Cobra Verde - Werner Herzog (1987)

Moderator: jogiwan

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kinski
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Cobra Verde - Werner Herzog (1987)

Beitrag von kinski »

COBRA VERDE

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BRD 1987

Regie: Werner Herzog

Drehbuch: Werner Herzog nach dem Roman von Bruce Chatwin "Der Vizekönig von Quidah"

Darsteller: Klaus Kinski (Francisco Manoel da Silva), José Lewgoy (Don Octavio Coutinho), Aggefi Kwame II von Nsein (Bossa Ahadee), Pedro Oliveira, Benito Stefanelli (Kapitän Pedro Vicente), Nana Fedu Abodo (Yovogan), King Ampaw (Taparica), Salvatore Basile (Kapitän Fraternidade), Peter Berling (Bernabo), Guillermo Coronel (Euclides), Kwesi Fase (Kankpé)

Produzent: Lucki Stipetic
Kamera: Viktor Ruzicka
Schnitt: Maximiliane Mainka
Musik: Popol Vuh
Farbe: Color
Sprache: Deutsch
Dauer: 111 Minuten
Uraufführung: 3. Dezember 1987

Story:
Francisco Manoel da Silva, Abenteurer, Bandit und Sklavenhändler, alias 'Cobra Verde':
Der einfache Rinderhirt steigt in Brasilien zum Aufseher über 600 Sklaven einer Zuckerrohr-Plantage auf. In Ungnade gefallen, wird er nach Afrika abgeschoben. Doch auch dort setzt sich der zähe Bursche durch. Er wird Vizekönig eines Eingeborenenstammes und trainiert sein eigenes Heer. Jetzt will er die Revolution ... (Quelle : http://www.walther-nienburg.de)
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kinski
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Re: Cobra Verde

Beitrag von kinski »

Zum fünften Mal tat sich 1987 das ungleiche Paar Klaus Kinski / Werner Herzog zusammen, um mit „Cobra Verde“ erneut ein kleines Meisterwerk zu erschaffen. Wie auch schon bei den vorangegangenen Produktionen ist auch dieser Film gleichsam schwermütig und atemberaubend. Ein Reich der Sinne, der anmutigen und bombastischen Bilder. Ein förmlich explodierender Kinski, der mit all seiner Wucht und Intensität fast den Rahmen der Kinoleinwand zu sprengen droht, der seine zerissene Seele nach außen trägt und sie einem überraschten Publikum praktisch vor die Füße schleudert.

Ein Klaus Kinski, der einen überrollt mit seiner ungeheuren Maßlosigkeit, der sich in die Kamera verliebt zu haben scheint. Und die Kamera scheint sich auch in ihn verliebt zu haben. Oft minutenlang verweilt man an dem Hauptdarsteller, endlos erscheinende Zeit bleibt die Kamera an seinem Gesicht kleben, zeichnet jede Falte, jede Pore nach und trägt so die innerliche Emotion nach außen. Wieder einmal scheint es fast so zu sein, dass Kinski den Film führt und nicht umgekehrt.

Wie schon in „Aguirre“ und in „Fitzcarraldo“ ist Kinski erneut so etwas wie der König des Nichts, des Nutzlosen – ein Regent, dessen Zeit bereits abgelaufen ist, bevor sie begonnen hat. Ein zum scheitern Verurteilter, ein Ausgestoßener der Gesellschaft, stets an der Grenze zwischen Realität und Wahnsinn. Einer, der sich seinen Träumen hingibt und sich hoffnungslos in ihnen verliert. Einer, der die Grenze zwar wahrnimmt, aber dennoch ignoriert und sie in vollem Bewusstsein seines eigenen Scheiterns trotzdem überschreiten muss.

Noch einmal legt Kinski all das, was seine Figuren des Aguirre, Nosferatu, Woyzeck und Fitzcarraldo ausgemacht hat, geballt in die Wagschale und reißt den Zuschauer mit ins Reich der Abgründe – seiner Abgründe. Es ist die Geschichte des Francisco Manuel da Silva, der gottesgleich über andere Menschen richtet und am Ende an seiner eigenen Existenz scheitern wird.

Zu Beginn des Films sieht man Francisco Manuel, genannt Cobra Verde, am Grab seiner Mutter knien. Um ihn herum ist nur verdorrte Erde, ein unbrauchbares Land und Spiegelbild seiner eigenen Seele. Die Totenschädel um ihn herum und die Totenvögel über ihm verdeutlichen fast sinnbildlich sein eigenes Schicksal. Cobra Verde sehnt sich hinaus in eine andere Welt und so macht er sich auf – ohne Schuhe an den Füßen, ohne Pferd und ohne Freunde. Er vertraut nichts und niemandem, nur sich selbst.

Cobra Verde wird zum Verwalter auf der Zuckerrohrplantage des Colonel Oktavio ernannt. Francisco hatte diesen Oktavio beeindruckt, als er einen flüchtenden Schwarzen, den die öffentliche Auspeitschung erwartete, nur durch einen Blick aus seinen durchdringenden Augen aufgehalten hatte. Doch Cobra Verde, der stets Schweigsame ( „Ich habe nichts zu verlieren, ich brauche nicht mehr zu sprechen.“ ), findet neben der Arbeit noch genügend Zeit um alle drei Töchter des Colonels zu schwängern. Um ihn los zu werden, schickt die Kolonialmacht Cobra Verde als Sklavenhändler nach Afrika – in dem sicherem Bewusstsein, dass noch keiner diese Aufgabe lebendig bestanden hat ...

Wie schon bei den voher gehenden Filmen von Werner Herzog und Klaus Kinski ist auch „Cobra Verde“ in jeglicher Hinsicht auf den Hauptdarsteller zugeschnitten. Erneut zeichnet sich Herzog als Freund extremer Naturgewalten aus, verharrt mit der Kamera fast endlos bei tobenden Wassermassen und den Riten der afrikanischen Einwohner. Doch das bildet genau den richtigen Kontrast zur Figur des Francisco Manuel, den Klaus Kinski mit all seinen Extremen so authentisch nachempfindet … man hätte sich niemand anderen in seiner Rolle vorstellen können.

Kinski und Herzog haben sich der Sage nach bei den Dreharbeiten oft bis aufs Blut bekämpft. Herzog wollte den Kinski erschießen, Kinski wollte Herzog töten. In seinem Buch „Ich brauche Liebe“ geht Klaus Kinski sehr genau auf die mörderischen Umstände der Dreharbeiten ein. So gab es keine richtigen Unterkünfte, kaum wirklich nahrhaftes Essen (für die Statisten schon gar nicht) und die unglaubliche Hitze brachte jeden an den Rand seiner körperlichen Leistungsfähigkeit. Kinski ist davon jedoch nichts anzumerken, er tobt und schreit sich durch den Film, lebt jedes Extrem bis zur völligen Erschöpfung aus.

Mit „Cobra Verde“ endete eine 15jährige Zusammenarbeit zwischen Klaus Kinski und Werner Herzog. Eine Zusammenarbeit, die 1972 mit „Aguirre, der Zorn Gottes“ begann und nicht nur den Deutschen Film nachhaltig beeinflusst hat. Als Gemeinschaft hatten Kinski / Herzog einen immensen Erfolg, der ihnen als Einzelperson nie in diesem Ausmaß beschert wurde. In „Cobra Verde“ wird der Zuschauer ein letztes Mal Zeuge dieser einzigartigen Magie zwischen den beiden irren Genies. Sie trieben sich regelmäßig bis zum Äußersten, gingen jeweils an die körperlichen und wohl auch seelischen Grenzen des Anderen.

Niemand kann sagen, ob und wie oft es noch weitere Zusammenarbeiten von Klaus Kinski und Werner Herzog gegeben hätte. Sicher wären auch diese Filme Kinoerlebnisse geworden, Filme jenseits jedes Maßstabes. Jeder war in der Lage, die Energie des Anderen für sich zu nutzen und daraus das Optimum zu schöpfen. Herzogs Filme waren nie leichte Kost, waren sehr häufig schwer zugängliches Kino. Durch Kinski wurden Herzogs Ideen und Visionen zu lebendigen Bildern. Mit Ausnahme von „Nosferatu“ behandeln die Kinski / Herzog-Filme allesamt Themen, die nicht unbedingt mein gesteigertes Interesse fanden. Doch die Kreaturen, die die Kreatur Kinski erschuf, ragen so riesengroß über Story und Handlung hinaus, dass sie auch heute noch beim Betrachten des Films in mir schwer zu beschreibende Gefühle wecken. Ganz egal, wie gut oder schlecht das Verhältnis zwischen den beiden Exzentrikern nun wirklich gewesen sein mag – eines steht fest: Kinski und Herzog machten sich gegenseitig zu Legenden.

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kinski
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog

Beitrag von kinski »

Cobra Verde - French Movie Card :
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Nello Pazzafini
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog

Beitrag von Nello Pazzafini »

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"Ein Grab im K-Gebiet wünscht dir Dein Ugo"
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog

Beitrag von Nello Pazzafini »

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"Ein Grab im K-Gebiet wünscht dir Dein Ugo"
untot
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog

Beitrag von untot »

"Cobra Verde" ist gut, keine Frage, aber es ist der Film, den ich am wenigsten von den fünf Herzog/Kinski Filmen mag.
Irgendwie will der Funke bei mir nicht überspringen, ich fand die Sichtung deswegen eher anstrengend als vergnüglich und wäre ich nicht so eingestellt, das ich alles von Kinski sehenswert finde, hätte ich den wohl nicht bis zum Ende durchgehalten.
Wie dem auch sei, ich bin froh das ich den Film mal gesehen habe, nicht mehr und nicht weniger.

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kinski
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog

Beitrag von kinski »

türkisches Filmplakat "Cobra Verde"
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog

Beitrag von Nello Pazzafini »

Kinski Ausstellungsposter von 2003 - sehr gute Ausstellung die ja auch auf "Tournee" war, ich hoffe ihr hattet alle die Möglichkeit die zu besuchen. Parallel liefen dutzende Filme mit ihm im Kino, ich weiss gar nicht mehr wie oft ich da im Kino war, das war eine tolle Zeit für Kinski Fanatiker :D
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"Ein Grab im K-Gebiet wünscht dir Dein Ugo"
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Re: Cobra Verde - Werner Herzog (1987)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 01.09.2022 noch einmal bei Arthaus innerhalb der "Werner Herzog - 80th Anniversary Edition"-10-Blu-ray- und -10-DVD-Box:

Bild Bild

Extras Blu-ray:
Dokumentationen: Mein liebster Feind, Die Last der Träume, The White Diamond; Kurzfilme: Was ich bin, sind meine Filme, Die fliegenden Ärzte von Ostafrika, La Soufriere - Warten auf eine unausweichliche Katastrophe, Die beispiellose Verteidigung der Festung Deutschkreutz, Letzte Worte, Maßnahmen gegen Fanatiker; Wodaabe - Hirten der Sonne;

Extras DVD:
Kurzfilme La Soufriere - Warten auf eine unausweichliche Katastrophe und Glocken aus der Tiefe; Audiokommnetare; Making of; Interviews; Featurette; Trailer; u.v.m.

Beinhaltet:
Aguirre, der Zorn Gottes (1972)
Kaspar Hauser - Jeder für sich und Gott gegen alle (1974)
Nosferatu - Phantom der Nacht (1979)
Woyzeck (1979)
Fitzcarraldo (1982)
Cobra Verde (1987)
Lektionen in Finsternis (1992)
Rad der Zeit (2003)
My Son, My Son, What Have Ye Done (2009)
Königin der Wüste (2015)

Quelle: OFDb-Shop
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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