Was vom Tage übrigblieb ...

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

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Maulwurf
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Papaya – Die Liebesgöttin der Kannibalen (Joe D’Amato, 1978) 6/10

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PAPAYA beginnt damit, dass die Kamera eine wunderschöne junge Frau streichelt, die fast nackt am Strand liegt und verführerisch vor sich hinlächelt. Die Frau geht langsam über den Strand, dann liegt sie wieder eine Zeitlang, und irgendwann läuft sie zu einer einsamen Hütte in einem Wald, verfolgt von zwei dubiosen Finstermännern. In der Hütte liegt ein Mann, der sich über das Erscheinen der Frau freut. Man streichelt sich, man küsst sich, man vögelt, immer wieder spannungsfördernd unterbrochen von der Ansicht der beiden Männer, und irgendwann gleitet die Frau den Körper des Mannes hinunter, nimmt da was in den Mund – und beißt das Ding schnippschnapp ab!
Wenn PAPAYA so weitergehen würde, dann wäre dies ein ziemlich heftiger Erotik-Horror-Thriller vor dem Herrn. Sex und Gewalt vor tropischer Kulisse. Nackte Frauen, die nach dem vollzogenen Akt Männer blutigst kastrieren. Merkwürdige Gestalten, die hinter diesen Frauen herschleichen und eine zwielichtige Atmosphäre verbreiten. Hui, was für ein Heuler!
Allerdings geht PAPAYA anders weiter: Wir lernen Sara kennen, eine schöne und bevorzugt halbnackte Journalistin, die Vincent wiedertrifft, einen Freund aus früheren Tagen, und eigentlich möchte man erst mal eine Runde horizontal verbringen. Doch nach dem Einseifen und Duschen findet Sara im Hotelzimmer eine Leiche – Einen Kollegen von Vincent, der hier in seiner Eigenschaft als Ingenieur ein Atomkraftwerk bauen soll. Und zwar genau dort, wo die Insel am Schönsten ist. Zivilisation zu den Einwohnern bringen, so wird das genannt. Dass dies den Einwohnern nicht so recht schmeckt, dass sie in neue Häuser umgesiedelt werden, die ja viel schöner sind als die alten? Um die Zivilisation kümmern wir uns, um die Tradition können sie sich selber kümmern, so drückt Vincent das aus, und die eigentliche Meinung der Menschen ist ihm scheißegal. Sara sieht das etwas anders, und irgendwann wird dann auch klar, dass der Tote in Vincents Hotelzimmer nicht der erste tote Ingenieur ist. Und dass Papaya, die Schönheit vom Beginn des Films, Angestellte des Kraftwerkkonzerns gezielt durch den Einsatz von Sex tötet.

Wenn PAPAYA sich auf Sex, Mord und Totschlag konzentrieren würde, dann, ja dann wäre dies ein Film nach dem sich alle B-Film-Basterds die Finger lecken würden. Und nach der Papaya-Darstellerin Melissa Chimenti gleich mit. Aber leider ist PAPAYA vollgestopft mit Dialogen, mit Landschaftspanoramen, mit noch mehr Dialogen, und mit viel Autofahren und doofen Dialogen. Selten einmal kommt Stimmung auf, aber wenn, dann ist Party angesagt. Da ist diese Feier des Roten Steins, ein Eingeborenenritual, dass Vincent zum herablassend lächeln bringt, ist dies doch nur dummer Aberglaube von ein paar Wilden, und sonst nichts. Aber auf der Suche nach diesem Ritual laufen Vincent und Sara zuerst lange durch völlig leere und desolate Gassen eines verlassenen Dorfes, und die Gassen werden dabei immer klaustrophobischer und unheimlicher. Als sie dann auf der Feier sind, völlig beömmelt von den Tänzern und den aufgeschnittenen Schweinen, und den wie hypnotisierten Musikern zuschauen, da wird auch hier die Stimmung immer dichter und finsterer, ein Netz aus Angst und Terror zieht sich spürbar um die beiden Westler zusammen, und nur weil Joe D’Amato die Szene viel zu früh beendet, werden wir niemals Zeuge einer Gruppensexorgie inmitten zweier frisch geschlachteter und ausgebluteter Schweine …

Trotzdem, es sind immer wieder dichte Momente dabei, bei denen sich die Meisterschaft D’Amatos zeigt. Und es hat gleichzeitig auch immer wieder diese langen und langweiligen Dialoge, welche die Handlung kein Stückchen voranbringen, sich aber den Begriff Erklärbär recht eindeutig raushängen lassen. Die Bewohner des umgesiedelten Dorfes sehen aus und benehmen sich wie eine Bürgerrechtsbewegung bestehend aus Theologiestudenten, nicht wie Leute die Ingenieure ermorden, und genauso debattieren sie auch. Ein wenig mehr an Action hätte es da gerne sein dürfen. Sein sollen. Sein müssen …

Trotzdem, PAPAYA hat seine Momente. Momente mit Melissa Chimenti. Momente mit Sirpa Lane. Momente mit beiden zusammen. Und auch Momente voller Magie. Mit oder ohne den Damen. Es passiert halt einfach knapp 90 Minuten nichts, und trotzdem wird der Film nicht langweilig, und trotzdem bleibt der Zuschauer die ganze Zeit dabei, genauso wie der Regisseur. Der nämlich entspannt sich, freut sich, schweift mit den Gedanken sonstwohin, ist aber doch irgendwie immer beim Film. Und das konnte nur einer: Joe D’Amato, der Meister des konzentrierten cineastischen Nichts. Ein schöner Film. Trotzdem …
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Maulwurf
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Der Tiger hetzt die Meute (Joseph Sargent, 1973) 7/10

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Vor seiner Karriere als breit grinsender und schnurrbärtiger Playboy mit behaarter Brust, der mit einem sympathischen Lächeln schnelle Autos durch halb Amerika jagt, vor dieser Karriere hatte Burt Reynolds auch mal eine Zeit, wo er richtig gute Filme gemacht hat. Dunkle Filme voller Gewalt, psychisch oder physisch, und wo er zeigen konnte, dass er als Schauspieler nicht nur Lächeln und Schnäuzer drauf hatte, sondern auch seiner düsteren Seite Zucker geben konnte und wollte. Zu den bekanntesten gehören natürlich sein Italo-Western-Ausflug AN SEINEN STIEFELN KLEBTE BLUT und sein Durchbruch in BEIM STERBEN IST JEDER DER ERSTE, aber auch das Schmugglerdrama DER TIGER HETZT DIE MEUTE hat einen gewissen Bekanntheitsgrad.

Wobei sich bei diesem der Wandel in Richtung leichtfüßige Komödie bereits andeutet: Als der Schmuggler und, sind wir mal ehrlich, Taugenichts Gator McKlusky im Knast erfährt, dass der Sheriff von Bogan County, J.C. Connors, Gators kleinen Bruder ermordet hat, wechselt er die Seiten. Zukünftig wird Gator für die Steuerbehörde unterwegs sein, um Connors ans Messer zu liefern. Der ist nämlich ein unbeschränkter Herrscher in seinem Distrikt, und keiner kann ihm irgendwas. Connors bekommt Schmiergelder von den Whiskeyschmugglern, und außerdem gibt es eine ganze Reihe ungeklärter Mordfälle in Connors Umgebung, um die sich niemand jemals wirklich kümmert. Jetzt aber ist Gator da. Undercover verdingt er sich beim Schmuggler Roy Boone als Blocker – Das heißt sein Job ist es, Boone, der im vorausfahrenden Wagen den Whiskey transportiert, hintendran die Cops vom Hals zu halten und sich mit denen wilde Verfolgungsjagden zu leisten, die gefälligst immer zu seinen Gunsten auszugehen haben. Ein lockeres Leben mit einem, vom FBI getunten, 400-PS-Boliden, scharfen Weibern, und jeder Menge Schnaps. Aber halt auch mit dem Auftrag, einem zutiefst korrupten und gewaltbereiten Alleinherrscher dem Gesetz zu überstellen.

Und so besteht DER TIGER HETZT DIE MEUTE aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen, die ziemlich lässig miteinander kombiniert werden. Auf der einen Seite drischt Burt Reynolds seinen Ford Galaxie 500 mit dem 429 Cobra Jet Big Block V8 und Holley-Doppelvergaser wie ein Wilder über die kleinen Straßen, leistet sich erstklassige Sprünge über Kuppen und zeigt die Leistungsfähigkeit der Stuntmänner in allen erdenklichen Positionen. Hier kommt beim Actionfan ausgesprochen gute Laune auf, und die Tachonadel zeigt bereits ganz deutlich in die Richtung von späteren Filmen wie EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR. Das Team Burt Reynolds, Bo Hopkins und Hal Needham dürfte sich hier wohl kennen- und schätzengelernt haben – Ex-Stuntman Hal Needham war 2nd Unit Regisseur und dürfte mit ziemlicher Sicherheit die gelungenen Verfolgungsjagden auf dem Kerbholz haben, die definitiv ein Highlight des Films sind.

Aber da ist eben auch noch dieser andere Teil des Films. Der Teil, der von einem selbstherrlichen Gewaltherrscher handelt, gegen den sich niemand auflehnen kann und will. Der mit Menschen macht was ER will, dem nur sein eigenes Wohlergehen am Herzen liegt, und der keine Probleme damit hat zu töten, wenn es darum geht, seinen Distrikt von diesen verschissenen langhaarigen Hippies zu befreien, die gegen alles protestieren, Hasch rauchen, den Kriegsdienst verweigern und sowieso alle an die Wand gestellt gehören. Ein Gesetzeshüter, der mit Schmugglern gemeinsame Sache macht, und dessen Deputies kein Problem damit haben, eine verhaftete Schmugglerin zu vergewaltigen. Die Schlampe wird sowieso bald tot sein …

Dieser Teil des Films ist düster, hart und gewalttätig, und keiner wird unbeschädigt aus dieser Geschichte entkommen, auch der strahlende (?) Held Burt Reynolds nicht. Fast wie ein Film Noir kommt DER TIGER HETZT DIE MEUTE oft daher, mit dem Sträfling als Hauptfigur, dem der Tod seines Bruders so sehr an die Nieren geht, dass er sich, bislang undenkbar, an das Gesetz verkauft. Immer wieder wird dieses Thema aufgegriffen, von Mitstreitern und aber auch von Gegnern, so dass McKlusky immer weiß dass er ein Outlaw ist – Von der Polizei als Informant verheizt, von den Bürgern und selbst von seinem Vater als Spitzel geschmäht – Die Arschkarte hat er also in jedem Fall gezogen. Hier ist Reynolds nicht die strahlende Lichtgestalt der späteren Filme, und dieses Zwielicht tut ihm sehr gut. Besser als das äffchenartige Grinsen bei den Verfolgungsjagden auf jeden Fall. Spätestens wenn er in der Falle sitzend um sein Leben saufen muss, damit er noch den Hauch einer Chance hat nicht so zu enden wie sein Bruder, zeigt sich, dass Reynolds als Schauspieler vielleicht keine oscarreife Leuchte war, aber eine solide und bewegende Performance konnte er damals locker aus dem Handgelenk schütteln.

Diese Mischung aus den leichten und mitreißenden Actionszenen und dem düsteren Drama bekommt dem Film gut, wenngleich der Pessimist in mir den letzteren Teil naturgemäß gerne stärker gesehen hätte. Aber DER TIGER HETZT DIE MEUTE ist gut erzählt, flott geschnitten, hat jede Menge humoriger und auch knallharter Action, und verzichtet dabei völlig auf jedweden Klamauk. Ein Früh-70er-Actioner wie man ihn immer wieder gerne sehen kann.
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Maulwurf
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Kurz und schmerzlos (Fatih Akin, 1998) 6/10

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Drei Freunde. Also so richtig Freunde. So wie Familie, solche Freunde. Costa der Grieche. Ein liebenswerter Looser, dem Kiffen und Klauen als Lebensinhalt reichen. Dies und Ceyda, die Schwester von Gabriel dem Türken. Gabriel kommt gerade aus dem Knast und will jetzt sauber bleiben. Sein Traum ist ein Strandcafé in der Türkei. Der dritte im Bunde ist Bobby der Serbe, der gerade bei seinem Onkel rausgeflogen ist, weil er bei den Albanern einsteigen will. Bobby ist ehrgeizig, immer nur abhängen und kiffen und vögeln reicht ihm nicht. Bobby will mehr. Er dient sich bei dem Zuhälter Muhamer als rechte Hand an, obwohl ihn das die Beziehung zu Ceydas Freundin und Geschäftspartnerin Alice kostet. Aber das ist egal, denn Muhamer gibt Bobby eine Chance, auf die dieser immer gewartet hat: Er kann selbständig einen Deal durchziehen. Wenn Bobby den Deal verkackt ist er weg vom Fenster, verstanden? Verstanden. Costa fährt zu dem Deal. Und Gabriel, der das nicht will, landet als blutiges Wrack aus den Fäusten Muhamers Schlägertrupp direkt bei Alice …

Drei Freunde auf dem Kiez. So richtig Freunde. Nicht einfach nur zusammen abhängen und kiffen und saufen und vögeln. Nein, das ist mehr. Das ist für die anderen den Arsch hinhalten, weil die machen das genauso. Ein verschworenes Team, das irgendwann sogar zusammen in einem Bett schläft und aneinander kuschelt. Wie Freunde das eben so machen. Aber zwei Dinge stehen zwischen den Freunden. Die Frauen, oder vielmehr die Eifersucht, und das Geschäft. Gabriel will keine krummen Sachen mehr machen, was Bobby nicht versteht. Bobby will bei den Albanern einsteigen, was Gabriel nicht versteht. Und Costa steht zwischen den beiden, will Ceyda zurückhaben, und will eigentlich, dass wieder alles so ist wie früher.

Wird es aber nicht. Wegen der Frauen und wegen des Geschäfts. Doch zwischen der Eifersucht und den Deals, dazwischen gibt es viele schöne und stille Momente, denen Fatih Akin in seinem Langfilmerstling viel Zeit einräumt. Er erzählt uns hier kein brutales Kiezdrama im Stil von CHICO, an den ich aber trotzdem oft denken musste, und es ist auch keine knüppelharte Kleingangsterstory wie NUR GOTT KANN MICH RICHTEN. Fatih Akin zeigt uns einen Kiez, der zumindest teilweise noch mit Gefühl und einer speziellen Art von Romantik zu tun hat, und der fast ein wenig an die vergangenen Zeiten der 70er erinnert, bevor die Russen und die Serben kamen. Die Straßen von Altona und St. Pauli, die Sex-Clubs, die Nutten, aber vor allem immer die Solidarität zwischen den Freunden, die Liebe zwischen den Männern und Frauen der kleinen Gruppe, der Zusammenhalt. Dies und der Spaß bei der Runde auf dem Kiez, genauso wie die Erkenntnis, dass die Zeit sich weitergedreht hat: Gabriel will erwachsen werden. Ausgerechnet der nicht so helle Costa stellt das fest, für Bobby könnte diese Aussage auch auf marsianisch sein. Das ist etwas was er nie verstehen wird …

Auch wenn der der Verlauf der Geschichte schnell absehbar ist, und auch wenn die Charaktere noch nicht so ausgefeilt sind wie in späteren Filmen Akins, trotzdem sollte man KURZ UND SCHMERZLOS eine Chance geben. Drei Freunde und das Erwachsenwerden zwischen Prügeleien, Joints und Waffendeals. Eine melancholisch-romantische-Komödie die so gar nicht melancholisch romantisch oder gar lustig rüberkommt, sondern ein Flair hat wie der Tagesanbruch an den Landungsbrücken nach einer durchsoffenen und durchgebumsten Nacht.
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Mein Leben für die Rache (Tanio Boccia, 1968) 3/10

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Tanio Boccia ist nun nicht unbedingt für hochwertige Filme bekannt, sondern eher für solide Dutzendware im unteren Qualitätsbereich. Seine Peplums kenne ich alle nicht, aber seine Western habe ich nun mittlerweile komplett gesehen, und von denen ist MEIN LEBEN FÜR DIE RACHE leider nicht der Beste. Aber zumindest kann man diesem Film zugute halten, dass seine Handlung das Ausmaß eines Bierdeckels bei Weitem sprengen würde. Warum? Weil er keine Handlung hat … Was zu beweisen wäre (1):

Eingeleitet wird der Film mit einem Schmachtplagiat von Ennio Morricones Lonesome Billy aus DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO. Ist ja aber auch gar zu schön das Stück, da kann man sich auch ruhig mal dran vergehen … Als erstes sehen wir dann, wie mexikanische Banditen eine Bank ausräumen wollen, in der aber tatsächlich gar kein Geld drin ist. Es wird geschossen und die Stadt wieder verlassen. Aha, da muss ein Verräter sein, also muss der bestraft werden, und zu lustiger Musik (Eine Variante von La Cucaracha ertönt) wird zum Verräter geritten und dieser bestraft.
Auftritt Jeff und irgendein Kumpel: Die finden den Verräter in seinen letzten Zügen liegen, doch bevor sie das Geheimnis lösen können wird der Verräter erschossen. Und der Kumpel weitestgehend gleich mit. Jeff ist traurig und lädt den gerade noch lebenden Kumpel auf sein Pferd um ihn nach Hause zu bringen („Dort, hinter den Bergen, da musst Du mich hinbringen.“). Zu Hause ist der Kumpel dann endgültig hinüber und wird beerdigt. Jeff zeigt den Eltern des Kumpels das Medaillon mit den Bildern seiner eigenen Eltern und schwört blutige Rache. Für den Kumpel, nicht für die Eltern. Dann wird erstmal geritten.
Die Mexikaner unter ihrem Anführer Pedro kommen zu den Eltern und peitschen eine Frau aus, der vor lauter Schreck gleich mal das Oberteil herunterrutscht. Irgendwann sagt die Frau dann auch, wohin Jeff geritten ist, nämlich an das andere Ende der Kiesgrube. Die Mexikaner also voller Blutdurst und zu lustiger Musik (Eine Variante von La Cucaracha ertönt) hinterher, und dann wird Jeff aus dem Hinterhalt und in der Totalen angeschossen und für tot liegen gelassen. Abgang Mexikaner mit lustiger Musik (Eine Variante von La Cucaracha ertönt).

Jeff ist aber noch nicht ganz tot, sondern schleppt sich waidwund auf die Straße, wo Julie und ihr Faktotum Bronco ihn finden. Bronco zickt rum, aber Julie findet Jeff wohl ganz appetitlich und will ihn mitnehmen nach Hause, wo sie den fast gestorbenen Mann innert weniger Stunden wieder gesund pflegt. Bronco zickt immer mehr rum, und Julie findet Jeff immer appetitlicher. Sie knutschen. Bronco platzt fast vor Eifersucht und will Jeff erschießen. Es kommt zu einer wilden Prügelei, nach der Bronco blutige Rache für diese Schmach schwört und von dannen zieht. Jeff zeigt Julie dann auch irgendwann das Medaillon mit den Bildern seiner Eltern.

Auftritt Clayton. Zwei Ohrfeigengesichter lauern Clayton auf und wollen ihn aus dem Hinterhalt erschießen. Clayton aber schaut aus wie Gordon Mitchell, weswegen er den Braten natürlich riecht. Also trickst er die Ohrfeigengesichter aus, schleicht sich an sie ran, entwaffnet sie, unterhält sich mit ihnen, und tötet sie dann.

Jetzt sehen wir wieder Jeff, der mit Julie knutscht. Abschied von Julies Ranch und dann wird erstmal wieder geritten, nämlich nach Lake City. Dort checkt Jeff im Hotel ein und lernt Katie kennen, die rothaarige Hotel- und Saloonbesitzerin. Während Jeff auf sein Zimmer geht, trifft Katie auf Clayton, und muss sich eine Standpauke von diesem anhören. Es geht um den Oberbanditen Saguaro, den niemand kennt, und der in der Gegend die Befehle gibt. Als nächstes geht Clayton zu seiner Freundin aufs Zimmer, geknutscht wird aber nicht. Ein Gordon Mitchell knutscht nicht!

Wir wechseln in den Saloon. Clayton steigt bei einer Pokerrunde mit ein und hat unverschämtes Glück. Jeff steigt auch ein und überführt Clayton des Falschspiels. Man geht raus und duelliert sich. Clayton beißt in den Staub des Ortes, seine Freundin ist traurig, und Katy bewundert den coolen Macker Jeff. Claytons Freunde schlagen daraufhin Jeff zusammen, und der Doktor kittet ihn auf Katies Sofa wieder zusammen. Geknutscht wird noch nicht. Stattdessen sehen wir Tanzmäusen im Saloon zu, und dann dürfen Jeff und Katie endlich knutschen.

Als nächstes geht Jeff zum Sheriff und verlangt, Deputy zu werden. Der Sheriff ist entsetzt, tut aber wie man ihm befiehlt. Als erstes setzt Jeff ein Waffenverbot im Ort durch und verhaftet daraufhin zwei Mexikaner. Deren Kumpel droht daraufhin Jeff einen Überall auf den Ort an. Julie kommt auch, schlägt Jeff hinterrücks nieder, und die Mexen können ihre Leute ohne große Probleme aus dem Gefängnis holen (wobei der eine Bandit offensichtlich zu schwach ist eine Tür einzutreten, lag sicher am miesen Gefängnisfraß). Der Doktor und Katie machen sich Sorgen um Jeff, während der mit Julie knutscht.

Dann strippt die Ex-Freundin von Clayton. Ende dieses Handlungsstrangs …

Weil Jeff das Medaillon mit den Bildern seiner Eltern vergessen hat, kehrt er zurück zum Saloon und belauscht ein Gespräch zwischen Katie und dem Doktor. Er erfährt, dass der Doktor identisch ist mit dem geheimnisvollen Saguaro, den niemand kennt, und der in der Gegend die Befehle gibt. Saguaros Plan sieht vor, dass Pedro und seine Männer morgen die Bank von Kendall-City überfallen, und er selber und Katie sich dann mit viel Geld aus dem Staub machen können. Abgang Katie, Auftritt die Mexikaner, Abgang Mexikaner, Jeff kommt zu Katie und man busselt (knutschen kann man das nicht nennen).

Jetzt reitet man endlich mal wieder. Jeff reitet zu Julie und knutscht. Dann reitet er mit zwei Pferden nach Kendall-City, zieht sich einen Clint Eastwood-Gedächtnis-Poncho über, und vereitelt den Überfall. Im Laufe dieser Aktion prügeln sich Jeff und Pedro (wäre knutschen hier vielleicht eine Alternative gewesen?), aber Jeff gewinnt dieses Mal ausnahmsweise. Jeff haut mit der Beute ab, die Mexikaner reiten hinterher. Jeff reitet. Die Mexikaner reiten. Jeff reitet schneller, die Mexikaner reiten langsamer, und Pedro steht mit leeren Händen da. Saguaro findet das doof und erschießt Pedro.

Derweil kommt Jeff an eine Postkutschstation. Ein vorsichtiger Blick auf das Laufwerk des Videorecorders sagt uns, dass der Film noch 10 Minuten dauert, der Höhepunkt des Films sich also mit unerbittlicher Spannung nähert. Aber jetzt bestellt Jeff erstmal was zu Essen und zu Trinken, dann kommt eine Postkutsche, und wir schauen den Passagieren zu, wie sie Essen und Trinken bestellen. Jeff isst und unterhält sich dann mit den Kutschern. Er schmuggelt sich unter Benutzung einer erfundenen Geschichte und echten Geldes an Bord der Kutsche. Man fährt los, und kurz danach kommt Saguaro zu der Station. Ein paar scharfe Worte, und die Passagiere erzählen bereitwillig, wohin Jeff verschwunden ist. Die Mexikaner also hinter der Kutsche her. Man reitet. Und reitet. Und reitet. Und reitet. Und weil die Kiesgrube so schön ist, wird dann noch ein wenig weiter geritten. An einer Kurve kann Jeff von der Kutsche abspringen und hinter einer Düne in Deckung gehen. Dort steht dann praktischerweise auch gleich sein Zweitpferd (Wechselkennzeichen!), mit dem er dann zu dem Treffpunkt von Katie und Saguaro reitet. Katie staunt ihn zu sehen, und schon kommt auch der böse Saguaro ums Eck. Es wird geschossen (nicht geritten, und auch nicht geknutscht), und am Ende, Achtung Spoiler, reitet Jeff mit dem Geld in den Sonnenuntergang.

Ende der Inhaltsangabe.

Und wer da jetzt eine stringente Handlung findet, dem gebührt meine absolute Hochachtung. Das Ganze ist in einer Kiesgrube gedreht worden (erwähnte ich das bereits?), und Hauptdarsteller Kirk Morris hat auch ungefähr die Ausstrahlung einer Kiesgrube. Wahrscheinlich ist dies auch der Grund, warum er kaum eine Großaufnahme bekommt, im Gegensatz zu Katie, Julie und Claytons Freundin, die allesamt sehr attraktiv sind und gerne und ausgiebig gezeigt werden. Kim Arden allerdings, die rothaarige Katie, steht in Punkto Können Kirk Morris nicht nach, da haben sich also zwei wenn auch nicht gesucht, so doch zumindest gefunden.

Aber gut, sind wir mal nicht so gemein, sondern schauen uns die Highlights von MEIN LEBEN FÜR DIE RACHE an (Ein vorsichtiger Blick auf die Länge dieses Textes sagt, dass man noch ungefähr eine Minute liest, der Höhepunkt der Besprechung sich also mit unerbittlicher Spannung nähert). Die hübsch bekieste Kiesgrube, das herabgekommene Westernstädtchen, die nichtssagenden Nebendarsteller. Gordon Mitchell als Clayton, der ungefähr 5 Minuten zu sehen ist, und dessen Rolle nicht den geringsten Nährwert hat. Kirk Morris, der so viel knutscht, dass sein Rollenname eigentlich Knut hätte lauten müssen. Und der, wenn man gut aufpasst, in einer Szene genau so aus dem Bild läuft, wie er das als Kind immer im Kino gesehen hat: Leicht vornübergebeugt, breitbeinig, kernig-männlich. Wie Tom Mix – Wahrscheinlich wollte er schon immer mal so auftreten. Der knutschende Tom Mix – Nun ja, jeder hat so seine Träume. Mein Traum war es schon immer, Mexikaner zu sehen, die dramatisch zum Töten ausreiten und dabei eine Variante von La Cucaracha hören. Und natürlich Ana Castor, die sehr schön ist und sich tatsächlich auszieht. Man sieht nichts, aber die Szene macht Spaß, wenngleich sie überhaupt keinen Sinn ergibt. Genauso wenig wie Bronco, der den Film durch die Hintertür verlässt.

Die deutsche VHS, und anders ist der Film hierzulande bisher nicht erscheinen, bietet ein sehr buntes und farbiges Bild sowie eine Synchro um Abgewöhnen. Was, wenn man mal ehrlich ist, zum Film passt. Irgendwie komme ich also als Fazit nicht umhin festzustellen, dass ich MEIN LEBEN FÜR DIE RACHE in meinem Leben kein zweites Mal sehen werde. Ganz sicher nicht. So, und jetzt reite ich zu meiner Freundin. Knutschen …


(1) Diese Inhaltsangabe wird Spoiler enthalten! Wer sich also überraschen lassen möchte und nicht wissen möchte, dass der Held am Ende gen Sonnenuntergang reitet, sollte zumindest diesen Teil des Textes überspringen.
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Beitrag von Maulwurf »

Gott schützt die Liebenden (Alfred Vohrer, 1973) 7/10

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Der Alptraum eines jeden liebenden Mannes: Beim Nachhausekommen von der Geschäftsreise ist die Lebensgefährtin nicht mehr da. Und bleibt verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Die Polizei ist desinteressiert, verlassene Ehemänner gibt es schließlich wie Sand am Meer, und bei der Rückkehr vom schmierigen Polizisten steht da plötzlich ein Killer und sucht die Frau …
Paul passiert dies, und nur der Zuschauer weiß, dass seine geliebte Sybille von einem Mann verfolgt wurde, von ihr aber ziemlich professionell abgehängt wurde. Paul kann ermitteln, dass Sybille offensichtlich nach Wien geflogen ist, und er hat dort sogar eine Adresse, an der die Suche beginnen kann. An dieser Adresse angekommen hört er Schüsse, findet er einen toten Mann - und Sybille, die wie eine Verrückte versucht zu flüchten. Auch vor ihm, Paul, flüchtet. Kommissar Putulski von der Wiener Polizei kennt Sybille, und er erzählt Paul die Geschichte von der Polizistin Victoria, die undercover bei internationalen Rauschgiftschmugglern ermitteln sollte, und sich dann irgendwann, nach dem Scheitern dieser Ermittlungen – Sybille nannte. Und untertauchte. Ein neues Leben begann. Das heute endete …?

An meine persönlichen Simmel-Favoriten UND JIMMY GING ZUM REGENBOGEN und ALLE MENSCHEN WERDEN BRÜDER kommt GOTT SCHÜTZT DIE LIEBENDEN zwar nicht ran, aber er macht schon vieles verdammt richtig. Eine mysteriöse Geschichte, die nach allerlei Action in einer langen und ausführlichen Rückblende erzählt wird, dann aber natürlich noch lange nicht zu Ende ist. Die Startpunkte und vielen losen Fäden der Geschichte müssen schließlich noch miteinander verwebt werden. Da hat es auf der einen Seite Menschen, die nicht das sind was sie vorgeben zu sein. Die als ganz normale Bürger durch das Leben gehen, um sich dann urplötzlich als Kriminelle oder als Polizisten zu entpuppen. Auf der anderen Seite dann die Polizei, die ein undurchsichtiges Spiel spielt, und möglicherweise ihre schmutzigen Finger tief in etwas hat, was sie nicht mehr kontrollieren kann. Oder will. Und immer wieder die Liebe, die die Menschen zusammenbringt und auch wieder trennt. Morde, Entführungen, Geheimnisse, hingebungsvolle Liebe, und das alles in den Kulissen der schönsten europäischen Städte. Hier sind es vor allem Wien und Barcelona, die als farbenprächtige Kulissen dienen und einem pulpigen, und dabei doch dramatischen und ergreifenden Plot, den Hintergrund bieten.

GOTT SCHÜTZT DIE LIEBENDEN macht als Thriller der Mitt-70er vieles richtig, und selbst die zuerst völlig überflüssig wirkenden Szenen mit dem Schweizer Starkomiker Ruedi Walter haben ihre Berechtigung, sorgen sie doch dafür, die Protagonisten der verschiedenen Seiten auf narrativ ordentliche Art und Weise zusammen zu bringen. Für solche Sorgfalt in manchen Szenen muss man dann woanders aber leider auch mal auf Logik verzichten. Warum der Mord in der Wiener Villa geschieht erschließt sich mir auf gar keine Weise, und leider ist genau dieser Mord der Aufhänger für den größeren Teil der Story. Genauso wenig wie die letzte Liebesgeschichte inhaltlich sinnvoll klingt, aber hier sorgt die Konstellation der Liebenden immerhin für einen Schluss der sich gewaschen hat, und der den Zuschauer sehr nachdenklich zurücklässt.

Viel Licht und ein wenig Schatten, und dass das jetzt alles etwas humorlos klingt dürfte daran liegen, dass der Film halt nun mal humorlos ist. Ein Wechselbad aus schnarchigem Krimi und dröger Liebesgeschichte, so könnte man denken. Aber die guten Schauspieler und das meist recht ordentliche Erzähltempo, die schönen Kulissen und die interessant erzählte Geschichte sorgen für Abwechslung und Spaß. Nicht unbedingt mit vielen Überraschungen gesegnet, aber gut erzählt und spannend. Bei den Simmel-Verfilmungen ist GOTT SCHÜTZT DIE LIEBENDEN auf jeden Fall im oberen Drittel dabei!
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The red kimona (Dorothy Davenport, 1925) 6/10

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Prinzipiell sollte man hier keine Wunder erwarten, THE RED KIMONA ist ein Drama wie es viele gab im Laufe der Hollywood Geschichte: Gefallenes junges Mädchen, erhobener Zeigefinger, immer größere Not, und das ganze verbrämt mit einem christlichen Erziehungsrahmen, der heute eher lächerlich wirkt als etwas anders.

Gabrielle Darley lebt auf dem Land und wird von ihrer widerlichen Familie geschasst wo es nur geht. Als sie die Möglichkeit hat in die Stadt zu gehen, geht sie. Zusammen mit diesem gutaussehenden Fremden, in den sie sich unsterblich verliebt hat. Doch dieser Fremde entpuppt sich als Zuhälter, der Gabrielle in New Orleans in die Prostitution zwingt. Was ihrer Liebe keinen Abbruch tut, nur ihrer Verzweiflung … Als sie ihn dabei erwischt, wie er Hochzeitsringe für eine andere kauft, erschießt sie ihren Zuhälter. Diese Geschichte wird als Rückblende während Gabrielles Gerichtsverhandlung erzählt, doch anschließend geht der Film erst richtig los. Denn den Makel Gefängnis bekommt sie nie wieder los, und Ende der 10er-Jahre, der Film spielt 1917, sind die Zeiten nicht rosig für schüchterne Mädchen die nichts gelernt haben und direkt aus dem Knast kommen …

Gabrielle trifft Mrs. Beverly Fontaine, eine reiche Lady, die gestrauchelte junge Mädchen in ihr Heim aufnimmt. Allerdings nur, damit sie sich damit brüsten kann wie wohltätig sie doch ist, und um damit in der Gesellschaft gut dazustehen. Als das Interesse der Haute Volée an Gabrielle erlischt, ist auch dieses Zuhause von heute auf morgen fort. Bleibt nur noch der Gang zurück in die Elendsviertel von New Orleans. Doch Freddie, der Chauffeur von Mrs. Fontaine, hat sich ganz ernsthaft verliebt. Wird Gabrielle sich dieser Liebe denn noch hingeben können? Hingeben dürfen?

Wie gesagt, ein Drama wie es viele gab. Allerdings mit dem ein oder andere Schmankerl, was dann den kleinen und einfachen Film schnell interessanter macht. Da sind zum einen die erstklassigen Schauspieler, denen man ihre Gefühle abnimmt, und die ausgesprochen natürlich und ernsthaft spielen. Im Jahr 1925 nicht selbstverständlich, war doch der Hang zur Theatralik damals weit verbreitet. Aber außer vielleicht dem Zuhälter Mr. Mack kann man hier ein sehr seriös wirkendes Zeitbild erkennen. Was vielleicht auch daran liegen mag, dass die Geschichte hinter dem Film wahr ist, und die Regisseurin(!) Dorothy Davenport mit den wirklichen Namen gearbeitet hat. Ein Umstand, der dazu führte, dass die echte Gabrielle gegen Mrs. Davenport geklagt und Recht bekommen hat – Das Gericht urteilte im Jahr 1931: „Jeder Mensch, der ein rechtschaffenes Leben führt, hat das Recht auf Glück, das die Freiheit von unnötigen Angriffen auf seinen Charakter, seine gesellschaftliche Stellung oder seinen Ruf einschließt.“ Ein damals wegweisendes Urteil.

Dann ist da die teilweise recht bewegliche Kamera. Montiert auf einem Achterbahnwaggon rasen wir über einen Rollercoaster – Mittendrin statt nur dabei! Auch die wahnwitzige Autofahrt Freddys durch Los Angeles, um seine Gabrielle noch rechtzeitig von der Rückfahrt nach New Orleans abzuhalten, ist sehr dynamisch gehalten – Die Kamera dürfte mutmaßlich auf dem Kühler des Automobils montiert worden sein, und dann ging es ohne jede Rücksicht auf Verluste mit Vollgas durch den Stadtverkehr …

Und zu guter Letzt ist die Farbgebung bemerkenswert. Der namensgebende rote Kimono als Symbol der Schande ist zweimal zu sehen, beide Male von Hand direkt auf dem Filmstreifen rot eingefärbt, was die Schande sehr auffällig macht. Genauso wie die rote Laterne, die das Bordell kennzeichnet in dem Gabrielle ihr Leben fristen muss, ein handgemalter roter Klecks in einer grau-umnachteten und heruntergekommenen Umgebung ist. Der Kontrast zu der roten Lampe ist umso greller und auch hier leuchtet das Zeichen der Sünde deutlich durch die Nacht. Arme Gabrielle …

THE RED KIMONA mag kein herausragender Film sein (ist er doch, denn er ist 1925 inmitten einer fast komplett männlichen Industrie von einer Frau produziert und gedreht worden), aber er berührt auch heute noch und hat so ein paar filmische Besonderheiten, die ihn auch heute noch durchaus sehenswert machen.
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Jack Grimaldi
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Born for Love (Sascha Alexander, 1987) 5/10

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Silvie möchte Schauspielerin werden, und sie wäre auch durchaus bereit sich dafür auszuziehen. Aber weil Silvie mit dem aufregenden Körper von Sibylle Rauch gesegnet ist, interessiert sich vor allem das Porno-Business in Form des Produzenten Schmierlapp für sie. Der drängt sie zusammen mit dem schleimigen Regisseur Jasper zu einem Vertrag („Weißt Du was Hardcore ist?“), tut so als ob er ihre Karriere ankurbeln möchte, denkt aber, halt ganz der typische Porno-Produzent aus dem Klischeekasten, nur an seine Knete. Derweil fliegen hinter den Kulissen die Fetzen: Die ältere Schauspielerin Yvonne ist auf dem absteigenden Ast, was ihre Aggressivität nur noch steigert, Norbert säuft zu viel und will Silvie mit Fotos deren kleiner Schwester Jenny erpressen, wohinter aber eigentlich die Managerin Esther steckt, und die Fotografin Sharon sorgt entsprechend für die richtigen Fotos. Aber am Ende heißt es dann doch „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, Pack vögelt sich“.

Die Porno-Branche, so wie sie sich der kleine Fritz eben so vorstellt: Alles böse und verkommene Menschen, die andere nur in den Schmutz ziehen wollen (und im Fall von Norbert dafür erheblich zu dumm sind), und wenn eine Party im Studio steigt mündet das unweigerlich in einer riesigen Orgie, bei der sogar die brave Silvie ihre Unschuld verliert. Die Frauen, immerhin mit Karin Schubert, Sharon Kane und Jamie Summers gut und prominent besetzt, sind äußerst attraktiv, der Sex ist haarig, und zwischen den Episödchen hüpft Elle Rio völlig sinnfrei auf irgendwelchen Männern rum und verbreitet gute Laune. Für Sibylle Rauch müsste dies der erste HC gewesen sein (behauptet zumindest die OFDB), was auch daran zu merken ist, dass sie nur zwei HC-Szenen hat, und diese sehr vorsichtig und langsam stattfinden, fast mit einer gewissen Zärtlichkeit. Aber der Rest des Filmes ist das übliche Gerammel, nicht unerotisch in Szene gesetzt, mit tollen Frauen und potenten Hengsten, aber halt auch nichts Innovatives. Hübsch aussehende Dutzendware …
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Jack Grimaldi
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Maulwurf
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Beitrag von Maulwurf »

80 Minutes (Thomas Jahn, 2008) 2/10

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Ein Film über Vertrauen. Über Freundschaft. Und über die Zeit. Vor allem über die Zeit. Über kostbare Lebenszeit. Darüber, wie die Zeit verrinnt, wenn man in einer Notlage ist. Und wie sie verrinnt, wenn man sich so einen Stuss anschaut.

Alex schuldet Walter 15000. Und weil er mit der Rückzahlung seit 6 Monaten im Rückstand ist, bekommt er von Walter ein tödliches Gift injiziert, das nach genau 80 Minuten zum Herzstillstand führen wird. Das Gegengift hat Walter ebenfalls, aber das kostet die Kleinigkeit von 15000. Alex rast durch die Stadt und hat 80 Minuten Zeit, das Geld aufzutreiben. 80 Minuten sind verdammt wenig Zeit, und der Hindernisse sind es viele: Mordgierige Rocker, eine eifersüchtige Freundin, vollgedröhnte Freunde, rachsüchtige Jaguar-Fahrer, Polizisten. 79 Minuten …

Wenn der Film auf 80 Minuten zusammengestaucht worden wäre, oder wenn er in Echtzeit gedreht worden wäre, dann vielleicht. Aber diese mühsam zusammengestückelte Dauerwackelkamera, untermalt mit permanent dramatischer Musik und Dialogen die so richtig aus dem Leben von Dopeheads entliehen wurden, dieses Konglomerat aus nervigem Dauertempo einerseits und völlig unzusammenhängenden Ereignissen andererseits, das wirkt wie eine Übung eines Filmstudenten im Fach Quentin Tarantino und wie man ihn richtig schlecht nachahmt. Die Figuren nerven zum Teil ganz erheblich (so sehr es eine Freude ist Natalia Avelon zu sehen, so unsympathisch und entsprechend nervenaufreibend ist ihre Figur hier), und was mich persönlich in ausgesprochen hohem Maße stört ist, dass alles zwanghaft auf U S A getrimmt wird. Alle Namen sind amerikanische Namen, bis auf Alex‘ Auto sind alles Ami-Schlitten, die Fantasieuniformen der Polizisten sind US-Cops nachempfunden … Hey, warum kann man das nicht mit dem Background einer Stadt wie Berlin drehen? Das dabei entstandene Flair hätte sich einiges gerettet. Oder war das Schielen auf den internationalen Markt gar zu groß? Kann ich mir nicht vorstellen, die Ausstrahlung einer Großstadt wie Berlin hätte die seelenlose und uninspirierte Daueraction sicher um einiges aufgewertet.

Nein, 80 MINUTES ist definitiv nicht meines gewesen. Fast permanentes Aufs-Gas-treten ist sicher ganz in Ordnung, aber wenn damit fehlender Inhalt und vor allem mangelnde Inspiration übertüncht werden sollen, komme ich auch mal ins Grübeln. Und beim Schluss des Films bin ich mir nicht sicher, ob das nun genial oder peinlich ist. Aber ganz ehrlich, ich tendiere zu letzterem.
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Maulwurf
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Beitrag von Maulwurf »

Die Buntkarierten (Kurt Maetzig, 1949) 9/10

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Die Familie Schmiedecke. Genauer gesagt Auguste Schmiedecke. Geboren im Berlin des Jahres 1884 als Tochter einer Dienstbotin, die Mutter bei der Geburt verstorben und Klein-Guste kommt zur Großmutter. Der Lebenslauf scheint vorgegeben: Die Oma sitzt Tag und Nacht an der Nähmaschine, der Opa säuft (und kommt nur von der Matratze, wenn der Tagesschläfer sein Recht auf das Bett verlangt), die Geschwister wollen ebenfalls essen. Doch Guste ist nicht dumm, und sie will später nicht in der Fabrik stehen und sie will auch kein Dienstmädchen werden. Wird sie aber doch, ein Dienstmädchen. Die Herrin ist eine arrogante Schnepfe die ihre frivole Jugend hinter sich lassen will, und der Herr ist aufdringlich und will einen Kuss. Da ist der freche Maler Paul ganz anders. Der erzählt ihr beim Schwof in Schönesee erstmal, warum er in der Gewerkschaft ist. Und als ihr Paul, zu dieser Zeit bereits trauter Ehemann, dann 1914 in den Krieg muss, und Guste lernt, dass die Granaten, die sie in der Fabrik herstellt, dazu dienen, den Krieg zu verlängern und den Gewinn von Krupp zu vergrößern, da bildet sich zunehmend ein politisches Bewusstsein heran. Was ihr beim Schlangestehen für Brot für die Kinder im Moment noch nicht hilft, aber spätestens, wenn Paul wieder da ist und die Weimarer Republik die Wurzel des Bösen bereits in sich trägt, spätestens dann zeigt sich, dass Guste überhaupt kein Dummer August ist und ihren ganz eigenen Kopf hat. Sie kann die Kinder groß ziehen und durch das Elend der späten Republik bis in das Dritte Reich bringen. Doch dann wird alles anders. Alles? Elend, Armut und Krieg hat sie auch früher schon erlebt …

Es gibt nicht viele Filme, bei denen mir die Tränen gekommen sind. DIE BUNTKARIERTEN ist so einer, und da kann sich Regisseur Kurz Maetzig verdammt was drauf einbilden! Die Geschichte Deutschlands in den Jahren 1884 bis 1949 am Beispiel einer ganz normalen Arbeiterfamilie und in 96 Minuten, das ist ein Vorhaben das leicht in den Sand hätte gesetzt werden. Kaiserreich, Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Drittes Reich, Zweiter Weltkrieg … Ereignisse hatte es viele, die Zeiten war bitter und dramatisch, und heutzutage würde das wahrscheinlich in einem Fernseh-Mehrteiler stattfinden mit einer schier unüberschaubaren Anzahl an Rollen und völlig ohne Dramatik.

Kurt Maetzig schafft das Kunststück, die Geschichte zwar mit großen Zeitsprüngen zu erzählen, dabei aber den roten Faden nie aus den Augen zu verlieren. Guste ist und bleibt die zentrale Figur, die historischen Ereignisse sind immer nur das Hintergrundgeräusch, und erst zum Schluss, wenn sie von der Gestapo verhaftet wird, stellt sich die ernsthafte Frage was mit ihr passieren wird. Aber bis dahin sind Guste und ihr Paul ein Bollwerk narrativer Größe, werden die Lebensläufe der Geschwister, Kinder und Enkel immer wieder beleuchtet, ohne aber den Fokus auf den beiden Hauptfiguren aus den Augen zu verlieren. Und auch wenn Guste mit ihrer wachen Intelligenz vielleicht ein wenig zu sehr wie eine Kunstfigur wirken könnte, so wird so ein möglicher Eindruck durch das geerdete Spiel der umwerfenden Camilla Spira geradezu hinweggefegt. Erschreckend ist in dem Augenblick eigentlich nur, dass der todkrank geschminkte Werner Hinz in einem Film aus dem Jahr 1949 tatsächlich genauso aussieht, wie ich ihn aus einer Fernsehserie der 70er-Jahre in Erinnerung habe …

Zugegeben könnte man sich an den eingestreuten politischen Botschaften stören, die öfters mal einen breiten Raum einnehmen. Gerade Paul als überzeugter Gewerkschafter darf seine Weltsicht immer wieder mal präsentieren, und Guste zeigt sich schon als junges Dienstmädchen überraschend sozialistisch orientiert – Ein Umstand, der in einem Herrenhaus des Jahres 1912 natürlich gar nicht gerne gesehen wird. Auch später haben es sozial(istisch)e Lebenseinstellungen nicht immer leicht, und tatsächlich wirken diese Momente oft etwas merkwürdig. Aus heutiger Sicht wohlgemerkt, wo doch jedes Kind mittlerweile weiß, dass der Sozialismus böse böse böse war. War er das? Die einfach gehaltenen Botschaften mögen simpel klingen, aber der wahre Kern kann dabei nicht verleugnet werden, und die Gegensätzlichkeit der Weltanschauungen Sozialismus versus Kapitalismus erfährt bei einem Gespräch eines desillusionierten Soldaten und der wachen Guste eine klare Richtung, der man auch und gerade heute schwerlich etwas entgegensetzen kann.

Nicht immer ist das Timing perfekt, und nicht immer sind die zeitlichen Bezüge vollkommen klar. Der Film richtet sich natürlich an ein Publikum aus dem Jahr 1949, welches die vorhergehenden 20 bis 40 Jahre selber miterlebt hat, und das nun, nach Kaiserreich, Republik und Diktatur, zu einer sozialistischen Überzeugung erzogen werden soll. Aber solche Nebensächlichkeiten schaden dem Film kaum, der Kern ist die Geschichte der Familie Schmiedecke, und dieser Kern fesselt und rührt an. Ganz ganz großes Geschichtskino mit Botschaft und einem Volltreffer fürs Herz. Schwerste Empfehlung!!
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Jack Grimaldi
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