Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

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Moderator: jogiwan

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Il Grande Racket
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Re: Night Ripper - das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von Il Grande Racket »

Puh, das war mal 'ne richtige Gurke. Durch den gewählten Ansatz wird nicht viel unterhaltsames geboten, vor allem da der oft auf der Stelle tritt. Und auch gerade wegen dieses Ansatzes ist es doch ein wenig ärgerlich, dass recht frei mit den Ereignissen umgesprungen wird, auch wegen der Aktualität des Streifens bei seinem Erscheinen. Er sitzt einfach zu sehr zwischen den Stühlen, er will partout nicht unterhalten, bringt aber auch nicht die reelen Ereignisse auf den Punkt. So könnte er auch einer von zahlreichen True-Crime-Dramen aus dem US-TV sein. 4/10
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Arkadin
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Re: Night Ripper - das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von Arkadin »

In der Provinz von Florenz geht ein Serienmörder um, der innerhalb von 17 Jahren acht Pärchen erschossen und anschließend die Frauen verstümmelt hat. Der Schriftsteller Andreas Ackerman (Leonard Mann) schreibt an einem Buch über den Mörder. Seine Recherchen und Theorien über dessen Identität lassen für ihn immer mehr Vorstellung und Wirklichkeit miteinander verschmelzen…

Obwohl in der schönen Giallo-Edition des Labels filmArt herausgekommen, hat „Night Ripper – Das Monster von Florenz“ nur wenig mit dem klassischen Giallo zu tun, den man hier erwarten würde. Auch der deutsche Titel führt in die Irre. Einen „Ripper“ gibt es hier nicht, die zahlreichen Morde werden zumeist mit der Schusswaffe ausgeführt. Nur in der Eröffnungssequenz greift das „Monster von Florenz“ – so auch der Originaltitel – zum blanken Stahl. Als ihm eines seiner Opfer trotz schwerster Verletzungen entkommt, weiß sich der geheimnisvolle Serienkiller nur mit einem Schnitt durch die Kehle zu helfen. Und natürlich spielt das Messer auch eine Rolle, wenn er seine weiblichen Opfer genital verstümmelt. Immerhin bedient dieser „True Crime“-Film eine der Standard- Giallo-Konvention, denn das Motiv für die Morde liegt in der Vergangenheit. Oder aber auch nicht. Und genau hier ist das eigentliche Problem des Filmes zu finden.

„Night Ripper“ beruht auf dem wahren Fall des „Monsters von Florenz“, eines Serienmörders der zwischen 1968 und 1985 außerhalb von Florenz acht Pärchen in ihren Wagen erschoss. Als Debüt-Regisseur Cesare Ferrario – der auch am Drehbuch mitschrieb, ansonsten in der Geschichte des italienischen Films ein Unbekannter blieb – unmittelbar nach dem letzten Mord des „Monsters“ seine filmische Aufbereitung dieses realen Falles inszenierte, war die Identität des Mörders noch nicht bekannt. Statt sich von den realen Geschehnissen zu einer eigenen Geschichte inspirieren zu lassen, die Motive des echten Falls aufgreift, aber in einen fiktiven Kontext setzt, entschloss sich Ferrario zu einem gänzlich anderen Schritt. Er spielt mit dem Dilemma des Filmemachers, der sich mit einer Geschichte konfrontiert sieht, zu der er keine Auflösung kennt, und die er daher ganz allein entwickeln muss.

Ferrarios Alter Ego ist der Schriftsteller Andreas Ackerman. Dieser arbeitet an einem Buch über das „Monster“, kommt damit aber nicht so recht voran. Er entwickelt immer neue Szenarien, wie der Killer zu seinem ersten Mord getrieben wurde oder was in seiner Kindheit geschah, das ihn zum Mörder werden ließ. Diese unterschiedlichen Ansätze widersprechen sich allerdings untereinander, und hier begeht Ferrario einen dramaturgischen Fehler. Er weist sein Publikum nicht darauf hin, dass es sich bei den Rückblenden, die die Hintergründe der Morde durchleuchten sollen, um reine Mutmaßungen Ackermans handelt. Der Zuschauer ist daran gewöhnt, dass Rückblenden die Wahrheit erzählen und so lässt ihn Ferrarios Kniff verwirrt und ratlos zurück. Dass an dem Problem der „gelogenen Rückblende“ einst auch schon der große Hitchcock in „Die rote Lola“ gescheitert ist, mag hier nur ein schwacher Trost sein. Cesare Ferrario verwirft hier ohne Not die Gelegenheit, seinen durchaus spannenden Ansatz durch den Film zu tragen. So aber erlahmt das Interesse relativ schnell, da das Stückwerk aus realen Morden, als Rückblenden inszenierten Theorien und der zunehmenden Besessenheit Ackermans mit dem Fall nicht recht zueinander passen wollen und sich gegenseitig im Wege stehen.

Die Figur des Andreas Ackerman ist durchaus spannend, nimmt sie doch den von Jake Gyllenhaal gespielten Robert Graysmith aus David Finchers „Zodiac“ vorweg, welcher sich ebenfalls immer selbstzerstörischer mit einer unaufgeklärten Mordserie beschäftigt. Auch Ackermans Charakter bekommt im Laufe des Filmes immer manischere Züge, wenn er in seiner unmittelbaren Umgebung die Figuren seiner wilden Fantasien, den Serienmörder betreffend, zu erkennen glaubt. Und am Ende meint er sogar, dem Täter gegenüberzustehen. Doch dadurch, dass sich Cesare Ferrario entweder strikt weigert sein Konzept zu erklären oder dafür keine überzeugendes Mittel gefunden hat, verpufft die Geschichte um Andreas Ackerman vollkommen. Dass dieser von dem ehemaligen Italo-Western-Star Leonard Mann auch eher schlafwandlerisch angelegt wird, hilft auch nicht, diesen Teil des Filmes überzeugend voranzutreiben. Er bleibt eine Randnotiz.

Sehr viel mehr zu beißen, gibt Ferrario seinen Zuschauern mit den teilweise recht stimmungsvollen – und bis auf den blutigen Auftakt – eher zurückhaltend inszenierten Mordszenen. Ferner nutzt er seine Freiheit, sich bei den verschiedenen Mutmaßungen über die Identität und den psychologischen Hintergrund des „Monsters“ an keine Vorgaben halten zu müssen, um einige Szenen einzubauen, die den Film gefährlich nah an die Untiefen des Sleaze heranführen. Doch auch hier zieht Ferrario, vergleichbar mit den Mordszenen, nicht wirklich voll durch und zeigt nichts, was die deutsche FSK-Freigabe von 16 Jahren irgendwie in Gefahr bringen würde. Hier hatte man sich etwas mehr Mut gewünscht, um dem Film durch jene Maßlosigkeit im Gedächtnis zu halten, die italienischen Genrefilmen zumeist zu eigen ist. Wenn schon die vielversprechende Grundidee durch Schlamperei in der Erzählung verstolpert wurde.

Cesare Ferrarios True-Crime-Thriller, der hier als Giallo vermarktet wird, kommt mit einer durchaus interessanten Grundgeschichte daher, die einiges von David Finchers Jahrzehnte später entstanden „Zodiac“ vorweg nimmt. Leider verhindert das frustrierend schlecht konstruierte Drehbuch und die eher lustlose Umsetzung, dass bei „Night Ripper“ seine Versprechen einlösen kann.

Screenshots und DVD-Details: http://www.filmforum-bremen.de/2015/07/ ... n-florenz/
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Re: Night Ripper - das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 12.02.2021 noch einmal bei Film Art auf Blu-ray:

Bild

Extras:
- Internationale Version (komplett in HD)
- Rekonstruierte italienische Schnittfassung in HD mit SD-Inserts
- Giallo Edition Trailershow

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=107421
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 10.11.2021 bei Ilusions noch einmal auf Blu-ray inkl. Bonus-Blu-ray im Mediabook:

Bild

Extras:
16-seitiges Booklet
Internationale Kinofassung
Italienische Originalfassung
Italienischer Trailer
Bonusfilm „Der Schwanz des Skorpions“ auf Blu-ray

Bemerkungen:
- Limitiert auf 333 Stück.
- Internationale Kinofassung: ca. 101 Min.
- Italienische Originalfassung: ca. 94 Min.

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=113929
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von Arkadin »

Gottchen, noch einmal? Sooo gut ist der nun wirklich nicht.

Und..
buxtebrawler hat geschrieben: Mo 1. Nov 2021, 14:46 Bonusfilm „Der Schwanz des Skorpions“ auf Blu-ray
empfinde ich fast schon als Frechheit. Da ist der Bonusfilm echt sehr viel mehr wert als der Hauptfilm.
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von buxtebrawler »

Arkadin hat geschrieben: Mo 1. Nov 2021, 15:05 Gottchen, noch einmal? Sooo gut ist der nun wirklich nicht.

Und..
buxtebrawler hat geschrieben: Mo 1. Nov 2021, 14:46 Bonusfilm „Der Schwanz des Skorpions“ auf Blu-ray
empfinde ich fast schon als Frechheit. Da ist der Bonusfilm echt sehr viel mehr wert als der Hauptfilm.
Hatte hier vergessen zu erwähnen:

Umgekehrt gibt's das Ganze auch, als Bonus-Blu-ray der "Der Schwanz des Skorpions"-Blu-ray:

Bild
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Zum Glück verzichtet man darauf, noch eine "Der Schwanz des Rippers"-Auflage nachzuschieben... :pfeif:
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von UX-Bluthund »

ugo-piazza hat geschrieben: Mo 1. Nov 2021, 20:39 Zum Glück verzichtet man darauf, noch eine "Der Schwanz des Rippers"-Auflage nachzuschieben... :pfeif:
Einen giallo namens Die Nacht des skorpions gibt es ja sogar schon, allerdings nur im ausland bisher. :kicher:
UX-Bluthund
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von UX-Bluthund »

In "die aktuelle krimi" ist übrigens grade ein Bericht über das reale Monster von Florenz drin. Falls jemand hier sowas gerne liest und 3 Euro dafür investieren möchte.
https://shop.funke-zeitschriften.de/die ... aufgerollt.
524_00025652.v16.jpg
524_00025652.v16.jpg (29.25 KiB) 545 mal betrachtet
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karlAbundzu
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Re: Night Ripper - Das Monster von Florenz - C. Ferrario (1986)

Beitrag von karlAbundzu »

Alte DVD
Ein Mörder treibt sich um, erschiesst Liebes- oder eher Sexpaare in ihren Autos und verstümmelt die Frauen. Ein Romanautor schreibt darüber ein Buch, stellt sich den Mörder vor, erahnt dies und das und hat nahezu Visionen oder Wahnvorstellngen.
80er spät-Giallo, mit vielen klassischen Merkmalen: Ein Künstler als Hauptperson, einiges grenzt an Übersinnliches, es gibt eine Szene in der Oper, dazu die seit Psycho beliebte Hausmannspsychologie nach Keller-Freud. Und die Prämisse mit den sich überlappenden Realitäten/Rückschauen/Vorstellungen klingt auch erst mal spannend.
Nur leider wird das alles nur so hingeschludert. Die Kamera gibt sich noch recht Mühe, doch schon bei der Musik wird es anstrengend, kaum passend, bzw. allzu gewollt passend. Die eigentlich gut besetzte Riege an Darstellern mit mehr Screentime ist auch irgendwie in Trance. Den Leonard Mann habe ich dann doch lieber mit dreckigem Cowboyhut. Und auch in den allerhand vorhandenen Sex- und Mordszenen wird sich zurück genommen, da wird noch mehr liegen gelassen.
Nun, vielleicht auch ein Schnellschuss der damals viel diskutierten und noch unaufgeklärten Morde des Mostro di Firenze. Die übrigens, wie sich viel später heaustellt, eine unglaubliche Story hergeben.
Die alte DVD von Madison Home Video hat einen VHS-look, im Ton gut, aber nur deutschen Ton ohne UT. Die Specials bestehen aus drei Mordszenen as dem Film. Was das wohl soll.....
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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