Kosmetiksalon ist zwar Kulisse, aber HAMMER!) und eine rasende Polizei-Giulia weckt schon mal Erinnerungen an die Poliotteschi, obwohl es das Genre damals ja noch gar nicht gab.

Dafür kann man auch über einige Fehler hinwegsehen, am haarsträubendsten ist freilich, dass die aussagewillige Eva in der Nacht vor ihrer Aussage von der Polizei alleingelasssen wird. Aber dann hätten wir den Mord an ihr ja nicht zu sehen bekommen. ;) ICH hätte hier als Mörder freilich schwarze Handschuhe getragen und zumindest das Badewasser abgestellt, aber das kommt davon, wenn man nicht in die Gelben Seiten guckt und kein Innungsmitglied beauftragt.

Die Musik von Walter Baumgartner müsste Jahre später in diversen Francos recycelt worden sein, so bekannt, wie sie mir vorkam, Dietrich wird da wohl sehr aufs Budget geachtet haben...
Zuletzt geändert von CamperVan.Helsing am Sa 14. Mär 2015, 23:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Adalmar
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich (1969)

Beitrag von Adalmar »

Ich finde den Film recht spaßig, und die Bildqualität der Pidax-DVD ist richtig gut geworden! Tamara Baroni kann man sich sehr gut angucken, und Herbert Fux ist hier auch mal als passionierter Liebhaber zu erleben :mrgreen:
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Borderline666
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Re: Champagner für Zimmer 17 - Erwin C. Dietrich (1969)

Beitrag von Borderline666 »

Romane von Heinz G. Konsalik haben mir in den meisten Fällen schon immer bestens gefallen, weil es leicht verdauliche und trockene Kost ist. Da darf man dann auch nicht allzu verschrocken sein, sich auch mal eine Verfilmung anzuschauen die auf einem von ihm geschriebenen Illustriertenroman basiert, zudem auch noch Erwin C. Dietrich den Film geleitet hat. Kenner werden schon Bescheid wissen was das heisst. Auch hier bekommt man es mit leichter als auch seichter Kost zu tun. Denn Dietrich ist einer der wichtigsten Filmemacher des europäischen Exploitationfilms.

Champagner für Zimmer 17 ist ein kurzweiliger Erotikkrimi von 1969, der 2014 von dem Filmklassiker-Label Pidax veröffentlicht wurde. Es dreht sich um einen Callgirl-Ring der unter dem Deckmantel eines Schönheitssalons Frauen aus dem horizontalen Gewerbe anbietet. Dann und wann verschwindet eine der Damen, die übrigens die Frau eines der Polizisten ist, spurlos und eine Fahndung nach der Gesuchten als auch dem Hintermann des Callgirlrings beginnt.

Der Film bietet eine ausgewogene Mischung aus Erotik und Krimi. Man sollte hier keinen Sexfilm erwarten, wie diverse Nachkömmlinge aus den goldenen 70ern, weil die erotische Dosierung hier sanft eingesetzt wird ohne abzudriften. Ich mag diesen Mix sogar total, weil die Story dahinter auch nicht zu kurz kommt. Der Film spielt im alten München und wird begleitet von Bildern wie es damals ausgesehen hat. Man bekommt sofort Lust eine Reise zurück in die Zeit zu machen, weil es sehr nostalgisch auf gebaut ist.

Die kleineren Kinos waren zu der Zeit damals allesamt ausverkauft, die größeren Kinos trauten sich wohl nicht wirklich dran, vermutlich auf Grund der erotischen Szenen die der Film dar bietet. 1975 erschien eine Nachverfilmung unter dem Namen HEISSER MUND AUF FEUCHTEN LIPPEN, der mir zwar aktuell unbekannt ist, aber auch schon notiert ist. Was mir zudem noch etwas Kopfschütteln bereitete ist die Altersfreigabe, eine FSK 16-Freigabe wäre da durchaus drin gewesen. Krimiklassiker-, Konsalik- und Dietrichfans dürfe gerne einen Blick riskieren, langweilig wird es mit diesem Film definitiv nicht.
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