IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO - Giorgio Ferroni (1968)

Helden, Halunken, staubige Dollars, Pferde & Colts

Moderator: jogiwan

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Italo-West-Fan
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IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO - Giorgio Ferroni (1968)

Beitrag von Italo-West-Fan »

Servus miteinander,

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INHALT:
Gary (Anthony Steffen) ist Kunstschütze beim Zirkus. Doch wegen eines Kindheitstraumas ist er ein Feigling ! Eines Tages sieht er mitan, die der Bandit Ken Wood (Giovanni Cianfriglia) ein paar andere Gauner umlegt. Alle halten Gary für den großen Helden, da sie glauben, er habe die Banditen erschossen. Doch bei einer Aufführung im Zirkus tritt Wood gegen Gary bei einem Schießwettbewerb, und es zeigt sich, das Gary ein Feigling ist. Er wird vom Puplikum ausgebuht und verschwindet.
Zusammen mit seinem Freund, einem kleinen Jungen, dessen Vater von den Banditen wegen 30.000 Dollar ermordet wurde, überwindet Gary seine Angst vor Gewalt und stellt sich mit seinen Zirkusleuten Ken Wood und seiner Bande gegenüber...


DARSTELLER:
Anthony Steffen
Giovanni Cianfriglia
Richard Wyler
Nello Pazzafini
Luisa Baratto
Benito Stefanelli
Gia Sandri
Andrea Bosic
Sal Borgese
Riccardo Pizzuti
...

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Mit sicherheit ein überdurchschnittlicher Film von Steffen, der hier wohl einer seiner 5 besten Schauspielerischen Leistungen darbietet. Er spielt den Feigling wircklich hervorragend und macht den Film schon deswegen sehenswert. Die Story ließt sich klasse, und hat hat das Thema 'Zirkus' wie in Hügel der blutigen Stiefel oder Ein Zirkus und ein Halleluja, kommt aber an den Stiefelhügel nicht heran, da das Potenzial der Story nicht 100 % genutzt wird. Sehr schade, den er hätte bestimmt auf einer höhe mit dem Hügel der blutigen stiefel kommen können. Naja.
Ansonsten ist der Film recht spannend und bietet neben Steffen tolle Schauspielerleistungen von Giovanni Cianfriglia als Oberbösewicht Ken Wood und Richard Wyler als korrupter Sheriff. Über die Musik von Carlo Rusticelli läst sich streiten. Eine dramatische Melodie vermischt mit Zirkusmusik. Richtig klasse ist sie nicht, aber sie passt hervorragen zum Film. Sie untermalt ihn zwar selten, aber wenn, dann past es einwandfrei.
Ein toller Film, de viel Potenzial verschenkt, aber trotzdem sehr unterhaltsam und spannend ist. Steffen in einer sehr guten Rolle mit guter Leistung und einer sehr ungewöhlichen Musik. Mehr als empfehlenswert.
Von mir sehr gute 7,5 von 10 Punkten.
"Sag Aguilar, was für ein Mann bin ich ?...Ein fairer Mann!"
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Onkel Joe
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Re: IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO - Giorgio Ferroni

Beitrag von Onkel Joe »

Du gräbst da ja immer feine sachen aus :thup: .
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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Italo-West-Fan
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Re: IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO - Giorgio Ferroni

Beitrag von Italo-West-Fan »

Onkel Joe hat geschrieben:Du gräbst da ja immer feine sachen aus :thup: .
Danke :) Nur schade, das er nicht in Deutschland veröffentlicht wurde. Muss man sich halt mit italienisch und Englisch weiter helfen 8-)
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sid.vicious
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Re: IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO - Giorgio Ferroni

Beitrag von sid.vicious »

Regisseur: Giorgio Ferroni
Kamera: Sandro Mancori, Mario Bava
Musik: Carlo Rustichelli
Drehbuch: Giorgio Ferroni , Augusto Finocchi, Remigio Del Grosso
Darsteller: Anthony Steffen, Richard Stapley, Luisa Baratto, Giovanni Cianfriglia, Gia Sandri, Andrea Bosic, Nello Pazzafini, Massimo Righi, Tom Felleghy, Marco Stefanelli, Benito Stefanelli, Furio Meniconi, Fedele Gentile, Ennio Balbo, Rina Franchetti, Ugo Adinolfi, Valentino Macchi, Riccardo Pizzuti, Lucio De Santis, Gino Marturano, Enrico Chiappafreddo, Sal Borgese
Gunman_Sent_by_God.JPG
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1880: Um die Ortschaft Clayton herrscht ein unerbittlicher Kampf um kostbares Weideland. Ein Rinderbaron (Coleman) will seine Herden auf dem Land des Heimstätters Jonathan Murphy grasen lassen, was dieser mittels Stacheldrahtzäunen verhindert. In Folge des Widerstands heuert Coleman den Killer Roy Elroy und dessen Leute an, um das Problem zu beseitigen, was das Ende der Murphys bedeutet. Einzig der kleine Sohn (Tony) kann das Massaker überleben.

Einige Tage, Wochen oder Monate später: Tony, der mittlerweile von seiner Tante aufgezogen wird, ist ein treuer Besucher des ortsansässigen Wild-West-Zirkus und bestaunt die Fähigkeiten des Kunstschützen Gary McGuire, dem Hurrikane des Wilden Westen. Gary wirbelt den Colt durch die Lüfte und seine bleiernen Kugeln treffen stets ins Zentrum seiner anvisierten Ziele. Wow, denken sich die Farmer, ein solcher Teufelskerl, der könnte doch mir nichts, dir nichts das Land vom Banditentum befreien! Und da fünf Halunken soeben ins Gras gebissen haben, Gary sich in unmittelbarer Nähe befand, wird der Kunstschütze postwendend zum Volkshelden erklärt. Die fünf Toten sind allerdings Roy Elroy geschuldet, der einfach nicht bereit war, die Beute aus einem Banküberfall mit den Galgenvögeln zu teilen. Fortan macht Roy Gary (der unter einem Kindheitstrauma leidet und sich keinem Duell stellen, geschweige denn den Colt gegen einen Menschen richten kann) zum Opfer von Erniedrigungen, ergo zum Gespött der Ortsbewohner und Zirkusgäste. Der einstige Hurrikane hat jegliche Kraft verloren und wird zum Ausgestoßenen, der seinen Trost in der Whiskeyflasche sucht und findet. Haben die Farmer nun endgültig ausgespielt oder wird Gary McGuire sein Trauma überwinden und nach Clayton zurückkehren, um für klare Verhältnisse zu sorgen?

Nach drei beachtlichen Western mit Giuliano Gemma in der Hauptrolle, inszenierte Giorgio Ferroni mit IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO seine IW-Abschlussarbeit. Und diese hat es ganz schön in sich, denn IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO liefert eine gute Story, gute Darsteller und eine ganze Menge Spannung, sodass ich gar leicht euphorisiert aus Ferronis Western-Inszenierung entlassen wurde.

Der im Anschluss an die Credits gezeigte, von unten nach oben fließende Text teilt uns mit, dass - wie bereits in der ersten Hälfte der Inhaltsangabe erwähnt - die Siedler (Farmer bzw. Heimstätter) Stacheldrahtzäune errichten, um sich vor den Viehherden der Rinderbarone zu schützen, was freilich blutige Gegenmaßnahmen evoziert.

In der realen Geschichte Amerikas war Major Andrew Drumm der erste, der einen Stacheldrahtzaun errichten ließ. Drumm war durch und durch Geschäftsmann. Er scheffelte als Goldgräber den Grundstein seines Vermögens, errichtete eine Fleischfabrik und suchte weitere Abenteuer wie Erfolge bei den Rindertrecks, um peu à peu zum Multimillionär aufzusteigen. Währenddessen entdeckte Drumm erstklassiges Rinderland, und zwar den nicht genutzten Cherokee-Streifen, welchen er sich unter den Nagel riss und einzäunte.

Eine gewichtigere Bedeutung hatte der Stacheldrahtzaun jedoch bei den Fehden zwischen Rinder- und Schafzüchtern. Die Schafe besaßen nämlich die Angewohnheit, das Gras dermaßen dicht bei der Wurzel abzufressen, dass es eine gefühlte Ewigkeit dauerte, bis das kostbare Grün einen Neuanfang startete aus dem Erdreich spross. Folglich mussten die Rinderzüchter und Rinderbarone handeln und ihre Weiden mittels S-Draht vor den blökenden Dauerfressern schützen.

In unserem Fall, IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO, schützen die ansässigen Farmer ihre Heimstätten mittels Stacheldraht, um ihre fruchtenden Acker vor driftenden wie grasenden Rinderherden zu bewahren. Die Farmer besitzen eine von der Regierung ausgestellte, landwirtschaftliche Konzession, was sie zur Nutzug des Stacheldrahts legitimiert. Im Gegenzug beschäftigt der Rinderbaron Coleman berufsmäßige Killer, die das Problem aus der Welt schaffen sollen. Das aus einer solchen Situation provozierte Fencecutting, das Zaunschneiden, wurde 1884 zu einer Straftat, die mit 5 Jahren Haft honoriert werden konnte. Zuvor konnte es den Tätern allerdings deutlich schlimmer ergehen, denn selbst der Besitz einer Drahtzange konnte den Vigilanten-Komitees Anlass genug sein, den Betreffenden am nächsten Ast aufzuknüpfen. Damit wäre die brisante Ausgangslage (die allerdings nach und nach ins dritte Glied rückt) klar, verständlich wie einleuchtend definiert.

Auf Platz 2 der Agenda rangiert die Jagd nach 30.000 Dollar. Und von der Spitze grüßen die verknüpften Schicksale des Waisen Tony Murphy und des Kunstschützen Gary McGuire.

Gary ist der Clou in einen Zirkus, der (vermutlich) täglich, mit dem Zweck die Bürger von Clayton zu unterhalten und ihnen einige Dollars aus der Tasche zu ziehen, seine Schleusen öffnet. Angespornt von einigen Clowns wie einigen einheitlich als Indianer kostümierten Komparsen schwingt Gary den Colt, um das Publikum zu bluffen wie zu verblüffen.

Dieser Zirkusmief wie jenes Kunstschützentum sind freilich an Buffalo Bills Wild West Show angelehnt, welche 1883 in Omaha debütierte. Im ersten Jahr war William Franklin Carver alias „The evil Spirit of the Plains“ (wer auch immer ihm den Namen zuschusterte, ich vermute, er war es selbst) sein Kompagnon. Ein dubioser Zeitgenosse wie Scharfschütze mit einem alles andere als astreinen Ruf.

Konträr zu Carver wird Gary in die Rolle des Sprücheklopfers und Großkotzes (in der sich Buffalo Bill bekanntlich auch sehr wohl fühlte) gezwungen. Er wächst kraft eines Missverständnisses zum Volkshelden und ist für die Siedler der hell strahlende, die Hoffnung verbreitende Stern am verseuchten Firmament. Doch wer auf den Putz haut, der muss hin und wieder mit Konsequenzen rechnen, was der Berufskiller Roy Elroy ausnutzt und Gary zum Gespött der Einheimischen macht. Wehren kann sich Gary nicht, denn jegliches Aufbegehren beantwortet sein Inneres postwendend mit Ablehnung, denn Gary ist traumatisiert und kann demgemäß den Colt nicht auf einen Menschen richten. Der scheinbare Held wird somit zum Deppen. Zu einem Dorftrottel, den man nach Belieben erniedrigen wie vergackeiern kann. Die Quintessenz, die uns Giorgio Ferroni mittels IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO respektive mittels des Charakters Gary McGuire liefert, liebäugelt freilich mit LIBERTY VALENCE.

Giorgio Ferronis vierte und letzte Westerninszenierung verdeutlicht eindrucksvoll, dass der Mann sein Handwerk nicht nur verstand, sondern kraft seiner Fähigkeiten das italienische Westerngenre definitiv bereichern konnte. So reflektiert IL PISTOLERO SEGNATO DA DIO einen fortwährend spannenden Western, in dem der Antiheld - nicht unberechtigt - zum Prügelknaben wird, aus seinen einhergehenden Leiden allerdings lernt und fortan zu etwas Besserem reifen wird. Ferroni stellt der Lüge die Realität wie dem Schein das Sein gegenüber, zieht Lienen zu John Ford und verabreicht den Großkotzen der amerikanischen Historie respektive den Produkten journalistischer Phantasien eine schallende Ohrfeige. Tipptopp!
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