Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Bava, Argento, Martino & Co.: Schwarze Handschuhe, Skalpelle & Thrills

Moderator: jogiwan

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Onkel Joe
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni

Beitrag von Onkel Joe »

Der Film ist ansich nicht schlecht, schöner Krimi aber was das mit Giallo zu tun haben soll :roll:.Femi ist der kleine Sonnenschein in diesem Film und alle anderen machen ihre sache gut.Was die sich dabei gedacht haben diesen älteren Herren einen 15 Jährigen Jungen spielen zu lassen :palm:.Auf alle fälle brauchbar aber Hardcore Giallofans werden damit nicht glücklich sein.Gute 6/10.
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jogiwan
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni

Beitrag von jogiwan »

Hier nochmal ein etwas überarbeiteter Text mit neuen Screenies anlässlich der VÖ im Rahmen der Koch'schen Giallo-Box für blutdürstende Italiener... ;)

Als der schwerhörige Bahnarbeiter und Ex-Fabrikenbesitzer Cesar eines Tages von einem herannahenden Zug erfasst und tödlich verletzt wird, offenbart der Notar dessen verblüfften Töchtern Simone (Femi Benussi), Colette (Valeria Ciangottini) und Rosalie (Giovanna Lenzi), die Existenz eines Vermögens, dass der Verstorbene zu Lebzeiten ohne Wissen seiner Nachkommen angehäuft hatte. Dieses soll jedoch erst mit der Volljährigkeit des fünfzehnjährigen und körperlich behinderten Ziehsohns Janot (Ernesto Colli) zu gleichen Teilen aufgeteilt werden, was Rosalies verschuldeten und aufbrausenden Ehemann so gar nicht gefällt.

Fast alle der potentiellen Erben hätten ein Interesse schneller an das Geld zu kommen und vor allem Leon (Ivo Garriani) sitzen die zahlreichen Schuldner bereits im Genick. Auch die introvertierte Simone würde ebenfalls dringend eine größere Summe benötigen um ihren Liebhaber Jules (Isarco Ravaioli) von dessen erpresserischen Gemahlin loszukaufen und als Janot in einer Nacht ebenfalls vom Zug erfasst wird, glaubt die Polizei nicht an dessen Freitod. Diese stuft die Sache als potentiellen Mord ein und schickt den abgeklärten Ermittler Gerard (Tom Drake) in den verschlafenen Ort um den Beteiligten auf den Zahn zu fühlen und den Fall aufzuklären.

Tatsächlich stellt sich wenig später durch Zufall heraus, dass in der Nacht von Janots vermeintlichem Selbstmord noch eine weitere Person in der Nähe des Bahnüberganges war und Gerard beginnt vor allem in Richtung Leon zu ermitteln, der mit seinen hohen Schulden wohl das größte Interesse an der Erbschaft hat und sich auch ansonsten zunehmend verdächtig verhält. Als jedoch auch Simones Liebhaber Jules ermordet aufgefunden wird und wenig später eine weitere Leiche auftaucht, deutet alles darauf hin, dass sich unter den Erben ein habgieriger Mörder befindet, der auch vor keiner Grausamkeit zurückschreckt...

Der 1968 von Regisseur Vittorio Sindoni inszenierte „Omicidio per vocazione“ zählt neben Mario Bavas „The Girl who know too much“ und „Blutige Seide“ und ein paar weiteren, eher unbekannten Vertretern zu den allerersten Filmen, denen damals aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes populärer Kriminal-Literatur das Etikett „Giallo“ verliehen wurde und eine Genre begründete, das Jahre später zur absoluten Hochform auflaufen sollte und auch heutzutage Filmfans auf dem ganzen Globus begeistert. Trotz etwas biederer und auch eher blutarmer Inszenierung bietet das Werk auch so ziemlich alles, was das Genre rückblickend so ausmacht.

„Tödliches Erbe“ ist dann auch solide Krimi-Unterhaltung und das auf Frankreich getrimmte Drehbuch wartet mit einer Reihe von Wendungen auf, die den Zuschauer auch sicher bei Laune halten. Wer hinten den Morden steckt ist ja auch nicht offensichtlich und die finale Auflösung sorgt bei der Erstsichtung auch sicherlich für eine Überraschung. Doch selbst wenn man den Streifen schon kennt und der erste Überraschungseffekt nicht mehr gegeben ist, überzeugt Sindonis Werk mit bekannten Gesichtern, einer halbwegs flotten Inszenierung und einem stimmigen Soundtrack.

Zwar darf man sich angesichts des Entstehungsjahres und Produktionsverhältnissen keine allzu brutalen Szenen oder die ausschweifenden Kamerafahrten eines Herrn Argento erwarten, aber Sindoni ist schon ein solider Handwerker, der auch das notwendige Gespür für Tempo und Spannung hat. Im Verlauf des Streifens wird der Verdacht auch stets geschickt von einer Person auf die nächste gelenkt, die bereits kurze Zeit später aus vorstellbaren Gründen nicht mehr als potentieller Täter in Frage kommt. Auch die Locations sind schick gewählt und die Szenen in der Discothek samt swingender Kids sorgt ebenfalls für ein paar Schmunzler.

Auch darstellerisch ist „Tödliches Erbe“ recht gelungen, auch wenn der damals 28jährige Ernesto Colli mit schütterem Haupt- und Brusthaar sicher nicht die erste Wahl für die Besetzung des 15jährigen (!!!) Janot darstellt. Für den Amerikaner und oftmaliger US-Western-Darsteller Tom Drake war „Tödliches Erbe“ eines seiner wenigen europäischen Projekte, wobei er hier neben seinem schlechten Toupet durch die solide Darstellung des abgeklärten Ermittlers auffällt, die er wie der Rest des männlichen Casts wie Virgilio Gazzolo als Etienne und Ivo Garrani als Leon auch sehr solide bewältigt.

Auf der weiblichen Seite glänzt vor allem Femi Benussi („Strip Nude for the Killer“), deren Gesicht und Körper ja eigentlich untrennbar mit dem Genre verbunden sind. In „Tödliches Erbe“ präsentiert sich die dralle Dame aber ausnahmsweise mal recht zugeknöpft und zeigt, dass in ihr auch eine gute Schauspielerin steckt. Valeria Ciangottini als jugendliche Colette ist hübsch anzusehen und die eher kantigere Giovanna Lenzi, die später auch noch als Drehbuchautorin und Regisseurin in Erscheinung getreten ist, agiert ebenfalls mehr als passabel.

Lange Zeit gab es den kurzweiligen Streifen ja auch nur auf VHS und war so auch eher nur in einschlägigen Fankreisen bekannt, doch mit der neuen DVD aus dem Hause Koch Media gehört das nun endgültig der Vergangenheit an. Hier ist „Tödliches Erbe“ der gelungene Auftakt zu einem gelben Dreierlei das dem Giallo-Fan mit den Filmen „Die Waffe, die Stunde, das Motiv“, sowie „Femina Ridens“ kredenzt wird. Die Bildqualität ist jedenfalls sehr schön und auch der Ton ist für diese Art von Genre-Film und Entstehungsdatum durchaus okay. Als Bonus gibt es einen hemmungslos spoilernden Trailer und ein kleines Poster samt Text von Christoph Huber in einer Box, dessen Werbesprüche dann bei aller Liebe nicht ganz dem gebotenen Material entspricht.

„Tödliches Erbe“ ist ein kleiner, feiner und vor allem rech kurzweiliger Früh-Giallo von Vittorio Sindoni, der sich in deutscher DVD-Erstveröffentlichung mit toller Qualität, bekannten Gesichtern und Überraschungs-Ende auch recht gut in der heimischen Giallo-Sammlung macht. Neben den beiden bereits erwähnten Streifen von Mario Bavas und auch Margheritis „Sieben Jungfrauen für den Teufel“ zählt „Tödliches Erbe“ dann auch zweifellos zu den empfehlenswerten Frühwerken des Genres, die zwar noch ausgiebig zelebrierte Brutalität und ausschweifenden 70er-Style nachfolgender Werke vermissen lassen, aber trotzdem nicht minder unterhaltsam ausgefallen ist.
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Alle Screenshots entfernt, da beim Bildoster directupload.net leider nicht mehr verfügbar.
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buxtebrawler
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben:Hier nochmal ein etwas überarbeiteter Text mit neuen Screenies anlässlich der VÖ im Rahmen der Koch'schen Giallo-Box für blutdürstende Italiener... ;)
Wow - wieder einmal ganz tolle Arbeit, die du dir für alle drei Filme gemacht hast, jogschi! :thup:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni

Beitrag von karlAbundzu »

Auf der hübschen Koch DVD:
TÖDLCIHES ERBE,
spannender Krimi oder Giallo von mir bisher unbekannten Vittorio Sindoni.
Es geht, wie der deutsche Titel verät, um ein Erbe, was einer Familie doch Unglück und Tod ins Haus holt und eben nicht die erwartete Million.
Was mir gefiel, neben der spannenden und überraschenden Auflösung, war vor allem der Soundtrack inklusive abgefahrener Beatband mit Tanzszene.
Von den Schauspielern fiel mir besonders Femi Benussi ins Auge, Ivo Garrani spielt sich auch einen gehetzten Wolf (ich war froh, dass seine Fluchtszene einen großen Anteil an der Gesamtspielzeit hatte), und Thomas Drake spielt lange mit einer gewissen Verve und Selbstironie, inklusive kleinen Gags (Plastiksaxophon)
Ansonsten war es mir für einen Giallo ein wenig zu Agathe Christie - mäßig, sprich das Whodunit war seh rim Vordergrund, auch insgesamt zu hell und zu wenig geheimnisvoll, allerdings wurde bei den Tötungsarten hübsch variiert (minigolfschläger).
Klar, Janot sieht nicht minderjährig aus, aber in Frankreich war man 1968 erst mit 21 volljährig, also spielt er einen früh ergrauten 18jährigen...
Danke für einen spannenden Nachmittag mit gruß an Arkschi.

PS: Verwirrt bin ich bei den Originaltiteln: Der Mörder mit den reinen Händen oder Mord durch Bestimmung? Beide passen nicht so recht zum Film...
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Captain Blitz
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Beitrag von Captain Blitz »

Mir gefiel der auch ganz gut, wobei ich sagen muss, dass "The Frightened Woman - Femina Ridens" der größte Knaller in der Box ist. Warum der damals keine Synchro bekommen hat... :thdown:
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Arkadin
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Beitrag von Arkadin »

Captain Blitz hat geschrieben: Warum der damals keine Synchro bekommen hat... :thdown:
Weil er nicht in Deutschland veröffentlicht wurde.
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Captain Blitz
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Beitrag von Captain Blitz »

Arkadin hat geschrieben:
Captain Blitz hat geschrieben: Warum der damals keine Synchro bekommen hat... :thdown:
Weil er nicht in Deutschland veröffentlicht wurde.
Höhö, watt samma lustisch. Das ist mir auch klar. So eine Perle hätte veröffentlicht werden müssen, dazu mit einer schönen Synchro der damaligen Zeit, das hätte das Paket perfekt abgerundet.
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jogiwan
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Beitrag von jogiwan »

Captain Blitz hat geschrieben:
Arkadin hat geschrieben:
Captain Blitz hat geschrieben: Warum der damals keine Synchro bekommen hat... :thdown:
Weil er nicht in Deutschland veröffentlicht wurde.
Höhö, watt samma lustisch. Das ist mir auch klar.
Geht das bitte eine Spur freundlicher? Du hast eine Frage in den Raum geworfen und die wurde beantwortet. Warum der bei Erscheinen nicht in Deutschland veröffentlicht wurde, wird hier wohl niemand so richtig verstehen. Aber das ist kein Grund in Richtung anderer User patzig zu werden.
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CamperVan.Helsing
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Ein sehr sympathisches kleines Filmchen um eine Erbschaft, die dazu führt, dass eine Familie nach und nach dezimiert wird. Nette Musik, gelungene Kameraarbeit und Femi Benussi. Gut, die Besetzung des Janot ist grandios daneben, aber hey, dies ist endlich mal ein Film,
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und DAS kann man ja gar nicht genug loben.
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Il Grande Racket
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Re: Tödliches Erbe - Vittorio Sindoni (1968)

Beitrag von Il Grande Racket »

Ich fand den eher dürftig, gerade das aktionsgeladene Ende auch unpassend. Am besten war noch die Szene mit dem Golfschläger, sehr fein gemacht. Und er hatte noch einen schönen Satz von Femi Benussi im Gespräch mit Tom Drake im Taxi: "Sie suchen immer zu sehr nach einer logischen Antwort. Die Realität, in der wir leben, ist doch auch nicht immer logisch." :lol:
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