Gestehen Sie, Dr. Corda - Josef von Báky (1958)

Moderator: jogiwan

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Prisma
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Gestehen Sie, Dr. Corda - Josef von Báky (1958)

Beitrag von Prisma »


Hardy Krüger   Elisabeth Müller   in

GESTEHEN SIE, DR. CORDA (1958)

mit Hans Nielsen, Lucie Mannheim, Fritz Tillmann, Siegfried Lowitz, Eva Pflug, Paul Edwin Roth, Alfred Balthoff,
Werner Buttler, Albert Bessler, Reinhard Kolldehoff, Lore Hartling, Jochen Blume und Rudolf Fernau
ein Produktion der CCC Filmkunst | im Europa Filmverleih
ein Film von Josef von Báky


Gestehen Sie, Dr. Corda!.jpg
Gestehen Sie, Dr. Corda!.jpg (122.36 KiB) 86 mal betrachtet

»Die Wahrheit ist es ja gerade, die gegen mich spricht!«
Der Anästhesist Dr. Corda (Hardy Krüger) hat ein Verhältnis mit seiner Kollegin, der Krankenschwester Gabriele Montag (Eva Pflug). Als sich beide eines Abends treffen wollen, findet Dr. Corda seine Geliebte ermordet auf. Sie wurde erschlagen und in einem kleinen Waldstück abgelegt. Um einen Skandal zu vermeiden und um nicht unter Verdacht zu geraten, meldet der Arzt den Mord nicht bei der Polizei und fährt nach Hause, wo er von seiner Frau Beate (Elisabeth Müller) erwartet wird. Am nächsten Tag macht sich das Ärzte-Kollegium auf die Suche mach der Vermissten, da in der Gegend ohnehin ein Frauenschreck sein Unwesen treiben soll. Die einseitigen Ermittlungen der Polizei lassen im Endeffekt nur einen Schluss zu: Dr. Corda ist der mutmaßliche Mörder und er kommt in Untersuchungshaft, wo er peinlichen Verhören unterzogen wird. In der Öffentlichkeit wird der Fall mit entsetzen aufgenommen und es kommt zu schnellen Vorverurteilungen, die alle Beteiligten an den Rande ihrer Kräfte bringt. Wird Dr. Corda trotz seiner Unschuld tatsächlich gestehen..?

Bereits die sehr düster wirkende Europa-Verleihmarke und die beinahe schwermütig wirkende Musik läuten gleich zu Beginn die beachtliche Atmosphäre und den eindeutigen Charakter von Josef von Bákys Kriminal-Drama ein und es bleibt insgesamt zu betonen, dass sich das hohe Niveau der Produktion in allen Bereichen auf einem konstant hohen Level abspielen wird. Der Titel lässt im Vorfeld viele Schlüsse auf den Verlauf zu und die Geschichte orientiert sich zwar deutlich in eine ganz bestimmte Richtung, lässt dabei aber viel Spielraum für alternative Inhalte, die jeweils eine geschickte Verstrickung mit dem Hauptthema erfahren. Die angesprochene Atmosphäre offenbart sich dem Zuschauer als genau so kalt wie der Operationssaal in dem man Dr. Corda bei der Arbeit sehen kann. Auch der Mord selbst, die bedrohten Existenzen, die erdrückenden Rahmenbedingungen, die facettenreichen Zeichnungen der Beteiligten und der feste Würgegriff der Polizei, wirken in ihren Schilderungen prosaisch und sehr authentisch. Von Báky erreicht mit subtilen Mitteln einen angemessenen Spannungsaufbau, der spielend ohne Whodunit auskommt und sich glücklicherweise nicht allzu vieler Schablonen bedient. Auch die empfundene Vorhersehbarkeit kann durchaus als Baustein dieser Arbeit angesehen werden, denn es kommt auf andere Komponenten an. Die zur Verfügung stehende Besetzung ist hochkarätig und staffiert "Gestehen Sie, Dr. Corda" präzise und nahezu spektakulär aus, insbesondere die auffällige Abgrenzungstaktik von Regie und Drehbuch bezüglich der Charaktere untereinander erweist sich als Aushängeschild der Produktion.

Hardy Krüger beschert dem Zuschauer in der Titelrolle besonders glaubhafte Momente, da die zu interpretierende Figur und sein Wesen miteinander übereinzustimmen scheinen. Das Fehlen von Emotion und Temperament bestätigt das allgemein bestehende Bild des Arztes, der selbst im Umgang mit seiner Geliebten medizinisch-sachlich wirkt. Von seinem Chef und den Kollegen wird er geschätzt, doch die Solidarität ihm gegenüber wird auf eine Zerreißprobe gestellt. Hardy Krüger macht seine Sache jedenfalls hervorragend, genau wie seine Film-Ehefrau Elisabeth Müller, die überraschend präzise und überzeugend zu sehen ist. Gerade sie wurde seinerzeit gerne für biedere und temperamentlose Frauenrollen gebucht und wirkte im Rahmen des Geforderten oftmals blass. Hier sieht man eine sehr ausgewogene Leistung der Schweizerin, die den Gemütszustand einer Frau in dieser Situation glaubhaft und vielleicht sogar exemplarisch darstellt. Die gehörnte Ehefrau hält zu ihrem Mann, da sie ihn von allen Beteiligten am besten kennt und an die gemeinsame Tochter denkt. Doch langsam aber sicher schlägt ihre Stabilität in Labilität um, denn sie hält der Schar von Freunden, die zu Feinden werden und der gesellschaftlichen Vorverurteilungen nur noch schwer Stand. In diesem Zusammenhang sieht man eine ähnlich angelegte Rolle von Lucie Mannheim, die zahlreiche Gesichter des mentalen Verfalls in dieser unerträglichen Situation ebenso sicher heraus arbeitet. Des Weiteren gibt es hervorragende Leistungen aus Dr. Cordas Kollegium, wie beispielsweise von Rudolf Fernau als väterlichen Vorgesetzten, oder von Eva Pflug als mittlerweile desillusionierte Frau, die die zweite Rolle in seinem Leben nicht länger spielen kann. Die Vertreter von Justiz und Gerechtigkeit fanden mit Fritz Tillmann und Siegfried Lowitz sehr glückliche Besetzungen und inszenieren eine Hexenjagd par excellence.

Da es sich nicht um den ersten Mord dieser Art handelt, sitzt den ausführenden Armen der Gerechtigkeit nicht nur die übergeordnete Stelle im Nacken, sondern vor allem die Öffentlichkeit verlangt, dass so schnell wie möglich ein Täter präsentiert wird. Mit Dr. Corda ist schließlich der geeignete Kandidat gefunden, den man den Leuten bedingungslos zum Fraß vorwerfen kann und dabei ist der Angeklagte so lange schuldig, bis zum Beweis seiner Unschuld. Diese umgekehrten Voraussetzungen und die eindringlich geschilderten Machenschaften der Polizei werden unter ein recht kritisches Licht gestellt, man braucht einen Schuldigen und wenn er es eben selber nicht zugibt, muss mit außerordentlichen Mitteln nachgeholfen werden. Hierbei glänzen Fritz Tillmann und insbesondere Siegfried Lowitz in hervorragender Schauspiellaune und sie kreieren dabei beinahe abstoßende Steigbügelhalter der Ungerechtigkeit. Als Kontrast dazu sieht man Hans Nielsen als Dr. Cordas Anwalt, der nicht lange herum fackelt und sich hervorragend mit seinen Pflichten auskennt, aber eben noch besser mit seinen Rechten und denjenigen seines Mandanten. Er reagiert ungeduldig, verschwendet keine Zeit an unnötige Diskussionen und unangebrachte Höflichkeiten, aber hält dennoch immer wieder zum Durchhalten an. Eine optimale Besetzung, die bis in die Kleinstrollen überzeugend wirkt. In "Gestehen Sie, Dr. Corda" wurde ein guter Weg zwischen kritischer Abhandlung und Unterhaltungsfilm eingeschlagen. Die solide Spannung entsteht durch ein straffes Zeitdiktat, in dem man suggeriert bekommt, dass der Angeklagte trotz seiner Unschuld jederzeit gestehen, oder schuldig gesprochen werden könnte, weil ihn die Polizei immer härter anfasst, sich die Zahl seiner Unterstützer immer schneller dezimiert und er einfach vor dem Ende seiner Kräfte steht. Auch die Gestaltung der Rahmenbedingungen wirkt sehr authentisch, viele Ortswechsel begünstigen das Tempo, die Musik arbeitet positiv ins Negative hinein und schließlich wird die Frage zufriedenstellend geklärt, was passieren muss, wenn Justitias Augenbinde mal wieder etwas zu straff sitzt. Insgesamt weiß Josef van Bákys Kriminal-Drama aufgrund seiner Ausgewogenheit, aber auch wegen der nachdenklichen Tendenzen sehr gut zu unterhalten.
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horror1966
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Re: Gestehen Sie, Dr. Corda - Josef von Báky (1958)

Beitrag von horror1966 »

Gestehen Sie, Dr. Corda!
(Gestehen Sie, Dr. Corda!)
mit Hardy Krüger, Elisabeth Müller, Lucie Mannheim, Hans Nielsen, Fritz Tillmann, Siegfried Lowitz, Eva Pflug, Rudolf Fernau, Paul Edwin Roth, Werner Buttler, Lore Hartling, Jochen Blume, Emmy Burg, Ernst Sattler
Regie: Josef von Báky
Drehbuch: Robert A. Stemmle
Kamera: Göran Strindberg
Musik: Georg Haentzschel
FSK 16
Deutschland / 1958

Narkosearzt Dr. Corda ist jung, attraktiv und verheiratet. Trotzdem hat er eine Affäre mit seiner Assistentin Gabriele. Als diese aber wenig später ermordet aufgefunden wird, sprechen alle Indizien gegen Corda, der auch kurz darauf verhaftet wird. Ausgerechnet die betrogene Gattin Beate glaubt jedoch an seine Unschuld. Nur einem Zufall ist es letztendlich zu verdanken, dass der wahre Mörder geschnappt, Corda rehabilitiert wird und damit ein Justizskandal noch größeren Ausmaßes verhindert werden kann.


Justizirrtümer hat es schon immer gegeben und mit seinem 1958 veröffentlichtem Film "Gestehen Sie, Dr. Corda!" nimmt sich Josef von Báky eben dieser Thematik an. Zwar kann am Ende dieser Geschichte gerade noch der Gerechtigkeit zum Sieg verholfen werden, doch wie hier innerhalb von knapp 90 minuten fast eine gesamte Familie dem Verderben ausgesetzt wird hinterlässt einen schon recht nachhaltigen Eindruck. Im Mittelpunkt steht dabei die bornierte und schlampige Ermittlungsarbeit der Polizei, die wirklich mit aller Gewalt den jungen Dr. Corda des Mordes an seiner Geliebten überführen will und dabei eine äußerst einseitige Strategie verfolgt. Zugegebenermaßen gibt es genügend Indizien die ganz klar auf Corda hindeuten, zudem schadet dieser sich selbst am meisten indem er nicht gleich zu beginn der Verhöre seine Beziehung zu seiner Assistentin zugibt, doch wie die ermittelnden Beamten hier zu Werke gehen stimmt den Zuschauer absolut nachdenklich. So gibt es für die Polizei keinerlei Zweifel daran das Corda der Mörder sein muss und aufgrund der unzähligen Indizien scheint dies zunächst auch durchaus logisch.

Nicht nachvollziehbar ist hingegen der Umstand, das selbst nach auftretenden Unstimmigkeiten in der Beweiskette keinerlei Anstalten gemacht werden auch andere Spuren zu verfolgen. Stattdessen wird der Beschuldigte regelrecht bedrängt ein Geständnis abzulegen und lediglich seine betrogene Ehefrau steht wie ein Fels in der Brandung zu ihm. So rückt dann auch die Beziehung der beiden Eheleute immer mehr in den zentralen Fokus, wohingegen die Affäre Corda's eher nebensächlich beleuchtet wird. Das nimmt dem Film an sich ein wenig an Stärke und lässt im weiteren Verlauf durch etwas zu dick aufgetragene Ereignisse auch ein wenig Theatralik entstehen. Dennoch erscheint das Szenario zu keiner Zeit abwegig und gerade in der damaligen Zeit kann man sich beispielsweise das Verhalten der aufgebrachten Bevölkerung sehr gut vorstellen. So wird die Ehefrau mit ständigen anonymen Anrufen belästigt, Fassaden werden beschmiert, oder Fensterscheiben in Corda's Haus mit Steinen eingeschmissen.

Ausgelöst wird das Ganze durch die Vorverurteilung in der Presse und mit zunehmender Zeit kommen selbst im Freundeskreis erste Bedenken auf, ob der junge Narkosearzt denn wirklich unschuldig sein kann. Báky zeigt in seiner Erzählung eindrucksvoll auf, wie durch Engstirnigkeit systematisch eine ganze Familie in einen Sumpf gezogen wird aus dem es anscheinend keinerlei Entkommen gibt. Besonders gut kommt dies durch die ermittelnden Beamten zum Ausdruck, denn selbst als diese feststellen müssen das sie sich anscheinend geirrt haben, halten sie trotzig an ihrer vorgefassten Meinung fest und weigern sich standhaft, ihre eigenen Fehler zuzugeben. Das am Ende doch noch alles gut ausgeht ist dann auch eher einem glücklichen Zufall und der Dummheit des echten Mörders zu verdanken, so das die Polizei insgesamt gesehen nicht gerade gut wegkommt.

Hardy Krüger überzeugt in der Rolle des Dr. Corda und auch der Rest der Akteure liefert durchaus sehenswerte Leistungen ab. Insgesamt gesehen ist dieses Werk als absolut sehenswert zu bezeichnen und auch wenn an einigen Stellen eventuell ein wenig zu dick aufgetragen wird, stimmt das Szenario doch sehr nachdenklich. Da wünscht man sich doch das man nie selbst in eine solche Lage gerät, denn wie schnell man einer Vorverurteilung erliegen kann, wird in dieser Geschichte äußerst gut dargestellt.


Fazit:


Für manch einen mag "Gestehen Sie, Dr. Corda!" ein wenig antiquiert und angestaubt erscheinen, was jedoch nichts an der vorhandenen Qualität ändert. Justizirrtümer können jederzeit passieren und wenn man durch irgendeinen dummen Zufall ohne Alibi dasteht und zudem noch durch eigenes Zurückhalten diverser Informationen in den Kreis der Ermittlungen gerät, dann kann der Schuss auch schnell einmal nach hinten losgehen.


7/10
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CamperVan.Helsing
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Re: Gestehen Sie, Dr. Corda - Josef von Báky (1958)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Basierend auf tatsächlichen Ereignissen entstand dieses Krimaldrama um einen Narkosearzt, der des Mordes an seiner Geliebten beschuldigt wird. Rasch muss Dr. Corda erkennen, dass man seinen Unschuldsbeteuerungen keinen Glauben schenkt. Es lässt sich dabei nicht leugnen, dass Corda sich selbst durch das Verleugnen seiner Beziehung zum Opfer und der Tatsache, dass er den Fundort der Leiche bereits kannte, verdächtig machte.

Die Polizei ist jedoch offenbar so sehr von Cordas Schuld überzeugt, dass entlastenden Hinweisen nicht nachgegangen wird. Cordas Frau hält zwar zu ihrem Mann, doch die Situation zerrt massiv an ihren Nerven. Der Mann in U-Haft, die Leute wenden sich ab und das "gesunde Volksempfinden" eskaliert in anonymen Anrufen, Schmiererien an der Haustür und eingeworfenen Fensterscheiben.

Während an den Darstellerleistungen nichts auszusetzen ist, erweist sich das Ende als aus dem Hut gezaubert und zu dick aufgetragen. Ein Problem hab ich auch mit der Figur der Frau Corda, die zunächst, nachdem sie von der Affäre ihres Mannes erfährt, einen Selbstmordversuch unternimmt und dann für ihren Mann (bzw. ihre Familie) wie eine Löwin kämpft, ohne dass dieser Sinneswandel erklärt würde. Und mal ehrlich, bei ihrer Biederkeit und ihrer Gottgläubigkeit ist es doch kein Wunder, dass der Gatte aushäusig Abwechslung sucht...
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Re: Gestehen Sie, Dr. Corda - Josef von Báky (1958)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 11.11.2022 bei 375 Media als Blu-ray/DVD-Kombination im Mediabook inkl. Booklet:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Gestehen Sie, Dr. Corda - Josef von Báky (1958)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 19.04.2024 bei M-Square Classics / UCM.ONE auf Blu-ray und auch noch einmal auf DVD:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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