In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Bava, Argento, Martino & Co.: Schwarze Handschuhe, Skalpelle & Thrills

Moderator: jogiwan

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Il Grande Racket
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von Il Grande Racket »

Ja, ziemlich schräger Streifen, hat einige nette Idee und genug Wendungen für mindestens 3 Filme. Allerdings strapazieren diese zum Ende hin zunehmend meinen suspension of disbelief, je klarer das Bild wird, desto fragwürdiger ist es, dass da niemand explizit auf die Weirdness des Geschehens im Ganzen und einiger, einzelner Geschehnisse angeht. Aber man sollte froh sein, wenn Leute scriptmäßig im Rahmen des Genre oder auch dem Aufbau der Story etwas experimentierfreudiger zu Werke gehen. In ungelenken Händen oder schlechten Werkzeugen geht sowas ja gerne mal in die Hose, aber hier sind gute Leute am Werk, vor allem vor der Kamera, und so machte das ganze durchaus Spaß. 6,5/10
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sid.vicious
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von sid.vicious »

Ui, der stand bis heute ungesichtet im Regal, da ich nach dem grottigen BLUTIGER ZAHLTAG keine Lust mehr auf die Koch-Box hatte. Und siehe da, da verschanzt sich doch glatt noch so eine Rakete in der gelben Pappschachtel.

Ein toller und ideenreicher Film, der mich bis zur letzten Sekunde packen konnte. Klasse!

8 (Tendenz steigend) von 10
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Lobbykiller
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von Lobbykiller »

In the Folds of the Flesh (ITA/SPA 1970) R: Sergio Bergonzelli
-> Version: Englisch mit deutschen Subs. Abgefahrene Genre-Mixtur mit Fernando Sancho in einer seiner besten Rollen. Drei Stücke der Filmmusik von C A Bixio / V Rojo Jesu sind auf der grandiosen Tidbeats Compilation auf AMS enthalten, welche ausschließlich previously unreleased Tunes aus den Cinevox-Archiven enthält, derer 161, erhältlich als 4fach Vinyl und als CD.
(5/5)
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jogiwan
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von jogiwan »

Bu Bu Blu...

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it´s fun to stay at the YMCA!!!



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Reinifilm
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von Reinifilm »

jogiwan hat geschrieben: Mi 6. Jul 2022, 21:57 Bu Bu Blu...
*kreisch*
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buxtebrawler
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von buxtebrawler »

„What has been, remains imbedded in the brain, nestled in the folds of the flesh; distorted, it conditions and subconsciously impels…“

Nach seiner reichlich misslungenen Sex-„Dokumentation“ „Libido – Das große Lexikon der Lust“ aus dem Jahre 1969 drehte der italienische Regisseur Sergio Bergonzelli in italienisch-spanischer Koproduktion den 1970 veröffentlichten Giallo „In the Folds of the Flesh“. Und um es vorwegzunehmen: Der ist wesentlich unterhaltsamer.

„Den Schwung der Kunst abzubrechen, ist eine Hinterlist!“

Der Ganove Pascal Gorriot (Fernando Sancho, „Eine Pistole für Ringo“) befindet sich auf seinem Motorrad auf der Flucht vor der Polizei und erspäht kurz vor seiner Ergreifung, wie eine Frau in Strandnähe einen Leichnam vergräbt. Bei der Frau handelt es sich Lucille (Eleonora Rossi Drago, „Die Bibel“), die auch 13 Jahre später noch das opulente Anwesen mit Meerblick zusammen mit ihrem Neffen Colin (Emilio Gutiérrez Caba, „Maribel, die Sekretärin“) und ihrer Stiefschwester Falesse (Anna Maria Pierangeli, „Sodom und Gomorrha“) bewohnt. Falesses Vater André (Alfredo Mayo, „Höllenkommando“) ist der eigentliche Besitzer des Grundstücks und pikanterweise in eben jener Nacht spurlos verschwunden, als Lucille sich einer Leiche entledigte. Falesse ist seither schwer traumatisiert und neigt zu Gewaltausbrüchen. Nach seiner Haftentlassung erpresst Pascal Lucille und ihre Familie mit seinem Wissen und terrorisiert sie…

„Das ist alles so fürchterlich!“

Auf eine Texttafel folgt direkt der Anblick eines Leichnams mit abgeschlagenem Kopf, der Rest des Prologs besteht aus der Verfolgungsjagd der Polizei auf Pascal, dem Verscharren der Leiche – und einem Freud-Zitat auf einem psychedelischen Farbwirbel. Die eigentliche Handlung springt 13 Jahre in der Zeit vor: Michel (Víctor Barrera, „Dem Teufel ins Gesicht gespuckt“) besucht die Familie. Dessen Hund macht sich am geheimen Grab zu schaffen und wird daraufhin von Colin abgemurkst. Michel versucht man beizupulen, André sei vor Jahren auf See gestorben, was mit Fotos belegt werden soll. Spätestens jetzt wird klar, dass er der der Tote aus dem Prolog ist – und was man von dieser sich einen Geier als Haustier haltenden Familie um die blasse, schwarzhaarige Lucille zu halten hat. Die psychotische Falesse wird von Visionen oder Erinnerungen an ihre Kindheit, verfremdet visualisiert, übermannt und ersticht Michel.

„Eine perfekte Komödie.“

Soweit zunächst zur Gewalteskalation, es darf auch gefummelt werden: Michels Freund Alex kommt ihn suchen und rückt Falesse auf die Pelle, die jedoch etwas Colin hat – eine Gemengelage, die Regisseur Bergonzelli zum Anlass für bizarre Szenen nimmt. Und klar, dass es Alex ähnlich ergehen wird wie seinem Kumpel. Erst jetzt taucht Pascal wieder auf, ein zutiefst schmieriger Typ, um seinerseits Lucille & Co. übel mitzuspielen, was sich sogleich in einer Vergewaltigung Falesses manifestiert. Die Kuckucksuhr im Badezimmer aber hilft, auch ihn loszuwerden. Mit einer Schwarzweiß-Rückblende in ein Nazi-KZ, zu nackten Frauen und Vergasungen, holt Bergonzelli zum Großangriff der Geschmacklosigkeiten aus, bevor er mit der ersten Wendung innerhalb der Handlung Verwirrung stiftet: Ein Totgesagter lebt (bekanntlich) länger und taucht plötzlich wieder auf. Eine Rückblende zeigt, was damals wirklich passierte. Die Ereignisse überschlugen sich in diesem Film ab der ersten Minute, von nun an aber auch die Twists, mit denen Bergonzelli die Hirnwindungen seines Publikums malträtiert. Immer mehr Rückblenden, immer komplizierte Familienverhältnisse, eine tote Tochter und Menschen, die nicht sind, wer sie zu sein vorgeben – oder auch glauben; oder auch doch wieder alles anders. Was weiß denn ich!

Bergonzelli gelang es indes nicht, mich damit derart zu lobotomieren, dass mir grober Unfug wie ein nach seinem Abschlagen umgehend mumifizierter Kopf oder plötzliche Gesundungen psychisch Kranker entgangen wären. In den Bereich unfreiwilliger Komik gehören auch Falesses weitaufgerissene Augen, eingefangen von Bergonzellis hektischen Gesichtszooms, und Latexköpfe im Säurebad. Die abgeschlagenen Köpfe in Blumentöpfen wirken dagegen fast schon rational. Die Handlung dieses Giallos bereitet solche Kopfschmerzen, dass manch Zuschauer eine Selbstenthauptung in Betracht ziehen dürfte.

Es gibt Gialli, die edel und geschmackvoll daherkommen, mittels ein, zwei Wendungen für Thrill und Aha-Momente sorgen, dabei recht stringent erzählt sind, ihr Publikum mit wohldosierter Erotik umgarnen und final alles befriedigend auflösen. Und es gibt Gialli wie „In the Folds of the Flesh“, die konfus und überkonstruiert ihre irre Handlung bis ins Groteske übersteigern, Bizarrerie ausbuchstabieren, Erotik durch Sleaze ersetzen und sich im Absurden suhlen. Dem kann man aus sicherer Entfernung schon mal beiwohnen – sei es zum fröhlichen Delirieren oder auch nur, um die eigenen Geschmacksgrenzen auszuloten.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Maulwurf
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von Maulwurf »

buxtebrawler hat geschrieben: Mo 19. Feb 2024, 16:09 Dem kann man aus sicherer Entfernung schon mal beiwohnen – sei es zum fröhlichen Delirieren oder auch nur, um die eigenen Geschmacksgrenzen auszuloten.
Einspruch! :nixda: Bergonzelli ist keiner von den 08/15-Geschichtenerzählern wie Steven Spielberg, Bergonzelli ist Bergonzelli. Und als solcher ein Garant für mindestens gehobenen Irrsinn. Filme wie CRISTIANA MONACA INDEMONIATA oder APOCALIPSIS SEXUAL oder eben IN THE FOLDS OF THE FLESH sind delirierender Wohlfühlstoff für alle Sinne. Allein die Szene, wenn Fernando Sancho sich nackt in der Badewanne fläzt, allein dieser Moment hat den Ausdruck Nacktheit im Film neu definiert ...

buxtebrawler hat geschrieben: Mo 19. Feb 2024, 16:09 Und es gibt Gialli wie „In the Folds of the Flesh“, die konfus und überkonstruiert ihre irre Handlung bis ins Groteske übersteigern, Bizarrerie ausbuchstabieren, Erotik durch Sleaze ersetzen und sich im Absurden suhlen.
Word! Auf jeden Fall vielen Dank für die Erinnerung, sich den mal wieder zu geben. :pig:
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
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buxtebrawler
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von buxtebrawler »

Maulwurf hat geschrieben: Mo 19. Feb 2024, 18:09 Einspruch! :nixda: Bergonzelli ist keiner von den 08/15-Geschichtenerzählern wie Steven Spielberg, Bergonzelli ist Bergonzelli. Und als solcher ein Garant für mindestens gehobenen Irrsinn. Filme wie CRISTIANA MONACA INDEMONIATA oder APOCALIPSIS SEXUAL oder eben IN THE FOLDS OF THE FLESH sind delirierender Wohlfühlstoff für alle Sinne. Allein die Szene, wenn Fernando Sancho sich nackt in der Badewanne fläzt, allein dieser Moment hat den Ausdruck Nacktheit im Film neu definiert ...
Ok, dann habe ich wohl sein Genie verkannt :kicher: ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Salvatore Baccaro
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Re: In the Folds of the Flesh - Sergio Bergonzelli (1970)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

buxtebrawler hat geschrieben: Di 20. Feb 2024, 08:51
Maulwurf hat geschrieben: Mo 19. Feb 2024, 18:09 Einspruch! :nixda: Bergonzelli ist keiner von den 08/15-Geschichtenerzählern wie Steven Spielberg, Bergonzelli ist Bergonzelli. Und als solcher ein Garant für mindestens gehobenen Irrsinn. Filme wie CRISTIANA MONACA INDEMONIATA oder APOCALIPSIS SEXUAL oder eben IN THE FOLDS OF THE FLESH sind delirierender Wohlfühlstoff für alle Sinne. Allein die Szene, wenn Fernando Sancho sich nackt in der Badewanne fläzt, allein dieser Moment hat den Ausdruck Nacktheit im Film neu definiert ...
Ok, dann habe ich wohl sein Genie verkannt :kicher: ;)
Dem kann ich nur vollumfänglich zustimmen. In einer längst überfälligen Monographie zu den Einflüssen des Surrealismus auf das italienische Horrorkino müsste man Bergonzelli zusammen mit Meisterregisseuren wie Polselli oder Garrone an jene Wand stellen, wo man sich keine Kugel, sondern kleine Flughunde und Flugfische mit Schleifchen einfängt zum Dank für all die liebevollen Leinwanddelirien!
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