Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Moderator: jogiwan
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Axel Milbergs letzter „Tatort“ läuft im Frühjahr
Hauptkommissar Klaus Borowski tritt nach über 20 Jahren ab
Bekannt ist es schon seit 2023, nun wird es jedoch konkret: Axel Milbergs Abschied vom Kieler „Tatort“ geht nach mehr als 20 Jahren in einigen Wochen über die Bühne. Mit „Borowski und das hungrige Herz“ steht am kommenden Sonntag, dem 12. Januar zunächst der vorletzte Fall des im hohen Norden ermittelnden Hauptkommissars Klaus Borowski an, der ihn mit dem Thema Sexsucht konfrontiert. Auf Wiedersehen sagt Milberg, übrigens auf eigenen Wunsch, dann mit „Borowski und das Haupt der Medusa“ am Sonntag, dem 16. März zur gewohnten Sendezeit um 20:15 Uhr.
Quelle und weitere Infos:
https://www.fernsehserien.de/news/axel- ... -fruehjahr
Hauptkommissar Klaus Borowski tritt nach über 20 Jahren ab
Bekannt ist es schon seit 2023, nun wird es jedoch konkret: Axel Milbergs Abschied vom Kieler „Tatort“ geht nach mehr als 20 Jahren in einigen Wochen über die Bühne. Mit „Borowski und das hungrige Herz“ steht am kommenden Sonntag, dem 12. Januar zunächst der vorletzte Fall des im hohen Norden ermittelnden Hauptkommissars Klaus Borowski an, der ihn mit dem Thema Sexsucht konfrontiert. Auf Wiedersehen sagt Milberg, übrigens auf eigenen Wunsch, dann mit „Borowski und das Haupt der Medusa“ am Sonntag, dem 16. März zur gewohnten Sendezeit um 20:15 Uhr.
Quelle und weitere Infos:
https://www.fernsehserien.de/news/axel- ... -fruehjahr
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort: Animals
„Scheiß Beamtenpack!“
Der Münchener „Tatort“-Neustart mit „Animals“ führte direkt am Neujahrstag 1991 ein neues Ermittler-Duo ein, das eines der langlebigsten werden sollte und bis heute aktiv ist: die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, „Tatort: Der Pott“) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, „Crash“). Der Wiener Regisseur Walter Bannert („Eis am Stiel, 7. Teil – Verliebte Jungs“) inszenierte seinen ersten von insgesamt fünf Beiträgen zur öffentlich-rechtlichen Krimireihe, das Drehbuch stammt von Max Zihlmann und Veith von Fürstenberg.
„Die 90er-Jahre verlangen einen völlig neuen Frauentyp!“
Die Tierschützerin Angelika Weiss (Angelika Bartsch, „Tatort: Spuk aus der Eiszeit“) versucht, gegen den Kosmetikhersteller Pelzer (Béla Ernyey, „Frau Wirtin hat auch einen Grafen“) vorzugehen, weil dieser für seine Produkte grausame Tierversuche durchführt. Bei den Kriminalhauptkommissaren Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) blitzt sie jedoch ab, schließlich sei man die Mordkommission und deshalb nicht zuständig. Zu einem Fall für sie wird die Angelegenheit dennoch bald: Als Weiss sich zusammen mit dem Fotografen Fred Grimm (Michael Fitz, „Der Schwammerlkönig“) Zutritt zum Firmengelände verschafft, um die Tiere zu befreien und Beweisfotos anzufertigen, hetzt Pelzer persönlich seinen Rottweiler auf sie, der sie totbeißt…
„Es gibt Leute, die wollen sich nicht wohlfühlen!“
Die kurze Inhaltsangabe ist nicht wirklich gespoilert, denn der Einstand der neuen Münchner Kripobullen lässt weder die Frage nach Täter noch nach dem Motiv offen. Zunächst einmal werden Batic und Leitmayer aber im Auto herumalbernd eingeführt, Hardrock-hörend auf dem Weg zur Arbeit. Während ihrer Konfrontation mit dem späteren Todesopfer reagiert dieses empört, wird gar handgreiflich. Anschließend bleibt die Narration eine ganze Weile bei ihr und gewährt dem „Tatort“-Publikum damit einen großen Wissensvorsprung gegenüber der Polizei. Diese wird zunächst zu einem erstochenen Fixer in einem Bahnabteil gerufen. Batic helfen seine jugoslawischen Sprachkenntnisse am Tatort, im Zusammenhang mit dem eigentlichen Fall steht der Tod im Drogenmilieu aber nicht.
„Ihr mit eurer spießigen, dreckigen Fantasie…“
Pikanterweise war Angelika Weiss als Fotomodell für Pelzer tätig und konnte sich nur dadurch Zutritt zum Gelände verschaffen, weil sie Sex mit ihrem ehemaligen Chef hatte. Dies soll helfen, Weiss als radikale, mit vollem Körpereinsatz und ohne Rücksicht auf Verluste vorgehende Tierschützerin zu charakterisieren – und ist in Bezug auf die Glaubwürdigkeit vielleicht etwas zu viel des Guten. Wie Pelzer wiederum mit Tieren umgeht – er erschießt kurzerhand seinen Rottweiler –, lässt keine Fragen offen, die Fronten sind geklärt und die Sympathien verteilt. Nachdem Angelikas Leiche an der Isar gefunden wurde, wird’s etwas skurril: Batic trifft einen der Tierschützer bei einer alten Katzenlady, die 20 Stubentiger ihr Eigen nennt und ins Altersheim soll, Leitmayr ermittelt bei einer Model-Kollegin der Toten und Batic kämpft mit dem Computer, bevor endlich Pelzer befragt wird – der gerade versucht, sich illegal neue Versuchshunde zu beschaffen.
„Du bist spießiger als jeder Deutsche!“
Um die neuen Kommissare ebenfalls charakterlich zumindest schon einmal grob zu umreißen, erhält man Einblicke in Leitmayrs Privatleben (in dem seine Freundin zu kurz kommt) sowie in Batics Wohn- und Beziehungsverhältnisse: Der Mann bewohnt eine ausladende Loftwohnung und streitet mit seiner Freundin über ihren Job für Pelzer, der er in diesem Zuge ein Video über Tierversuche vorspielt. Mehrfach kokettiert Batic zudem mit seiner ausländischen Herkunft, bis auch der letzte Zuschauer kapiert hat, dass er kein „biodeutscher“ Kommissar ist. Und dann ist da noch Journalist Peter Turm (Edwin Noël, „Maigret und sein größter Fall“), der mit dem Tierschutz sympathisiert, aber radikale Aktionen ablehnt und von der Polizei kurzerhand für eine Nacht in die Ausnüchterungszelle gesteckt wird, als er betrunken auf der Wache herumpöbelt. Fotograf Grimm wiederum, der seine Aufnahmen konspirativ anzufertigen pflegt, ist kurioserweise stets mit einem superauffälligen Auto unterwegs, wie es in ganz München kein zweites geben dürfte. Gegen Ende gibt’s dann ein bisschen Action, als sich zufälligerweise fast alle Figuren in einer Scheune versammeln.
Ja, Kollege Zufall hilft mit, Narration und Dramaturgie voranzutreiben. Mit seiner Figurenkonstellation, bei der jeder über ein, zwei Ecken mit jedem bekannt zu sein scheint und auch amouröse Verquickungen nicht ausgeschlossen werden, wird der Fall zuweilen unübersichtlich und hat ein bisschen was von einer Seifenoper. Und die Schleichwerbung für „Ferrero Rocher“ ist nur allzu offensichtlich, hier wird sich gern mal die Kugel gegeben. Eine Texttafel am Schluss informiert über Parallelen zu einem realen Fall und tatsächlich ist das Thema Tierversuche bedauerlicherweise alles andere als fiktional. Der „Tatort: Animals“ bringt es aufs Tapet und bezieht eindeutig Stellung dazu, was erfreulich ist und ihn ein gutes Stück weit aufwertet. Ansonsten reißt dieser Münchner Einstand im Spät-‘80er-Look sicherlich keine Bäume aus und leidet ein wenig unter der dramaturgischen Entscheidung, Täter und Motiv von vornherein bekanntzugeben.
Trivium: Der hier Fotograf Grimm spielende Michael Fitz wird das Team ab seinem dritten Fall als Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger unterstützen.
„Scheiß Beamtenpack!“
Der Münchener „Tatort“-Neustart mit „Animals“ führte direkt am Neujahrstag 1991 ein neues Ermittler-Duo ein, das eines der langlebigsten werden sollte und bis heute aktiv ist: die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, „Tatort: Der Pott“) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, „Crash“). Der Wiener Regisseur Walter Bannert („Eis am Stiel, 7. Teil – Verliebte Jungs“) inszenierte seinen ersten von insgesamt fünf Beiträgen zur öffentlich-rechtlichen Krimireihe, das Drehbuch stammt von Max Zihlmann und Veith von Fürstenberg.
„Die 90er-Jahre verlangen einen völlig neuen Frauentyp!“
Die Tierschützerin Angelika Weiss (Angelika Bartsch, „Tatort: Spuk aus der Eiszeit“) versucht, gegen den Kosmetikhersteller Pelzer (Béla Ernyey, „Frau Wirtin hat auch einen Grafen“) vorzugehen, weil dieser für seine Produkte grausame Tierversuche durchführt. Bei den Kriminalhauptkommissaren Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) blitzt sie jedoch ab, schließlich sei man die Mordkommission und deshalb nicht zuständig. Zu einem Fall für sie wird die Angelegenheit dennoch bald: Als Weiss sich zusammen mit dem Fotografen Fred Grimm (Michael Fitz, „Der Schwammerlkönig“) Zutritt zum Firmengelände verschafft, um die Tiere zu befreien und Beweisfotos anzufertigen, hetzt Pelzer persönlich seinen Rottweiler auf sie, der sie totbeißt…
„Es gibt Leute, die wollen sich nicht wohlfühlen!“
Die kurze Inhaltsangabe ist nicht wirklich gespoilert, denn der Einstand der neuen Münchner Kripobullen lässt weder die Frage nach Täter noch nach dem Motiv offen. Zunächst einmal werden Batic und Leitmayer aber im Auto herumalbernd eingeführt, Hardrock-hörend auf dem Weg zur Arbeit. Während ihrer Konfrontation mit dem späteren Todesopfer reagiert dieses empört, wird gar handgreiflich. Anschließend bleibt die Narration eine ganze Weile bei ihr und gewährt dem „Tatort“-Publikum damit einen großen Wissensvorsprung gegenüber der Polizei. Diese wird zunächst zu einem erstochenen Fixer in einem Bahnabteil gerufen. Batic helfen seine jugoslawischen Sprachkenntnisse am Tatort, im Zusammenhang mit dem eigentlichen Fall steht der Tod im Drogenmilieu aber nicht.
„Ihr mit eurer spießigen, dreckigen Fantasie…“
Pikanterweise war Angelika Weiss als Fotomodell für Pelzer tätig und konnte sich nur dadurch Zutritt zum Gelände verschaffen, weil sie Sex mit ihrem ehemaligen Chef hatte. Dies soll helfen, Weiss als radikale, mit vollem Körpereinsatz und ohne Rücksicht auf Verluste vorgehende Tierschützerin zu charakterisieren – und ist in Bezug auf die Glaubwürdigkeit vielleicht etwas zu viel des Guten. Wie Pelzer wiederum mit Tieren umgeht – er erschießt kurzerhand seinen Rottweiler –, lässt keine Fragen offen, die Fronten sind geklärt und die Sympathien verteilt. Nachdem Angelikas Leiche an der Isar gefunden wurde, wird’s etwas skurril: Batic trifft einen der Tierschützer bei einer alten Katzenlady, die 20 Stubentiger ihr Eigen nennt und ins Altersheim soll, Leitmayr ermittelt bei einer Model-Kollegin der Toten und Batic kämpft mit dem Computer, bevor endlich Pelzer befragt wird – der gerade versucht, sich illegal neue Versuchshunde zu beschaffen.
„Du bist spießiger als jeder Deutsche!“
Um die neuen Kommissare ebenfalls charakterlich zumindest schon einmal grob zu umreißen, erhält man Einblicke in Leitmayrs Privatleben (in dem seine Freundin zu kurz kommt) sowie in Batics Wohn- und Beziehungsverhältnisse: Der Mann bewohnt eine ausladende Loftwohnung und streitet mit seiner Freundin über ihren Job für Pelzer, der er in diesem Zuge ein Video über Tierversuche vorspielt. Mehrfach kokettiert Batic zudem mit seiner ausländischen Herkunft, bis auch der letzte Zuschauer kapiert hat, dass er kein „biodeutscher“ Kommissar ist. Und dann ist da noch Journalist Peter Turm (Edwin Noël, „Maigret und sein größter Fall“), der mit dem Tierschutz sympathisiert, aber radikale Aktionen ablehnt und von der Polizei kurzerhand für eine Nacht in die Ausnüchterungszelle gesteckt wird, als er betrunken auf der Wache herumpöbelt. Fotograf Grimm wiederum, der seine Aufnahmen konspirativ anzufertigen pflegt, ist kurioserweise stets mit einem superauffälligen Auto unterwegs, wie es in ganz München kein zweites geben dürfte. Gegen Ende gibt’s dann ein bisschen Action, als sich zufälligerweise fast alle Figuren in einer Scheune versammeln.
Ja, Kollege Zufall hilft mit, Narration und Dramaturgie voranzutreiben. Mit seiner Figurenkonstellation, bei der jeder über ein, zwei Ecken mit jedem bekannt zu sein scheint und auch amouröse Verquickungen nicht ausgeschlossen werden, wird der Fall zuweilen unübersichtlich und hat ein bisschen was von einer Seifenoper. Und die Schleichwerbung für „Ferrero Rocher“ ist nur allzu offensichtlich, hier wird sich gern mal die Kugel gegeben. Eine Texttafel am Schluss informiert über Parallelen zu einem realen Fall und tatsächlich ist das Thema Tierversuche bedauerlicherweise alles andere als fiktional. Der „Tatort: Animals“ bringt es aufs Tapet und bezieht eindeutig Stellung dazu, was erfreulich ist und ihn ein gutes Stück weit aufwertet. Ansonsten reißt dieser Münchner Einstand im Spät-‘80er-Look sicherlich keine Bäume aus und leidet ein wenig unter der dramaturgischen Entscheidung, Täter und Motiv von vornherein bekanntzugeben.
Trivium: Der hier Fotograf Grimm spielende Michael Fitz wird das Team ab seinem dritten Fall als Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger unterstützen.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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- karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort Stuttgart: Verblendung
Bei dem Titel musste ich gleich an die Stig Larsson Millenium Bücher denken, und war auch nciht so falsch: Politik und Verbrechen, nur sehr runtergedampft.
Zwei rechtsextreme überfallen eine Kinopremiere mit geladenen Gästen, um auf eine Verschwörung aufmerksam zu machen, bei der inhaftierte Nazis vom Staat umgebracht werden.
Unter den Gästen Sebastian Bootz, der Lannert vertritt. Dieser fährt zu einem Date. Kann er natürlich vergessen, als Bootz iohn anruft und er mithört, was da abgeht.
Dann haben wir die Situation im Kino mit den Terroristen, bzw einer, der andere liegt verletzt im Sterben herum. Das ist Kammerspiel oder noch eher Theaterinszenierung. Wie die Geiseln vor der Kinoleinweand sitzen, angestrahlt von Bildern der Nazis. Und ein Potpurri aus Gästen, wie sie sich die Nazis niccht besser aussuchen könnten: Polizeipräsident, Bulle, linke Journalistin, populistischer rechter Politiker und grüner Politiker mit Migrationshintergrund. Trotz der Klischees wird die Dynamik sehr gut und spannend gespielt. Auch wenn mir Bootz insgesamt ein wenig zu gut und heldenhaft rüber kommt. Es ist auch wirklich hart: Die Terroristin schreckt da nicht vor spontanen Morden zurück, nimmt einen mit.
Draussen haben wir Lannert, der auf verschiedenen Ebenen ermittelt. Er versucht herauszufinden, wer die Geiselnehmerin ist und ihre Schwachstelle zu finden. Er will die Hintergründe der Todesfälle der Nazis im Knast raus finden, hier spannend: Eine Unmöglichkeit der Staatsmittäterschaft wird nicht von vorneherein ausgeschlossen, und die Bezüge zu Stammheim 1976 und der RAF sind auch da. Und dann och so ein fieses Schlussbild.
Insgesamt sehr spannend und gut inszeniert, da passt alles: Buch, Kamera, Regie, Sound. Mit eben kleinen Abstrichen: Bootz allzu heldenhaft, Lannert mischt wirklich ohne Probleme überall mit und der Innensenator hätte auch schon eher handeln können müssen.
Empfehlung.
Bei dem Titel musste ich gleich an die Stig Larsson Millenium Bücher denken, und war auch nciht so falsch: Politik und Verbrechen, nur sehr runtergedampft.
Zwei rechtsextreme überfallen eine Kinopremiere mit geladenen Gästen, um auf eine Verschwörung aufmerksam zu machen, bei der inhaftierte Nazis vom Staat umgebracht werden.
Unter den Gästen Sebastian Bootz, der Lannert vertritt. Dieser fährt zu einem Date. Kann er natürlich vergessen, als Bootz iohn anruft und er mithört, was da abgeht.
Dann haben wir die Situation im Kino mit den Terroristen, bzw einer, der andere liegt verletzt im Sterben herum. Das ist Kammerspiel oder noch eher Theaterinszenierung. Wie die Geiseln vor der Kinoleinweand sitzen, angestrahlt von Bildern der Nazis. Und ein Potpurri aus Gästen, wie sie sich die Nazis niccht besser aussuchen könnten: Polizeipräsident, Bulle, linke Journalistin, populistischer rechter Politiker und grüner Politiker mit Migrationshintergrund. Trotz der Klischees wird die Dynamik sehr gut und spannend gespielt. Auch wenn mir Bootz insgesamt ein wenig zu gut und heldenhaft rüber kommt. Es ist auch wirklich hart: Die Terroristin schreckt da nicht vor spontanen Morden zurück, nimmt einen mit.
Draussen haben wir Lannert, der auf verschiedenen Ebenen ermittelt. Er versucht herauszufinden, wer die Geiselnehmerin ist und ihre Schwachstelle zu finden. Er will die Hintergründe der Todesfälle der Nazis im Knast raus finden, hier spannend: Eine Unmöglichkeit der Staatsmittäterschaft wird nicht von vorneherein ausgeschlossen, und die Bezüge zu Stammheim 1976 und der RAF sind auch da. Und dann och so ein fieses Schlussbild.
Insgesamt sehr spannend und gut inszeniert, da passt alles: Buch, Kamera, Regie, Sound. Mit eben kleinen Abstrichen: Bootz allzu heldenhaft, Lannert mischt wirklich ohne Probleme überall mit und der Innensenator hätte auch schon eher handeln können müssen.
Empfehlung.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
„Polizeiruf 110“: Nächster Krimi der ARD-Reihe wird verschoben
Besondere „Tatort“-Folge als Ersatz
Am 2. Februar hätte eigentlich der nächste Fall des „Polizeiruf 110“ aus Magdeburg im Ersten ausgestrahlt werden sollen. Die ARD hat nun „Widerfahrnis“ mit Claudia Michelsen als Hauptkommissarin Doreen Brasch aus dem Programm genommen, wie eine Sendersprecherin bestätigte. Hintergrund dessen ist Rücksicht auf die Hinterbliebenen des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg im Dezember.
Quelle und weitere Infos:
https://www.fernsehserien.de/news/poliz ... verschoben
Besondere „Tatort“-Folge als Ersatz
Am 2. Februar hätte eigentlich der nächste Fall des „Polizeiruf 110“ aus Magdeburg im Ersten ausgestrahlt werden sollen. Die ARD hat nun „Widerfahrnis“ mit Claudia Michelsen als Hauptkommissarin Doreen Brasch aus dem Programm genommen, wie eine Sendersprecherin bestätigte. Hintergrund dessen ist Rücksicht auf die Hinterbliebenen des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg im Dezember.
Quelle und weitere Infos:
https://www.fernsehserien.de/news/poliz ... verschoben
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- karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort Saarbrücken: Das Ende der Nacht
Jährlich im Januar der neue Fall aus Saarbrücken.
Hier geht es um einen Überfall auf einen Geldtransporter mit Todesfolge. Und um ein Gangsterpaar, und Tochter-Mutterverhältnis.
Geht stark los, der Überfall ist schmissig inszeniert. Wirklich spannend und glaubwürdig. Dazu wird die Lebenssituation zweier Kommissare miteingebunden. Und da war es auch so weit: die bisher problemlose Pia Heinrich hat tatsächlich ein arges Tablettenproblem.
Spannender Tatort, bei dem auch sehr viel passiert: Es entwickelt sich von einer generationenübergreifende Reihe von Raubüberfällen in eine Geiselnahme, die ausser Kontrolle gerät. Und hier haben wir richtig Glück bei der Besetzung: Nicht nur Tochter-Mutter-Gespann (Lena Urzendowsky / Sabine Timoteo ) wissen zu gefallen, sondern auch die Personen um sie herum. Schön auch, das alle genügend Raum bekommen.
Doch eben auch Problem: bei den Saarbrückern ist ja das horizontale immer auch Programm, und so gibt es Überschneidungen mit einem alten Fall von Schürk und Hölzer. Und auch viele wichtige Details, die ich vielleicht nicht alle mitbekam, weil es ja schon ein langer Filmnachmittag war, aber vielleicht auch, weil zwischen persönlichen Geschichten, Erinnern an ein Jahr zu vor und eben auch noch Fall aufklären. So stellte ich mir oder meiner Mitseherin doch ab und an die Frage nach dem Wiewardasnochmal.
Und auch mit so einem Ende ist es vielleicht nicht di ebeste Entscheidung, ein stark horizontal erzählten Tatort in einer Reihe zu erzählen, die nur einmal im Jahr ausgestrahlt wird....
Ansonsten nichts zu meckern, Spieler, Kamera, Score, alles gut.
Jährlich im Januar der neue Fall aus Saarbrücken.
Hier geht es um einen Überfall auf einen Geldtransporter mit Todesfolge. Und um ein Gangsterpaar, und Tochter-Mutterverhältnis.
Geht stark los, der Überfall ist schmissig inszeniert. Wirklich spannend und glaubwürdig. Dazu wird die Lebenssituation zweier Kommissare miteingebunden. Und da war es auch so weit: die bisher problemlose Pia Heinrich hat tatsächlich ein arges Tablettenproblem.
Spannender Tatort, bei dem auch sehr viel passiert: Es entwickelt sich von einer generationenübergreifende Reihe von Raubüberfällen in eine Geiselnahme, die ausser Kontrolle gerät. Und hier haben wir richtig Glück bei der Besetzung: Nicht nur Tochter-Mutter-Gespann (Lena Urzendowsky / Sabine Timoteo ) wissen zu gefallen, sondern auch die Personen um sie herum. Schön auch, das alle genügend Raum bekommen.
Doch eben auch Problem: bei den Saarbrückern ist ja das horizontale immer auch Programm, und so gibt es Überschneidungen mit einem alten Fall von Schürk und Hölzer. Und auch viele wichtige Details, die ich vielleicht nicht alle mitbekam, weil es ja schon ein langer Filmnachmittag war, aber vielleicht auch, weil zwischen persönlichen Geschichten, Erinnern an ein Jahr zu vor und eben auch noch Fall aufklären. So stellte ich mir oder meiner Mitseherin doch ab und an die Frage nach dem Wiewardasnochmal.
Und auch mit so einem Ende ist es vielleicht nicht di ebeste Entscheidung, ein stark horizontal erzählten Tatort in einer Reihe zu erzählen, die nur einmal im Jahr ausgestrahlt wird....
Ansonsten nichts zu meckern, Spieler, Kamera, Score, alles gut.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort: Tod im Häcksler
„Sie sollten mal eine Weile ausspannen!“
Wenngleich sie bereits Ende des vorausgegangenen Jahrzehnts als neue Ludwigshafener „Tatort“-Kommissarin eingeführt wurde, zählt auch die von Ulrike Folkerts verkörperte Figur der Lena Odenthal als eine, die sich in den 1990ern als Konstante innerhalb der öffentlich-rechtlichen Krimireihe etablierte. Ihr dritter Fall, „Tod im Häcksler“, wurde von Nico Hofmann („Quarantäne“) nach einem Drehbuch, das er zusammen mit Stefan Dähnert verfasste, inszeniert und am 13. Oktober 1991 erstausgestrahlt. Es blieb Hofmanns einzige „Tatort“-Regiearbeit.
„Dann ist das hier so was wie 'ne Strafkolonie...“
Als eine Gruppe Kinder im Wald die Kleidung des vor zwei Jahren spurlos verschwundenen rumänischen Aussiedlers Höreth findet, wird aus dem Vermissten- ein Mordverdachtsfall, der bei der Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal landet. Sie macht sich auf den Weg ins pfälzische Dorf Zarten, wo der Fund stattfand, vor zwei Jahren ein Staudammbau im Gespräch war und Höreths Frau Dana (Monica Bleibtreu, „Der Joker“) lebt. Die Mordkommission glaubt, dass Lena die Ermittlungen guttun und sie dort etwas zur Ruhe kommen würde, und tatsächlich lässt es sich zunächst ganz gut an. Der sympathische junge Dorfpolizist Stefan Tries (Ben Becker, „Eine Liebe in Deutschland“) arbeitet ausgesprochen gern mit ihr zusammen und hat ein Auge auf sie geworfen. Die Ermittlungen jedoch geraten rasch ins Stocken, denn die Dorfgemeinschaft schweigt derart auffällig, als habe sie etwas zu verbergen, und ein Leichnam wird auch nicht gefunden. Als Lena schließlich selbst in Gefahr gerät, ist’s mit der Dorfidylle dahin…
„Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Passen Sie auf sich auf!“
Nicht nur der Auftakt ist wie in einem Horrorfilm inszeniert: Ein paar Jungs trinken Bier und lesen Playboys am Lagerfeuer im Wald. Beim Pinkeln findet einer eine Tüte mit den Klamotten des Vermissten, dessen Frau gerade singend Wäsche aufgehängt hat und vorm Fernseher eingeschlafen ist. Die Rotzlöffel wecken sie, indem einer von ihnen ihren Mann in dessen Klamotten spielend ans Fenster klopft. Lena wiederum hat Ärger auf der Wache. Als der Fall bei ihr landet, muss sie das (fiktionale) pfälzische Kaff erst einmal auf der Landkarte suchen. Sie fährt schließlich mit ihrem Polizei-VW-Käfer hin, der prima ins Dorf passt, in dem die Zeit schon vor Langem stehengeblieben zu sein scheint. Auf der Fahrt gerät sie in eine Schafherde, vom alten Oberbullen des Dorfs muss sie sich markige Sprüche anhören und als sie mit Stefan zu Dana Höreth fährt, fahren sie versehentlich ein Huhn halbtot, das daraufhin im titelgebenden Häcksler landet.
Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner glotzen doof ins Polizeiauto und begleiten Lenas Aufenthalt mit permanenten kritischen Blicken. Regisseur Hofmann inszeniert vermehrt skurrile Dorfszenen, die das Landvolk wie exotische Eingeborene wirken lassen. Lena macht seltsame Beobachtungen, stößt auf besagte Mauer des Schweigens und wird bald unsanft abzuhauen aufgefordert. Stefan hingegen ist von Lena und ihrer Arbeit fasziniert und will das Dorf mittelfristig verlassen. Mit seinen Abwanderungswünschen ist er, wie sich herausstellen wird, im Dorf nicht allein… Zunächst aber landet er mit Lena im Bett, denn der Kommissarin wird hier ein Sexualleben mit unverbindlichem Sex zugestanden, was 1991 im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen sicherlich noch keine Selbstverständlichkeit war. Weniger schön für die beiden ist ein Brandanschlag auf sie, mit dem die offen konfrontative Gewaltspirale, seitdem die Polizei den Fall neu aufrollt und aus anderer Perspektive betrachtet, ihren Anfang nimmt. Jener Fall erweist sich als recht undurchsichtig und die Narration präsentiert verschiedene Motive und Verdächtige: Hat es etwas mit dem einst geplanten Staudamm zu tun, für den das Dorf hätte plattgemacht werden müssen? Oder hängt der 45-jährige Sprengler (Rudolf Kowalski, „Tatort: Kopflos“) mit drin, der ein Verhältnis mit Mechthild Höreth (Patrizia Schwöbel, „Löwengrube“), der minderjährigen Tochter, hat? Und was ist eigentlich mit Dana, die ihrerseits mit dem Bauern Hunzinger (Hans-Joachim Grubel, „Der Schnüffler“) klüngelt und das Bett teilt?
Am Ende zieht die zuvor nicht sonderlich ausgeprägte Spannung kräftig an und es geht, so viel sei verraten, in Richtung Lynchjustiz inklusive an Backwood-Terror gemahnender Szenen. Eine der Besonderheiten dieses „Tatorts“ ist der überraschend konsequente Abgesang auf eine etwaige Dorfidylle. Hier hat man es zwar wie gewohnt mit einer verschworenen Gemeinschaft zu tun, die jedoch nicht ihr Dorf schützen, erhalten und gegen äußere Einflüsse verteidigen will, sondern die Schnauze vom Dorfleben gestrichen voll hat. Dies hinderte Hofmann und sein Team indes nicht daran, Zurückgeblieben- und moralische Verkommenheit der Provinzlerinnen und Provinzler derart zu überzeichnen, dass sich trotz der Fiktionalität Zartens (gedreht wurde anscheinend hauptsächlich in Rathskirchen) regionaler Protest regte und gar zum „Gegenstand einer Debatte im Landtag Rheinland-Pfalz wegen diskriminierender Darstellung der Region als ,Zerrbild eines pfälzisch Sibiriens‘“ (Wikipedia) wurde.
Dieses unvergessene Kuriosum zog im Jahre 2019 die Dokumentation „Die Geschichte des Häckslers – Ein Tatort und seine Folgen“ nach sich, im selben Jahr erhielt der Fall mit „Die Pfalz von oben“ gar eine Fortsetzung. Davon unabhängig ist „Tod im Häcksler“ ein manch amüsanten Momenten zum Trotz beunruhigend und bedrohlich wirkender Provinzkrimi, der über weite Strecken mit seiner von Nikolaus Glownas Musik befeuerten Atmosphäre besticht. Aus den verschiedenen Verdachtsverästelungen hätte man aber mehr machen können, sie wirken lange vernachlässigt und dann etwas überhastet abgespult.
„Sie sollten mal eine Weile ausspannen!“
Wenngleich sie bereits Ende des vorausgegangenen Jahrzehnts als neue Ludwigshafener „Tatort“-Kommissarin eingeführt wurde, zählt auch die von Ulrike Folkerts verkörperte Figur der Lena Odenthal als eine, die sich in den 1990ern als Konstante innerhalb der öffentlich-rechtlichen Krimireihe etablierte. Ihr dritter Fall, „Tod im Häcksler“, wurde von Nico Hofmann („Quarantäne“) nach einem Drehbuch, das er zusammen mit Stefan Dähnert verfasste, inszeniert und am 13. Oktober 1991 erstausgestrahlt. Es blieb Hofmanns einzige „Tatort“-Regiearbeit.
„Dann ist das hier so was wie 'ne Strafkolonie...“
Als eine Gruppe Kinder im Wald die Kleidung des vor zwei Jahren spurlos verschwundenen rumänischen Aussiedlers Höreth findet, wird aus dem Vermissten- ein Mordverdachtsfall, der bei der Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal landet. Sie macht sich auf den Weg ins pfälzische Dorf Zarten, wo der Fund stattfand, vor zwei Jahren ein Staudammbau im Gespräch war und Höreths Frau Dana (Monica Bleibtreu, „Der Joker“) lebt. Die Mordkommission glaubt, dass Lena die Ermittlungen guttun und sie dort etwas zur Ruhe kommen würde, und tatsächlich lässt es sich zunächst ganz gut an. Der sympathische junge Dorfpolizist Stefan Tries (Ben Becker, „Eine Liebe in Deutschland“) arbeitet ausgesprochen gern mit ihr zusammen und hat ein Auge auf sie geworfen. Die Ermittlungen jedoch geraten rasch ins Stocken, denn die Dorfgemeinschaft schweigt derart auffällig, als habe sie etwas zu verbergen, und ein Leichnam wird auch nicht gefunden. Als Lena schließlich selbst in Gefahr gerät, ist’s mit der Dorfidylle dahin…
„Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Passen Sie auf sich auf!“
Nicht nur der Auftakt ist wie in einem Horrorfilm inszeniert: Ein paar Jungs trinken Bier und lesen Playboys am Lagerfeuer im Wald. Beim Pinkeln findet einer eine Tüte mit den Klamotten des Vermissten, dessen Frau gerade singend Wäsche aufgehängt hat und vorm Fernseher eingeschlafen ist. Die Rotzlöffel wecken sie, indem einer von ihnen ihren Mann in dessen Klamotten spielend ans Fenster klopft. Lena wiederum hat Ärger auf der Wache. Als der Fall bei ihr landet, muss sie das (fiktionale) pfälzische Kaff erst einmal auf der Landkarte suchen. Sie fährt schließlich mit ihrem Polizei-VW-Käfer hin, der prima ins Dorf passt, in dem die Zeit schon vor Langem stehengeblieben zu sein scheint. Auf der Fahrt gerät sie in eine Schafherde, vom alten Oberbullen des Dorfs muss sie sich markige Sprüche anhören und als sie mit Stefan zu Dana Höreth fährt, fahren sie versehentlich ein Huhn halbtot, das daraufhin im titelgebenden Häcksler landet.
Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner glotzen doof ins Polizeiauto und begleiten Lenas Aufenthalt mit permanenten kritischen Blicken. Regisseur Hofmann inszeniert vermehrt skurrile Dorfszenen, die das Landvolk wie exotische Eingeborene wirken lassen. Lena macht seltsame Beobachtungen, stößt auf besagte Mauer des Schweigens und wird bald unsanft abzuhauen aufgefordert. Stefan hingegen ist von Lena und ihrer Arbeit fasziniert und will das Dorf mittelfristig verlassen. Mit seinen Abwanderungswünschen ist er, wie sich herausstellen wird, im Dorf nicht allein… Zunächst aber landet er mit Lena im Bett, denn der Kommissarin wird hier ein Sexualleben mit unverbindlichem Sex zugestanden, was 1991 im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen sicherlich noch keine Selbstverständlichkeit war. Weniger schön für die beiden ist ein Brandanschlag auf sie, mit dem die offen konfrontative Gewaltspirale, seitdem die Polizei den Fall neu aufrollt und aus anderer Perspektive betrachtet, ihren Anfang nimmt. Jener Fall erweist sich als recht undurchsichtig und die Narration präsentiert verschiedene Motive und Verdächtige: Hat es etwas mit dem einst geplanten Staudamm zu tun, für den das Dorf hätte plattgemacht werden müssen? Oder hängt der 45-jährige Sprengler (Rudolf Kowalski, „Tatort: Kopflos“) mit drin, der ein Verhältnis mit Mechthild Höreth (Patrizia Schwöbel, „Löwengrube“), der minderjährigen Tochter, hat? Und was ist eigentlich mit Dana, die ihrerseits mit dem Bauern Hunzinger (Hans-Joachim Grubel, „Der Schnüffler“) klüngelt und das Bett teilt?
Am Ende zieht die zuvor nicht sonderlich ausgeprägte Spannung kräftig an und es geht, so viel sei verraten, in Richtung Lynchjustiz inklusive an Backwood-Terror gemahnender Szenen. Eine der Besonderheiten dieses „Tatorts“ ist der überraschend konsequente Abgesang auf eine etwaige Dorfidylle. Hier hat man es zwar wie gewohnt mit einer verschworenen Gemeinschaft zu tun, die jedoch nicht ihr Dorf schützen, erhalten und gegen äußere Einflüsse verteidigen will, sondern die Schnauze vom Dorfleben gestrichen voll hat. Dies hinderte Hofmann und sein Team indes nicht daran, Zurückgeblieben- und moralische Verkommenheit der Provinzlerinnen und Provinzler derart zu überzeichnen, dass sich trotz der Fiktionalität Zartens (gedreht wurde anscheinend hauptsächlich in Rathskirchen) regionaler Protest regte und gar zum „Gegenstand einer Debatte im Landtag Rheinland-Pfalz wegen diskriminierender Darstellung der Region als ,Zerrbild eines pfälzisch Sibiriens‘“ (Wikipedia) wurde.
Dieses unvergessene Kuriosum zog im Jahre 2019 die Dokumentation „Die Geschichte des Häckslers – Ein Tatort und seine Folgen“ nach sich, im selben Jahr erhielt der Fall mit „Die Pfalz von oben“ gar eine Fortsetzung. Davon unabhängig ist „Tod im Häcksler“ ein manch amüsanten Momenten zum Trotz beunruhigend und bedrohlich wirkender Provinzkrimi, der über weite Strecken mit seiner von Nikolaus Glownas Musik befeuerten Atmosphäre besticht. Aus den verschiedenen Verdachtsverästelungen hätte man aber mehr machen können, sie wirken lange vernachlässigt und dann etwas überhastet abgespult.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
- karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
Tatort Dresden: Herz der Dunkelheit
Eine drogen- und alkoholgeschwängerte Party in sturmfreier Bude. Im Poolhaus findet einer einen anderen angeschlagen, will Polizei und Krankenwagen holen, wird von den anderen abgehalten, rennt weg vor einen LKW. Von der anderen Person später keine Spur...
Blöd für Gorniak, daß eine der Partygäste die Tochter ihres Lovers ist.
Insgesamt ein Tatort, der viele Standards beinhaltet: Gorniak übertritt sehenden Auges ein paar Grenzen, Abzug vom Fall droht, stört sie nicht. So weit, so typisch: man sitzt da und denkt: lass es sein. Und das ist auch nicht besonders oder spezieller motiviert als sonst. Die Wahrheit raus finden halt. Das in ihrem letzten Schnabel (großartig schlecht gelaunt) und Winkler keine großen Rollen spielen, wäre ok, wenn nur ihr Part intensiver und spezieller gewesen wäre.
Auf der Habenseite haben wir aber eine gute Gruppe von Schauspieler*innen, die die Teenager darstellen. Da ist Dynamik und Chemie drin. Und gut gefilmt, ausgestattet und vertont auch. Eine Aspekt des Falls war auch tatsächlich für mich überraschend.
Doch dafür hätte man auch aus dem reich - arm- Gefälle mehr machen können. Obwohl andererseits ist es auch mal ok, wenn es Poolhausbesitzer und Hinterzimmer im Kiosk Bewohner in einer Clique gibt, ohne das das Thema ist.
Ich hätte Karin Hanczewski einen besseren Tatort gegönnt, wenn auch die Schlussszene sehr gut zu ihr passt.
Eine drogen- und alkoholgeschwängerte Party in sturmfreier Bude. Im Poolhaus findet einer einen anderen angeschlagen, will Polizei und Krankenwagen holen, wird von den anderen abgehalten, rennt weg vor einen LKW. Von der anderen Person später keine Spur...
Blöd für Gorniak, daß eine der Partygäste die Tochter ihres Lovers ist.
Insgesamt ein Tatort, der viele Standards beinhaltet: Gorniak übertritt sehenden Auges ein paar Grenzen, Abzug vom Fall droht, stört sie nicht. So weit, so typisch: man sitzt da und denkt: lass es sein. Und das ist auch nicht besonders oder spezieller motiviert als sonst. Die Wahrheit raus finden halt. Das in ihrem letzten Schnabel (großartig schlecht gelaunt) und Winkler keine großen Rollen spielen, wäre ok, wenn nur ihr Part intensiver und spezieller gewesen wäre.
Auf der Habenseite haben wir aber eine gute Gruppe von Schauspieler*innen, die die Teenager darstellen. Da ist Dynamik und Chemie drin. Und gut gefilmt, ausgestattet und vertont auch. Eine Aspekt des Falls war auch tatsächlich für mich überraschend.
Doch dafür hätte man auch aus dem reich - arm- Gefälle mehr machen können. Obwohl andererseits ist es auch mal ok, wenn es Poolhausbesitzer und Hinterzimmer im Kiosk Bewohner in einer Clique gibt, ohne das das Thema ist.
Ich hätte Karin Hanczewski einen besseren Tatort gegönnt, wenn auch die Schlussszene sehr gut zu ihr passt.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
- karlAbundzu
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Re: Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen
@bux Tod im Häcksler haben wir damals geliebt. Eigentlich kaum Tatort damals geschaut, aber für den wurde sich in großer Gruppe vor dem TV versammelt. Gab anscheinend eine entsprechende Vorbericht Erstattung...
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.