Wolfzeit - Michael Haneke (2003)

Moderator: jogiwan

untot
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke

Beitrag von untot »

Ich kenne von Haneke bisher nur "Die Klavierspielerin", "Funny Games" und "Das weiße Band", die zähl ich aber alle drei nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfilmen, "Das weiße Band" hätte mich aber wirklich begeistern können, wenn der Schluß nicht so bescheuert gewesen wäre.
"Wolfzeit" ist schon disqualifiziert, bevor ich ihn überhaupt gesehen hab, das mit dem Pferd löst in mir außer Berchreiz auch noch ne Stinkwut aus, ist ne derartige Sauerei heute noch nötig? Ich denke nein, ob das Pferd jetzt zm Abdecker gesollt hätte, oder nicht, denn selbst der hätte es vor dem Kehle aufschlitzen, erschossen! :thdown:
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Arkadin
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke

Beitrag von Arkadin »

untot hat geschrieben:"Das weiße Band" hätte mich aber wirklich begeistern können, wenn der Schluß nicht so bescheuert gewesen wäre.
So unterschiedlich kann das sein. Ich finde den Schluß brillant und jedes andere, "erklärende" Ende hätte die Wucht des Filmes verpuffen lassen. Wäre am Ende alles haarklein aufgeklärt worden, dann hätte ich wahrscheinlich vor Wut und Enttäuschung meinen Kinosessel aufgefuttert. Neee... das ist gut so, wie es ist.
Aber zurück zu "Wolfszeit"...
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buxtebrawler
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben:für mich ist der Mich der Inbegriff des überheblich-belehrenden Gutmenschen, der alle Zusammenhänge dieser Welt erkannt hat und dabei jegliche kritische Stimmen zu seinen Filmen belächelt. Mir würde da spontan niemand einfallen, der derart selbstgefällig und unreflektiert über seine Filme spricht. Naja, Uwe Boll vielleicht! :lol:
An Selbstbewusstsein mangelt es ihm sicher nicht, das ist richtig, aber für den Inbegriff eines Gutmenschen sind seine Filme meines Erachtens dann doch zu radikal. Ich denke, mit der Bezeichnung wird man ihm nicht gerecht. Ich halte es da tendenziell eher mit Arkadin. Bis jetzt zumindest.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke

Beitrag von purgatorio »

untot hat geschrieben:Ich denke nein, ob das Pferd jetzt zm Abdecker gesollt hätte, oder nicht, denn selbst der hätte es vor dem Kehle aufschlitzen, erschossen! :thdown:
Auch hier im Film ist das Pferd im Voraus erschossen worden :nick:
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke (2003)

Beitrag von purgatorio »

WOLFZEIT (LE TEMPS DU LOUP, Österreich, Frankreich, Deutschland 2003, Regie: Michael Haneke)

Eröffnung mit einem unvermittelten und plötzlichen Haneke-Schock: Das Familienoberhaupt bekommt mal eben den Schädel weggeblasen. Der Rest der Sippe, Mutter, Tochter, Sohn, tingelt nun ziel- und hilflos durch das Land, welches durch nicht näher definierte Versorgungsengpässe in einen prä-apokalyptischen, an Endzeitszenarien orientierten Zustand gekippt ist, in welchem Gesellschaftsstrukturen, Rechts- und Rechtssicherheitsinstanzen verschwunden sind. Und so ist sich vorerst jeder selbst der Nächste – oder mit Thomas Hobbes: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

Der Film ist still und unaufgeregt, anstrengend gar, aber nicht uninteressant. Dem Bux muss ich aber auch beipflichten – Haneke erzählt uns hier nichts Neues! Trotzdem gefiel mir Vieles. Das Ungeklärte, das unberührte und trotzdem bedrohliche Land, die Hoffnungslosigkeit, ohne dass irgendwer überhaupt irgendwas weiß. Die geben alle einfach auf. Finde ich prima. Uuuuund die fiese Scherenkillerin aus INSIDE spielt mit :mrgreen: Jedenfalls: Die extreme Nähe des gezeigten Szenarios zu unserer Wirklichkeit macht den Film so beunruhigend und beängstigend. Plötzlich ist irgendetwas weg und der Mensch wird sich selbst zur Bedrohung. Das ist erschütternd einfach, zumal niemand weiß, was jetzt weg ist. Niemand hat es bemerkt. Und wenn ich statt Hanekes Film die Tagesschau gucke, dann glaube ich, dass kann uns auch passieren… und ich esse doch kein Pferd :(
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke

Beitrag von purgatorio »

buxtebrawler hat geschrieben:Apropos Realismus: Ausgerechnet in einem naturalistischen Anti-Genre-Film sich urplötzlich fragwürdiger Mittel europäischer Exploitation-Filmer aus den 70er- und 80er-Jahren zu bedienen und zu zeigen, wie einem echten Pferd die Kehle aufgeschlitzt wird, ist nicht nur übelkeitserregend, sondern auch entlarvend.
ich denke, Bux, dass das zu kurz greift. Bereits Sergei Eisenstein hat diese Montagetechnik genutzt, damit diese schockartige, harte aber eben auch für jedermann klar als echt erkennbare Sequenz die konstruierte Authentizität der umliegenden Szenen in ihrer realistischen Wirkung erhöht. Sprich: Das eine ist echt, dann muss alles andere im Kontext auch echt sein. Funktionierte ganz hervorragend und meisterhaft in CANNIBAL HOLOCAUST, sollte aber als filmtechnische Strategie nicht auf die Exploitation beschränkt werden. Denn dieses Mittel ist wesentlich älter und verfolgt - bei aller moralischen Bedenklichkeit - ein künstlerisches Ziel. Hanekes Wissen von Film- und Montagetechnik, Filmgeschichte etc. wird sicherlich groß genug sein, dass er das gewusst hat.
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke (2003)

Beitrag von jogiwan »

Da macht der Michi Haneke einen Endzeit-Film und nimmt dann (fast) alles Reißerische aus seinem Streifen heraus. Zurück bleiben Unsicherheit, Hilflosigkeit und schlechte menschlichen Charaktereigenschaften, die in Krisenzeiten hervorbrechen. Auch wenn Haneke die Zeit und die Ursachen seines Szenarios nur andeutet, ist „Wolfzeit“ eigentlich der Film zur vermeintlichen Asylkrise und zeigt eine junge Familie, die sich in einer schwierigen Zeit durchschlagen muss, in der das eigene Leben vom Wohlwollen anderer abhängt, denen das eigene Wohl aber immer näher ist, als der Andere. Das ist zwar nicht sonderlich schön, aber leider nachvollziehbar und aktueller denn je, wenn in episodenhaften Momenten ein Bild der Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Verzweiflung gezeichnet wird. Sozusagen die andere Seite, in der Menschen mit Hoffnung auf ein besseres und gewaltfreies Leben angefeindet, als Bittsteller geduldet oder gleich ins primitive oder kriminelle Eck gestellt werden. „Wolfzeit“ macht diese existenziellen Ängste für den Zuschauer spürbar und auch wenn der Streifen keine Antworten bietet, so bleibt am Ende wenigstens noch ein kleiner Funken Hoffnung zurück. Ein dennoch sehr unbequemer und teils beklemmender Streifen.
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke (2003)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 10.12.2022 bei Camera Obscura auf Blu-ray im Mediabook:

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Extras:
Essay von Prof. Dr. Marcus Stiglegger
The Making of WOLFZEIT*
Französischer Trailer
Behind-the-Scenes-Fotogalerie
* mit optionalen dt. Untertiteln

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=121282
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke (2003)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 18.01.2024 noch einmal bei Camera Obscura auf Blu-ray:

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Extras:
Essay von Prof. Dr. Marcus Stiglegger
The Making of WOLFZEIT*
Französischer Trailer
Behind-the-Scenes-Fotogalerie
* mit optionalen dt. Untertiteln

Quelle: https://www.ofdb.de/vorabfassung/39027,128478,Wolfzeit/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Wolfzeit - Michael Haneke (2003)

Beitrag von sid.vicious »

Komischer Film. Den Auftakt fand ist sehr gut, dann ging es für mich steil abwärts, da mir einfach der Funke fehlte, der ein Mitfiebern aktivieren könnte. Der Film lief an mir vorbei und dessen Ende hat mich dito enttäuscht. Als Pluspunkt muss ich die hin und wieder auftauchende düstere, ja, beklemmende Atmosphäre anführen.

Die Enttäuschung über den Film hat übrigens nichts mit meinen falschen Erwartungen zu tun. Ich dachte, dass sich hinter Wolf(s)zeit Neonazisten verbergen. :palm:
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