bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

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Das düstere Haus
Pat Carroll (Stefanie Powers) will einen Aufenthalt in London dazu nutzen, einen Anstandsbesuch bei Mrs. Trefoile (Tallulah Bankhead), der Mutter ihres vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Verlobten Stephen, zu machen, die in der Nähe von London auf dem Land lebt. Ein schwerer Fehler wie sich bald herausstellen wird. Denn Mrs. Trefoile entpuppt sich als religiöse Fanatikerin, die Pat für den Tod ihres Sohnes verantwortlich macht und ihren Besuch nicht mehr gehen lassen will...
Hinter dem nichtssagenden deutschen Titel „Das düstere Haus“ verbirgt sich ein Thriller der ehrwürdigen „Hammer Film Productions“ aus dem Jahre 1965, der unter der Regie Silvio Narizzanos entstand, des gebürtigen Kanadiers mit dem italienischen Namen also, der später für "Blutrausch" mit Franco Nero und Telly Savalas zusammenarbeitete. Original- und Alternativtitel „Fanatic“ bzw. „Die! Die! My Darling!“ treffen es da schon besser, denn im Film prallen zwei Welten aufeinander: Die der zurückgezogen, in Keuschheit und verbittert lebenden Mrs. Trefoile und die ihrer ehemaligen Schwiegertochter in spe, Pat (Stefanie Powers aus „Hart aber herzlich“), die ein recht normales Leben einer lebenslustigen jungen Frau führt und sich des permanenten Sündigens eigentlich weniger verdächtig macht. Aus dieser Konfrontation bezieht „Das düstere Haus“ seinen Reiz. Zunächst kann man die fanatisch religiöse Mrs. Trefoile noch belächeln und für eine schrullige alte Dame halten, die den Tod ihres Sohnes „mit Gottes Hilfe“ verarbeitet. So reagiert auch Pat auf sie und versucht, sich bei ihrem Besuch anzupassen, während sich die an sie gestellten, übertriebenen und weltfremden Forderungen und Verhaltensregeln häufen und immer absurder anmuten, bis sich die alte Dame irgendwann gänzlich als göttliche, richtende Instanz aufspielt und Pat gefangen nimmt. Zusehends wird die Stimmung des Films ernster und Mrs. Trefoile immer bedrohlicher, wenn auch stets mit einem schwarzen, karikierenden Unterton. Tallulah Bankhead spielt diese Rolle überzeugend und erzeugt die ganze Palette menschlicher Emotionen beim Zuschauer, von Mitleid über Unverständnis bis hin zu Hass. Und obwohl Mrs. Trefoile immer bösartiger erscheint und sich die Situation mehr und mehr zuspitzt, als sie ihre religiösen Überzeugungen als Ventil für die eigene Verbitterung heranzieht, die als Rechtfertigung dafür herhalten müssen, dass sie ihren Zorn an Pat auslässt, entpuppt sich Pat als der weitaus bessere Mensch: Sie versucht lange, sich lediglich mit kindlichem Trotz des Wahnsinns zu erwehren und erst, als es gar nicht mehr anders geht, erwägt sie aus ihrer zunehmenden Verzweiflung heraus auch die Verwendung rabiaterer Mittel. Dabei ist „Das düstere Haus“ im Mittelteil stellenweise leider etwas spannungsarm geraten und auch der Nebenplot um ein bei Mrs. Trefoile untergetauchtes Paar scheint verzichtbar, atmosphärisch reicht der Film nicht an anders geartete britische Thriller der gleichen Dekade wie z.B. „Haus des Grauens“ („Paranoiac“) heran und ein zweiter Hitchcock ist Narizzano natürlich auch nicht. Dennoch überzeugt sein Werk durch seine Thematik, die überzeichnet tatsächlichen Fanatismus, wie man ihm auch in der Realität immer mal wieder begegnet und der Ausdruck einer tiefen, inneren Unzufriedenheit ist, aufs Korn nimmt und die Darstellerriege, die u.a. auch einen jungen Donald Sutherland („Wenn die Gondeln Trauer tragen“) in einer ungewöhnlichen Nebenrolle als geistig zurückgebliebenen jungen Mann anzubieten hat. Somit ergibt sich unterm Strich ein feiner Briten-Thriller, der „Hammer“ einmal von einer etwas anderen Seite zeigt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Baron Blood
Der Student Peter Kleist, ein Urenkel des Barons Otto von Kleist (aka "Baron Blood"!), reist nach Wien, um dort die eigenen Wurzeln zu schauen. Im "Schloss des Teufels", wo der gute Otto einst residierte und zur Prime-Time-Unterhaltung die Streckbank anschmiss, lernt er die Studentin Eva kennen, mit der er die schummerigen Gemäuer erkundet. Just for fun probiert man eine alte Beschwörungsformel aus, deren Konsequenzen allerdings wenig Spaß versprechen: Der einst von einer Hexe gebannte Baron entsteigt seinem Grab und verbreitet Angst und Schrecken!
1972 ließ sich Regisseur Mario Bava vom Produzenten des Films überreden, für „Baron Blood“ ausnahmsweise einmal Italien zu verlassen und im benachbarten Österreich zu drehen, wo sich die passenden Örtlichkeiten mit alten Schlössern etc. befinden. Der mit Elke Sommer als „Scream Queen“ und Joseph Cotton besetzte Streifen kann zu den in den 1970ern kurzzeitig populären Gothic-/Gegenwart-Crossover-Filmen gezählt werden, denn im Heute des Jahres 1972 wird ein blutrünstiger Baron in seinem alten Schloss zum Leben wiedererweckt und hinterlässt eine blutige Spur. Außerdem erinnert er über weite Strecken von seiner Machart her stark an einen Slasher, ein Genre, für das Bava nur ein Jahr zuvor mit „Bay Of Blood“ einen wichtigen Grundstein legte. Wie auch dort hat etwas Humor Einzug in Bavas Werk erhalten, „Baron Blood“ nimmt sich offensichtlich nicht ganz bierernst. Eine alberne Komödie wurde dieser Film aber keinesfalls, denn die Maske des verbrannten Baronen wirkt angenehm gruselig und die Morde sind zwar grafisch nicht immer sonderlich explizit ausgefallen, haben es aber trotzdem in sich. Stellenweise scheint Bava sich selbst zu zitieren, beispielsweise beim von Innen spitzgezackten Sargdeckel, der einem Delinquenten durch den Körper gejagt wird und unweigerlich an „Die Hexe des Grafen Dracula“ erinnert. Auch die kleine Nicoletta Elmi trägt mit ihrer Nebenrolle zum Gruselfaktor bei und hat ein paar starke Szenen. Bavas Kameraarbeit erscheint mir diesmal weniger poetisch und künstlerisch als in seinen reinrassigen Gothic-Filmen, erfreut das Auge des Betrachters aber wieder mit einigen ausgefallenen Perspektiven und schön-unheimlichen Bildern. Kurioserweise machen sich die Protagonisten zunächst einmal Sorgen um den Gesundheitszustands des Barons, doch irgendwann erkennen auch sie endlich die Gefahr und ziehen gar ein Medium hinzu, dessen Auftritte wohl ebenfalls zu den stärksten Momenten des Films zählen dürften. Atmosphärisch hätte man aus „Baron Blood“ sicherlich mehr herausholen können, der phasenweise wenig zielgerichtet wirkt und zugunsten der Zeitepoche, in der er spielt sowie der bereits angesprochenen leicht parodistischen Züge etwas unter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, nichtsdestotrotz aber zweifelsfrei zu den interessanten Vertretern des europäischen Horrorfilms gezählt werden muss. Leider ist die nachträglich angefertigte deutsche Synchronisation offensichtlich eher kostengünstiger Natur und nicht jeder Sprecher sorgfältig und passend ausgewählt worden, aber sei’s drum.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Valerie – Eine Woche voller Wunder
Die 13-jährige Valerie (Jaroslava Schallerová) wird eines Nachts von Orlík (Petr Kopriva) aufgesucht, der ihr ihre Ohrringe klaut, die sie von ihrer verstorbenen Mutter geschenkt bekam. Am nächsten Tag jedoch bringt er ihr diese zurück und weist sie darauf hin, dass es sich um magische Ohrringe handelt, die sie vor tödlicher Gefahr beschützen werden. Dies ist der Start für eine ganze Reihe merkwürdiger Ereignisse in der Stadt. Zunächst heiratet Hedvika (Alena Stojáková) einen Mann, den sie nicht liebt, aus Zwang; zur Hochzeit läuft eine Gruppe Schauspieler musizierend durch die Stadt. Dann verschwindet plötzlich Valeries Großmutter (Helena Anýzová), woraufhin ihre entfernte Cousine Elsa (Helena Anýzová) auftaucht. Was Valerie nicht weiß: in der Stadt geht ein Vampir (Jirí Prýmek) um, mit dem ihre Großmutter einen Pakt schloss, der dazu führte, dass sie endlich wieder jung sein darf - im Austausch gegen den Besitz ihres Hauses. Valerie erfährt zudem, dass Orlík ihr Bruder sein könnte, obwohl sich eine romantische Beziehung zwischen den beiden anbahnt. Außerdem scheint der Vampir hinter Valerie her zu sein, doch glücklicherweise ist sie im Besitz der Ohrringe, so dass sie immer wieder gerettet werden kann - selbst vor einem Priester (Jirí Prýmek), der sie vergewaltigen will...
Eine süße Hauptdarstellerin, eine visuell sehr an die Masken aus dem Stummfilm-Klassiker „Nosferatu“ angelehnte Vampirgeschichte, ungeklärte Verwandtschaftsverhältnisse, verspielte Filmmusik und eine Handlung, die ich nicht verstanden habe – das ist das tschechische Fantasy-Märchen „Valerie – eine Woche voller Wunder“ von Regisseur Jaromil Jires aus dem Jahre 1970. Zu verstehen gibt es da aber anscheinend auch nicht allzu viel, denn die surrealistische Geschichte, die auf einem tschechischen Klassiker der surrealen Literatur basiert, will einfach die Träume und Halluzinationen eines erstmals menstruierenden Mädchens veranschaulichen. Und, eben: verstehe jemand die Frauen... Aufgrund der schönen und gruseligen Masken, einmal abgesehen von der der Großmutter, die bis auf die ungesunde Gesichtsfarbe nun wirklich nicht sonderlich alt wirkt, und der poetischen Bilder weiß „Valerie“ dennoch zu gefallen; ganz zu schweigen von der frechen, anti-klerikalen Ausrichtung. Wer Lust hat, in eine wundervoll atmosphärische Traumwelt, die Erinnerungen an osteuropäische Märchen-Verfilmungen weckt, einzutauchen, oder aber einfach mal wieder Lust auf etwas Ungewöhnliches verspürt, dem sei die gute Valerie ans Herz gelegt. Wer eine Geschichte mit logischem Aufbau, klassischer Dramaturgie und Pointe erzählt bekommen möchte, sollte aber entweder seine Erwartungshaltung ad acta legen oder sich anderweitig umsehen.
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Ruhe sanft GmbH
Das Bestattungsunternehmen von Waldo Trumbull (Vincent Price) und seinem senilen Partner Amos Hinchley (Boris Karloff) ist pleite. Also schickt Trumbull seinen Gehilfen Felix (Peter Lorre) los, um den reichen Mr. Phipps zu ermorden. Durch dessen Bestattung soll wieder Geld in die Kasse kommen...
Diese Produktion der American International Pictures aus dem Jahre 1963 ist nach „Der Rabe“ eine weitere (Gothic-)Horror-Komödie, die mit der Startbesetzung Vincent Price, Peter Lorre und Boris Karloff aufwartet und sogar noch um die Teilnahme Basil Rathbones („Sherlock Holmes“) erweitert wurde. Mit der Regie wurde diesmal aber nicht Roger Corman, der sich mit zahlreichen Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen für AIP einen guten Namen machte, sondern Jacques Tourneur, der zuvor schon Filme wie „Katzenmenschen“, „Ich folgte einem Zombie“ oder „Der Fluch des Dämonen“ drehte, beauftragt. Sind es wirklich die Kulissen aus Cormans „Lebendig begraben“, die hier zweitverwertet wurden? Wie dem auch sei, „Ruhe Sanft GmbH“ ist eine absolut eigenständige, rabenschwarze Komödie, die von seinem genialen Humor voller Slapstick, Situationskomik und „Running Gags“ ebenso getragen wird wie von seinem Schauspielerensemble. Vincent Price brilliert in seiner Rolle als zynischer Bestatter Trumbull, der wegen permanenten Geldmangels gezwungen ist, möglichst ökonomisch zu wirtschaften, ein Alkoholproblem hat und zudem unglücklich verheiratet ist. Alleine die bitterbösen Dialoge, die er sich mit seiner Frau Amaryllis (Joyce Jameson) liefert, die sich für eine verhinderte Opernsängerin hält, sind köstlich und die Sichtung dieses Films wert. Ihm zur Seite steht Peter Lorre als bemitleidenswerter Gehilfe Felix, der ebenfalls voll in seiner Rolle aufgeht, zusammen geben beide ein herrlich schrulliges Paar ab. Boris Karloff als Trumbulls seniler Schwiegervater beweist einmal mehr Humor, indem er sich nur durch Hilfe seiner Tochter der Vergiftungsversuche Trumbulls erwehren kann, eigentlich aber nicht mehr viel mitbekommt. Basil Rathbones als Trumbulls Gläubiger und viel zu lang lebender Totgesagter bekam wahnwitzige Auftritte voller Overacting auf den Leib geschneidert, in denen er fleißig Shakespeare zitieren und sich Duelle mit seinen Totengräbern liefern darf. Obwohl es sich um eine US-Produktion handelt, geriet „Ruhe sanft GmbH“ so typisch britisch, dass es die reinste Freude ist. Die Komik hat in den all den Jahren nichts von ihrer Wirkung eingebüßt; man könnte den Antihelden stundenlang dabei zusehen, wie sie sich ihre Situation immer mehr zuspitzt und schlichtweg gemäß „Murphy’s Law“ alles schief geht, was schief gehen kann. Dabei sind diese Charaktere so drollig, dass man trotzdem mit ihnen mitfiebert und -leidet. Klar, einige Scherze sind vielleicht etwas sehr albern, aber die Gagdichte ist doch enorm. Mir scheint, dass „Ruhe sanft GmbH“ unverständlicherweise etwas in Vergessenheit geraten ist und hinter populäreren Titeln wie „Der Rabe“ zurückstecken muss. Doch wer auch nur im Entferntesten etwas mit den Hauptdarstellern, der Produktionsfirma und ihren anderen Veröffentlichungen der Dekade oder einfach erfrischenden Komödien, die man heutzutage zwischen all dem „Romantic Comedy“-Kitsch oder platten Parodien mit der Lupe suchen muss, anzufangen weiß, muss ihn mindestens einmal gesehen haben! Und, wer weiß, vielleicht ist er ja näher an der Realität der Bestattungsbranche, als man denkt...
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Rohtenburg
Die amerikanische Kriminalpsychologiestudentin Katie Armstrong wählt für ihre Abschlussarbeit einen berüchtigten Fall: Oliver Hartwin wuchs bei seiner psychisch kranken Mutter auf, der Vater hatte die Familie verlassen und anstelle von einem realen Freund sprach Hartwin stets mit einem imaginären. Nachdem seine Mutter verstarb, übernahm er das abgelegene Haus und baute den Keller um, in dem er seinen Wünschen, dem Schlachten von Menschen, nachgehen will. In Simon Grombeck hat er ein freiwilliges Opfer gefunden. Während ihrer Recherchen, die im Heimatdorf Hartwins beginnen, stößt die junge Studentin auf das während des Mordes gedrehte Video und somit an ihre eigenen Grenzen. Gemeinsam mit ihr erfährt auch der Zuschauer die Geschichte des kannibalischen Mörders – bis hin zu der grausamen Tat selbst. [Quelle: Wicked-Vision]
Diese deutsch-amerikanische Koproduktion, die 2006 unter der Regie von ex-Videoclip-, jetzt Exploitation-Filmer Martin Weisz entstand und zunächst in Deutschland mit einem später wieder aufgehobenen Aufführungsverbot belegt wurde, weil sich der tatsächliche „Kannibale von Rotenburg“ in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlte, fußt auf jenem ungewöhnlichen Kriminalfall zweier homosexueller Männer, von denen der eine gern gegessen werden wollte und der andere der Bitte gern nachkam. Leider entpuppt sich dieser Versuch der einnahmeträchtigen Ausschlachtung der Thematik als ein über weite Strecken billiges und langweiliges Pseudo-Psychogramm, für die eine Rahmenhandlung frei erfunden wurde, innerhalb derer eine US-amerikanische Studentin nach Deutschland reist, um die Hintergründe dieses Falls zu recherchieren. „Rohtenburg“ gibt sich betont düster und ernsthaft, kommt aber einfach nicht in Fahrt und vergrätzt den Zuschauer mit einer völlig misslungenen Dramaturgie und viel zu viel Alibi-Handlung voller halbgarer Psycho-Klischees. Alles wirkt sehr gekünstelt und wenig authentisch und zieht sich, lediglich die eigentlichen Hauptdarsteller Kretschmann und Huber lassen ihr Talent an einigen Stellen erahnen. Erst im Finale, als es endlich zu dem kommt, weshalb sich der Großteil des Publikums diesen Film überhaupt ansehen dürfte, offenbart „Rohtenburg“ seine Qualitäten, denn das hat es allein schon aufgrund der Thematik in sich, wurde aber auch ansprechend inszeniert. Ein versöhnlicher Abschluss eines ansonsten ziemlich vermurksten Films. Man hätte besser daran getan, einen Kurzfilm draus zu machen. „Cannibal“ von Marian Dora ist eine weitaus bessere Umsetzung des Stoffs und sei allen Hartgesottenen, die von Weisz’ Spielfilmdebüt enttäuscht waren, ans morbide, sensationsgeile Herz gelegt.
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Lisa und der Teufel
Lisa (Elke Sommer) ist die Wiedergeburt eines schönen Mädchens, das vor langer Zeit lebte. Sie wird das Opfer eines alptraumhaften Experimentes, das Leandro (Telly Savalas) - die Verkörperung des Teufels - mit seinem krankhaften Gehirn inszeniert. Zusammen mit einem reichen Ehepaar und deren Chauffeur übernachtet sie nach einer Reifenpannein einer mysteriösen Villa, die einer seltsamen Gräfin und ihrem sonderbaren Sohn gehört. Während ihres nächtlichen Aufenthaltes ereignen sich geheimnisvolle Dinge, die Lisa's Neugier wecken. Voller Entsetzen flüchtet Lisa mit einem Taxi zum Flughafen um dem Grauen mit dem nächsten Flugzeug zu entkommen. In der Maschine setzen sich die grauenvollen Ereignisse fort ... (Covertext Geiselgasteig Video)
Der wie auch schon „Baron Blood“ im Jahre 1972 erschienene italienische Horrorfilm „Lisa und der Teufel“ von Maria Bava verfügt ebenfalls über Elke Sommer in der Darstellerriege, präsentiert darüber hinaus amüsanterweise aber auch Glatz- und Charakterkopf Telly Savalas erstmals mit seinem späteren „Kojak“-Markenzeichen, dem Lolli als Zigarettenersatz. Anscheinend ließ man Bava von Produktionsseite aus diesmal vollkommen freie Hand, was man dem kompromisslosen Ergebnis durchaus anmerkt: Wer klassisches Erzählkino im Stile Bavas anderer Genrebeiträge erwartet, wird zwangsläufig überrascht werden, denn „Lisa und der Teufel“ ist ein surrealer Alptraum, weitestgehend ohne logisch nachvollziehbare Handlung und wirkt eher wie eine Aneinanderreihung verschiedener Ideen für gleich mehrere Filme. Diese sind aber Bava-typisch von besonderer Qualität und wie immer hervorragend in Szene gesetzt worden und eine gewisse Faszination ausstrahlend. Savalas füllt seine Rolle als mysteriöse, irgendwie erhabene Teufelsgestalt beeindruckend aus, seine Szenen gehören meines Erachtens zu den stärksten des Films, innerhalb dessen Lisa (Elke Sommer) in einen bedrohlichen Strudel bestehend aus Familientragödie, Begierde und Wahnsinn an der Schwelle zum Jenseits gerät und sie zum Spielball finsterer Mächte zu werden scheint. Keine Frage, Bavas Film hat Stil und Klasse, wirkt bisweilen aber etwas anstrengend mit seiner vorsätzlichen Verwirrung des Zuschauers. Dieser wird aber versöhnlich mit einer gelungenen, zynischen Schlusspointe entlassen. Freunde des etwas anderen Horrorfilms und andere Neugierige sollten sich dieses Filmerlebnis nicht entgehen lassen und sich an einer eigenen Interpretation versuchen. Neben Bavas Fassung gibt es eine umgeschnittene und entstellte Version, die vom Produzenten auf eine Art „Der Exorzist“-Rip-Off getrimmt wurde. Diese habe ich bislang allerdings noch nicht sehen können.
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Gehirnwäsche
Rachel Foster (Linda Haynes) wird wegen Mordes verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. Schlimm daran ist, daß die hübsche junge Sängerin unschuldig ist. Als wäre das noch nicht genug, fällt sie auch noch Dr. Kline (Geoffrey Lewis) in den Händen, einem besessenen Psychiater, der an ihr eine Gehirnwäsche vornehmen möchte...
Eine junge Frau wird unschuldig wegen Mordes verurteilt und in einen Knast gesteckt, wo sie einem fragwürdigen Arzt ausgeliefert ist, der an seinen Insassinnen psychiatrische Experimente vornimmt. Wie viel Potential diese Ausgangssituation doch bietet – Appellierungen an die Angst vor Justizirrtümern, davor, Halbgöttern in weiß ausgeliefert zu sein, die hinter dicken Anstaltsmauern unbehelligt und unbemerkt von der Öffentlichkeit ihrem Handwerk nachgehen können, Klaustrophobie, Panik, Desillusionierung… oder schlicht derbe Frauenknast-Sleaze-Attacken nach Eurotrash-Vorbild? Leider verschenkt der Regisseur und Drehbuchautor dieses US-Psycho-Thrillers aus dem Jahre 1980, Gregory Goodell, fast sämtliche Möglichkeiten, einen packenden Film zu inszenieren, denn zu behäbig, behutsam oder einfach ideenlos reißt er viele Facetten halbherzig an, ohne sie wirklich auszureizen. Das führt zu einem unbefriedigenden Filmerlebnis, denn das Geschehen wirkt seltsam unmotiviert, oberflächlich und orientierungslos. Die Charaktere bleiben eindimensional und uninteressant, wenn man die hübsche Linda Haynes als Rachel Foster in ihrem Anstaltsalltag beobachtet, der in einem Fluchtversuch mündet. Hier wird die Spannungs- und Terrorschraube endlich etwas angedreht und die Szene, in der Rachel sich durch allerlei gemeinhin als eklig empfundenes Getier kämpfen muss, ist tatsächlich gut gelungen und dürfte zartbesaiteten Zuschauern auf den Magen schlagen (zumindest ist dies die einzige Szene, an die ich mich nach meiner ersten Sichtung im Kindesalter noch erinnern konnte, und nun weiß ich auch, warum), doch der Zusammenhang zwischen diesen Erfahrungen und dem letztendlichen Ergebnis des Experiments bleibt größtenteils der Phantasie des Zuschauers überlassen. Ebenso wie die angedeutete Masturbationsszene der ansonsten recht zeigefreudigen Linda Haynes. Allzu schmutzig sollte es dann eben doch nicht werden, genauso wenig wie allzu beklemmend, hart oder tiefgründig. Die Motivation des Doktors erschließt sich auch nicht so recht, wodurch die innere Logik auf der Strecke bleibt. So bleibt es bei einem leidlich unterhaltsamen Versuch mit einigen guten Ansätzen, der mehr enttäuscht als alles andere und schnell wieder in Vergessenheit geraten wird.
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The Runaways
1975: Cherie Currie (Dakota Fanning) ist 16 Jahre alt und steht auf die Musik von David Bowie. Nachdem sie ihre langen blonden Haare abschnitt, steht sie bei einer Schul-Talentshow als eben dieser auf der Bühne. Die Buh-Rufe und die auf die Bühne fliegenden Gegenstände können sie nicht davon abhalten, den Auftritt zu genießen und den Zuschauern den Mittelfinger entgegenzustrecken. Zeitgleich möchte die 17-jährige Joan Jett (Kristen Stewart) eine eigene Band gründen. Sie spielt Gitarre und möchte keine Männer in ihrer Band haben. Darin sieht der Produzent Kim Fowley (Michael Shannon) seine große Chance, etwas Neues zu veröffentlichen. Als Joan ihn vor einer Disco einfach anspricht, will er ihr kaum zuhören, bis sie ihren Plan einer Frauenband offenbart. Kim stellt ihr Sandy (Stella Maeve) vor, die Schlagzeug spielt, und wenig später beginnen die ersten Proben in einem heruntergekommenen Wohnwagen. Zusätzlich zu Joan und Sandy gesellen sich Lita (Scout Taylor-Compton) und Robin (Alia Shawkat) sowie Cherie, die sie in der Disco finden und in der Kim eine für die Band benötigte musikalische Version von Brigitte Bardot sieht. Beim Probesingen entsteht eine frühe Version des Songs "Cherry Bomb", sie geben kleine Auftritte ohne dafür bezahlt zu werden, doch bald starten sie ihre erste Tour. Das Bandleben ist jedoch nicht immer so spaßig, wie es sich die rebellischen Mädchen vorgestellt haben...
„Ihr Schlampen müsst dreckiger klingen!“

Der biographische Musikfilm „The Runaways“ aus dem Jahre 2010 dreht sich um die gleichnamige, nur aus blutjungen Mädels bestehende US-Prä-Punk/-Hardrock-Band, die Mitte der 1970er auf den Plan trat, um im Rock’n’Roll-Geschäft ein paar Ärsche zu treten und u.a. aus den Mitgliederinnen Joan Jett, Cherie Currie und Lita Ford bestand. Die Regie führte Floria Sigismondi, die zuvor Videoclips inszenierte. „The Runaways“, der auf der Biographie von Sängerin Cherie Currie basieren soll, ist ihr Spielfilmdebüt und ausführende Produzentin war niemand Geringeres als Joan Jett persönlich. Leider wirkt „The Runaways“ über weite Strecken hektisch und oberflächlich wie eben ein MTV-Pop-Clip und weniger wie eine spannende, faszinierende Bandbiographie. Das liegt daran, dass man dem Zuschauer zwischen Vorstellung der späteren Runaways, Bandgründung, großem Erfolg und Zerfall der Gruppe kaum Zeit zum Atmen lässt und dadurch naturgemäß jede tiefgründigere Auseinandersetzung mit den einzelnen Charakteren ebenso auf der Strecke bleibt wie eine nachvollziehbare Entwicklung. Zugegeben, wenn man sich die kurze Lebensdauer der Band vor Augen führt, ging es seinerzeit vermutlich wirklich alles relativ schnell und „Knall auf Fall“, doch hätte nicht gerade DIESER Film die Chance zu einer interessanten Abhandlung über rebellische Teenagerinnen im Haifischbecken der chauvinistischen Musikindustrie geboten? Aber vermutlich wollte das „The Runaways“ gar nicht, warum auch immer. So wird vieles nur angerissen und wirkt stark klischeebeladen, allen voran die absolut eindimensionale Charakterisierung des durchgeknallten Managers, der die Band nach seinen Macho-Vorstellungen zu formen versucht. Es fehlt einfach zuviel, um eine ernstzunehmende Bandbiographie zu sein und der Zuschauer bleibt in seiner Beobachterrolle, taucht nie so recht in die Welt der Mädels hinab, wird nicht eins mit ihnen und dem Rock’n’Roll-Zirkus. Diese Oberflächlichkeit legt sich erst im letzten Drittel, als im Zuge der Suchtproblematik der sich lolitahaft präsentierenden Sängerin Cherie auch einmal leisere Töne angeschlagen werden und das Auseinanderbrechen der Runaways nachgezeichnet wird. Bis dahin konnte man sich in erster Linie an gelungenen Konzertszenen erfreuen sowie am Schauspieltalent der hübschen, jungen Hauptprotagonistinnen Kristen Stewart (Joan Jett) und Dakota Fanning (Cherie Currie), die nicht nur optisch optimal in ihre Rollen passen, sondern auch eindrucksvoll beweisen, dass auch außerhalb kitschiger „Twilight“-Vampirgeschichten mit ihnen zu rechnen ist. Eine beeindruckende Leistung! Und die Songs wurden tatsächlich von den Schauspielerinnen selbst eingesungen? Das wiederum ist nun wirklich großartig! Schlecht ist „The Runaways“ also keinesfalls; er hat seine paar „Magic Moments“ und vor allem dazu geführt, dass ich mit reichlich Verspätung auch endlich diese Bands (The Runaways sowie Joan Jett & The Blackhearts) für mich entdeckt habe – Klassenziel also erreicht, würde ich sagen.
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Circus der Vampire
Serbien um 1810: Graf Mitterhaus, ein Vampir, terrorisiert die Gegend und hinterläßt eine Spur von blutleeren Leichen. Das wird den Dörflern bald zuviel und sie proben den Aufstand, währenddessen Professor Müller (Laurence Payne) den Vampir pfählen kann. Der verflucht die Dorfbewohner jedoch noch kurz vor seinem Tod und droht mit seinem Vetter Emil. 15 Jahre später kommt der mit einem Wanderzirkus in die Gegend. Und tatsächlich geht es schon bald nicht mehr mit rechten Dingen zu. Zwei Dörfler verschwinden und die Tricks der Artisten scheinen übermenschlich. Während einer Abendvorführung kommt es schließlich zum offenen Kampf...
Der „Circus der Vampire“ aus den britischen „Hammer“-Filmschmiede stammt aus dem Jahre 1972, einer Zeit also, in der man bei „Hammer“ dem Zeitgeist entsprechend für seine Filme verstärkt auf Erotik und Gewalt setzte, auch für seine Gothic-Horror-Beiträge. Dieses Beispiel zählt meines Erachtens zu den gelungensten Vertretern jener Phase. Der Prolog dieses Vampirfilms, der weder mit Christopher Lee oder Peter Cushing aufwartet, noch zur „Karnstein“-Trilogie gehört, also als vollkommen eigenständig zu betrachten ist, geriet wunderbar atmosphärisch und eröffnet einen quietschbunten und –vergnügten Reigen kurzweiliger Unterhaltung bestehend aus zwar unbekannten, aber sehr ansehnlichen und überzeugend agierenden Schauspielern in teilweise abgefahrenen Kostümen, harten visuellen, blutigen Effekten, freizügigen jungen Mädels sowie schönen Zirkusnummern und Artistik. Bestimmt ist nicht jeder Spezialeffekt technisch auf der Höhe der Zeit, schon gar nicht aus heutiger Sicht; dieser Umstand wird durch eine Extraportion Charme aber locker wettgemacht. Die bisweilen recht konstruiert wirkende Geschichte wirft zwar einige Fragen auf, insbesondere das strunznaive Verhalten der Dorfbewohner betreffend, durch das gekonnte Umschiffen jeglicher Längen kommt man aber gar nicht erst in die Verlegenheit, allzu lange darüber zu sinnieren. Regisseur Robert Young ist eine wunderbare Verquickung aus Gothic, Exploitation und grafischen Schauwerten gelungen, die zu meinen Favoriten aus dem 70er-„Hammer“-Fundus zählt. Zwar kann der Eintritt das Leben kosten, doch ist der „Circus der Vampire“ immer einen Besuch wert.
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Alien IV – Die Wiedergeburt
Ellen Ripley, die am Ende von Teil 3 Selbstmord beging, weil ein Alien in ihr steckte, wird 200 Jahre später geklont - inklusive des damals in ihr steckenden Alien. Der Alien-Embryo wird ihr entnommen und in einem Labor großgezogen. Ripley ist durch das Klonen verändert, da sie einen Teil der Alien-Gene in sich trägt und dadurch aggressiver und stärker geworden ist. Obwohl ihr dies äußerlich nicht anzumerken ist, zeigt sich im weiteren Verlauf immer wieder ihre Verbundenheit zu den grauenhaften Kreaturen. Ripley spürt ihre Präsenz, die Aliens gehorchen ihr bis zu einem gewissen Grad und sie entwickelt Mutterinstinkte für das ihr entnommene Exemplar. Als eine Gruppe von Schmugglern die Forschungsstation aufsucht, gelingt es den gezüchteten Aliens zu entkommen.
„...denn hier... gibt es FLEISCH!“

Wähnte man die 1979 von Regisseur Ridley Scott ins Leben gerufene „Alien“-Science-Fiction-Horror-Reihe mit Teil III eigentlich abgeschlossen, musste 1997 vermutlich aus kommerziellen Überlegungen heraus doch noch ein vierter Teil her, für den die Wahl der US-Produzenten auf den französischen Regisseur Jean-Pierre Jeunet („Delicatessen“, „Die fabelhafte Welt der Amelie“) fiel. Um die eigentlich den Märtyrertod gestorbene Ripley (Sigourney Weaver) zu reanimieren, zog man eine Geschichte um 200 Jahre später stattfindende Klonexperimente an den Haaren herbei, was aber immer noch besser ist, als sich eines lauen Aufgusses ohne die charakteristische Hauptdarstellerin zu erdreisten. Überhaupt macht der vierte Teil einen überraschend hochwertigen Eindruck und präsentiert sich als eine Art innovative „Best of“ der vorausgegangen drei Teile, insbesondere aus den beiden Fortsetzungen. So ist „Alien – Die Wiedergeburt“ bisweilen ein furioses Action- und Kreaturenspektakel, das Erinnerungen an James Camerons Beitrag hervorruft, während mich die Stimmung häufig an David Finchers dritten Teil denken lässt, dessen pessimistische Ausrichtung auch hier Einzug hielt. Der Großteil der Charaktere, die kantigen bis freakigen Weltraumpiraten, ist ähnlich ausgestattet wie Camerons Militärtruppe und fast so unsympathisch wie Finchers Orbit-Knackis. Eine erneut bestens aufgelegte Sigourney Weaver ist in ihrer Klongestalt zu einer Art verhärteten Super-Ripley geworden, die sich einmal mehr innerhalb optisch imposanter, edel chromglänzender Raumschiffkulissen gegen raubeinige, leider etwas häufig dämlich flapsige Sprüche reißende Kerle gleichwohl wie gegen die neueste Generation der Alienbrut zu behaupten hat. Für das, was man sich gemeinhin eher unter dem Begriff Feminität vorstellt als unseren Ripleyklon, ist diesmal die süße Winona Ryder zuständig, wobei es ein geglückter, bedeutungsschwangerer Kniff des Drehbuchs ist, ironischerweise ausgerechnet den von ihr gemimten Androiden fast als einzige Figur für „Soft Skills“ und Menschlichkeit sorgen zu lassen. Zudem matscht es bei Herrn Jeunet ganz ordentlich und einige verdammt fiese Ideen für Mensch und Alien wurden grafisch explizit umgesetzt. Die nach alter Schule manuell angefertigten Spezialeffekte sind prima, die anscheinend unvermeidlichen CGI – wie auch schon im Vorgänger – leider weniger. Die storytechnischen Innovationen um die Erschaffung eines Hybridwesens, an denen sich die Handlung versucht, spalten das Fanlager, für die konservativen Scott-Jünger ist das nichts. Ich hingegen empfinde diesen Aspekt als fast schon konsequent, denn offensichtlich sind Ripley und Alienköniginnen einfach füreinander bestimmt, so dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es zu einer gemeinsamen Frucht der Hassliebe kommt... äh, oder so. Für einen vierten Teil einer Reihe jedenfalls angemessen erfrischend und zudem neue Möglichkeiten in Sachen Creature Design eröffnend, die aus meiner Monsterfan-Sicht durchaus befriedigend genutzt wurden. Die musikalische Begleitung des Rauminfernos fiel hingegen etwas nichtssagend aus und die Identifikationsfiguren muss der Zuschauer mit der Lupe suchen, zumindest sind sie nicht mehr so eindeutig gesetzt wie zuvor. Dennoch bügelt „Alien – Die Wiedergeburt“ derlei Schwächen, wobei letztgenannter Umstand nicht unbedingt einer ist und evtl. etwas wohlwollend als Facettenreichtum bezeichnet werden kann, mit seinem hohem Unterhaltungswert ebenso wie den stellenweise etwas holprigen Handlungsverlauf (vermutlich x-mal umgeschrieben Drehbüchern von auf Nummer sicher gehen wollenden „Script Doctors“ geschuldet) einfach weg, so dass ich Jeunets Abschluss der Tetralogie in etwa auf gleicher Augenhöhe mit Camerons Actionfuriosum sehe – auch, wenn manch beinharter Teil-2-Fan mir dafür mit einem Kopfschütteln begegnen mag.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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