Ringo kommt zurück - Duccio Tessari (1965)

Moderator: jogiwan

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unsociable
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Ringo kommt zurück - Duccio Tessari (1965)

Beitrag von unsociable »

Koch Media (Western Collection Nr.13)

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Originaltitel: Il ritorno di Ringo

Herstellungsland: Italien / Spanien 1965

Regie: Duccio Tessari

Darsteller: Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Lorella De Luca, Nieves Navarro, Antonio Casas, Manuel Muñiz, George Martin u.A.

Story:
Schon vor den Toren seiner Heimatstadt muss Bürgerkriegsveteran Ringo (Giuliano Gemma) feststellen, dass sich einiges geändert hat: Großgrundbesitzer Esteban Fuentes (Fernando Sancho) und sein Bruder Paco (George Martin) haben die Stadt und ihre Bewohner unter ihre Kontrolle gebracht. Ringo wurde von ihnen für tot erklärt, damit Paco Ringos Frau heiraten und den Besitz der Familie übernehmen kann. Getarnt als mexikanischer Arbeiter schleicht sich Ringo in die Stadt und schmiedet den ultimativen Racheplan.
(Covertext)
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sid.vicious
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von sid.vicious »

Captain Montgomery Brown kehrt aus dem Bürgerkrieg zurück. Angekommen in seiner Heimat merkt er schnell, dass sich einiges geändert hat. Die Stadt steht unter dem Einfluss von Esteban und Paco Fuentes die ein brutales Regime betreiben. Paco hat Montgomery Brown (Ringo) für tot erklären lassen um somit dessen Frau Helen heiraten zu können. Ringo tarnt sich als Mexikaner um die Situation zu erkunden und anschließend einen Rachefeldzug zu planen…

„Ringo kommt zurück“ ist die angebliche Fortsetzung von „Eine Pistole für Ringo“. Dieses ist allerdings nicht der Fall, da der Film eine vollkommen andere Interpretation der Ringo-Figur darlegt. Das einzige was die beiden Filme verbindet ist: das die gleichen Darsteller mitwirken, dieses allerdings in vollkommen anderen Charakteren. Nichtsdestotrotz hat Duccio Tessari mit diesem Film einen exzellenten Italo-Western geschaffen, welcher sich durch eine gute Story und sehr gute Hauptdarsteller auszeichnet.
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Arkadin
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von Arkadin »

Sehr schöner Italo-Western, das stimmt. Ich wollte an diese Stelle aber auch nicht unerwähnt lassen, dass es sich herbei um die Italo-Western-Version eines sehr klassischen Stoffes handelt: Die Rückkehr des Odysseus. Macht Spass!
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unsociable
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von unsociable »

wann immer ich den Film sehe, verwirrt mich diese Szene:

Esteban spricht Ringo an - Schnitt dahin, wo Ringo stehen sollte. Ringo ist nicht zu sehen, aber zu hören - Schnitt auf Paco - wieder Schnitt zurück, diesmal ist Ringo da

Bild Bild Bild Bild Bild

wollte Tessari uns hier noch 'n mystisches Element unterjubeln oder war's einfach nur Schlamperei beim Schnitt?
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sid.vicious
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von sid.vicious »

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DrDjangoMD
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von DrDjangoMD »

Danke für das reinstellen dieses epischen Songs. Genau die richtige dramatische Musik mit ihrem mitfühlendem Sänger, den schrillen Chören und der unsterblichen Melodie des Meisters himself, Ennio Morricone. "Ringo kommt zurück" ist zusammen mit "Blutiges Blei" einer meiner Liebsten Gemma-Filme. Der erste Ringo war eine nette kleine Unterhaltung, die sicher ihren Beitrag zur Geschichte des Italowesterns leistete, "Ringo kommt zurück" hingegen ist ein mitreißender Westernepos, voll dramatischer Momente, die der Vorlage Homers alle Ehre machen. Die Riege ausgezeichneter Darsteller (allen voran Gemma, Martin und Casas; und Fernando Sancho macht natürlich auch immer gewaltig Laune) wird von Tessari, der schon im ersten Ringo mit ihnen gearbeitet hat, wunderbar eingesetzt und bietet dem Zuseher eine Odyssee-Version gegen die jede andere Verfilmung, die ich bis jetzt gesehen habe, kilometerweit abstinkt. Der Geist des Griechischen Versepos findet sich im Umfeld des Wilden Westens ausgezeichnet zurecht und die hohen Themen wie das Vertreiben Werden aus dem eigenen Land, verblassen durch die spannende und aktionreiche Adaption keineswegs! Schön auch die Spieluhr-Instrumentalversion des Titelsongs, welche noch einen Tick trauriger rüberkommt.
Was geben wir diesem Film...Ach, was solls, Italowestern sind geil, griechische Epen sind geil und Tessari und sein Team schaffen es die besten Dinge aus beiden zu vereinen 10/10
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Arkadin
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von Arkadin »

Juni 1865: Hauptmann Montgomery Brown, genannt Ringo (Giuliano Gemma), will zwei Monate nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs in sein Heimatdorf nahe der mexikanischen Grenze zurückkehren. Doch dort hat eine mexikanische Bande unter der Führung der Brüder Paco (George Martin) und Esteban (Fernando Sancho) Fuentes eine Terrorherrschaft errichtet. Ringo erfährt, dass seine Frau Helen nun mit Paco Fuentes zusammenlebt und diesen heiraten soll. Daraufhin verkleidet er sich als mexikanischer Tagelöhner und bereitet seine Rache vor..

Noch im selben Jahr wie „Eine Pistole für Ringo“, erschien die Fortsetzung „Ringo kommt zurück“. Wobei der Begriff „Fortsetzung“ hier nicht ganz passt. Zwar hat Duccio Tessari die komplette Besetzung seines Erfolgsfilmes, bis hin zu den Nebendarsteller, wieder zusammengetrommelt, aber sie alle spielen hier gänzlich andere Rollen. Auch der Titelheld „Ringo“ ist nicht mit dem „Angel Face“ aus Teil 1 identisch. Scheinbar wurde das „Ringo“-Prädikat auch erst später auf den Film gepappt, denn aus Ringo genannt „Engelsgesicht“ wurde Montgomery Brown genannt „Ringo“. Wobei letzteres immer etwas angestrengt als Anhängsel nachgeschoben wird. Ursprünglich sollte der Film auch „Die Odyssee der langen Gewehre“ heißen, was ein weitaus passenderer Titel gewesen wäre. Denn bei der Odyssee bedienen sich die Drehbuchautoren Tessari und der spätere Kult-Regisseur Fernando di Leo mehr als deutlich. Genaugenommen der Rückkehr des Odysseus. Aus dem Trojanischen Krieg wurde dabei der amerikanische Bürgerkrieg; aus den Freiern, die um Penelope buhlen, der Bandit Paco Fuentes und statt als Bettler, verkleidet sich der Held als mexikanischer Tagelöhner.

Auch der leichte Ton des actiongeladenen Vorgängers wurde geändert. „Ringo kommt zurück“ ist düster und melancholisch, besitzt sehr viel mehr Pathos – den Gemma mehr schlecht als recht durch übertriebenes Augen aufreißen darzustellen versucht – und ist ruhiger, mit einem Fokus auf dichte Stimmung, inszeniert. Während in „Eine Pistole für Ringo“ die Musik, bis auf das großartige Titellied, eine eher untergeordnete Rolle spielt, so greift Tessari hier in die Vollen. Er wird dabei kongenial von Ennio Morricone unterstützt, der einen abwechslungsreichen und emotionalen Soundtrack komponiert hat. Die Szene, in der Ringo das erste Mal seine Tochter sieht, wird beispielsweise mit einem gar Orffschen Klang-Gewitter begleitet. Wenn er, in einer der schönsten Szenen des Filmes, seiner Frau, die ihn für tot hielt, gegenübersteht, wird das Titelstück auf eine ergreifende Weise als traurig-pathetische Untermalung genutzt.

Auch die Ausleuchtung, Bildkomposition und Kameraführung ist ambitionierter als in „Eine Pistole für Ringo“. Tessari war sichtlich daran interessiert, eine stimmungsvolle Tragödie zu erschaffen, die mehr als ein reiner Unterhaltungsfilm sein soll. Man denke nur an ikonische Szenen, wie die vom Sandsturm umtoste Silhouette Ringos in der Kirchentür erscheint, um das Finale einzuläuten. Oder die Begegnung zwischen Ringo und seiner Frau in einem nur von einer schwachen Lampe beleuchteten Raum. Später sitzen sie sich dann im stimmungsvollen Gegenlicht einander gegenüber. Oder man denke an Ringos psychedelisch angehauchten Gang, vorbei an verschiedenfarbigen Fenstern.

Hinzu kommen sehr starke Darstellerleistungen. Antonio Casas gibt statt des Gentleman der alten Schule diesmal den trunksüchtigen Sheriff; Manuel “Pajarito” Muñiz gelingt es, seinen doch eher komischen Charakter Miosotis mit echtem Leben zu füllen, statt ihn der Lächerlichkeit preiszugeben. So gehört die für mich beste Szene des Filmes gerade diesen beiden Figuren, wenn sie gemeinsam in das finale Shoot-Out mit den Banditen ziehen und Muñiz Casas ein Gewehr zuwirft. Profis, die keiner Worte bedürfen und wissen, was zu tun ist. Fast fühlt man sich wie bei Howard Hawks. Mir gefällt der Gedanke, „Ringo kommt zurück“ wäre eine alternative Welt zu „Eine Pistole für Ringo“, in der einfach einige Sachen anders gelaufen sind, aber die Charaktere sich irgendwie an die Welt aus „Eine Pistole für Ringo“ erinnern. Warum sonst entwickelt Susan Scott plötzlich eine Sympathie für Casas, in den sie sich ja in dem anderen Film verliebt hatte. Warum sonst besteht George Martin so bedingungslos darauf, Lorella de Luca zu heiraten, die im Vorgänger seine Verlobte war? Warum nimmt Muñiz Ringo ohne zu fragen bei sich auf und hilft ihm, wie er ihm schon zuvor geholfen hat? Und verwandelt sich nicht auch Ringo zurück in das „Engelsgesicht“? Laut dem für ihn errichteten Grabstein müsste er 50 Jahre alt sein und wird zu Beginn auch mit weißen Haaren gezeigt. Am Ende ist er dann braunhaarig und wirkt keinen Tag älter als der Ringo, der eine Pistole brauchte. Auch das freche Grinsen ist zurück. Von daher passt der Titel „Ringo kommt zurück“ dann wohl doch sehr gut.

Quentin Tarantino hat diesem Film auf seiner Liste den Platz Nummer 10 gegeben. Das Bild der DVD ist für das Alter gut. Im Bonusmaterial befindet sich die Doku „A Western Greek Tragedy” (25:27 Minuten), in der wieder Tessaris Ehefrau und Hauptdarstellerin Lorella de Luca zu Wort, sowie Kamerassistent Sergio D’Offizi zu Wort kommen. Beide erzählen informativ von den Dreharbeiten.

Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2013/03/ ... mt-zuruck/
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari

Beitrag von buxtebrawler »

Arkadin hat geschrieben:Mir gefällt der Gedanke, „Ringo kommt zurück“ wäre eine alternative Welt zu „Eine Pistole für Ringo“, in der einfach einige Sachen anders gelaufen sind, aber die Charaktere sich irgendwie an die Welt aus „Eine Pistole für Ringo“ erinnern. Warum sonst entwickelt Susan Scott plötzlich eine Sympathie für Casas, in den sie sich ja in dem anderen Film verliebt hatte. Warum sonst besteht George Martin so bedingungslos darauf, Lorella de Luca zu heiraten, die im Vorgänger seine Verlobte war? Warum nimmt Muñiz Ringo ohne zu fragen bei sich auf und hilft ihm, wie er ihm schon zuvor geholfen hat? Und verwandelt sich nicht auch Ringo zurück in das „Engelsgesicht“? Laut dem für ihn errichteten Grabstein müsste er 50 Jahre alt sein und wird zu Beginn auch mit weißen Haaren gezeigt. Am Ende ist er dann braunhaarig und wirkt keinen Tag älter als der Ringo, der eine Pistole brauchte. Auch das freche Grinsen ist zurück. Von daher passt der Titel „Ringo kommt zurück“ dann wohl doch sehr gut.
Wahrhaftig eine schöne Vorstellung, die mich den Film noch einmal mit anderen Augen sehen lässt. :)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari (1965)

Beitrag von buxtebrawler »

„Niemand will gerne sterben. Doch wenn man Angst hat, stirbt man hundert Tode. Aber wenn man keine Angst hat, dann stirbt man bloß einen!“

Der erste Western des italienischen Filmemachers Duccio Tessari („Der Mann ohne Gedächtnis“), „Eine Pistole für Ringo“, ließ 1965 die Kinokassen klingeln. Noch im gleichen Jahr schob er daher mit „Ringo kommt zurück“ einen Nachfolger nach, der zwar über dasselbe Darsteller-Ensemble verfügt, ansonsten aber eigentlich nichts mehr mit dem locker-lässigen Vorgänger zu tun, stattdessen vielmehr eine Adaption der griechischen „Rückkehr des Odysseus“ ins Italo-Western-Format darstellt – weshalb davon ausgegangen werden darf, dass die Beibehaltung des Rollennamens „Ringo“ lediglich kommerziellen Zwecken dienste. Als Tessaris Co-Autor fungierte diesmal Fernando Di Leo, der Film entstand in italienisch-spanischer Koproduktion.

Montgomery Brown alias Ringo (Giuliano Gemma, „Der Tod ritt dienstags“) kehrt reichlich desillusioniert aus dem US-amerikanischen Bürgerkrieg zurück und muss zu seinem Entsetzen erfahren, dass eine mexikanische Banditenbande um die Fuentes-Brüder Esteban (Fernando Sancho, „Arizona Colt“) und Paco (George Martin, „Lanky Fellow“) nicht nur seinen Heimatort besetzt haben und die Bevölkerung ausbeuten, sondern seine Frau Helen (Lorella De Luca, „Blutspur im Park“) zudem kurz vor der Eheschließung mit Paco steht. Der örtliche Sheriff (Antonio Casas, „The Good, the Bad and the Ugly“) muss tatenlos zusehen und ist dem Alkohol verfallen. Brown möchte sich seine Frau zurückholen und damit er nicht sofort als „Gringo“ erkannt und über den Haufen geschossen wird, färbt er mittels indianischer Kräuter sein blondes Haar dunkel, lässt sich einen Bart stehen und verkleidet sich als mexikanischer Tagelöhner. Im Ort angekommen, wird er sogleich von den Fuentes‘ gedemütigt und misshandelt, aber wenigstens am Leben gelassen…

„Ich kann nicht schießen, hab‘ ich noch nie versucht!“

Viel hat „Ringo kommt zurück“ tatsächlich nicht mehr mit „Eine Pistole für Ringo“ zu tun: Zwar trifft man auf allerlei bekannte Gesichte, doch sind neben dem Tonfall des Films, der hier wesentlich ernster, düsterer, melancholischer und pathetischer ausgefallen ist, auch die Rollencharakterisierungen andere. Der Name Montgomery Brown als Ringos bürgerlicher Name fällt hier zudem erstmals, sein Spitzname gerät deutlich in den Hintergrund. Vor allem ist er kein abgeklärter Draufgänger mehr, der nie um einen Spruch verlegen ist. Nein, dieser Ringo hier kämpft verbissen um seine Familie, hat Schreckliches erlebt und kennt Leid und Tod. Dazu passend eröffnet Maestro Ennio Morricones Soundtrack den Film mit einem von Maurizio Graf gesungenen Titellied, das diese Stimmung wiedergibt. Texttafeln berichten vom jüngsten Ende des Bürgerkriegs, bevor die nahe der mexikanischen Grenze spielende Handlung beginnt.

Der zunächst strohblonde Montgomery Brown ist deutlich vom Krieg gezeichnet und hat einen Tick davongetragen, eine nervöse Zuckung im Gesicht. Auf Mexikaner getrimmt, nimmt er im Heimatort eine Tätigkeit beim kauzigen Blumenhändler Myosotis (Manuel Muñiz, „Der lange Tag der Rache“) an, der sich als klassische komödiantische, dem Protagonisten wohlgesinnte Nebenrolle im Italo-Western entpuppt und die Handlung auflockert, es damit aber auch nicht übertreibt. Während Esteban ganz der Klischee-Mexikaner ist, ist sein Bruder Paco die weitaus smartere Variante im schicken Anzug. Die von Nieves Navarro („Nackt unter Kannibalen“) verkörperte rassige Saloon-Tänzerin Rosita, zudem ein leichtes Mädchen, hat zwar kein Problem damit, sich den Fuentes‘ unterzuordnen, hegt aber auch Interesse an Brown. Die Ambivalenz ihres Charakters zeigt sich, als sie eine wüste Kneipenschlägerei heraufbeschwört, nachdem er sie hat abblitzen lassen, den arg malträtierten Brown anschließend aber wieder aufpäppelt. Die stärksten Wechselwirkungen erzeugen indes natürlich die Begegnungen zwischen Brown und seiner Frau – insbesondere vor dem Hintergrund seines zwischenzeitlich fingierten Todes – und seiner kleinen Tochter (Mónica Sugranes), die er erstmals zu Gesicht bekommt.

Bedeutsame Szenen wie diese inszeniert Tessari behutsam und aufwändig, arbeitet genussvoll mit Symbolik, Ausleuchtungen und Kameraperspektiven sowie Morricones Orchester, um die gewünschte Stimmung bzw. vielzitierte Atmosphäre zu erzeugen oder zur unterstreichen. Und wenn der Soundtrack verstummt, hört man das Pfeifen des Wüstenwinds… Kontrastiert werden derartige Momente beispielsweise von einer vergnügten Tanz- und Gesangseinlage Rositas, die zudem zu einer interessanten Option für Brown wird, welcher sich jedoch für seine Familie entscheidet und damit endgültig unterstreicht, dass seine Rolle vom Italo-Western-typischen Einzelgänger weit entfernt ist. Nach rund einer Stunde stellt sich Brown offen den Fuentes‘ entgegen und läutet damit ein Finale ein, in dem er unter Beweis stellen kann, dass er zwar nicht mehr das „Engelgesicht“ aus seinem ersten filmischen Auftritt, aber noch immer ein verdammt versierter Revolverheld ist. Geradezu gruselig ist die symbolträchtige Aufstellung der Särge in der Kirche während der Hochzeit Pacos, der schließlich das erwartete großangelegte Duell mit vielen Toten folgt, nachdem Brown wie der Erlöser persönlich in der Kirchentür erscheint, umtost vom Sandsturm. Die finale Schießorgie wurde gut choreographiert, bietet jedoch keine überraschende Wendung oder Magic Moment mehr. Befremdlich mutet an, dass Brown sein kleines Kind mit einem Colt hantieren lässt…

„Ringo kommt zurück“ wirkt auf mich wie eine durchaus gelungene Mischung aus Italo- und US-Western-Motiven, dem die Charakterisierung Browns als ausschließlich an seiner Familie, zunächst aber keinesfalls am Schicksal der übrigen unter der Knute der Fuentes‘ stehenden Bürger interessiertem halben Anti-Helden misslingt, sofern sie überhaupt intendiert war. So entfällt größtenteils das Wechselbad der Gefühle zwischen Zynismus und niederen Beweggründen des raubeinigen Protagonisten einer- und dessen Verletzlichkeit und Leidensfähigkeit sowie guten Herzen unter der harten Schale andererseits, das den speziellen Reiz manch anderer Genreproduktion ausmacht. Man sollte sich jedoch darüber bewusst sein, dass Sergio Leone das eigentliche Genre erst ein Jahr zuvor losgetreten hatte, auch „Ringo kommt zurück“ ergo noch ein früher Beitrag ist. Zudem dürfte es Tessari ferngelegen haben, als Plagiator in Erscheinung zu treten, wenngleich er hier und da „Für eine Handvoll Dollar“ zu zitieren scheint. Die bis auf erwähnte Ausnahmen recht eindeutige Charakterisierung der Rollen geht einher mit einer konventionellen Erzählweise und tendenziell überraschungsärmeren Handlung, allein schon aufgrund ihres Fundaments in der klassischen griechischen Sage. Die dramaturgisch kaum Längen aufweisende Umsetzung Tessaris, die ambitionierte Kamera, der tolle Schnitt, die edle musikalische Untermalung und nicht zuletzt bestens aufgelegte Schauspieler machen „Ringo kommt zurück“ nichtsdestotrotz zu einem nur schwer verzichtbaren Genuss für Italo-Western-Freunde, die jedoch keinesfalls eine wirkliche Fortsetzung von „Eine Pistole für Ringo“ erwarten sollten.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Ringo kommt zurück - Duccio Tessari (1965)

Beitrag von karlAbundzu »

Auf meiner DVD sin zwei Synchro-Versionen, eine von 66 und eine von 72, kennt da wer die Hintergründe?
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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