Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

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Moderator: jogiwan

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sid.vicious
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Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

Beitrag von sid.vicious »

Originaltitel: Una donna chiamata Apache
Regisseur: Giorgio Mariuzzo
Kamera: Sergio Rubini
Musik: Roberto Donati, Fiamma Maglione
Drehbuch: Giorgio Mariuzzo, Antonio Racioppi
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Die Apachin, Sunsirahè, ist eine der wenigen indianischen Überlebenden eines Massakers, welches einer kleinen Einheit blutrünstiger Yankees geschuldet ist. Tommy, ein junger Soldat, der während des Blutbads leicht verletzt und von seinen Kameraden auf dem Schlachtfeld zurückgelassen wurde, nimmt sich Sunsirahè an. Nach wie vor von Patriotismus und Loyalität durchleuchtet hofft Tommy auf die Ortskundigkeit der Apachin, um schnellstmöglich das nächstliegende Fort zu erreichen. Doch je länger die Suche währt, desto mehr stellt Tommy, die ihm eingebläute Geschichte vom roten Teufel und dem von Gott gesegneten weißen Mann in Frage.

„Der weiße Mann hat uns unser Land genommen und unser Wild getötet. Damit war er noch nicht zufrieden und tötet nun unsere Frauen und Kinder. Ab jetzt kein Frieden mehr. Wir erheben nun die Streitaxt bis zum Tode!“ So besagen es die Worte eines Häuptlings, der im Anschluss an das Sand-Creek-Massaker (eine der abscheulichsten Gräueltaten in den Annalen der amerikanischen Historie, welche die Erben der Verantwortlichen allerdings nicht davon abhielt, über die Jahrhunderte hinaus bis in die Gegenwart hinein nach ähnlich widerwärtiger Fasson zu agieren) an einer Zusammenkunft der Arapaho, Cheyenne und Sioux teilnahm. Die Thematik, Sand-Creek-Massaker, zog - sofern mir meine Nachschlagewerke keinen Streich spielen - dreimal, „Massacre at Sand Creek” (USA, 1956), Blutsbrüder (DDR, 1975) sowie freilich Ralph Nelsons zutiefst erschütternder „Das Wiegenlied vom Todschlag” (USA, 1970), in die Lichtspiele ein. Letztgenannter diente Giorgio Mariuzzo als Basis für „Apache Woman“, was den Regisseur einhergehend dazu veranlasste, diverse Filmmomente aus seiner Inspirationsquelle rotzfrech zu kopieren.

Die Handlung der 1976er „Soldier Blue-Nachahmung“ ist meines Erachtens jedoch nicht während sowie unmittelbar nach dem Sand-Creek-Massaker (1864) angesiedelt, sondern 22 Jahre später. Dieses Kalenderjahr, 1886, reflektiert Geronimos Kapitulation, dessen anschließende Flucht, die von General Nelson Appleton Miles befohlene Treibjagd, welche 5.000 Blauröcke mobilisierte, sowie Geronimos erneute Aufgabe. Erwähnter Nelson Appleton Miles war der unmittelbare Nachfolger von General George Crook, den man für Geronimos Flucht verantwortlich machte und als Indianerfreund authentisierte, was letztendlich Crooks Amtsenthebung zur Folge hatte. Womit wir auch geradewegs einen Bezug zum Filmcharakter Tommy, der innert „Apache Woman“ seinen eingeimpften Indianerhass sukzessiv ablegt, ausfindig gemacht haben.

Dieser (als Reflektorfigur fungierende) Charakter, der Blaurock Tommy, durchläuft während des Films mehrere Phasen, die sich als rites de passage respektive Schwellenriten dechiffrieren lassen. Also die Phase in der Tommy zum Zweifler wird, um später (wie bereits erwähnt) seinen eindimensionalen Hass auf die Indianer abzulegen, sowie die Phase, in der Tommy nach der Zerstörung seines kurzzeitigen Glücks in eine innere Leere stürzt. Jene Übergangsriten werden passabel vermittelt, sodass dem Rezipienten ein ausreichendes Fundament offeriert wird, um am Gefühlsleben seiner Bezugsperson teilhaben zu können und erfolgreich ins Geschehen eingebunden zu werden.

Die Thematik „Rot und Weiß“, das Annähren von unterschiedlichen Kulturen sowie das beleitende Ablehnen einer solchen Annäherung, ist bereits vor dem Triumphzug des Tonfilms ausgiebig innert der Lichtspiele verarbeitet worden. Als Inspirationen lassen sich immerzu die Geschichten der tapferen Häuptlingstochter, Matoaka, besser bekannt als Pokahonta, sowie die der fälschlicherweise zur edlen Heldin hochstilisierten Hannah Duston dechiffrieren. Ich könnte jetzt umfangreich über genannte Personen und ihre Funktionen als Filmcharaktere berichten, doch würde ein solches Vorgehen den Rahmen einer Kurzrezension sprengen, sodass ich es bei dem Verweis belasse.

„Apache Woman“ fokussiert, wie bereits mehrfach angerissen, den Indianerhass. Dieser Kurs wird mittels der Aussagen: „Wilde kann man nur wie Wilde behandeln. Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer“ und „Wir sind die Zivilisierten! Gott ist mit uns!“, derart eindeutig transportiert, dass selbst der Rezeptionslegastheniker die Botschaft mit dem Plausibel-Stempel kennzeichnet. Die vornehmlich als Antagonisten agierenden Filmfiguren wurden allesamt einer Radikalisierung unterzogen, welche sie ihrer, wahrscheinlich auch zuvor nur in spärlichen Maßen vorhandenen, Humanität entledigte. Diese Mörder und Leichenfledderer sowie ihre Gewalttaten sind die Bestandteile einer erfolgreichen Zuschauerlenkung, die den Zuschauern ermöglicht, die, nach einer bestimmten Laufzeit gar innig erhoffte, Gegengewalt zu goutieren. Die Gewaltakte, welche in letzter Konsequenz überwiegend die Zerstörung des Körpers zum Ziel haben, avancieren zu einem produktiven und unverzichtbaren Begleiteter des fortwährend dominierenden Hasses. Natürlich erreicht „Apache Woman“ nicht die markerschütternde Intensität, wie sie „Das Wiegenlied vom Todschlag“ transportiert, dennoch konnte mir die dargebotene Menschenverachtung ein gewisses Mitleiden abverlangen, sodass ich affektiv am Geschehen teilnahm.

Jene reichhaltig gesäte sowie ausgiebig zelebrierte Gewalt lässt „Apache Woman“ als einen Exploitationfilm im Westerngewand begreifen. Anbei hetzt Mariuzzo die Apachin, Sunsirahè, so oft wie irgend möglich halbnackt durch Wälder und Wiesen und wirbelt die Hormone der - diesmal extrem fies gezeichneten - Bleichgesichter kräftig durcheinander. Bruno Mattei hat seine Vehikel „Der Weiße Apache - Die Rache des Halbbluts (1986) und Scalps (1987) nach einer ähnlichen Formel inszeniert und auf diese Weise einerseits manch pedantisch veranlagten IW-Fan zum Naserümpfen animiert, aber andererseits einem längst verstummten Genre zu einer kurzzeitigen Reanimierung verholfen.

Fazit: Giorgio Mariuzzos Film liefert der Akzeptanz respektive einem friedlichen Miteinander von Rot und Weiß keine Überlebenschance. Die von Keoma im gleichnamigen Catellari-Vehikel eh als schlecht definierte Welt ist gemäß Mariuzzo noch eine ganze Ecke hundsmiserabeler - noch eine ganze Ecke mehr Jacopetti! Demzufolge lässt der Regisseur eine Katharsis auch nur anklingen, transportiert stattdessen den Tod als letzten Ausweg und lässt das Böse weiterhin walten, sodass der reziptionsfähige (!) Zuschauer schlussendlich hilflos und betroffen aus dem Film entlassen wird.
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jogiwan
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Re: Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

Beitrag von jogiwan »

Der Soldat Tommy überfällt mit seiner Truppe eine kleine Siedlung mit Indianern und ermorden die Frauen und Kinder, als die Männer zurückkehren und ihrerseits zum Angriff herausholen. Zurück bleiben viele Tote und ein bewusstloser Tommy, der wenig später Zeuge wird, wie ein fahrender Händler die Leichen bestiehlt und auch eine junge Frau entführt. Als dieser von zwei kriminellen Wegelagerern gestoppt wird, nutzt Tommy die Gunst der Stunde und flüchtet gemeinsam mit der Apachen-Dame in de weite Steppe, wo sich die Beiden trotz kultureller Unterschiede langsam näherkommen. Die Verbindung zwischen weißen Soldaten und Rothaut ist jedoch verboten und egal wo Tommy mit seiner Apachen-Dame auftaucht schlägt ihnen offener Hass entgegen und der Versuch der friedlichen Völkerverständigung endet auch rasch mit Mord und Totschlag.

Indianer sind ja momentan wieder in aller Munde und warum also nicht auch mal wieder einen Western schauen, in dem noch dazu mein Look-a-like die Hauptrolle übernehmen darf. In „Apache Woman“ geht es um einen Soldaten, der sich in eine Apachen-Frau verliebt und deren Liebe an der offenen Feindseligkeit ihrer Umgebung zugrunde geht. Fernab von Themen wie kultureller Aneignung geht es hier um Völkerverständigung, die jedoch angesichts von Hass, Gier und Vorurteilen auch keinerlei Chance hat. Überraschend pessimistisch ist hier nicht nur das gezeigte Menschenbild auf Seiten der Weißen, sondern auch das konsequent düstere Ende, dass für seine ungleichen Protagonisten kein Happy End bereithält. Mit seinen Entstehungsjahr 1976 ist „Una donna chiamata Apache“ aber als Nachzügler zu sehen und auch bei den Produktionsbedingungen mussten wohl starke Abstriche gemacht werden. Die Landschaft sieht immer zu sehr nach mitteleuropäischem Mischwald aus und auch der Rest lässt kein sonderliches Western-Feeling aufkommen. Ein abenteuerliches Feelgood-Movie hatte Giorgio Mariuzzo wohl auch nicht im Auge und hier wirken bist auf Tommy und seine weibliche Begleitung auch alle Figuren moralisch verkommen und unsympathischt. „Apache Woman“ wirkt auf mich dann auch weniger wie ein Western, sondern wie ein pessimistischer Abgesang auf eine Zeit, ein Genre und ein "Alte-Weiße-Männer"-Gedankengut, welches in den Jahren zuvor sicherlich teils auf unreflektierte Weise glorifiziert wurde. Die Menschen sind böse, die Kulturen unversöhnlich und der Versuch das Gegenteil zu beweisen zum Scheitern verurteilt.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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FarfallaInsanguinata
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Re: Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Dieser Film erfreute sich einer großen Popularität bei den "Heimkino"-Firmen in der Aufbruchszeit Ende 70er/Anfang 80er, und von keinem anderen besitze ich derart viele digitale Dateien. Hier eine kleine Auswahl:
Apache Woman AF.jpg
Apache Woman AF.jpg (298.48 KiB) 235 mal betrachtet
Deutsche Aushangfotos
Una Donna Chiamata Apache AF01.jpg
Una Donna Chiamata Apache AF01.jpg (216.87 KiB) 235 mal betrachtet
Una Donna Chiamata Apache AF02.jpg
Una Donna Chiamata Apache AF02.jpg (265.6 KiB) 235 mal betrachtet
Una Donna Chiamata Apache AF03.jpg
Una Donna Chiamata Apache AF03.jpg (200.32 KiB) 235 mal betrachtet
Italienische Aushangfotos
Apache Woman FP.jpg
Apache Woman FP.jpg (29.42 KiB) 235 mal betrachtet
Filmprogramm
Apache Woman C27.JPG
Apache Woman C27.JPG (282.14 KiB) 235 mal betrachtet
Australische VHS
Apache-Kvinden C.jpg
Apache-Kvinden C.jpg (2.11 MiB) 235 mal betrachtet
Dänische VHS
Uma Mulher Chamada Apache C01.JPG
Uma Mulher Chamada Apache C01.JPG (118.81 KiB) 235 mal betrachtet
Uma Mulher Chamada Apache C02.JPG
Uma Mulher Chamada Apache C02.JPG (113.9 KiB) 235 mal betrachtet
Uma Mulher Chamada Apache C03.JPG
Uma Mulher Chamada Apache C03.JPG (95.94 KiB) 235 mal betrachtet
Portugiesische (!) Betamax (!)
Diktatur der Toleranz
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FarfallaInsanguinata
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Re: Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Apache Woman C01.JPG
Apache Woman C01.JPG (622.26 KiB) 233 mal betrachtet
Deutscher S8-Dreiteiler
Apache Woman C29.jpg
Apache Woman C29.jpg (1.84 MiB) 233 mal betrachtet
Apache Woman C30.jpg
Apache Woman C30.jpg (2.08 MiB) 233 mal betrachtet
Deutsche Großbox-Erstauflage
Apache Woman C06.jpeg
Apache Woman C06.jpeg (76.28 KiB) 233 mal betrachtet
Deutsche Pappe-Zweitauflage
Apache Woman C03.jpg
Apache Woman C03.jpg (128.83 KiB) 233 mal betrachtet
Video 2000-Glasbox
Apache Woman C04.jpeg
Apache Woman C04.jpeg (110.64 KiB) 233 mal betrachtet
VHS-Glasbox-Zweitauflage
Apache Woman C05.jpg
Apache Woman C05.jpg (176.64 KiB) 233 mal betrachtet
Schweizer Beta-Glasbox

Soweit, wie erwähnt, ein Ausschnitt. ;)
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buxtebrawler
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Re: Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

Beitrag von buxtebrawler »

Schöne Sammlung, Farfalla!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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sid.vicious
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Re: Apache Woman - Giorgio Mariuzzo (1976)

Beitrag von sid.vicious »

Wow. Danke für die vielen schönen Bilder!
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