Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz (2000)

Moderator: jogiwan

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horror1966
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Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz (2000)

Beitrag von horror1966 »

Die purpurnen Flüsse

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(Les Rivières pourpres)
mit Jean Reno, Vincent Cassel, Nadia Farès, Dominique Sanda, Karim Belkhadra, Jean-Pierre Cassel, Didier Flamand, François Levantal, Francine Bergé, Philippe Nahon, Laurent Lafitte, Robert Gendreu
Regie: Mathieu Kassovitz
Drehbuch: Jean-Christophe Grange
Kamera: Thierry Arbogast
Musik: Bruno Coulais
FSK 16
Frankreich / 2000

Inspektor Pierre Niemans und Kommissar Max Kerkerian untersuchen an zwei verschiedenen Orten unterschiedliche Verbrechen, die auf geheimnsivolle Weise miteinander verknüpft sind. Während Kerkerian eine Grabschändung mit scheinbar neonazistischem Hintergrund in Sarzac untersucht, wird Niemans aus Paris in die abgelegene Universitädtsstadt Guernon in den Alpen gerufen. Dort ereignete sich ein bizarrer Mord, bei dem das Opfer grausam gefoltert und verstümmelt wurde. Es bleibt nicht bei einer einzigen Leiche, und alle Opfer sind Mitarbeiter des Lehrinstituts in Guernon. Schon bald kreuzen sich die Fäden der Ermittlungen, und der erfahrene Niemans macht sich gemeinsam mit dem hitzköpfigen Kerkerian auf die Suche nach dem eiskalten Mörder. Bei den Nachforschungen an der Eliteuniversität stösst das gegensätzliche Duo auf mysteriöse genetische Experimente. Mit ihrem Wissen bringen sich die beiden Polizisten schließlich selbst in Lebensgefahr. Bei einem Kampf auf Leben und Tod enthüllen sie im ewigen Eis der Gletscher das Geheimnis der purpurnen Flüsse...


Mathieu Kassovitz hat hier einen der besten europäischen Thriller geschaffen, in dem 2 der allerbesten französischen Schauspieler eine mehr als mysteriöse Mordserie aufklären müssen. Allein der Aspekt, das hier mit Jean Reno und Vincent Cassel erstklassige Darsteller die Hauptrollen besetzen ist schon eine Sichtung wert, doch noch lohnenswerter erscheint die ineinander verschachtelte Geschichte, die den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute absolut fesselt und für sich einnimmt. Dabei handelt es sich nicht um einen ansonsten üblichen Kriminalfall, denn ziemlich schnell wird erkenntlich, das hier 2 scheinbar vollkommen unterschiedliche Fälle miteinander verbunden sind. Im Laufe der Geschichte wird dabei immer klarer, das hier ein äußerst mysteriöses Rätsel zu lösen ist, dessen Lösung eine Tragweite-und schreckliche Wahrheit an den Tag legt, die man zu Beginn keinesfalls für möglich gehalten hätte. Kassovitz ist es dabei absolut perfekt gelungen, den Story-Plot zunächst in zwei eigens erzählte Erzählstränge zu teilen, die sich erst mit zunehmender Laufzeit zu einem einzigen zusammenfügen. So kann man dann auch nicht sofort die Zusammenhänge erkennen, die ein schreckliches Geheimnis offenbaren, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Mit Reno und Cassel hat man genau die richtige Besetzung für die Hauptfiguren gefunden, allein schon die vollkommen unterschiedlichen Charaktere der beiden Ermittler sorgen für einen extremen Unterhaltungswert und lassen sogar zeitweise ein wenig Erheiterung in die ansonsten eher sehr düsteren Ereignisse Einzug halten. Streckenweise witzige Wortwechsel der ungleichen Männer lenken den Zuschauer so ein wenig von den brutalen-und scheinbar nicht zu erklärenden Morden ab, die sich wie ein roter Faden durch die gesamte Laufzeit ziehen. Dennoch ist jederzeit eine immense Spannung zu verspüren, die sich mit zunehmender Laufzeit immer mehr anstaut, wobei weit und breit kein Ventil vorhanden scheint, das sie sich entladen könnte. Das sorgt schon zwangsweise dafür, das man selbst den ganzen Film über wie unter Strom steht und die Aufklärung des Geschehens richtiggehend herbeisehnt.

Kassovitz hat es jedoch nahezu brillant geschafft, das die aufgebaute Spannung wirklich bis zum finalen Showdown aufrecht erhalten kann, denn erst in den allerletzten Minuten des Szenarios erfahren die Geschehnisse eine lückenlose Aufklärung die einen selbst sogar etwas fassungslos zurücklässt, da man sich eigentlich nicht vorstellen möchte das die Beweggründe des Mörders einer nicht für möglich gehaltenen Geschichte begründet liegen, deren Wurzeln in der Vergangenheit verborgen liegen. Nachdem man die ganze Wahrheit erfahren hat, kann man vom menschlichen Standpunkt her sogar absolutes Verständnis für den Mörder aufbringen und empfindet sogar so etwas wie Mitleid. Die Opfer hingegen sieht man am Ende des Filmes aus einem ganz anderen Blickwinkel und kann seine persönliche Abscheu nur mühsam unterdrücken. Die ganzen Morde werden damit sicherlich nicht entschuldigt, doch die Gesamtzusammenhänge des Ganzen lassen sie doch in einem vollkommen anderen Licht erscheinen, als wie es zu Beginn noch der Fall war.

"Die purpurnen Flüsse" ist nicht nur ein absolut herausragender Thriller der eine äußerst gute-und interessante Geschichte erzählt, es ist letztendlich auch ein Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele. Die brillante Mischung der unterschiedlichen Elemente und die streckenweise sehr tief gehende Story ergeben dabei ein Gesamtkonstrukt, das man nur als hervorragend bezeichnen kann. Darin unterscheidet sich das Werk ganz erheblich von unzähligen 08/15 Thrillern, deren Inhalt nur als bessere Fassade anzusehen ist. In vorliegendem Fall geht es auch um fehlende Menschlichkeit und persönliche Tragödien, die ein ganzes Leben nachhaltig sehr negativ beeinflusst haben und so unausweichlich auf ein wahres Horror-Szenario zugesteuert sind, das etliche Opfer gefordert hat. Und das alles ist nur aufgrund dessen geschehen, das es immer wieder Personen gibt die sich über alle Rechte und Gesetze hinwegsetzen, um sich selbst in eine Art Gott-Status zu erheben, wobei ihnen die Schicksale anderer Mitmenschen völlig unwichtig erscheinen.

Letztendlich hat man es hier mit einem wirklich außergewöhnlich gutem Vertreter seiner Art zu tun, in dem alle vorhandenen Komponenten perfekt miteinander harmonieren. Zwei herausragende Hauptdarsteller drücken dem Szenario zudem noch ihren ganz persönlichen Stempel auf und werten das Gesamtbild durch ihr brillantes Schauspiel noch einmal zusätzlich auf. Hinzu kommt auch noch die erstklassige-und sehr düstere Atmosphäre, die den mysteriösen Anstrich der Ereignisse ganz besonders hervorhebt. Wer diesen tollen Film immer noch nicht kennen sollte muss diesen Zustand schnellstens ändern, da ihm ansonsten ein unglaublich intensives-und faszinierendes Filmerlebnis durch die Lappen geht.


Fazit:


Selbst wenn man den Film schon mehrere Male gesehen hat, ist jede neuerliche Sichtung ein wahres Erlebnis. Immer wieder schafft es die Geschichte, den Zuschauer aufs Neue in ihren Bann zu ziehen. man kann sich der teils grausamen Faszination dieses Werkes beim besten Willen nicht verweigern und taucht immer wieder aufs Neue in die dunklen Tiefen der menschlichen Seele ein, um deren tiefe Abgründe zu erkennen.


9/10
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buxtebrawler
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz

Beitrag von buxtebrawler »

Den finde ich maßlos überbewertet und fand ihn bei der Erst- und bis jetzt einzigen Sichtung vor Jahren sogar stellenweise richtiggehend doof.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Diese Filme sind züchisch krank!
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horror1966
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz

Beitrag von horror1966 »

buxtebrawler hat geschrieben:Den finde ich maßlos überbewertet und fand ihn bei der Erst- und bis jetzt einzigen Sichtung vor Jahren sogar stellenweise richtiggehend doof.

Manchmal ist deine Meinung extrem schwer nachzuvollziehen. :mrgreen:
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untot
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz

Beitrag von untot »

Ich liebe diesen Film, mehr gibts dazu nicht zu sagen! :knutsch:

9,5/10
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horror1966
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz

Beitrag von horror1966 »

untot hat geschrieben:Ich liebe diesen Film, mehr gibts dazu nicht zu sagen! :knutsch:

9,5/10

Und ich liebe meine untot, die im Gegensatz zum bux immer wieder guten Geschmack beweist. :knutsch: :thup:
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untot
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz

Beitrag von untot »

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fritzcarraldo
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz

Beitrag von fritzcarraldo »

Die purpurnen Flüsse
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Ewig nicht gesehen.
Reno und Cassel jagen einen Serienkiller in einer abgelegenen Stadt in den französischen Alpen.
Die ganze Story ist natürlich Pulp pur. Der Film lebt dann auch einerseits vom Zusammenspiel der unterschiedlichen Cops Reno und Cassel und andererseits von der ständigen unheimlichen Atmosphäre und vom wunderschönen Alpenpanorama. Das ist meiner Meinung nach schon gut und spannend in Szene gesetzt. Regisseur Mathieu Kassovitz bedient sich dabei bei Altbekanntem. Selbst der Score klingt z.B. ab und an nach Goblin.
Einzig auf die Cops vom Anfang, die sich wie die Gendarmen von St. Tropez benehmen, könnte ich verzichten. Und dafür, dass viel in Kneipen gesessen wird, hätte man auch mal einen J&B hinstellen können.
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sergio petroni
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Re: Die purpurnen Flüsse - Mathieu Kassovitz (2000)

Beitrag von sergio petroni »

Ach ja. Auch ewig nicht gesehen. Wäre mal wieder an der Zeit.
Hab den als gelungen und recht atmosphärisch in Erinnerung, mit argentoeskem Finale.
Kann nicht ganz mit der Romanvorlage mithalten, aber weit überdurchschnittlich.
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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