London to Brighton - Paul Andrew Williams (2006)

Moderator: jogiwan

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horror1966
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London to Brighton - Paul Andrew Williams (2006)

Beitrag von horror1966 »

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London to Brighton
(London to Brighton)
mit Lorraine Stanley, Georgia Groome, Johnny Harris, Nathan Constance, Sam Spruell, Alexander Morton, David Keeling, Jamie Kenna, Chloe Bale, Claudie Blakley, Tim Matthews, Louise Appel, Cat Meacher, Nick Ewans, James Beirman
Regie: Paul Andrew Williams
Drehbuch: Paul Andrew Williams
Kamera: Christopher Ross
Musik: Laura Rossi
FSK 16
Großbritannien / 2006

Genau 24 Dtunden hat Derek Zeit, um Kelly und Joanne wieder aufzutreiben. Er war es, der die Londoner Straßen- Prostituierte und die kleine Ausreißerin zu seinem wichtigsten Kunden geschickt hatte. Der reiche Perversling mit den speziellen Wünschen hatte wieder einmal nach ganz jungem, unverbrauchten Fleisch verlangt. Und die 12-jährige Joanne brauchte dringend Geld. Jetzt sind das Mädchen und ihre ungewöhnliche Beschützerin auf der Flucht. Und in 24 Stunden wird irgendjemand büßen für das, was geschehen ist...


Gleich mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm hat sich Regisseur Paul Andrew Williams an eine sehr brisante Thematik herangemacht, denn der Betrachter bekommt es hier mit Pädophilie und Kindesmissbrauch zu tun. Gerade in der heutigen zeit ist das sicherlich ein ganz aktuelles und sehr heisses Eisen, doch es ist ihm durch seine brillante Umsetzung gelungen, einen faszinierenden Einblick in die Materie zu gestatten, der jedoch auch gleichzeitig schockierend und teilweise abstossend ist.

Teilweise tun sich hier wahrlich Abgründe der menschlichen Seele auf, vor allem dann, wenn man sieht, wozu Leute bereit sind, nur um an Geld zu gelangen. So verhält es sich auch mit Zuhälter derek, der keinerlei Skrupel erkennen lässt, wenn es darum geht Kinder an reiche Perverse zu vermitteln, damit diese ihre abartigen Gelüste an diesen stillen können. Auf der anderen Seite gibt es die Prostituierte Kelly, die auch immer Geld braucht und ziemlich heruntergekommen erscheint, aber dennoch ein Gewissen hat und zur Beschützerin der kleinen Joanne wird.

Der dritte im Bunde ist der Sohn des reichen Perversen, der anscheinend Rache für den Tod seines Vaters verlangt, aber am Ende doch noch für eine große Überraschung gut ist, mit der man nicht unbedingt rechnen konnte. Und gerade die vielschichtigen Charaktere und ihre Darsteller sind die große Stärke dieses Films, von absoluten Sympathieträgern (Kelly und Joanne), bis hin zu Personen, die man richtiggehend abstossend findet und sogar hassen kann (Derek), ist hier eigentlich alles vertreten. Die Schauspieler sorgen durch ihre brillanten Leistungen dafür, ihren Figuren sehr viel Ausdruck und vor allem ein starkes Maß an Glaubwürdigkeit verleihen, was diesem Werk einen sehr glaubhaften und realitätsnahen Anstrich verleiht.

Die zweite große Stärke ist die Erzählweise der Geschichte, denn man erfährt nicht gleich zu Beginn, was eigentlich passiert ist. Der Film beginnt mit der Flucht von Kelly und Joanne und erst durch die eingefügten Rückblenden setzt sich hier alles wie in einem Puzzle zusammen, so das man erst ziemlich zum Ende hin die ganzen Ausmaße der Story erkennt. Zwar kann man vieles schon vorher erahnen, kann sich jedoch bis zum Ende nicht sicher sein, ob einen die eigenen Vermutungen nicht täuschen. So verhält es sich auch mit dem doch überraschendem Ende des Films, das man zwar ab einem gewissen Zeitpunkt vermutet, das aber trotzdem sehr überraschend ist, nachdem es eintritt.

Ob es sich nun bei "London to Brighton" um den besten britischen Film aller Zeiten handelt, wie manch einer behauptet, das vermag ich nicht zu beurteilen, aber auf jeden Fall ist es ein kompromissloser, realistischer und schockierender Film, der auch nachhaltig im Gedächtnis haften bleibt. Ein Film, den man gesehen haben sollte und den man nicht so schnell vergisst.


Die DVD:

Vertrieb: Ascot Elite
Sprache / Ton: Deutsch / Englisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch
Bild: 2.35:1 (16:9)
Laufzeit: 81 Minuten
Extras: Audiokommentar, Deleted Scenes, Beim Casting von Georgia Groome, Beim Dreh von London to Brighton, Fragen und Antworten, Alternatives Ende, Originaltrailer, Trailershow


9/10
Big Brother is watching you
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Maulwurf
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Re: London to Brighton - Paul Andrew Williams

Beitrag von Maulwurf »

London to Brighton - Gejagte Unschuld
London to Brighton
Großbritannien 2006
Regie: Paul Andrew Williams
Lorraine Stanley, Georgia Groome, Johnny Harris, Nathan Constance, Sam Spruell, Alexander Morton, David Keeling, Jamie Kenna, Chloe Bale, Claudie Blakley, Tim Matthews, Louise Appel


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Die zentrale Szene ist das 12-jährige Mädchen, das auf der Fahrt zum Freier im Taxi geschminkt wird. So viel Einsamkeit und Grauen sind in dieser kurzen Sequenz enthalten. Die Quintessenz eines Filmes, der uns eine Welt vorhält, die wir niemals wollten, und von der wir genau wissen, dass sie da draußen tatsächlich existiert. Eine Welt, in der die 12-jährige Joanne von Zuhause abhaut, weil ihre Mutter tot ist und ihr Vater immer nur säuft und sie verprügelt. Letzte Woche hat sie ihm die Kippen geklaut, da hat er ihr in die Rippen getreten. Jetzt ist Joanne auf der Walze und bettelt in irgendeinem U-Bahnaufgang. Kelly sieht sie, und Kelly ist gerade auf der Suche nach einer 12-jährigen, die für irgendeinen alten und reichen Sack für 100 Pfund die Beine breit machen soll. Derek hat sie mit der Suche beauftragt, und Kelly bekommt dafür 200 Pfund. Eine verdammte Menge Geld, und selbst wenn sie ein sehr schlechtes Gewissen dabei hat – 200 Pfund bedeuten, mal einen oder zwei Tage nicht im Regen auf der Straße stehen zu müssen.
Doch der Job läuft gnadenlos aus dem Ruder, und zurück bleibt ein toter Mann. Ein Mann, dessen Sohn, Stuart, ein Boss der Londoner Unterwelt ist, und der wissen will, wer zur Hölle seinen Vater umgelegt hat. „Mein Vater ist tot, und einer wird dafür bezahlen!“ Dass Derek da seine Finger drin hat weiß Stuart sehr schnell, also schickt Stuart Derek los, das Mädchen einzufangen. Der Preis für Derek: Das Leben. Also geht jetzt die Jagd los. Die Jagd auf ein 12-jähriges Mädchen, und ihre Freundin wider Willen.

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Neben der Szene im Taxi gibt es auch noch einen anderen bemerkenswerten Moment, nämlich wenn Derek in das Haus eintreten möchte in dem er Joanne und Kelly vermutet, und er gezwungen ist sich ein Lächeln abzuringen. Dieses „Lächeln“, also das Anheben der Mundwinkel um etwa 1 bis 2 Millimeter, ist die so ziemlich einzige nicht-aggressive Gefühlsbewegung des gesamten Films. Ansonsten gibt es nur Angst, Misstrauen, Gewalt und nochmals Gewalt. Derek ist ein dummes Schwein, dessen Leben daraus besteht, Mädchen zu verkaufen und in den Fernseher zu schauen. Stuart hat da schon ein erheblich höheres Niveau – Seine Leute sind loyaler und abgeklärter, und seine Gewalt ist auch kälter und erheblich effizienter als die von Derek. Aber auch diejenigen, die keine Gangster sind, sind weitgehend kalte und gefühlsarme Tiere, denen es nichts ausmacht sich selber zu verkaufen, solange die Kohle stimmt. Und vielleicht noch was zu Rauchen dabei abfällt.
Eine Welt, die aus Schlägen, Zigaretten und einer Tasse Tee besteht. Eine Welt, in der ein Vater seinen Sohn zwingt, eine Schachtel Zigaretten zu essen – Komplett! Mit Packung, Silberpapier und allem … Nur die Sache mit dem 12-jährigen Mädchen, die bringt die meisten dann doch ins Straucheln. Das ist etwas zu früh um bestialisch durchgefickt und zum Ziel von blutigen und grausamen SM-Szenarien zu werden. Was halt alles so einen kleinen und zarten Mädchenkörper penetrieren kann. Aber auf der anderen Seite: Das Geld! Für Geld wird alles getan, für Geld schiebt auch Kelly ihre Bedenken beiseite …

LONDON TO BRIGHTON ist düster, hart, gemein, schmutzig, und hat das Flair eines regnerischen Wintermorgens in einer U-Bahnunterführung, irgendwo in Süd-London. Die wenigen helleren Momente, etwa wenn Joanne und Kelly versuchen, an einem dieser Automaten einen Teddybären zu erspielen, werden sofort wieder abgeblockt: „Ich nenne meinen Sarah, und wie nennst Du Deinen?“ „Ich nenne ihn Vierpfundachtzig.“ Diese Welt ist nicht lustig und nicht heiter oder angenehm. Aber leider ist sie real. Der Film ist nicht lustig und nicht heiter oder angenehm. Aber sehr sehr gut …

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8/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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Blap
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Re: London to Brighton - Paul Andrew Williams

Beitrag von Blap »

Maulwurf hat geschrieben: Fr 12. Mär 2021, 05:26 Der Film ist nicht lustig und nicht heiter oder angenehm. Aber sehr sehr gut …
Auf den Punkt gebracht!

Ich möchte an dieser Stelle auch auf die anderen Werke von Paul Andrew Williams hinweisen:

• The Cottage - Dürfte bekannt sein, sehr kurzweilige Horror-Kömödie.

• Cherry Tree Lane - Fieser Home Invasion Stoff, trostlos und konsequent.

• Song for Marion - Rührseliges Drama mit mit großartiger Besetzung: Stamp, Redgrave, Arterton. Finde ich wunderschön, muss am Alter liegen.

• Der Fall Eichmann - Leider noch nicht gesehen, wird demnächst beschafft.
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