Assault - Sidney Hayers (1971)

Moderator: jogiwan

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Blap
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Assault - Sidney Hayers (1971)

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DVD von Network (Großbritannien)



Assault (Großbritannien 1971, Originaltitel: Assault)

Auf den Unterricht folgt die Notzucht

Irgendwo in England, eine Schule am Waldrand, wieder ein Schultag überstanden. Die hübsche Tessa Hurst (Lesley-Anne Down) zieht es zu einer Verabredung, sie nimmt die Abkürzung durch den Wald. Ein schrecklicher Fehler, Tessa wird angefallen und brutal vergewaltigt. Detective Chief Superintendent Velyan (Frank Finlay) leitet die Ermittlungen, er hofft auf den Rat des Psychologen Greg Lomax (James Laurenson), der Mediziner behandelt das Opfer des Verbrechens. Tessa ist nicht in der Lage eine Aussage zu tätigen, schwer traumatisiert spricht sie nicht mehr, zeigt kaum Reaktionen auf ihre Umwelt. Als der Täter erneut ein Mädchen (Anabel Littledale) im Wald anfällt, tötet er die Jugendliche nach der Schändung. Kunstlehrerin Julie West (Suzy Kendall) ist mit einigen ihrer Schülerinnen in den Forst gefahren, das Verschwinden des zweiten Opfers, Susan Miller, war ihr sofort aufgefallen. Nachdem Julies Fahrzeug auf einem Waldweg im Schlamm stecken geblieben ist, fällt ein Blick durch die Rückscheibe des PKW erschreckend aus! Die Lehrerin sieht den mutmaßlichen Täter, findet nach dem Aussteigen die Leiche des gesuchten Teenagers! Trotzdem lässt eine Identifizierung des Killers auf sich warten. Julie kann keine nachvollziehbare Beschreibung liefern, sah den Täter in seltsames Licht gehüllt, während einer öffentlichen Vernehmung wird sie vom Vorsitzenden lächerlich gemacht. Mut und Verzweiflung sind die Triebfeder für einen gewagten Plan, von Julie erdacht und umsetzbar. Sie will dem Mörder eine Falle stellen, benötigt dazu das Geschmiere eines schäbigen Reporters (Freddie Jones). Detective Velyan zeigt sich skeptisch, kann gewisse Erfolgsaussichten jedoch nicht leugnen...

"Assault" stellt zunächst die Morde in den Mittelpunkt, Jagdszenen im englischen Wald. Nach dem flotten Auftakt marschiert der Film in eine andere Richtung, konzentriert sich auf die zentralen Figuren und streut diverse Verdachtsmomente. Eventuell mag die erste Viertelstunde zu einer "ungünstigen" Erwaltungshaltung führen! "Assault" ist keine britische Variante des italienischen Giallo, gleichwohl eine gewisse Verwandtschaft frelich nicht zu leugnen ist. Inszeniert von Sidney Hayers (der Episoden zu vielen bekannten TV-Serien beisteuerte: "Die Profis", "Magnum" und "Airwolf" sollten als geeignete Beispiele ausreichen), bewegt sich "Assault" irgendwo zwischen Edgar Wallace, Hitchcock und Giallo. Im Gegensatz zu vielen Gialli, verzichtet diese britische Produktion weitgehend auf offensive Erotikszenen und harsche Gewaltmomente, zeichnet andererseits Charaktere, die sich ebenso in der Welt des italienischen Thrillers sehr wohlfühlen würden. Da haben wir die verklemmte und gestrenge Schuldirektorin im Angebot, deren Ehemann sich wie ein Dienstbote fühlt, seiner Frustration durch Annährungsversuche in Richtung Schülerinnen Ausdruck verleiht, im versteckten Karton pornographische Bilder hortet. Dazu die attraktive Heldin unter Druck, den hilfreichen und gleichzeitig verdächtigen Mediziner, den Polizisten ohne Fahndungserfolg und selbstverständlich den psychisch gestörten Killer usw..

An dieser Stelle drängt sich der Blick auf die Damen und Herren vor der Kamera geradezu auf, also ran an das Ensemble. Suzy Kendall verbinden Fans vor allem mit dem Giallo-Klassiker "Torso" (I corpi presentano tracce di violenza carnale, 1973) von Sergio Martino, einem der ganz grossen Filme dieses wundervollen Genres. Erneut: Erwartet bitte keinen "Brit-Giallo" oder gar einen "Torso-Klon"! Davon losgelöst macht Suzy ihren Job sehr gut, schaltet souverän zwischen clever, zielstrebig und hilfebedürftig um, sehr sympathisch, sehr anziehend! Verdammt, hätten wir früher eine Kunstlehrerin dieses Kalibers geniessen dürfen, das Geklapper unten den Tischen wäre vermutlich durch das gesamte Gebäude gehallt, in der Toilettenabteilung hätte der Saft die mit Parolen beschmierten Wände übertüncht! So viel Glück war mir nicht vergönnt, statt Suzy schlurfte ein glatzköpfiges Überbleibsel der 68er durchs Klassenzimmer, schüttelte sich Mohn und schlimmere Dinge aus dem Rauschebart! Wie können sich unter solch widrigen und anprangerungswürdigen Bedingungen, die geforderte Kreativität und angemahnte Ästhetik ihren Weg in Welt bahnen? Genug davon, betrachten wir die Herrenriege. Frank Finlay wird für mich immer der launige Porthos aus den Musketier-Verfilmungen von Richard Lester bleiben, Satan, wie ich diese Filme liebe! Hier gefällt er als bemühter Polizist, fernab von trotteligen Anwandlungen, dennoch nicht ohne fremde Hilfe zur Ergreifung des Täters in der Lage. James Laurenson darf sich um Suzy Kendall kümmern, wird vom Drehbuch ins Zwielicht gesetzt, es knistert folglich auf unterschiedlichen Ebenen zwischen Suzy und dem freundlichen Arzt. Dilys Hamlett und Tony Beckley spielen als ungleiches und unglückliches Ehepaar großartig auf, Hamlett als stocksteife Schulleiterin, Beckley macht uns den verschwitzten Geiferling, gewissermaßen den idealen Verdächtigen. Emotionale Kälte zwischen den Eheleuten, geprägt durch gegenseitiges Unverständis. Ekel und Hass hinter der konservativen Fassade. An unangehmenen Gestalten mangelt es keinesfalls, nicht minder stark Freddie Jones als hinterlistiger Reporter, der mit seriösem Journalismus überhaupt nichts am Hut hat. Die damals noch blutjunge Lesley-Anne Down hat einen der frühen Auftritte ihrer Karriere (sie ist übrigens auch in der Hammer-Produktion "Comtesse des Grauens" (Countess Dracula, 1971) zu sehen, überstrahlt von der damals unwerfenden Ingrid Pitt).

Mord in malerischer Umgebung. Freundlicher Wald im englischen Hinterland wandelt sich in Bruchteilen von Sekunden zum Schlachthaus eines Psychopathen, ein imposanter Strommast ragt wie ein Fanal des Schreckens aus dem Grün hervor! "Assault" hätte ein temporeicher und stylischer Thriller werden können, die Verantwortlichen schlugen nach dem Auftakt eine andere Richtung ein. Mir gefällt der Streifen in der vorhandenen Form gut, es muss nicht immer ein Giallo sein, es muss nicht immer Wallace sein, es muss nicht immer Hitchcock sein. Zugegeben, dieser kleine Brit-Krimi ist kein Höhepunkt seiner Zunft, aber er versteht mich ansprechend und kurzweilig zu unterhalten, setzt immer wieder kleine Höhepunkte und Ausrufezeichen. Gerade denke ich an den köstlichen Humor während einer Zeugenbefragung, in deren Verlauf sich Suzy mit einem ignoranten Fatzke plagt. Ihr wisst schon worauf ich anspiele... Ja, da ist sie wieder, meine geliebte und oft beschworene "Wohlfühlatmosphäre". Von einem kleinen Schätzchen wie "Assault" lasse ich mich gern verführen, 87 Minuten frühe siebziger Jahre, eine wahre Wonne! Keine Spur Gemecker? Der dynamische Score tönt sehr angenehm, wirkt aber teils ein wenig unpassend, wäre in einem frühen Rialto-Wallace besser aufgehoben (Beschwerde auf hohem Niveau, fast schon kleinkariert).

Bisher gibt der deutsche Markt keine DVD/BD zu "Assault" her, die britische Scheibe von Network geht als brauchbar durch (lässt aber Raum für deutliche Verbesserungen). Als Bonus gibt es eine Folge aus der britischen TV-Serie "Tales of the Unexpected" zu sehen (There's One Born Every Minute, 1981). Frank Finlay spielt die Hauptrolle, eine sehr schöne Beigabe (inklusive einer Anspielung seitens Finlay auf "Assault"). Vielleicht erbarmt sich ein Label aus dem deutschsprachigen Raum, immerhin sind in letzter Zeit auch unverhoffte und hochwertige DVDs zu britischen Perlen "Teufelkreis Y" (Twisted Nerve, 1968) und "Die Fratze" (Fright, 1971) erschienen!

7/10 Wonnepunkte auf der wohligen Knuffelskala

Lieblingszitat:

"Did he have horns?"
"Horns?"
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen
antonio59
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Re: Assault - Sidney Hayers

Beitrag von antonio59 »

THANKS
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CamperVan.Helsing
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Re: Assault - Sidney Hayers

Beitrag von CamperVan.Helsing »

antonio59 hat geschrieben:THANKS
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The more I see
The less I know
About all the things I thought were wrong or right
& carved in stone
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sergio petroni
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Re: Assault - Sidney Hayers

Beitrag von sergio petroni »

"Assault" oder auch "In the Devil's garden" aus dem Jahre 1971 ist ein britischer Krimi nach dem
Whodunit-Schema. Eine einsam im Wald gelegene Mädchen-Schule wird zum Ziel eines
Vergewaltigers, der auch vor Mord nicht zurückschreckt. Parallelen zu ähnlich gelagerten
italienischen Genrewerken sind nicht von der Hand zu weisen. Jedoch ist die typisch
britische Note in Stil und Erzählweise an jeder Ecke des Werkes sichtbar. So auch in puncto
Zeigefreudigkeit, die hier wesentlich dezenter ist als bei den südeuropäischen Kollegen.
Der Film guckt sich gut weg, allerdings sind Tempo und Spannungsaufbau doch bisweilen
etwas behäbig.
Ihre erste Filmrolle spielt hier Lesley-Anne Down als Schülerin, die die Vergewaltigung überlebt und
fortan in einer Nervenheilanstalt behandelt wird. Der Sympathieträger des Streifens ist der
kürzlich verstorbene Frank Finlay als ermittelnder Kommissar.
Die mir vorliegende Britische Fassung von network bietet leider einen sehr verwaschenen Ton.
Insgesamt erhält "Assault" von mir 5,5/10.
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Maulwurf
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Re: Assault - Sidney Hayers (1971)

Beitrag von Maulwurf »

 
Tod im Teufelsgrund
Assault
Großbritannien 1971
Regie: Sidney Hayers
Suzy Kendall, Frank Finlay, Freddie Jones, James Laurenson, Lesley-Anne Down, Tony Beckley, Anthony Ainley, Dilys Hamlett,
James Cosmo, Patrick Jordan, Allan Cuthbertson, Anabel Littledale, Tom Chatto, Kit Taylor, Jan Butlin, William Hoyland, John Swindells


Assault.jpg
Assault.jpg (150.86 KiB) 54 mal betrachtet
OFDB

Penthotal heißt ein Medikament, mit dem man Patienten, die in einer Katatonie gefangen sind, aus ihrer Starre befreien kann. Tessa ist so eine Patientin, seit sie auf dem Rückweg von der Schule überfallen und vergewaltigt wurde. Dr. Bartell und der Psychiater Dr. Lomax möchten Tessa wieder ins Leben zurückbringen, damit sie sagen kann wer der Täter war. Denn dieser Mann hat nach Tessa auch noch ein anderes Mädchen vergewaltigt und dieses dann anschließend ermordet, und die Polizei tappt (mal wieder) völlig im Dunklen. Die Kunstlehrerin der beiden Mädchen, Julie West, hat den Mörder zufällig gesehen und bietet der Polizei in Gestalt von Inspektor Velyan an, sich als Köder herzugeben, damit dieser Schrecken ein Ende hat. Doch niemand hat bedacht was wäre, wenn der Mörder möglicherweise gar kein Unbekannter ist …

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ASSAULT scheint als britischer Giallo konzipiert zu sein. Wir haben eine Kunstlehrerin, die Fast-Zeugin eines Mordes wird und versucht, sich an Details zu erinnern. Wir haben Gewalt gegen junge Mädchen in Schuluniform, die sich gar so gerne promiskuitiv verhalten möchten. Es gibt ein paar wenige, dafür aber hocheffiziente rote Heringe, schwarze Handschuhe wandern zweimal sehr auffällig durch das Bild, und wenn das Showdown im Wald eingeläutet wird fallen mir automatisch Szenen aus Filmen wie DER KILLER VON WIEN ein, wo einsame Natur, Wald und Wind zu einer perfekten Einheit des Schreckens zusammengefügt werden.

Wenn nur die Regie sich nicht manchmal so entsetzlich selber im Weg stehen würde. Das Tempo der Geschichte ist relativ hoch, wird durch den teilweise druckvollen Score noch zusätzlich unterstützt, und eigentlich könnte man sich dem Rausch der Story völlig hingeben - Wenn der Score nicht an einigen Stellen so furchtbar unpassend wäre und damit die spannende Geschichte konterkarieren würde. Die Kamera hat einige sehr starke Momente und kann viel Atmosphäre erzeugen, aus der dann wiederum viel Spannung gezogen wird. Die Farbe Rot spielt hier eine bemerkenswerte Rolle, gerade da Julie West darauf hinweist dass sie den Teufel gesehen hat, und wird von der Kamera auf sehr eindrückliche Weise dargestellt - Wenn die Kulissen auf der anderen Seite nicht manches Mal so schrecklich an ein ZDF-Fernsehspiel erinnern würden. Die Schauspieler, immerhin das Kapital eines dialoglastigen Spannungsfilms, sind in Ordnung - Aber manchmal so verdammt hölzern. Frank Finlay als Inspektor Velyan kann entweder mit seiner Rolle gar nichts anfangen, oder er hat die Rolle missverstanden und versucht wie ein Stück Holz zu wirken. Dieses gelingt ihm dann allerdings relativ überzeugend. Ähnliches gilt für die junge Lesley-Anne Down, deren Karrierestart mit der Darstellung einer katatonischen jungen Frau vielleicht ein klein wenig unglücklich gewählt wurde. Und vor allem im ersten Drittel habe ich oft das Gefühl einer verlängerten SCHIRM, CHARME UND MELONE-Folge beizuwohnen, in der jeden Moment John Steed und Emma Peel ins Bild treten. Kurioserweise erinnert vor allem die Vorbereitung auf den Showdown an eine andere Brian Clemens-Serie, wenn nämlich, während die Polizeiautos durch den Wald rasen, ich eigentlich nur noch auf die CI5-PROFIS Bodie und Doyle warte, während die Musik diese Serie bereits vorwegnimmt …

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Eigentlich. Eigentlich ist ASSAULT gutes und effektives Thrillerkino der ordentlichen Art mit einem schweren Hang zum damals gerade hochaktuellen Giallo. Aber leider steht sich die Regie dabei gerne mal selber im Weg und traut sich nicht so recht, den eingeschlagenen Weg auch zur Zufriedenheit des Zuschauers zu gehen. Der dadurch entstehende Kompromiss zeitigt immer noch einen starken Thriller, der aber eben ein paar auffällige Schwachpunkte hat, mit denen man dann eben leben muss. Schade, dass da nicht Brian Clemens als Produzent zugange gewesen ist …

7/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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