bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Mord in der Rue Morgue
Eine Theatergruppe führt im Stile des Grand Guignol eine Aufführung von Edgar Allan Poes "Die Morde in der Rue Morgue" auf. Doch dann werden auch abseits der Bühne Darsteller aus der Truppe ermordet und es stellt sich die Frage nach dem Wer und Warum...
Der britische Regisseur Gordon Hessler („Im Todesgriff der roten Maske“) drehte 1971 für die American International Pictures einen weiteren Horrorfilm nach Motiven Edgar Allan Poes. Diese beschränken sich allerdings darauf, dass eine Grand-Guignol-Theatergruppe im Paris des 19. Jahrhunderts die titelgebende Geschichte Poes aufführt. Ein unheimlicher Maskenmann mordet sich durch dieses Umfeld und versetzt es in Angst und Schrecken.

Die eigentliche Handlung dieses in Spanien gedrehten Films wirkt wie ein „Phantom der Oper“-Abklatsch und hat mit Poe nicht viel zu tun. Selbst Herbert Lom, der bereits in der „Phantom“-Verfilmung der britischen „Hammer“-Produktion den Maskierten mimte, ist mit von der Partie und darf erneut sein Gesicht hinter einer Maske verbergen, um seinen Racheplänen nachzugehen. Dass er der Mörder ist, steht von vornherein fest, auf ein möglicherweise spannend gewordenes „Whodunit?“ wurde demnach verzichtet. Stattdessen wird dem Zuschauer eine konfus wirkende und zudem seltsam geschnittene Geschichte um das Motiv des Mörders aufgetischt, die mit unglücklicher Liebe, Säureattacken und dem alten Sprichwort „Totgesagte leben länger“ zu tun hat.

Einige Szenen wiederholen sich immer und immer wieder. Keine Ahnung, ob sie den Film auf Laufzeit bringen sollten, jedenfalls tragen sie mit dazu bei, eine recht zähe Angelegenheit aus diesem Genrestoff zu machen. Die Schauspieler, unter ihnen Jason Robards („Spiel mir das Lied vom Tod“) und Christine Kaufmann können kaum Akzente setzen, selbst Herbert Lom erscheint lustlos. Emotionen, die beispielsweise in einer Roger-Corman-Verfilmung theatralisch auf die Spitze getrieben worden wären, wirken hier flach und ihre Wirkung verpufft.

Die Make-up-Effekte, in erster Linie die Verätzungen betreffend, sind unspektakulär, für die damalige Zeit aber vermutlich solide umgesetzt worden. Generell setzt „Mord in der Rue Morgue“ weniger auf optische Schauwerte oder Schockeffekte, sondern versucht sich am Atmosphärischen – woran er scheitert. In den Traumszenen versucht man sich, ähnlich wie Cormans Poe-Verfilmungen, ein wenig am Künstlerisch-Surrealen, doch insgesamt ist Hesslers Film leider kein Vergleich zu jenen starken Vorbildern oder stilistisch ähnlich gelagerten europäischen Genreproduktionen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Audition
Aoyama, ein reicher Geschäftsmann, sucht eine neue Freundin. Unter dem Vorwand, ein Casting zu veranstalten, lockt sein Freund, ein Fernsehproduzent, allerlei attraktive Kandidatinnen an, darunter die schöne Asami, die Aoyama wie die perfekte Verkörperung seiner Vorstellungen erscheint. Schon bald aber muß er erkennen, daß er sich mit der Beziehung zu der jungen Frau etwas zugemutet hat, was ihm über den Kopf wächst...
„In Japan sind alle einsam, nicht wahr?“

(Achtung, enthält Spoiler!)

„Audition“ ist ein nachhaltig erschütterndes Horrordrama des japanischen Regisseurs Takashi Miike („Ichi the Killer“) aus dem Jahre 1999, das in japan-südkoreanischer Koproduktion entstand. Jahre nach dem Tod seiner Frau beschließt der gutsituierte Witwer und souverän alleinerziehende Vater Aoyama (Ryô Ishibashi, „The Grudge – Der Fluch“), sich nach einer neuen Beziehung umzusehen. Ein befreundeter Filmproduzent veranstaltet zu diesem Zwecke ein fingiertes Casting, im Rahmen dessen Aoyama die junge, attraktive, fragile Asami (Eihi Shiina, „Tokyo Gore Police“) kennenlernt, die ihn mit ihrer nachdenklichen, leicht morbiden Art fasziniert. Doch welches Geheimnis verbirgt sie vor ihm? Wer ist sie wirklich? Aoyama ignoriert die Warnungen seiner Freunde und Bekannten und lässt sich auf Asami ein.

Zumindest diejenigen Zuschauer, die von „Audition“ knallharten Genrehorror erwarten, stellt Miike auf eine längere Geduldsprobe. Extrem ruhig und auch in seiner visuellen Umsetzung nüchtern, ohne jegliche nennenswerte Dynamik oder gar Hektik, lässt er Aoyama in seinem Alltag beobachten, fängt dessen gewohnte Einsamkeit und Introvertiertheit ein und überträgt diese auf sein Publikum. Diese lässt Aoyama und seinen Sohn sympathisch und seriös erscheinen, Aoyama bietet sich als Idenfifikationsfigur an – so bizarr es bei genauerer Überlegung auch erscheinen mag, dass er im Rahmen eines Pseudocastings zur Brautschau rief, um sich letztlich eine wesentlich Jüngere auszugucken. Stattdessen keimt die trügerische Hoffnung auf, dass sich tatsächlich zwei verletzte Seelen finden, um sich gegenseitig Kraft, Vertrauen und Glück zu schenken. Typisches Verhalten verunsicherter Verliebter wie banges Warten auf den erlösenden Anruf des/der Angebeteten fanden ebenfalls ihren Weg in den Film und sorgen bei sensibleren Gemütern gewiss für Wiedererkennungseffekte, die die Identifikationsmöglichkeiten mit dem Gezeigten erhöhen.

Der Zuschauer ahnt natürlich, dass mit Asami ganz gehörig etwas nicht stimmt und als sie plötzlich verschwindet, nachdem es intim wurde, stellt Aoyama auf eigene Faust Nachforschungen an. Er erfährt zusammenhanglos erscheinende Fragmente, die wenig Sinn ergeben, sich aber in grausigen Bildern in seinem Geist festsetzen. Die bisher vorherrschende Ruhe des Films wird durchbrochen, die Neugierde des Zuschauers steigt.

Mit einem Mal präsentiert sich „Audition“ wie ein japanischer Sicko und verstört mit entsetzlichen Folterszenen. Ein besonders hinterhältiger Kniff des Regisseurs ist es, die Ereignisse zwischenzeitlich lediglich der Alptraumwelt Aoyamas zuzuschreiben und das Publikum durchatmen zu lassen, nur um diese Illusion dann doch wieder einzureißen und mit der unerträglichen Gewaltorgie fortzufahren, die weniger durch ihre visuelle Umsetzung als vielmehr ihren psychologischen Wahnsinn schockiert. Diesen Wahnsinn unterstreicht Miike, indem er Asami am Ende einen poetischen Monolog in den Mund legt, der in seinem Kontext die Liebe wie etwas Perverses, Krankes erscheinen lässt.

Puh, ja, „Audition“ präsentiert sich – übrigens handwerklich tadellos – auf den ersten Blick wie ein desillusionierender Anti-Liebesfilm, ist vor allem aber ein Psychodrama, das Einblicke in angeschlagene, verletzte Seelen erlaubt, um diese übertrieben und exzessiv wiederzugeben. Aber Übertreibung veranschaulicht bekanntermaßen, in diesem Falle wie Kindheitstraumata das spätere Liebes- und Sexualleben beeinflussen bzw. zerstören können. Aber auch, wie sich die eigene Biographie auf die Partnerwahl auswirkt: Der eigentlich recht bieder wirkende Aoyama scheint unterbewusst Asami mit ihrer düsteren Gedankenwelt dazu zu benötigen, über den Tod seiner Frau hinwegzukommen. Möglicherweise erfährt er erst durch die Begegnung mit ihr, dass er ihn noch gar nicht verarbeitet, sondern lediglich verdrängt hat. In anderen Einschüben bekommt man Einblicke in entweder Aoyamas Erinnerungen oder Phantasiewelt – es ist mir nicht ganz klar – sexuelle Kontakte betreffend, die jeweils unbefriedigend für ihn ausfallen. Nicht nur Asamis Verhalten, auch wie Aoyama sich auf Asami fixiert hat etwas Manisches – wie eigentlich jeder Zustand des Verliebtseins. Ach ja, etwas zu schmunzeln gab es zwischenzeitlich auch, nämlich beim Casting. Aber daran wird sich nach Filmende vermutlich zunächst niemand mehr erinnern.

Dass der Film suggeriert, die Einsamkeit der beiden wäre in Japan keine Ausnahmeerscheinung, macht ihn umso erschreckender und animiert zu Vergleichen mit unserer westlichen, technologisierten und peudoindividualisierten Wohlstandsgesellschaft, in der Einsamkeit ebenfalls alles andere als ein Fremdwort ist. „Audition“ zeigt die dunkle Seite der Liebe zwischen zwei einsamen Menschen, statt sie romantisch zu verklären und bewegt damit vermutlich näher an der Realität als „Romantic Comedy“ und Konsorten. Liebe ist Schmerz.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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A Blade in the Dark
Der junge Musiker Bruno versucht im Auftrag der Horrorfilmregisseurin Laura in deren neu angemieteter Villa den Soundtrack für einen Horrorfilm zu komponieren, weil die Atmosphäre dort so schön unheimlich ist. Allerdings war das Gebäude zuvor wohl im Besitz einer mysteriösen Frau, die jetzt von allerlei Leuten gesucht wird, währenddessen in nächster Nähe ein Killer sein Unwesen treibt...
Italo-Regisseur Lamberto Bava („Dämonen“) versuchte sich 1983 erstmals an einem Giallo und damit am Genre, das sein legendärer Vater Mario Bava ins Leben gerufen hat. Doch Vergleiche zwischen beiden erübrigen sich, denn dass Lamberto bei Weitem nicht mit dem Talent seines Vaters gesegnet wurde, ist hinlänglich bekannt.

Die Handlung ist schnell wiedergegeben: Bruno (Andrea Occhipinti, „Der New-York-Ripper“) hat sich in eine Villa eingemietet, um in Ruhe den Soundtrack zu einem Horrorfilm komponieren zu können. Doch das Haus hat seine eigene unheimliche Geschichte und während er so am Klavier sitzt und vor sich hin klimpert, tauchen immer wieder irgendwelche Leute auf – vom Türenabschließen scheint Bruno nicht viel zu halten -, um anschließend auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Diese werden nämlich grausam ermordet und es dauert eine Weile, bis Bruno versteht, was los ist, und es zur finalen Konfrontation mit dem Mörder kommt.

Das Kinoplakat, das eine unheimliche Fratze über einer Kellertreppe zeigt sowie der deutsche Alternativtitel „Das Haus mit dem dunklen Keller“ suggerieren einen gruseligen, atmosphärischen Thriller; der Prolog, in dem der Junge Giovanni Frezza (Bob aus „Das Haus an der Friedhofmauer“) sich scheut, die Kellertreppe hinabzusteigen, um einen Tennisball wiederzuholen und dafür von seinen Freunden verspottet wird, tragen ihr Übriges zu dieser Erwartungshaltung bei. Doch Pustekuchen, denn wirklich düstere Atmosphäre vermag Bava kaum zu erzeugen, von einem in irgendeiner Weise unheimlichen Keller keine Spur. Der De-Angelis-Soundtrack klingt zunächst noch sehr angenehm, nutzt sich durch seine ständige Wiederholung aber bald ab. Die Darsteller, unter ihnen Michele Soavi („Tenebrae“) sowie einige mehr oder weniger attraktive Damen agieren recht hölzern und Hauptdarsteller Occhipinti bleibt blass. Die Morde indes sind Giallo-typisch und zumindest zum Teil sehr ansprechend umgesetzt worden, wenngleich ein Teppichmesser als Mordwerkzeug zunächst in erster Linie Schmunzler hervorruft.

Das Drehbuch legt erfolgreich einige falsche Fährten, so dass zumindest mir gegen Ende der eigentliche Täter, der bereits früh vorgestellt wurde, tatsächlich nicht mehr sonderlich gegenwärtig war. Das Motiv orientiert sich am Traumapsychologischen beispielsweise eines Argentos, erreicht aber bei Weitem nicht die gleiche Klasse oder Schockwirkung. Und ein paar Kamerakniffe à la Italiano machen auch noch keinen M. Bava oder Argento. Der Sleazegehalt hält sich stark in Grenzen, die Schmuddelfraktion zählte offenbar nicht zur Zielgruppe.

Bavas „A Blade in the Dark“ ist letztlich ein nicht unangenehmer, aber wenig origineller, späterer Genrebeitrag, der ganz passabel unterhält, manchmal aber auch etwas nervt und – zugegebenermaßen möglicherweise verstärkt durch die deutsche Synchronisation – bisweilen unfreiwillig komisch wirkt. Für Giallo-Allesgucker sicherlich Pflicht, alle anderen können, aber müssen ihn sich nicht angucken, möchte ich sagen.
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Die Rache der schwarzen Spinne
Ein Pärchen findet auf der Suche nach ihrem Vater in einer Höhle eine gigantische schwarze Spinne, die man nach Informierung der lokalen Behörden der Einfachheit halber mit DDT vergiftet. Anschließend stellt man sie in der lokalen High School mal eben als Schaustück aus. Dumm nur, daß das Riesenvieh lediglich paralysiert ist und alsbald die Stadt auseinandernimmt.
US-B-Regisseur Bert I. Gordons nach „Der Koloss“ zweite Zusammenarbeit mit der „American International Pictures“-Produktion datiert auf das Jahr 1958 und ist als Vertreter des seinerzeit beliebten Rieseninsekten-/-spinnen-Horrors ein Abklatsch von Jack Arnolds Klassiker „Tarantula“.

„Die Rache der schwarzen Spinne“ präsentiert sich allerdings von vornherein als Drive-in-/Teenage-Horrorfilm, der keinem Vergleich zur Qualität und zum Tiefgang des erfolgreichen Arnold-Originals standhält. Ein jugendliches Pärchen (June Kenney „The Saga of the Viking Women and Their Voyage to the Waters of the Great Sea Serpent“ und Eugene Persson, „The Party Crashers“) sucht nach ihrem verschwundenen Vater und stößt in einer Höhle auf eine (wild herumschreiende...) Riesenspinne. Nur scheinbar getötet, wird sie in der Schulaula ausgestellt (wie auch immer man sie dort hineinbekommen hat!?), durch Rock’n’Roll-Livemusik der nebenan probenden Band (!) aber reanimiert, woraufhin sie eine Orgie der Zerstörung in der amerikanischen Kleinstadt einleitet.

Gedreht mit einer echten Spinne unter Zurhilfenahme von Split-Screen-Technik erscheinen die Effekte sehr ordentlich und respektabel. Für einige Szenen griff man auf ein modelliertes Spinnenbein zurück, das auch in Ordnung geht. Fürs Finale allerdings scheint man auf eine sehr leblos wirkende und zu allem Überfluss viel zu kleine Kunststoffvariante zurückgegriffen zu haben. Die Handlung ist kompletter Unfug unfreiwillig komischer Natur. Da werden Taue als Riesenspinnfäden ausgegeben, ein keinerlei Ähnlichkeit mit einem Spinnnetz aufweisendes Kletterseilkonstrukt vom Kinderspielplatz o.ä. soll eben ein Spinnnetz sein, das zudem seltsamerweise seine menschlichen Opfer nicht festkleben lässt, der idiotische Sheriff Cagle (Gene Roth, „Stimme aus dem Jenseits“) hat außer markigen Sprüchen nichts zu bieten und ballert in einer mit instabilen Stalaktiten übersäten Höhle auf harmlose Fledermäuse, statt sich über die zahlreichen menschlichen Skelette zu wundern oder ihnen überhaupt in irgendeiner Weise Beachtung zu schenken. Dessen Gegenpart ist der junge Physiklehrer Mr. Kingman (Ed Kemmer, „In den Klauen des Giganten“), ein waschechter Klugscheißer, der immer einen vermeintlichen Lösungsansatz auf den Lippen hat. Eine Hintergrundgeschichte, wo diese Spinne herkommt bzw. warum sie eine solch überdimensionale Größe aufweist, hat man sich gleich komplett gespart – das ist einfach als gegeben hinzunehmen.

Ja, „Die Rache der schwarzen Spinne“ ist echter Horrortrash der 1950er in seiner charmanten, unterhaltsamen Form, Langweilig wird es in den knapp 70 Minuten kaum. Immer wieder lässt sich das Drehbuch irgendetwas einfallen, beispielsweise sich unser Pärchen in der eigentlich sehr übersichtlichen Höhle verlaufen, während mit Dynamit gesprengt wird, oder einen Mann mit seinem Auto die Riesenspinne anfahren, um sie davon abzuhalten, weiter ein Haus – eine typisch US-amerikanische Bretterbude – auseinanderzunehmen. Für die Höhle verwendete man Fotografien der Carlsbad-Höhlen, die man mit Studiokulissen kombinierte. Solche Details wiederum sind es, die den Einfallsreichtum der Macher solcher Low-Budget-Filme unterstreichen und mir durchaus Respekt abringen. Und wenn dort dann auch noch von der Spinne ausgesaugte menschliche Körper herumliegen, juchzt mein Herz vor Freude.

Inhaltlich ist „Die Rache der schwarzen Spinne“ gewiss kein guter Film und Gruselatmosphäre kommt so gut wie nie auf. Er kann aber auf seine gut aufgelegten und fähigen Schauspieler zählen und mit seiner Mischung aus gelungenen Effekten und hanebüchenem Trash, gewürzt mit zu alten „Teenagern“ und einer Prise Rock’n’Roll, macht er einfach Spaß und Lust aufs Autokino mit einem herrlich unkomplizierten Mädel aus den 50ern, um das man seinen Arm legen und ihr das Gefühl geben kann, sie vor Bert Ira Gordons Kreaturen zu beschützen. Hach...
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Spider Labyrinth
Der Altertumsexperte Professor Whitmore (Roland Wybenga) wird mit einem sehr kurzfristigen Auftrag von Dallas nach Budapest geschickt, um zu überprüfen, was Professor Roth alles über jahrtausendalte Steintafeln ans Licht gefördert hat. Roth ist unzuverlässig geworden, doch Whitmore trifft die Situation unvorbereitet: Roth ist paranoid und angsterfüllt, steckt Whitmore seine Aufzeichnungen geheim zu. Kurz darauf findet man ihn erhängt auf. Im Haus und im Hotel scheinen die Leute Whitmore zu beobachten und ein ihn warnendes Zimmermädchen wird in der Nacht brutal ermordet. Irritiert von all den Warnungen, stolpert Whitmore durch die fast menschenleere Großstadt und sucht nach Hinweisen, die das Rätsel aufklären können, doch er verstrickt sich immer tiefer in die Mysterien eines seltsamen Spinnenkults...
Der vollkommen unbekannte italienische Regisseur Gianfranco Giagni schuf 1988 mit seinem einzigen Spielfilm „Spider Labyrinth“ einen absoluten Geheimtipp, der zudem beweist, dass nicht alles Schrott war, was Ende der 1980er im Horrorbereich aus dem stiefelförmigen Land kam.

Der US-amerikanische Anthropologe o.ä. Alan Whitmore (Roland Wybenga, „Sindbad - Herr der sieben Meere“) reist nach Budapest, um Professor Roth (Valeriano Santinelli) aufzusuchen und im Rahmen des „Intextus“-Projekts zu rätselhaften, uralten Steintafeln zu befragen. Doch Roth scheint unter Verfolgungswahn zu leiden und wird, kurz nachdem er Whitmore seine Informationen zugesteckt hat, erhängt aufgefunden. Steht Professor Roth’ Tod im Zusammenhang mit einem eigenartigen Spinnenkult, auf den die Steintafeln hinweisen?

Nicht vom Titel irreführen lassen: „Spider Labyrinth“ ist kein Tierhorrorfilm, sondern eine Kreuzung aus Paranoia-Thriller und Okkult-Horror – und was für eine! Giagni zeichnet Budapest als eine unheimliche, düstere, nahezu menschenleere Stadt, die im Verborgenen ein undurchsichtiges Eigenleben zu führen scheint – ja, als eine Art spinnwebenverhangenes Labyrinth. Dabei hat er seine Vorbilder offensichtlich aufmerksam studiert, denn sein Film erinnert überaus positiv an Aldo Lados Meisterwerk „Malastrana“ ebenso wie an Dario Argentos „Suspiria“, aber auch vor klassischen Gialli scheint er den Hut zu ziehen, wenn mit großem Messer Jagd auf kleine Mädchen gemacht wird. Die kunterbunte Farbdramaturgie ähnelt der eines Mario Bava bzw. Dario Argento, die wunderbar dynamische Kameraarbeit dürfte ebenfalls von jenen Adressen seine Inspiration herleiten. Musikalisch indes hielt man sich eher zurück, indem man weder auf peitschende progressive Synthesizer noch auf zeitgemäße Rockmusik setzte, sondern stimmigen Streicherklängen das Feld überließ. All dies vereint sich zu einer sagenhaften Atmosphäre, einer unwirklich, paranoiden Grundstimmung, in der das einzelne Individuum verlassen und ausgeliefert wirkt.

Doch „Spider Labyrinth“ verlässt sich mitnichten nur auf Suspense und Atmosphäre, sondern arbeitet zudem mit gruseligen Masken, blutigen Morden und Spezialeffekten von Sergio Stivaletti. Die titelgebende Spinne fand natürlich auch ihren Weg in den Film und als Spinnenphobiker kann ich konstatieren, dass die Schockeffekte, wenn der anscheinend ähnlich traumatisierte Whitmore in seiner Phantasie mit einem großen Spinnennetz konfrontiert wird, wirkungsvoll und realitätsnah gelangen. Das große Finale, das dann auch wirklich eines ist, fiel sogar überraschend effektreich aus, hier spult man gleich eine ganze Palette an Spezialeffekten ab. Leider sind nicht alle 100%ig geglückt, besonders die (mit Knetgummi?) umgesetzten Stop-Motions sehen für diesen Film arg künstlich aus. Die dahintersteckenden Ideen aber sind wiederum originell und erschreckend genug, um die darüber zumindest mit einem Auge hinwegsehen zu können.

Die Mixtur aus einer Vielzahl an Genrecharakteristika und eine dem Stil leicht untergeordnete, aber nicht uninteressante Handlung um etwas an Lovecraft erinnernde uralte Mächte macht „Spider Labyrinth“ zu einer hochspannenden, vollgepackten Wundertüte, die mit Sicherheit auch bei mehrmaligem Anschauen immer wieder neue Details offenbaren wird. Das Kunststück, dabei weder in dramaturgische Hektik zu verfallen – das Erzähltempo ist angenehm getragen –, noch die unheilschwangere Simmung des Films zu gefährden, muss als gelungen bezeichnet werden und spricht für das inszenatorische Geschick Gaignis.

Verlassen konnte er sich neben einem betont und konsequent düsteren Drehbuch auf eine Darstellerriege, unter denen sich viele „kleinere“ Namen befinden, die aber spielen, als würden sie sich für weitere Rollen empfehlen wollen. In einer nicht unwichtigen Nebenrolle bekommen wir als prominentesten Namen des Ensembles William Berger („Keoma – Das Lied des Todes“) als mysteriösen Warner auf den Straßen Budapests zu sehen, die Franzosin Stéphane Audran spielt die Hotelbesitzerin. Keinesfalls unerwähnt lassen darf ich die erotische Komponente des Films, die sich elegant ins stilvolle Ambiente einfügt und von einer wunderschönen Paola Rinaldi als nicht minder als alle anderen undurchsichtige Genevieve Weiss, die Whitmore zur Seite steht, verkörpert wird.

„Spider Labyrinth“ ist eine echte Überraschung: Ein wirklich sehr guter, tatsächlich auch für ein erwachsenes Publikum gruseliger Horrorfilm, der zu Unrecht in Vergessenheit geriet, sofern ihm bei Erscheinen überhaupt die verdiente Aufmerksamkeit zuteil wurde. Unbedingt mal nach der ungeschnittenen deutschen VHS-Kassette Ausschau halten – es lohnt sich definitiv!
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Django – Sein Gesangbuch war der Colt
Django, der in seine Heimat zu seinem Bruder Jeffrey zurückkehrt, muß miterleben wie diese Gegend von der Feudal-Sippe der Scotts terrorisiert wird. Er beschließt, diesem Treiben ein Ende zu bereiten und stattet dem Scott-Clan auf deren Ranch einen Besuch ab. Dort wird er von dem jungen Scott halbtot gepeitscht. Django erfährt kurz darauf, daß der alte Scott sein Vater ist, der daraufhin die Aussprache mit ihm sucht. Das gefällt dem jungen Scott jedoch gar nicht und so erschießt er seinen eigenen Vater. Dies will Django nicht ungesühnt lassen. Er beginnt einen grausamen Rachefeldzug gegen seinen Stiefbruder und dessen Gefolgschaft...
„Konfuzius sagt: Für Glücklichsein drei Dinge die Hauptsache – nicht sehen, nicht hören, nicht sprechen!“

1966 inszenierte der berüchtigte Italo-Regisseur Lucio Fulci („Ein Zombie hing am Glockenseil“) diesen harten Rachewestern mit Franco Nero („Django“) in der Hauptrolle, der von den deutschen Vermarktern nach dem Erfolg von Sergio Corbuccis Meisterwerk „Django“ kurzerhand zur Fortsetzung des Films deklariert, von Fulci aber als eigenständiger Film konzipiert wurde. Nichtsdestotrotz weist Nero in seiner Rolle insbesondere optisch starke Ähnlichkeiten zu seiner Darbietung als Original-Django auf und scheint die Handlung hier und da durchaus von Corbucci inspiriert. Das Drehbuch stammt von Fernando De Leo, der mit seiner Mafia-Trilogie später selbst als Regisseur für Furore sorgte.

Django, als Goldsucher unterwegs, wird von einem Freund seiner Familie in seinen Heimatort zurückgerufen, der von der Scott-Familie unterjocht wurde, die mit eiserner Hand eine Schreckensherrschaft errichtet hat und vor Mord und Totschlag nicht zurückschreckt. Die Einwohner fristen ehrfürchtig und eingeschüchtert ihr der Willkür der Scotts ausgeliefertes Dasein. Scheint Scott senior in erster Linie ökonomische Interessen zu hegen, ist sein Filius ein ausgemachter Sadist. Djangos Bruder hat sich aufgeben und hängt an der Flasche. All das gefällt Django natürlich nicht im Geringsten, zudem wundert er sich, warum man ihn nicht ganz so mies wie die anderen behandelt…

„Django – Sein Gesangbuch war der Colt“ ist kein simpel gestrickter Rachewestern, sondern behandelt neben einer interessanten, verworrenen Familiengeschichte den Umstand, dass jemand – ausreichend Geld vorausgesetzt – die Infrastruktur eines Ortes quasi komplett aufkaufen und die Einwohner versklaven kann. Das riecht stark nach Kapitalismuskritik und wird auch sicherlich so gemeint gewesen sein, womit sich Fulcis Film in eine ganze Reihe intelligenter italienischer Western einreiht, die ähnliche Themen aufgriffen.

Der Klassenunterschied zwischen Django und der Scott-Sippe findet insbesondere in einer schwer erträglichen, schier endlos erscheinen Szene Ausdruck, in der Scott jr. Zur Peitsche greift, um Django mittels ihrer zu malträtieren, während die gehobene Gesellschaft dabeisteht und zusieht. Generell ist der Gewaltgrad nicht nur genretypisch hoch, sondern ihm wurde – seinerzeit eher untypisch – auch visuell entsprochen: Man bekommt Blut ebenso zu sehen wie Djangos von den Peitschenhieben zerfurchtes Gesicht, wodurch die Empathie für die Opfer steigt. Doch diese Gewalt wirkt keinesfalls selbstzweckhaft, sondern nicht zuletzt dadurch, dass sie in eine größtenteils sehr wirkungsvolle, pessimistische Stimmung integriert wurde, passend und konsequent. Die Atmosphäre des Films wird neben den überzeugenden darstellerischen Leistungen – Djangos Bruder Jeffrey wird von George Hilton („Um sie war der Hauch des Todes“, „Der Killer von Wien“) verkörpert, Scott senior von Giuseppe Addobbati („Die toten Augen des Dr. Dracula“) und dessen Sohn von Nino Castelnuovo („Die Klette“) – erzeugt von den charakteristischen Zutaten gelungener Genrebeiträge wie der speziellen Kameraarbeit mit einer Vorliebe für weitläufige Landschaftspanoramen ebenso wie für Close-Ups, dem staubigen, schmutzigen Ambiente und schönen Details wie einem sich in einer Ecke verschanzenden Jungen, der unheilschwanger Mundharmonika spielt – fast wie Bronson später in Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die großartige Ohrwurm-Titelmelodie, die in Vor- und Abspann als ganzer Song mit Gesang ertönt und während des Films in unterschiedlichen Variationen das Geschehen untermalt.

Wenn Django und sein mittlerweile überredeter, nüchterner Bruder zum Gegenangriff blasen, wird der Film wie bereits zuvor in einer ausufernden Kneipenschlägerei angedeutet sehr actionreich, wobei man es aber leider etwas übers Ziel hinausschoss. Erschien schon die Kneipenschlägerei bisweilen übertrieben, unglaubwürdig choreographiert und unnötigerweise Django und seinen Bruder als mit nahezu übermenschlichen Kräften ausgestattet zeigend, scheint das Geschwisterpaar im Finale zu allem Überfluss Spaß am Töten entwickelt zu haben. Dass Jeffrey ein eigentlich sehr guter Schütze ist, der drohte, sein Talent im Alkohol zu ersäufen, nimmt man ihm ja noch ab und verleiht seinem Charakter eine tragische Note; dass nicht nur die Vergeltung, sondern auch das Töten an sich geradezu genossen wird hingegen will nicht zu den Sympathieträgern passen und führe ich auf einen etwas missglückten Versuch zurück, ein wenig Humor in den Film zu integrieren. Dafür hätte man es aber bei der Figur des alternden Chinesen belassen sollen, der mit seinen abgewandelten Konfuzius-Zitaten für Kurzweil sorgt.

Die Schlusseinstellung wiederum, in der Django die Schießwut seines Bruders stoppt, indem er ihn davon abhält, auf eine Taube zu zielen, ist ein sehr schöner, symbolträchtiger Moment und ein versöhnliches Ende dieses sehr sorgfältig von Fulci inszenierten Films, dessen filmisches Geschick „Django – Sein Gesangbuch war der Colt“ zu einem Italo-Western-Vergnügen der gehobenen Klasse macht.
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Im Todestal der Wölfe
Bobby hat das Massaker in der Wüste überlebt (siehe: Hügel der Blutigen Augen). In seinen Erinnerungen und Träumen leben die schrecklichen Ereignisse jedoch unentwegt fort. Um ein Motorradrennen zu veranstalten, unternehmen einige seiner Freunde einen Ausflug in die Wüste, exakt in jene Gegend, in der vor Jahren Bobby´s Familie brutal ermordet wurde. Doch noch bevor sie ihren Plan in die Tat umsetzen können, werden sie von den über sie hereinbrechenden Ereignissen überrollt.
Mit „Hügel der blutigen Augen“ erschuf US-Regisseur Wes Craven („Last House on the Left“, „A Nightmare on Elm Street“) 1977 einen einzigartigen Backwood-Terror-Streifen, der zum Besten gehört, was das Subgenre zu bieten hat. Die Charaktere jenes Films nahm er Mitte der 1980er zum Anlass, einen typischen Slasher zu drehen. Kann man machen. Sollte man vielleicht nicht unbedingt, möchte man nicht fahrlässig mit der Erwartungshaltung des Publikums brechen, aber man kann. Ruby (Janus Blythe, „Phantom im Paradies“), die abtrünnige Hügelbewohnerin aus dem ersten Teil, nennt sich nun Rachel und führt ein Leben in der Zivilisation. Zusammen mit einigen befreundeten Twens möchte sie ein Motorradrennen aufsuchen, an dem einige ihrer Freunde aktiv teilzunehmen gedenken. Man macht sich auf den Weg, doch als man eine Abkürzung einschlägt, führt diese durch eben jene „Hügel der blutigen Augen“ im „Todestal der Wölfe“, in denen die schrecklichen Ereignisse seinerzeit ihren Lauf nahmen…

Mit dieser späten Fortsetzung, deren Produktion offenbar nicht unproblematisch verlief und zwischenzeitlich unterbrochen werden musste, wollte man also auf den Slasher-Zug aufspringen. Zunächst gibt es ein Wiedersehen mit dem traumatisierten Bobby (Robert Houston, „Schweinebande!“), einem Überlebenden aus Teil 1. In Rückblenden wird erzählt, was Bobby seinerzeit erleben musste, so dass der Zuschauer Anschluss findet und der Handlung auch folgen kann, wenn er „Hügel der blutigen Augen“ nie gesehen hat. Strenggenommen hätte man sich diesen Prolog aber auch sparen können, denn Bobby entscheidet sich letztlich dagegen, die Reise mit seinen Freunden anzutreten und ward ab da im Film nicht mehr gesehen. Warum man trotz drei oder vier Überlebender aus Teil 1 von nur zwei Überlebenden spricht, ist allerdings in nur schwer verzeihlicher Fehler – hier log der Prolog (entschuldigt diesen miesen Wortwitz).

Ironischerweise beginnt meine RTL-Plus-Aufzeichnung des Films, die ich als präpubertierender Horrorfreak anfertigte, aufgrund eines entweder falsch programmierten Videorekorders oder einer kurzfristigen Programmverschiebung just in dem Moment, in dem es per Bus auf die Reise geht. Trotzdem erschien mir der Film seinerzeit vollständig, was für die Verzichtbarkeit des Prologs spricht.

Bei unseren Freunden handelt es sich um eine bunt zusammengewürfelte, sympathische Truppe aus Crossmotorrad-Freaks mit ihren Freundinnen, Ruby-Rachel und Schäferhund Buddy. Eines der Mädels, Cass, ist blind - ein Umstand, der so direkt nie Erwähnung findet, dafür ist aber der Film von Anfang an gespickt mit zahlreichen unüberseh- bzw. -hörbaren Hinweisen auf diese Behinderung. Bis auf Rachels Freund weiß niemand aus der Reisegruppe von ihrer Vergangenheit und wie es eben so ist, wenn man Anfang 20 ist und glaubt, die Welt erobern zu können, werden Warnungen ignoriert, belacht und leichtfertig abgetan – und die verhängnisvolle Abkürzung eingeschlagen. Es kommt, wie es kommen muss: Der Bus ist kein Geländewagen und somit nicht gemacht für die Beschaffenheit der Straßen in der felsigen Landschaft. Ein Loch im Tank kann notdürftig geflickt werden, doch durch den Benzinverlust kann man seine Fahrt nicht fortsetzen. Pluto (Michael Berryman, „Cut and Run“) und ein neuer Fiesling (John Bloom, „The Stand – Das letzte Gefecht“), der auf den vertrauenserweckenden Namen „Der Ripper“ hört, bemerken die Havarierten schnell und machen fortan Jagd auf das Frischfleisch, um sich einerseits an Ruby zu rächen und andererseits ihren „Kühlschrank“ zu füllen.

Dabei wird nach dem Slasher-Schema F verfahren, was bedeutet, dass wann immer sich jemand von der Gruppe auf eigene Faust irgendwohin auf den Weg macht, er geradewegs in den sicheren Tod geht. Wer die gefährliche Situation weiterhin unterschätzt und sogar unpassenderweise pimpern möchte, hat ebenfalls von vornherein verloren. Musikalisch begleitet wird der muntere Reigen von einem Soundtrack des „Freitag der 13.“-Komponisten, der wenig einfallsreich klingt, die Slasher-Thematik aber natürlich stützt.

Auf der Habenseite verbuchen kann „Im Todestal der Wölfe“ sein stimmiges Felswüstenambiente, fiese Fallen, tolle Stunts und eine sommerliche Abenteueratmosphäre, die Gefahr ausstrahlt – wie quasi jede Sommernacht mit Freunden in jungen Jahren. Michael Berryman als Pluto sieht nach wie vor fantastisch aus und spielt den ebenso fiesen wie feigen Killer mit Bravour – eben genau so, wie man sich einen den Schutz im Verborgenen der Felsen suchenden Psychopathen vorstellt. Sein neuer Kollege ist ein widerlicher Fettklops, der ein wenig aussieht wie ein End-80er/Anfang-90er-WWF-Wrestler und fast schon lächerlichen Wahnsinn mit beunruhigender Brutalität kombiniert – ebenfalls eine durchaus beachtliche Leistung und ein interessanter Charakter.

Als Kontrast zu diesen „entmenschlichten Tieren“, zu diesen zu kannibalistischen Bestien Mutierten, erleben wir den gewitzten, intelligenten Schäferhund Buddy, der bereits in Teil 1 Pluto (vermeintlich) tötete und neben einigen starken und für einen Slasher ungewohnten Auftritten sogar einen Flashback vom Drehbuch zugewiesen bekommt, innerhalb dessen er sich an die damaligen Ereignisse erinnert – klar, warum nicht? Doch die Kamera fängt auch die heimische Fauna beispielsweise in Form eines Waschbären, einem der niedlichsten Tiere überhaupt, ein und unterstreicht damit vorherrschende Stimmung der trügerischen Schönheit nahezu unberührter Natur.

Klingt alles gar nicht so schlecht? Ist es auch nicht. Leider wird der positive Eindruck, den man – war man in der Lage, „Im Todestal der Wölfe“ gedanklich klar von „Hügel der blutigen Augen“ zu trennen und zu akzeptieren, dass man sich in einem anders gearteten Subgenre bewegt – als aufgeschlossener Zuschauer mit Slasher-Affinität erlangen konnte, doch arg durch einige unschöne Schludereien getrübt. Wenn man schon versucht, sich ein wenig von den üblichen Teenies zu distanzieren und sympathische Twens zu etablieren, sollte man diese noch weniger als debile Tennies ganz offensichtlichen, strunzdoofen Unfug betreiben lassen, der auch mit allem Wohlwollen nicht mit Extremsituationen wie Panik oder Angst zu rechtfertigen ist. So ist es mir bis heute ein Rätsel, wie man eine offensichtlich echte Falle während einer Verfolgungsjagd durch die Felsen für einen Streich seines Kumpels halten kann. Gewiss, andere Dummheiten lassen sich damit erklären, dass diejenigen, die in der Holzhütte bzw. um sie herum blieben, die meiste Zeit keinen Schimmer davon haben, was sich hinter den Hügeln Grausames abspielt. Mit ein wenig mehr Einfallsreichtum und Sorgfalt wäre die eine oder andere Ärgerlichkeit aber ohne Not zu vermeiden gewesen. Die Erklärung dafür, dass Pluto die Ereignisse aus „Hügel der blutigen Augen“ nun doch überlebt hat, ist unbefriedigend und lässt jegliche Originalität, die Slasher normalerweise walten lassen, wenn sie ihre Unholde wiederauferstehen lassen, vermissen. Dass sich die Opferdarsteller solcher Filme in fröhlichem Overacting ergehen, ist hingegen etwas, an das man sich längst gewöhnt hat – was es nun aber auch nicht unbedingt viel besser macht.

Doch selbstverständlich steht und fällt ein Slasher letztlich zu einem großen Teil mit seinen Morden. Diesbzgl. übt sich „Im Todestal der Wölfe“ eher in Zurückhaltung, sonderlich explizit ist bis auf einen Kehlenschnitt hier nicht viel. In dieser Hinsicht hätte der Film gern etwas mehr Pfeffer vertragen können. Auf der anderen Seite verstand man es aber, ein paar wenige effektive Suspense-Momente zu berücksichtigen, für die man geschickterweise auf die blinde Cass zurückgriff, was den Grad des Einfühlungsvermögens seitens des Zuschauers und damit die Spannung erhöht – die zwischendurch leider ein wenig vernachlässigt wird. Ein aufregendes, feuriges Finale hüllt nicht nur eindrucksvoll die sehenswerte Landschaft in lodernde Flammen, sondern entlässt den Genrefreund aus einem zwar hier und da ärgerlich schludrigen und etwas blutarmen, aber letztlich dann doch noch leicht überdurchschnittlichen, actionreichen Slasher, der mit Michael Berryman immerhin mit einer DER Charakterfressen schlechthin aufwartet.

Oder anders formuliert: Wer Slasher nicht in erster Linie dafür schätzt, dass dümmliche Teenager brutal dahingemeuchelt werden, nachdem sie vorher oben ohne durchs Bild hüpfen durften, sondern vielmehr eine konstant bedrohliche Atmosphäre, Wahnsinn und den einen oder anderen Suspense-Moment bevorzugt, sollte „Im Todestal der Wölfe“ eine Chance geben.

Nachtrag: Ich sprach davon, möglichst den ersten Teil auszublenden. Das macht einem „Im Todestal der Wölfe“ nicht leicht, denn neben dem eigentlich überflüssigen Prolog gibt es immer wieder weitere Rückblenden, die Geschehnisse aus Teil 1 zeigen. Ich bin mir sicher, dass, hätte man darauf verzichtet und den Film stattdessen mittels eines einfallsreicheren Drehbuchs auf Länge gebracht, die Kritik allgemein wohlwollender ausgefallen wäre. Ich hatte den großen Vorteil, seinerzeit vollkommen unbedarft an meine TV-Aufzeichnung herangehen zu können, da ich weder „Hügel der blutigen Augen“ kannte, noch überhaupt eine Vorstellung davon hatte, was mich erwarten würde. Wenn mich nicht alles täuscht, wurde „Im Todestal der Wölfe“ gar der erste Slasher, den ich überhaupt zu Gesicht bekam, und ich fand durchaus Gefallen. Evtl. fällt mein Urteil auch daher etwas milder aus.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Der Bohrmaschinenkiller
In einem Apartmenthaus in Los Angeles werden mehrere Frauen auf brutale Weise umgebracht. Die Mordwerkzeuge führt der Täter in einem Werkzeugkasten mit sich. Als kurz darauf die 15-jährige Laurie verschwindet und die Polizei ratlos ist, macht sich ihr Bruder Joey auf die Suche. Sein Verdacht fällt auf den sonderbaren Hausbesitzer Kingsley. Als er auf Beweise stößt, wird er jedoch vom Neffen Kingsleys ermordet. Lauries Situation erscheint nun völlig ausweglos.
US-Regisseur Dennis Donnelly, der für Serien wie „Falcon Crest“, „Das A-Team,“, „Airwolf“ und „Drei Engel für Charlie“ arbeitete, drehte mit dem 1978 veröffentlichten Horrorfilm „Der Bohrmaschinenkiller“ seinen einzigen Spielfilm. Im selben Jahr wie John Carpenters „Halloween“ erschienen, handelt es sich um eine Art Frühslasher.

In einem Hochaus in L.A. treibt ein mit einer Skimaske vermummter Mörder sein Unwesen, der seine ausschließlich weiblichen Opfer mit dem Inhalt seines Werkzeugkoffers zu massakrieren pflegt. Der Film beginnt mit einer sleazigen Aneinanderreihung brutaler Morde an jungen Frauen, die sich zuvor unbekleidet dem Zuschauer präsentierten. „Sex and Violence“ also, wobei die Morde brutal ausfallen, aber noch kein Vergleich zu späteren Genre-Explizitäten sind. Unfreiwillig komisch wirkt leider die Opferungsbereitschaft der Damen, die kaum ernsthafte Gegenwehr leisten. Als äußerst angenehm, weil ungewöhnlich hingegen fällt auf, dass stets ruhige Heile-Welt-Mainstream-Country-Klänge aus dem Radio erklingen, wenn der Mörder zum Werkzeug greift, und damit nicht nur einen starken akustischen Kontrast zum Geschehen liefern, sondern bereits erste Einblicke in die inhaltliche Ausrichtung des Films gewähren.

Leider folgt dem interessanten, dreckigen Beginn eine lange Durststrecke im Mittelteil, in dem man einige Charaktere vorgestellt bekommt und die Polizei dabei beobachten darf, wie sie auf der Stelle tritt. Spannung oder Atmosphäre kommen hier keine auf, stattdessen wirkt das ganze Theater mit seinen bemühten, unmotivierten Dialogen alibihaft, um den Flick auf Spielfilmlänge zu trimmen. Es lohnt sich jedoch, nicht abzuschalten, denn das letzte Drittel ist geprägt von pathologischem Wahnsinn. Der Zuschauer bekommt den Killer vorgestellt – ein biederer Mann mittleren Alters (Cameron Mitchell, „Blutige Seide“, „Die Nacht der Schreie“), der seine geliebte Tochter bei einem im Prolog angedeuteten Autounfall verlor. Die ihm „schmutzig“ und „verdorben“ erscheinenden Bewohnerinnen des Hauses hat er bestraft, die blutjunge, als einzige auf ihn „unschuldig“ und „rein“ wirkende Laurie (Pamelyn Ferdin, Kinderdarstellerin in Serien wie „Lassie“ und „Verliebt in eine Hexe“) aber hat er entführt und ans Bett gefesselt, um sie mit Lollis zu füttern und für die Reinkarnation seiner Tochter zu halten. Doch nicht nur er ist herrlich irre, auch sein Neffe ist geistig nicht ganz auf der Höhe, von einer fragwürdigen Moral getrieben und dreht im Finale ordentlich auf. Details werden nicht verraten, aber nach einigen wenig vorhersehbaren Wendungen ist das Ende ist ein kleiner Magenschwinger und sämtlicher Humor, auch der unfreiwillige, ist aus dem Film gewichen.

Damit nimmt „Der Bohrmaschinenkiller“ die US-amerikanische Spießbürgerlichkeit aufs Korn, indem er sie als kranker und gefährlicher zeichnet als gerne von ihr als krank und gefährlich bezeichnete Lebensentwürfe. Eine gute Intention, deren Umsetzung man aber anmerkt, dass Regisseur Donnelly lediglich Erfahrungen auf dem Gebiet höchstens 55 Minuten langer Serienepisoden hat. Einen Film über die Gesamtlaufzeit spannend und ansprechend zu gestalten, ist ihm nicht gelungen. Dennoch ein sehenswerter Beitrag für Freunde des Genres im Speziellen und des Wahnsinns im Allgemeinen.
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Der Idiotenzwinger
Professor Amedeo La Russa (Lino Banfi) leitet eine Nervenheilanstalt und muß sich u.a. mit Insassen herumschlagen, die sich für Napoleon oder Generalfeldmarschall Rommel halten. Sein Motto ist jedoch "Wir haben keine Verrückten, sondern nur (gut) zahlende Pflegefälle". Währenddessen sind der Nachtclubbesitzer Johnny und seine Sängerin Grazia Mancini (Nadia Cassini) auf der Suche nach gestohlenen Gemälden, die sich irgendwo in dem Irrenhaus befinden sollen. Um diese ausfindig zu machen, infiltriert Grazia in Johnnys Auftrag die Einrichtung als Nachtschwester, Johnny hat aber längst eine neue Geliebte, nämlich Eva (Karin Schubert). (Quelle: www.splashmovies.de)
„Der Idiotenzwinger“ dürfte der erste Film gewesen, den ich vom italienischen Komödienfilmer Mariano Laurenti („Flotte Teens jetzt ohne Jeans“) gesehen habe. Und, oh mein Gott, ich glaube, das hätte ich lieber bleiben lassen. Denn wer diesen Film, den Laurenti 1980 nach einigen Sexklamotten u.ä. auf das Publikum losgelassen hat, bis zum Ende übersteht, wird vermutlich selbst reif für die Klapse (alias „Idiotenzwinger“) sein…

Lino Banfi („Ich polier‘ dir deine Glatze“) spielt den Leiter eines Irrenhauses, der auf die Hirngespinste seiner Patienten eingeht und sie im Glauben lässt, Napoleon, Rommel etc. zu sein, weil er gut an ihrer Verwahrung verdient. Das macht es auch erträglich, dass er sich permanent zum Affen machen lassen muss. Eine neue, attraktive Nachtschwester (Nadia Cassini, „Lollipops und heiße Höschen“), die eigentlich gar keine ist, schleicht sich ein, um sich auf die Suche nach wertvollen Gemälden zu begeben und sorgt für einigen Wirbel. Und zu allem Überfluss ist die Ehefrau des Leiters (Nieves Navarro, „Nackt unter Kannibalen“) auch noch frigide.

Soweit zur Alibistory dieser superalbernen, anzüglichen Klamaukklamotte, die einen unlustigen Witz nach dem anderen abfeuert, Nieves Navarro nackt umherrennen und Nadia Cassini ihren Arsch zeigen lässt. Das alles wirkt sehr ermüdend, zumal sich der „Erotik“-Anteil nur auf einige wenige Szenen beschränkt. Ansonsten bekommt man reichlich Geblödel auf unterstem Niveau, wobei einem höchstens Respekt abringt, wie sehr sich die Darsteller freiwillig der Lächerlichkeit preisgeben.

Immerhin sitzt aber ca. jeder zwanzigste Gag und anderes ist so unheimlich stumpf, dass es schon wieder unfreiwillig komisch wirkt. Höhepunkt des Films ist eigentlich eine Tanz- und Gesangsdarbietung Cassinis, die so gar nicht komödiantisch ist und es auch nicht sein soll.

Fazit: Nahezu unerträgliche Komödie mit ein paar Nackedei-Einlagen für ein Publikum, dem selbst Mario Barth zu anspruchsvoll ist.
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The Stendhal Syndrome
Die Polizistin Anna Manni (Asia Argento) fahndet nach einem Serienvergewaltiger und Killer (Thomas Kretschmann). Er macht einen Treffpunkt in den Uffizien in Florenz aus. Dort jedoch erleidet Anna einen Anfall des sogenannten Stendhal-Syndroms, eine Art bewußtseinsverwirrender Zustand, der manchmal unter dem Einfluß großer Kunst auftritt. Kurz darauf entführt und vergewaltigt der Killer sie, während sie ständig aufs neue von Anfällen überwältigt wird. Schließlich kann sie sich aufs Brutalste von ihm befreien, doch seine Leiche verschwindet in einem Fluß. Die Morde jedoch gehen weiter. Ist der Killer am Ende gar nicht tot?
Italo-Kult-Regisseur Dario Argentos („Opera“, „Profondo Rosso“, „Tenebrae“) 1996er Regiearbeit „The Stendhal Syndrome“ ist eine einerseits vom Regisseur gewohnte Psychothriller/Horror-Mixtur, die gleichzeitig ungewohnt, weil kaum den Giallo-Konventionen entsprechend, ausfiel. Die junge Polizistin Anna Manni (Asia Argento, „Dämonen“), die einem brutalen Serienvergewaltiger und -killer (Thomas Kretschmann, „Rohtenburg“) auf der Spur ist, wird selbst zu dessen Opfer, nachdem sie das sog. Stendhal-Syndrom, einen Erschöpfungszustand nach dem Sich-Verlieren in Kunstobjekten, erlitt. Nachdem sie ihn getötet hat, die Leiche aber nie gefunden wurde, wähnt sie sich weiterhin von ihm verfolgt.

War es in früheren Werken Argentos beispielsweise die Kunst der Architektur, die er in eindrucksvoll in Szene setzte und dadurch huldigte, ist diesmal die Malerei das Objekt seiner Fetischisierung – allerdings ohne sie gegenüber der Handlung dominant in den Vordergrund zu rücken. Anna wird von den Gemälden in den Florenzer Uffizien sogartig angezogen und in eine fremde Welt ver- und entführt, was mittels Tricktechnik dahingehend umgesetzt wurde, dass sie die Gemälde begeht und in sie im wahrsten Sinne des Wortes eintaucht. Davon überwältigt, fällt sie in Ohnmacht und muss fortan mit weiteren syndrombedingten Visionen leben.

Viel schlimmer jedoch wirken die Entführungen und Vergewaltigungen durch Alfredo, den wahnsinnigen Psychopathen. Diese Szenen hat Argento verhältnismäßig explizit, vor allem aber verstörend in Szene gesetzt, arbeitete hier wie auch in anderen Momenten aber zusätzlich mit Computeranimationen. Diese wirken wie eigenartige Fremdkörper und sind eigentlich überflüssig, wenn ich sie auch nicht unbedingt als störend empfand. Wenn Anna sich zur Wehr setzt und über Alfredo zu triumphieren scheint, begibt sich Argento mit „The Stendhal Syndrome“ in klassische „Rape & Revenge“-Gefilde; diese Szenen zählen meines Erachtens zu den Höhepunkten des Films.

Manch einer hätte jene Handlungselemente vermutlich am Ende des Films, als packend inszeniertes Finale, gewähnt, doch mitnichten: Fortan wird man Zeuge weiterer Morde und bekommt den Eindruck vermittelt, Alfredo wäre noch aktiv und außerdem hinter Anna her. Doch nur allzu schnell ahnt der Zuschauer – vollkommen konträr zu Argentos früheren Filmen – wo der Hase die Flinte im Korn versteckt hat. Eigentlich ist es so offensichtlich, dass ich es hier spoilern könnte. Tue ich aber nicht, sondern stelle fest, dass das Finale des Films eigentlich gar keines so recht ist, sondern alle Vorhersehungen schlicht und unspektakulär bestätigt. Oder anders: Nach den von mir als Höhepunkte des Films gelobten Szenen plätschert die Handlung eher vor sich hin, als wirklich zu fesseln. An den Bildschirm zu fesseln vermögen da eher die Ausleuchtung der Bilder, die Kameraführung, eben Argentos typische Stärken, die auch unspektakulärere Handlungselemente zu visuellen Genüssen machen. Zwar gibt es hier keine ausufernden Kamerafahrten oder anderes selbstzweckhaftes Spektakuläre, aber das Niveau ist durchgehend hoch. Auch Morricone verstand es, erneut für eine eingängige, stilvolle musikalische Untermalung Sorge zu tragen.

Was den Stil betrifft, kann „The Stendhal Syndrome“ also erwartungsgemäß punkten, ebenso mit seiner spannenden ca. ersten Stunde. Neben der dann durchhängenden Dramaturgie gibt es aber ein ganz großes Problem. Asia Argento spielt grundsätzlich nicht schlecht, muss vieles über sich ergehen lassen und wird dabei auch noch von ihrem eigenen Vater gefilmt. Jedoch: Ich nehme ihr die Polizistin nicht ab. Zu keinem Zeitpunkt. Niemals. Das dürre, blutjunge, unerfahren und naiv wirkende Mädchen ist einfach keine Bullette. Ich halte Asia Argento keinesfalls für eine schlechte Schauspielerin, es wurde schlicht diese Rolle mit ihr nicht optimal besetzt. Im Laufe des Films erfährt sie mehrere charakterliche Metamorphosen, die sich zunächst darin äußern, dass sie durch den Einfluss Alfredos auf ihre durch das Stendhal-Syndrom ohnehin schon derangierte Psyche vermeintlich „männlicher“ wird. Das soll dann dadurch dargestellt werden, dass sie ihre Haarpracht kürzt und ihre Aggressionen beim Boxen abzubauen versucht. Dass sie beides tut, ist in Ordnung, das aber als etwas „männliches“ darzustellen – hätten die zahlreichen Italo-Fettfrisuren im Film nicht darauf hingewiesen, wäre ich gar nicht darauf gekommen – offenbart peinliche, überholte Geschlechterklischees. Mit ihrer späteren blonden Langhaarperücke sieht sie zudem reichlich albern aus, wobei das aber vermutlich ein Hinweis auf ihren desolaten psychischen Zustand sein soll.

Genug der Kritik, denn bei allem sollte man nicht vergessen, dass die psychologischen Vorgänge, die der Film beschreibt, alles andere als uninteressant sind und in ähnlicher Form tatsächlich in der Realität vorkommen sollen. Inhaltlich ist „The Stendhal Syndrome“ also voll auf der Höhe, sieht toll aus, hat mit Kretschmann einen herrlich widerlichen Fiesling zu bieten, verfügt über einen Morricone-Score, verstört mit Brutalität und Wahnsinn und wird trotz irgendwann deutlich nachlassender Spannung nie wirklich langweilig. Das müssen viele andere Argento erst einmal nachmachen.
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