Dort oben, wo die Alpen glüh'n - Otto Meyer (1956)

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Maulwurf
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Dort oben, wo die Alpen glüh'n - Otto Meyer (1956)

Beitrag von Maulwurf »

Dort oben, wo die Alpen glüh'n
Deutschland 1956
Regie: Otto Meyer
Ingmar Zeisberg, Rudolf Carl, Lotte Ledl, Albert Rueprecht, Erik Frey, Gerlinde Locker, Hardo Hesse, Walter Stummvoll, Peter Gruber


Dort oben, wo die Alpen glühen.jpg
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OFDB

Ein Mann zwischen drei Frauen! Der Bergführer und Kunstschnitzer Berthel Bruneder hat den Kopf eigentlich in den Wolken, und lebt nur für das Klettern und seine geschnitzten Figuren, mit denen er gerne ein Figurentheater eröffnen möchte. Liiert ist er so einigermaßen mit der Anna, die ihn mehr oder weniger bei einem Wettklettern gewonnen hat, aber eigentlich dem Wirt Jakob viel mehr zugetan ist und Berthel abschätzig und unwürdig behandelt. Die Kellnerin Linda liebt den Berthel sehr aufrichtig, aber Linda ist jung, und Berthel sieht in ihr einen Freund, nicht mehr. Und zu guter Letzt ist da die Touristin Andrea, mit der er eine Klettertour unternimmt. Obwohl er doch Frauen in der Wand nicht traut. Aber die Andrea, die hat was, und mit der klettert er durch die gefürchtete Bruneder-Wand, so genannt, weil er selber dort als erster jemals erfolgreich durchgestiegen ist. Wie er mit der Andrea hoch droben ist kommt ein Wetter auf, und beide müssen die Nacht in der Wand verbringen. Anna explodiert fast vor Eifersucht und verlangt von Berthel, dass er ihr zum Beweis seiner Treue ein Edelweiß vom gefürchteten und steilen Gottesfinger bringt – Eine fast unmögliche Kletterei, die noch niemand geschafft hat. Also bricht der Berthel auf zum Gottesfinger, das Unmögliche möglich machen …

Die schlechte Nachricht zuerst: Ja, DORT OBEN.. ist ein kitschiger Heimatfilm mit vielen bösen Klischees und so herzschmerzig, wie man sich das auch nur vorstellen kann.
Die gute Nachricht: DORT OBEN.. hat außerordentlich starke Kletterszenen, die sehr spannend inszeniert sind, und auch offensichtlich von Leuten ausgeführt wurden die klettern können. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen und tolle Szenen im Fels machen Laune, und das Gefühl, das beim Klettern aufkommt, das wird perfekt getroffen und erstklassig zum Zuschauer transportiert.

Noch etwas wird aber transportiert, nämlich die Gefühle der Charaktere. DORT OBEN.. hat sehr gute Schauspieler, allen voran die wunderschöne Ingmar Zeisberg, und die Zerrissenheit gerade ihrer Andrea, die sich rettungslos und unmöglich in den Berthel verliebt, und Berthel, dem diese Liebe das fragile Gleichgewicht in der Beziehung zur Anna zerstört, diese Zerrissenheit wird bemerkenswert gespielt. Das Gefühlsleben der Figuren ist dem Zuschauer überhaupt nicht egal, wie auch die Personen nicht egal sind, und der intriganten und zickigen Anna wünscht man schnell mal eine zünftige Steinlawine auf ihren dämlichen Schädel. Schade, dass Ingmar Zeisberg den Film dann irgendwann wieder verlässt, ihre männlich-zupackende Art und ihre Schönheit nehmen sehr gefangen …

So ganz nebenher lernt man in einer Nebenhandlung dann noch den Beginn des Untergangs des Abendlandes kennen, nämlich wenn der Jakob, mit dem Wissen, das er in der großen Stadt bekommen hat, einen Sessellift bauen und dafür Bäume auf Annas Grundstück fällen lassen will. Wie Österreich vorher ausgesehen hat, das kann man in DORT OBEN.. ausgiebig genießen, was solches Gesindel wie Jakob und Anna daraus machen werden kann man zum Beispiel hier sehen.

Klar ist DORT OBEN.. billiges und gefühlsduseliges Kino aus mindestens Großvaters Uralt-Kintopp. Na und? Der Film macht Spaß, man kann lachen, man kann sich aufregen, man kann sich an der schönen Landschaft erfreuen, die Kletterszenen sind packend, und fürs Herz ist er auch gut. Ist das denn wirklich etwas Schlechtes? 95 Minuten Weltflucht vom Feinsten …

7/10
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