Ich bin ein entflohener Kettensträfling - Camillo Bazzoni

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DrDjangoMD
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Re: Ich bin ein entflohener Kettensträfling - Camillo Bazzon

Beitrag von DrDjangoMD »

Handlung:
Von einem korrupten Sheriff werden die beiden Brüder Mike und Ray Sturges beschuldigt, an einem Eisenbahnraub beteiligt gewesen zu sein, was ihnen eine Zukunft in dem berüchtigten Gefängnis Yuma beschert. Ray erliegt ziemlich schnell dem harten Gefangenenleben, während es Mike schafft Rache schwörend auszubrechen…

Kritik:
„Ich bin ein entflohener Kettensträfling“ ist ein Fantasyfilm, welcher in einem magischen Paralleluniversum spielt, in welchem alle Menschen dumm sind. :palm: Ernsthaft, Handlungen haben wenig bis gar keine Logik in diesem Film. Die Bösen lassen Mike, den sie direkt vor der Wumme haben leben, weil [Pseudogrund einfügen] :palm: , Mike sucht einen Mann für Informationen auf und erschießt ihn vor einer Befragung :palm: :palm: , einer der Handlanger verplappert sich in der billigsten möglichen Weise :palm: :palm: :palm: und und und :rambo: .
Da ich ja auf Drehbuch und Handlung prinzipiell wenig Gewicht lege, stört mich dieser Punkt jedoch eher weniger, was mich den ganzen Film über aber richtig geärgert hat war die Hauptperson und ihre Darstellung durch Steve „Herkules“ Reeves, welchem ich auch die Schuld für das miese Drehbuch geben darf. Ein besonders begabter Schauspieler ist er sichtlich nicht, was in Rollen wie die des Herkules ja nicht sonderlich stört, da reicht es wenn man Muskeln hat, und die hat er ja. Aber in einem Italowestern, der versucht Tragik zu porträtieren habe ich doch lieber entweder einen wirklich fabelhaften Schauspieler oder Anthony Steffen; Steve Reeves und weder eine noch das andere!
Neben der Darstellung gehört die Figur an sich aber zu einer der hassenswertesten und damit miesesten Italowesternhelden aller Zeiten. Ich weiß, ich weiß, der Italowestern ist dafür bekannt Helden mit negativen Eigenschaften zu haben und das ist auch gut so, aber solche Antihelden funktionieren nur, wenn sie nebenbei auch über Tugenden wie Coolness oder Intelligenz verfügen. Mike Sturges verhält sich die ganze Zeit aber so unglaublich dämlich und grobschlächtig und das Schlimmste ist, dass wir Mitleid mit ihm haben sollen. Das Drehbuch versucht dem Mann einen Trauerfall nach dem anderen auf den Hals zu hetzen um die Herzen der Zuseher auf seine Seite zu bringen. Zuerst wird er unschuldig verhaftet, dann stirbt deswegen sein Bruder, dann erfahren wir, dass auch seine Mutter dies nicht verkraftet hat und gestorben ist. Das einzige was zu einem kompletten Klischee noch fehlt wären, dass der Bösewicht seine Braut geheiratet hat und dass sein Vater von seinem Onkel ermordet wurde :x . Doch hier ist eine Erkenntnis: Mit einem barbarischen Muskelmann, der so unschuldig ist, dass er auf Teufel komm raus irgendwelche Gefängniswärter und gesetzestreue Kopfgeldjäger niederknallt haben wir kein Mitleid egal was ihm widerfahren ist. Vielleicht könnte ich seiner Figur ein wenig mehr abgewinnen, würde er auf seine Taten nicht noch so strunzdumme Zitate folgen lassen, für die aber möglicherweise auch nur die Deutsche Synchronisation zu verantworten ist.
Es hilft auch nicht, dass sich unter den Opfern dieses Unsympathlers, den ich am liebsten in der ersten Minute tot gesehen hätte, solche geschätzten Lieblinge wie Aldo Sambrell, Nella Pazzafini und Bruno Corazzari befinden :cry: .
Ich weiß nicht obs nur an dem Filmteam oder vielleicht auch an meiner Version liegt, die gekürzt sein könnte, aber einige Schnitte sind seltsam und verwehren uns einiges, was mich ziemlich interessiert hätte. So springt Reeves in einer Szene beispielsweise in einen Fluss, seine Verfolger meinen, niemand könnte diese Stromschnellen überleben und reiten davon. Schnitt auf Reeves der durch eine Wüste wandert!? Wie hat er die tödlichen Stromschnellen überlebt? Und warum zeigt man uns das nicht? Erwarten die etwa das Publikum hält so viel von Reeves’ Charakter, dass es schon automatisch erwartet, dass er jede noch so gefährliche Situation ohne Kratzer übersteht???
Wo der Film allerdings ein paar Punkte sammeln kann ist in den Bereichen Kamera und Regie. Kameratechnisch muss er gut sein, da Enzo Barboni hinter dem Gerät stand, der uns ja solche Perlen wie „Django“ beschert hat. Die Regie übernahm Camillo Bazzoni, der als gelernter Kameramann weiß, wie man Handlung visuell umsetzen kann und uns einige nette Bilder bringt. Außerdem legt er ein rasantes Tempo an den Tag, wodurch sich praktisch nie Langeweile einnistet.
Fazit: Langweilig ist der Film nicht, visuell ist er auch schön anzusehen und wenn der Hauptcharakter nicht so hassenswert und alle anderen Figuren nicht so dämlich wären, hätte ich den Film richtig gern haben können. So gibt’s aber nur 5/10
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