Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Moderator: jogiwan

Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

05. – 07.05.2017: Hafengeburtstag Hamburg

Bild

Hafengeburtstag! Mir eigentlich egal, wer da was feiert, denn unsereins feiert seine Szene und Subkultur abwechselnd auf zwei Bühnen: der Onkel-Otto-Bühne am Störtebeker und der großen, zum offiziellen Programm gehörenden Jolly-Roger-Bühne direkt an der Elbe. Am Freitag hatte es tagsüber aus Kübeln gepisst und mir schwante schon Übles, doch pünktlich zum Abend hatte der Wettergott ein Einsehen und schloss die Schleusen. Nach Arbeit und Sport hab‘ ich mich bei Freunden einquartiert und die frohe Kunde vernommen, dass man am Störte dem Zeitplan hinterherhinkt und KANISTERKOPF noch gar nicht begonnen haben. So konnte ich noch in Ruhe im bzw. aufgrund akuter Überfüllung am Osborne dem Sieg des FC St. Pauli beiwohnen (wo mich eine sich offenbar bereits recht blümerant fühlende Kiez-Touristin fragte, ob ich ein Nazi sei und mich über Toleranz aufklärte, danke dafür...) und kam anschließend bei kaltem, aber eben endlich trockenem Wetter fast pünktlich zu den Kanisterheads, die ich eine Woche zuvor bereits im Menschenzoo gesehen hatte. Aufgrund des Umfang, vor allem aber aufgrund meines exorbitanten Bierkonsums und der vielen während der Gigs geführten Gespräche sowie der permanenten Reizüberflutung fallen meine Schilderungen diesmal kürzer als gewohnt aus – soll sich ja auch keiner ‘nen Tag freinehmen müssen, um das hier zu lesen zu können…

KANISTERKOPF jedenfalls glänzten erneut mit wuchtigem, rauem, aggressivem ‘90s-Hardcore in Trio-Besetzung, präzise wie Sau und mit rustikalem Charme bei gleichzeitiger perfekter Instrumentenkontrolle, wobei ich diesmal verstärkt ein Ohr für die klasse Gitarrenarbeit hatte. Das verbrachialgroovte IRON-MAIDEN-Cover „2 Minutes To Midnight“ schien mir nicht unbedingt jeder der bereits zahlreich Anwesenden erkannt zu haben, ansonsten gefiel mir die Band am besten, wenn sie – na klar – aufs Gas trat. Der gute Norman, Sound- und Technikchef jener Bühne, war jedoch nicht zu beneiden, als er hektisch hin und her lief und dennoch nicht verhindern konnte, dass die Band ständig nach besserem Monitorsound verlangte und sich hin und wieder fies-krachige Störgeräusche einschlichen, di e jedoch dann und wann fast schon zum Bandsound passten. Ansonsten war der Sound vor der Bühne völlig ok und der eine oder andere neigte bereits tanzender- und moshenderweise zur Ekstase.

Dem kreativen oder allgemeinen Chaos geschuldet, war die avisierte Band-Reihenfolge schon wieder obsolet, sodass es zum bestgehüteten Geheimnis des Abends avancierte, wer jene vier Herren waren, die anschließend mittels oldschooligem US-Hektiker-Hardcore à la CIRCLE JERKS und Konsorten (oder so ähnlich, die Songs waren länger, aber bessere Vergleiche fallen mir nicht ein) die Bühne unsicher machten. Sollte der Shouter das zwischendurch dann doch kundgetan haben, muss es untergegangen sein. Ansonsten war man aber recht auskunftsfreudig und vor allem ambitioniert, wie die zahlreichen kritischen bis politisch gefärbten Ansagen und Bekundungen bewiesen. Per Ausschlussverfahren tippte ich auf die Bremer NERVOUS ASSISTANT und lag damit richtig. War nicht verkehrt, wenngleich KANISTERKOPF im direkten Vergleich mehr Druck erzeugten. Nichtsdestotrotz guter Gig ohne jede Blöße. Sämtliche Soundprobleme waren ab nun übrigens auch anscheinend gelöst.

Mittlerweile war’s dunkel geworden und die lokale Lieblings-Ruckizucki-Stimmungskapelle HAMBURGER ABSCHAUM blies durch ihre Trompete zum Angriff. Das Publikum war längst voll auf Betriebstemperatur und in Feierlaune und so wurd’s natürlich ‘ne einzige große Party. Der Stoff des „Endlich!“-Albums wurde mit ein paar neueren Songs angereichert und wurde mal nicht geblechbläsert oder im Dreimannchor geträllert, kam die gefürchtete Kettensäge zum Einsatz. An den eigenwilligen Gitarrensound muss ich mich immer erst mal gewöhnen, an die genial-mitgrölkompatiblen Texte nicht und unser Homie Dr. Tentakel an der Schießbude peitschte das Septett gut nach vorne. Doch als wäre die Bühne mit sieben Kerlen nicht schon ausgefüllt genug gewesen, kletterten nun vermehrt Teile des Publikums auf die Bretter, natürlich ohne anschließend Flachköpper Richtung Asphalt zu riskieren. Selbstlos wie er ist, wies START-A-RIOT-Thomas auf die sich daraus ergebenden Gefahren hin, indem er demonstrierte, wie schmerzhaft es sein kann, auf der Bühne in einem Schlagloch umzuknicken. Liebevoll stand ihm der offenbar gelernte Pferdemetzgerdoktor und ABSCHAUM-Sänger Frank zur Seite, der nach fachmännischer Diagnose anbot, ihn mittels besagter Kettensäge der schmerzenden Extremität zu entledigen. Ich hoffe, er ist wieder wohlauf. „Döp döp döp… Scheiß ich auf die Norm“ hallte es schon vor und auch nach jenem vielleicht größten Bandhit durch die Straßen und im Anschluss an den Gig wusste jeder, was man am HAMBURGER ABSCHAUM hat – wenn der in Spiellaune ist, ist die Party gerettet.

„ÖsLÖ PÖnKRöcK“ spielen die Norweger DANGER!MAN nach eigenem Bekunden, was sich als Mischung aus punkigem Hardcore und hardcorigem Punk mit mal mehr, mal weniger dezenter Melodie-Schlagseite entpuppte. Ein Teil feierte den sehr souveränen und selbstbewussten Gig des Vierers vor der Bühne ab, für andere dienten DANGER!MAN eher als Hintergrundmusik während des Wartens auf und Kräfteschonens für OI POLLOI. Ich war in Gesabbel vertieft, denn der günstig dargereichte Alkohol hatte manch Zunge gelöst und so tauschte man sich mit der Gott und der Welt über Gott und die Welt aus, sodass ich mir jedes weitere Wort über DANGER!MAN jetzt aus den Fingern saugen müsste. Vielleicht noch so viel: Unter http://www.dangerman.no/#releases könnt ihr euch die Veröffentlichungen gratis und offiziell herunterladen.

Die nimmermüden Schotten von OI POLLOI um Shouter Deek gelten gemeinhin als Anarcho-Punk-Band, vereinen aber eigentlich das Beste aus mehreren Sub-Genres: Oi!-Stampfer aus den Anfangstagen zählen genauso zum Repertoire wie hammerharter HC. Kombiniert mit einem unprätentiösen, klischeearmen Auftreten und Alleinstellungsmerkmalen wie Deeks nahezu perfekten Deutschkenntnissen und seinen launigen, repetitiven Ansagen („Mein kurzhaariger Freund!“, „Mein langhaariger Freund!“, „Lasst uns einen Whiskey trinken!“, „Das ist geiel!“) zählen sie seit vielen Jahren zu Publikumslieblingen und sind – außer bei politisch besonders verwirrten Hardlinern – überaus gern gesehene Gäste in den DIY-Schuppen der Republik. Und es tat gut, mal wieder die Hits von „Nuclear Waste“ über „Let The Boots Do The Talking“ bis hin zu meinem Favoriten, „System“, und wie die herrlich räudigen Grobkellen sonst noch alle heißen, um die Löffel gehauen zu bekommen. Die Örtlichkeit war dafür aber die rustikalste Hamburgs, denn der harte Asphalt vor der Bühne ist nicht wirklich eben, mitten durch die Tanzfläche verläuft ein fieser Kantstein und zu vorgeschrittener Stunde ist das Areal natürlich gespickt mit Glasscherben und anderem Unrat. Als ich übermütig wurde und mich kurzzeitig doch in den wüsten Mob stürzte, flog ich natürlich prompt in den Dreck. Ok, das war’s wert, andere sprachen im Nachhinein aber allgemein von übermäßiger Härte im Pit. Möglicherweise trafen auch einfach nur zwei Typen alkoholisierter Adrenalinschwängerung aufeinander, Rücksichtslosigkeit versus Gleichgewichtsstörungen, Hauptsache austoben :D Den Gig an sich hab‘ ich als astrein in meiner langsam aussetzenden Erinnerung, Deek sprang aufgekratzt und authentisch angepisst in seinem schwarzen Kapu über die Bühne und seine anscheinend ständig wechselnde Band schüttelte die Songs locker aus den Handgelenken. PULVERTOASTMANN-Holler ward übrigens häufiger auf als vor der Bühne gesehen :D

Genug hatte ich noch lange nicht, über die Tortuga-Bar ging’s ins Onkel Otto und von dort aus noch weiter durch die Kiezgassen. Insgesamt dürfte ich mich an diesem Abend viermal betrunken haben…

„Scheiße!“, ist häufig mein erster Gedanke, wenn ich nach durchzechter Nacht erwache. Kurz abklopfen und -tasten: Noch alle Gliedmaßen dran, noch alle Zähne im Maul und im Bett oder Bettähnlichen außerhalb einer Zelle oder sonstigen geschlossenen Einrichtung befindend, Handy/Schlüssel/leeres Portemonnaie noch da. Ok, da kann man fast schon wieder La Paloma pfeifen. Das Dumme war nur, dass ein Blick auf die Uhr irgendwas zwischen 19 und 20:00 Uhr anzeigte, was Rückschlüsse dahingehend erlaubte, wie spät bzw. früh es wurde, mich über meine Kondition in Erstaunen versetzte, aber auch bedeutete, dass ich diverse Band bereits vorm Aufstehen verpasst habe. So hätte ich z.B. sehr gern CRASS DEFECTED CHARACTER die Störtebeker-Bühne eröffnen sehen. Nach ’ner Dusche und ’ner Gassirunde kam ich aber erst zu PENADAS POR LA LEY aus Bilbao gegen 21:00 Uhr an, zwei Mädels an Gitarre und Bass und ein Kerl hinter der Schießbude, die melodischen Punkrock in Landessprache zocken und bestens aufgelegt waren. Anfänglich klang’s mit nur einer Klampfe hier und da noch etwas dünn, das gab sich aber im Laufe der Zeit und war so etwas wie der Soundtrack zu meinem persönlichen Sonnenaufgang an diesem Samstag. Und mittlerweile war’s auch nicht mehr so verfickt kalt!

Bild

Irgendwann fiel mir dann ein, dass ich ja eigentlich auch endlich mal zur Jolly-Bühne runter wollte, allein schon, um zu horchen, was RUDE PRIDE aus Madrid so an klassischem Skinhead-Oi! fabrizieren. Die waren nur leider fast schon durch, dafür war die Atmosphäre angenehm, BLITZ‘ „New Age“ ist auch als Cover immer gern gehört usw. Leider war die Rhythmusgitarre kaum zu vernehmen, sodass der Sound arg dünn wurde, wenn die Leadgitarre Soli spielte.

Die ersten Bierchen schmeckten längst wieder, als das Feuerwerk das Firmament erhellte und anschließend die SPERMBIRDS zur Tat schritten, die ich nun wirklich keinesfalls hätte verpassen wollen. Mitte der 1980er bis Anfang der ‘90er gehörten die Kaiserslauterer meines Erachtens zum Besten, was Deutschland in Sachen Hardcore zu bieten hatte – in Kombination mit ihrem US-amerikanischen Sänger Lee Hollis, versteht sich. Seit geraumer Zeit sind sie wieder zusammen unterwegs, mein letzter SPERMBIRDS-Gig, seinerzeit im Hafenklang, lag aber auch schon wieder viel zu lange zurück. DAS Hitalbum schlechthin bleibt natürlich das Debüt „Something To Prove“, dessen Songs auch an diesem Abend am meisten knallten. Für meinen Geschmack wurde etwas zu viel von den anderen Alben gespielt, sodass manch Kracher auf der Strecke blieb. Den Spaß und Adrenalinkick minderte das jedoch weitaus weniger als die Atmosphäre, die natürlich nie an einen schweißtreibenden Clubgig ohne Absperrung herankommt. Dennoch ein erfreuliches Wiedersehen mit den Vögeln, von dessen aufputschender Wirkung ich profitierte, als ich wieder kein Ende fand und mir die Nacht noch im Menschenzoo um die Ohren schlug – wenngleich diesmal alles vergleichsweise zivil ausfiel.

Am nächsten Mittag bereits wurde sich aus der Koje geschält und wahnsinnigerweise direkt zur BOLANOW-BRAWL-Probe geeilt, um anschließend mit den Affen zum – na klar! – Hafengeburtstag zu pilgern, wo unsere Kumpels von ARRESTED DENIAL um 17:00 Uhr ihren Streetpunk mit gelegentlichen HC-Einlagen bis hin zu ROXETTE-Covers unters verkaterte Volk brachten. Die nun plötzlich kräftig strahlende Sonne ballerte gut auf den Pelz und lud auch den einen oder anderen dazu ein, sich noch mal vor die Tür zu trauen, wenngleich es auf dem Riesenareal schnell nach versprengtem Häuflein aussieht. Die Band, allen voran Frontsau Valentin, war gut drauf, zu dämlichen Sprüchen aufgelegt und widmete diverse Songs verschiedenen Menschen, die die Band bisher unterstützt haben. Das eine oder andere Stück der in Kürze erscheinenden neuen Platte befand sich ebenfalls im Set und der Sound ging in Ordnung. Makelloser Gig, zu dem sich gut entkatern ließ und es war insbesondere schön, Neu- bzw. Wieder-Basser Timo mal wieder auf der Bühne zu sehen! Dann allerdings strich ich die Segel, verzichtete auf die REAL MCKENZIES und erklärte den diesjährigen Hafengeburtstag für mich für beendet.

Fazit: Drei Tage Hafengeburtstag, drei Tage Ausnahmezustand. Ich vermute, die Bedeutung gerade des alternativen, auch „Affengeburtstag“ genannten nichtkommerziellen Programms am Störtebeker werde ich hier niemandem erläutern müssen. Deshalb Respekt und Danke an alle Beteiligten, die das alljährlich aus dem Boden stampfen. Einzig ärgerlich, jedoch ein Luxusproblem sind die Überschneidungen mit dem ebenfalls i.d.R. sehr interessanten Jolly-Roger-Bühnenprogramm, das auch dieses Jahr bei mir leider reichlich kurz kam. Danke auch an die Meister der Verpflegung, die an der Hafenstraße arschleckere Veggie-Döner und -Burger zubereiten und verkaufen und damit sicherstellen, dass bei allem Gesaufe auch feste Nahrung im Magen landet – wenngleich ich es bei der Plastiktechnobeschallung dort keine fünf Minuten aushalten würde. Nach dem eigentlich immer chaotisch verlaufenden Hafengeburtstag, der sowie immer anders kommt als geplant, schalte ich normalerweise wieder ein, zwei Gänge zurück, was auch bitter nötig ist – soll schließlich nicht mein Letzter gewesen sein. Abschließend noch ein großes Spezialdankeschön an Lena und Timo! You’re the best!

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/05-07-05- ... g-hamburg/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10905
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von CamperVan.Helsing »

karlAbundzu hat geschrieben:3. Mai 2017, Lagerhaus, FEHLFARBEN spielen MONARCHIE & ALLTAG
[BBvideo][/BBvideo]
Das Konzept ist ja heiß diskutiert worden, die wegweisende erste LP komplett nachzuspielen. (Ein ähnliches KOnzept machten ja aber auch schon Sonic Youth, The Cure, Lou Reed..)
Die MOnarchie und Alltag: Eine Band will Ska machen, hörte wohl aber SEVENTY SECONDS statt TOO MUCH PRESSURE. Ich finde die Platte ja großartig und sie war auch persönlich sehr wichtig, und da ich die Farben letztes Mal nicht sehen konnte, ging ich diesmal hin. Proppenvoll im großen Saal im Lagerhaus und ich war eher Durchschnitt bis jung.
Sie spielten sehr original geteu die 11 Stücke der LP durch, nur Peter Hein varrierte seinen Gesang und wich doch hufiger ab, zum Glück, das hielt einige Mitsinger im Zaum. Herr Hein hatte wohl auch nicht so recht Lust auf das Konzept, zu erst dachte, dem geht es nciht gut; er stützte sich oft an einer Säule ab, das Gesicht sah auch nciht so gut aus, Ansagen gab es nur eine. Andererseits machte er ein paar Scherze mit der Schlagzeugerin.
Die Songs sind einfach sehr sehr großartig und es machte Spaß, sie so live zu hören, es hätte nur ein wenig laute sein können.
Dann gab es eine kurze Pause und es wurden aktuellere Sachen gespielt, bei denen bin ich nicht ganz so firm, alles gutes Zeug, Peter war umgezogen und lustiger drauf, grüßte Fabsi von den Mimmi's ("Ach ja , Funpunk, der ist ja auch vorbei"). Kleinigkeiten: Es wurden keine Songs der von mir geliebten und hoffnungslos unterbewerteten Platte des himmlischen Friedens gespielt. Die neuen Songs sind textlich oft auch ein Abarbeiten an der Vergangenheit. Und nicht so großartig wie die von der M&A, so das das qualitativ abfiel, dramaturgisch nicht so gut. Sie kamen noch zweimal und das letzte Stück fing an wie I wanna be your dog, das hätte ich ja mal witzig gefunden, ging dann aber in ein BLUE MONDAY Rip Off über. Da fiel mir auch zum ersten mal eine Ähnlicheit zwischen den Songs auf.

Ein gelungener, nicht ganz runder Abend.
Gestern waren die Fehlfarben in Hamburg in der Kampnagelhalle K6. Ich hab die Monarchie & Alltag ja erst sehr viel später für mich entdeckt, hatte die Platte aber nun auch schon länger nicht mehr gehört. In der ersten Hälfte des Konzerts wurde dann die M & A-Platte komplett gespielt und alte Fotos aus der Zeit dazu an die Wand projeziert ("Kernkraft ja! Wählt EAP" :o ). Thomas Schwebel hat man noch einmal an der Gitarre zurückgeholt und bei "Militürk" (man ersetze bei dem Text einfach mal "Atatürk" durch "Erdogan" und "Imbissstube" durch DITIB-Moschee...) gab es grandioses Drum-Solo von Saskia von K.

Danach gab es noch einige Songs aus den letzten 10 Jahren, die in der Regel elektronischer angehaucht waren, und bei denen dann (zumindest bei einigen) auch Schwebel fehlte, und die den Klassikern auch nicht wirklich das Wasser reichen konnten. Peter Hein (wird dieses Jahr 60! :shock: ) fiel noch durch extravagante Hemden auf (ich hoffe, dass er igendwann mal "Mr. Jones & Me" von den Counting Crows covert...) und der Pyrolator durch eine gewisse Ähnlichkeit zu Arkadin. 8-)
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
Benutzeravatar
supervillain
Beiträge: 2034
Registriert: Di 5. Mär 2013, 13:58
Wohnort: München

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von supervillain »

Das wäre natürlich was gewesen, die "Monarchie & Alltag" war auch für mich sehr wichtig.
ugo-piazza hat geschrieben:Peter Hein (wird dieses Jahr 60! :shock: ) fiel noch durch extravagante Hemden auf (ich hoffe, dass er igendwann mal "Mr. Jones & Me" von den Counting Crows covert...)
Da kann karlAbundzu aber auch mithalten, ich habe ihm beim Forentreffen ja schon gestanden, dass ich bei BSV-LateNight unter anderem seine frischen Hemden feiere. :D
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

12.05.2017, Lobusch, Hamburg:
CHOLERA TARANTULA + WIRRSAL + ASIMATRIX


Bild

Wieder ein D.I.Y.-HC-Punk-Konzi, diesmal mal wieder inner Lobusch. ASIMATRIX spielen momentan eine Vielzahl an Gigs, so hatte ich sie erst kürzlich in der Flora gesehen. Da ich sie mir noch lange nicht sattgehört habe, hatte ich auch Bock auf diesen Gig, der von der relativ neuen Konzertgruppe „Disgigz“ organisiert wurde. Sängerin Juli war gesundheitlich etwas angeschlagen und sich mit den möglichen Nebenwirkungen ihres Medikaments mittels Beipackzettel vertraut zu machen, ein kurzweiliger Spaß im Vorfeld. Zugutehalten muss man dem Zeug aber, dass es offenbar wirkt, denn als die Band nach kurzem Soundcheck loslegte, klang eigentlich alles wie gewohnt – außer vielleicht das diesmal heftig polternde Schlagzeug, das etwas eigenwillig abgemischt war, dafür aber umso mehr ballerte. Großartig den apokalyptischen HC-Punk/Skacore-Bastard von Bandsound beschreiben werde ich jetzt nicht mehr, war wieder ein rabiates Brett mit herrlich angepissten weiblichen Vocals und Gebrüll von beiden Bühnenflanken. Drummer Spike hängt sich so richtig schön in die Schießbude rein und verprügelt das Ding, als habe er mehr Gliedmaßen zur Verfügung als andere. Natürlich gelang’s der Band, das Publikum aufzutauen und erste Tanzeinlagen waren zu vermelden. ASIMATRIX dürften auch an diesem Abend den einen oder anderen Freund hinzugewonnen haben.

WIRRSAL aus Hamburg und Lübeck, wie ich an diesem Abend in Erfahrung bringen konnte, hatte ich letztes Jahr erstmals im Onkel Otto gesehen, bleibenden Eindruck hatte der Gig jedoch nicht unbedingt hinterlassen. Das sollte sich heute ändern. Von null auf hundert fackelte der Vierer ein deutschsprachiges HC-Punk-Feuerwerk ab; schnelle Songs, die sich nicht vor Gitarrensoli scheuen, ein Sänger mit kräftigem Organ, der ständig in Bewegung war und kritische, direkte, wütende Texte über diesen und jenen Scheiß, in guter alter ‘80er-Tradition und mit scheppernden Becken, hier und da zusätzlich durch Midtempo-Parts oder Offbeats aufgelockert. Der Sound war top, sodass die Songs voll zur Entfaltung kamen. Auch vor der Bühne war nun noch mehr los und das Band-Vinyl nehme ich mir beim nächsten Mal mit.

Die Bremer CHOLERA TARANTULA wussten vor’n paar Wochen bereits im Gängeviertel zu gefallen und hatten diesmal (möglicherweise auch schon seinerzeit) ‘ne Gruppe feierwütiger und zum Teil schon vorm Gig gut angeschossener Münsteraner im Schlepptau. Die Band hat ihren eigenen Stil mit hohem Wiedererkennungseffekt, Uptempo-Anarcho-/HC-Punk mit hektischen Ausbrüchen und deutschsprachigen Texten mit weniger gebrüllten, mehr cleanem, zeterigem Gesang und gewohnt kritischen Inhalten. Sänger Örnie fühlt sich auf der Bühne sichtlich wohl, setzt ’nen irren Blick auf, posiert und dirigiert das Publikum, das nun endgültig ’ne große Party feierte. Beim aus nicht mehr aus eben diesem einen Wort bestehenden „Bullenterror“ dürfte es gewesen sein, als kräftig auf die Bühne geklettert, mit Bier herumgespritzt und in die Mikros mitgegrölt wurde, wobei sich besonders besagte Münsteraner hervortaten. Da war ordentlich Stimmung inner Bude, die für manch eine(n) noch getoppt wurde, als man im Zugabenteil zum unvermeidlichen ’90er-Trash-Medley ansetzte und BLÜMCHENs „Herz an Herz“ verpunkte, jedoch abgebrochen durch den selbstlosen Einsatz eines Musikfreunds, der einen heftigen Stunt in Form eines Sturzes hinlegte und somit Schlimmeres verhindert konnte – zumindest fast, denn „Boom Boom Boom Boom“ vonne VENGABOYS wurde lautstark aus weiblichen Kehlen gefordert und das Unheil nahm seinen Lauf... Im Original sind beide Songs hart an der Kotzgrenze, in diesen Versionen bizarr und die eigenen, anspruchsvolleren Songs konterkarierend. Für diese Scheiße bin ich vermutlich einfach zu alt bzw. weiß ich nicht, wie viel ich noch saufen müsste, um das abzufeiern. Ansonsten aber alles im giftgrünen Bereich und ein abermals überzeugender Gig von einer Band, von der man sicherlich noch einiges erwarten kann.

Bis sich die Lobusch schließlich leerte, verging noch eine ganze Weile, es wurde weitergefeiert, -getrunken und -gequatscht, Kontakte wurden geknüpft/vertieft etc. Ein geiler Abend, an dem ich eigentlich noch den einen oder anderen Hamburger mehr erwartet hätte, doch das Konkurrenzprogramm war auch diesmal unerbittlich. Der Konzertgruppe Disgigz jedenfalls wünsche ich weiterhin ein derart gutes Händchen!

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/12-05-201 ... asimatrix/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9573
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

supervillain hat geschrieben:Das wäre natürlich was gewesen, die "Monarchie & Alltag" war auch für mich sehr wichtig.
ugo-piazza hat geschrieben:Peter Hein (wird dieses Jahr 60! :shock: ) fiel noch durch extravagante Hemden auf (ich hoffe, dass er igendwann mal "Mr. Jones & Me" von den Counting Crows covert...)
Da kann karlAbundzu aber auch mithalten, ich habe ihm beim Forentreffen ja schon gestanden, dass ich bei BSV-LateNight unter anderem seine frischen Hemden feiere. :D
:D Dummerweise war ich bei dem Konzert gerade im schwarzen T-Shirt, aber so auch keine Konkurrenz zum Star.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Benutzeravatar
Paul Naschy
Beiträge: 159
Registriert: Do 8. Jan 2015, 15:12

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von Paul Naschy »

"Campaign for musical destruction" Tour – München, 20.5.17

Damit Musik wirklich komplett in die Tonne gekickt werden kann müsste man schon härtere Geschütze auffahren. Vermutlich würde da nicht mal der aktuelle Waffendeal zwischen US und den Saudis ausreichen. Aber egal, so ein bisschen konstruktiver Lärm ist jedenfalls ein gutes Mittel, um den Kopf wieder frei zu bekommen.

Lock Up
Band mit Shane von N.D. am Bass und einem alten Cowboy am Gesang. Ganz nett, aber mehr als ein Grundrauschen blieb nicht hängen.

Power Trip
Ach du sch… waren die geil! Bestes 80er Thrashmetal-Gedöns seit… seit den 80ern! Kein gezwungenes Retro-Gehabe, sondern Jungs, die durch einen Zeitsprung in unserer Gegenwart gelandet sind. Der Sänger ist der Hammer! Kein nerviges Kopfstimmen-Gequietsche, sondern einfaches, schlichtes, wirkungsvolles Gebrüll. Vergesst alles, was ihr von Nuclear Assault, Anthrax etc gehört habt. Hier sind Power Trip. Der Abend war bereits jetzt gerettet.

Brujeria
Trump zu töten und ab und an mal einen durchziehen find ich auch super, aber das allein plus ein paar Pendecho-Tücher über dem Gesicht reicht für den anspruchsvollen Grindcorefan von heute nicht aus, um den Saal zum beben zu bringen. Macht nochmal Hausaufgaben und dann mehr Aggro und weniger Haschgemütlichkeit, bitteschön.

Napalm Death
Ich brauchte 2, 3 Songs, um reinzukommen, aber dann haben sie einen gepackt. Mit den Napalm Death, welche ich von früher her kannte (damals noch mit dem alten Sänger), hatte es zwar nur im Ansatz was zu tun, aber sie sind relativ gut gealtert. Das Set war querbeet durch alle ND-Stationen, von Deceiver bis How The Years Condemned. Gute Pop-Attitüde, hervorragendes Songwriting (Ohrwürmer inklusive) und Perfektion. Die machen einen guten Job.
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

19.05.2017, Menschenzoo, Hamburg:
DIE SHITLERS + FAST SLUTS


Bild

Drei Tage Konzertmarathon – aber was soll man machen, wenn wieder alles so geballt kommt? Genau, in den Festival-Modus schalten und durchziehen! Startpunkt war der Menschenzoo am Freitagabend, der die FAST SLUTS und DIE SHITLERS geladen hatte. Die Damen hatte ich ja nun schon länger nicht mehr gesehen und war gespannt, welche Entwicklung sie in der Zwischenzeit gemacht haben. Natürlich eine Gute! Zwar rumpelt ihr deutschsprachiger Oi!-Punk noch immer charmant durch die P.A., doch an den Instrumenten waren deutliche Steigerungen zu vernehmen und man macht einen recht eingespielten Eindruck. Im vollen Zoo wurden zehn Songs kredenzt, die allesamt das richtige Gespür für diese Art Musik beweisen und Ohrwurmcharakter haben. Sängerin Alex stand stilecht mit Bierpulle auf der Bühne und sang sich textsicher durch Material wie „Fast Sluts“, „Roiberleiter“ oder den mittlerweile altbekannten und frenetisch mitgesungenen „Landgang“, der dann auch noch mal als Zugabe herhalten musste. Zum LOIKAEMIE-Cover „Wir sind geil, wir sind schön“ gesellten sich neue Songs übers besoffene Einpennen in der Bahn mit Überraschungsziel (dass sich dieses Themas mal jemand annimmt, war überfällig!) und Sex („Lieber selbst“, das mich etwas an das Rostocker All-Girl-Pendant TORTENSCHLACHT erinnerte), die über Humor, Selbstironie, aber auch Selbstbewusstsein und prollige Oi!-Attitüde aus weiblicher Sicht verfügen. Kurios: Alex quatschte Bassistin Jule während ihrer politischen Ansage zu „Partypatrioten“ rein, indem sie eindringlich darum bat, doch bitte ein weiteres Bier zu bekommen – dieser Kontrast symbolisiert die unterschiedlichen Pfeiler des Bandselbstverständnisses eigentlich ganz gut. ;) Klasse Gig, schwer sympathische Band und gute Stimmung im glücklicherweise bis auf Schweißflecken und Getränke trockenen Menschenzoo, denn draußen goss es aus Kübeln und überschwemmte manch Keller.

Für die Bochumer Satire-Punks DIE SHITLERS ist Hamburg so etwas wie eine zweite Heimat geworden, ihre Zuneigung zur Metropole fand sogar Ausdruck im unvernünftig kitschigen Song „Hamburg“. Diesmal wurde wieder in klassischer Trio-Besetzung Martin/Frank/Tristan angetreten und Martin bewies seltenen Musikgeschmack, als er als erste Amtshandlung sein Smartphone ans Gesangsmikro hielt und GIANNA NANNINIs Megahit „Bello e impossibile“ abspielte – was schmerzlich bewusst machte, wie wenig textsicher man ist, wenn man am liebsten jede Zeile mitsingen würde, jedoch nicht über den Titel hinauskommt (oder aber auf Phantasie-Italienisch zurückgreifen muss). Zu Beginn des eigentlichen Auftritts gab sich per „Halt die Fresse und spiel!“-Zwischenruf direkt der Typ zu erkennen, der ihnen laut Band durch die ganze Republik hinterherreist, um sein Sprüchlein aufzusagen. Viel schockierender aber war, dass die Endstufe abgeraucht war und Hamburgs hardest working sound technician, the one and only Norman, im Schweiße seines Angesichts hinter die Bühne klettern und sich auf Fehlersuche begeben musste, während das Konzert über nur einen P.A.-Lautsprecher weiterlief. Tatsächlich gelang es ihm nach einiger Zeit, etwas zu improvisieren, sodass Songs wie „Oi! + Rap“, „Weintrinkender Idiot“ oder „Warum gehst du nicht nach Nordkorea?“ wieder in ihnen angemessener Form präsentiert werden konnten. Dass mind. die Hälfte davon musikalisch auf altbekannte Punkrock-Melodien gesungen wird, ist positiv zu bewerten, da sich so die Hitdichte entscheidend erhöht. Beim eigentlich viel interessanteren Gesabbel zwischen den Songs kommt der Humor der SHITLERS besser denn je zur Geltung, zumal die Jungs verdammt souverän und schlagfertig sind. Martin ist aber durchaus auch in der Lage, sich ordentlich auf seiner Gitarre einen abzugniedeln, das soll hier nicht unterschlagen werden. Mit erkennbarer Schlagseite auf der Bühne sah er zudem als einziger einen Rollenstuhlfahrer, der doch bitte nach vorn durchgelassen werden sollte. Diverse Versuche, eine Wall of Death zu formen, scheiterten jedoch ebenso wie die Aufteilung des Publikums in die Anhänger verschiedener Rockerclubs oder das Finden eines Nazis, den man des Clubs hätte verweisen können. Höhepunkt war Franks Verlesen einer unfassbar pathetisch und selbstbeweihräuchernden Dankesrede an Hamburg, das „SHITLERS Street Team“ und sich selbst, wie ich mittlerweile weiß inspiriert von einer sich selbst etwas arg wichtig nehmenden Band, begleitet von Martins Unterfangen, für Ruhe im Puff zu sorgen. So drohte er dem „kleinen Scheißhaufen“, dass er „dieses Konzert nich‘ in‘ Arsch machen“ werde, wie es in Hamburg gute Tradition ist und bezichtigte einen offenbar aus der Schweiz stammenden Gast, mit bayrischem Akzent dazwischenzuplappern. Der grandiose Schlusspunkt eines denkwürdigen Abends mit Bochums Punk-Geschmackspolizei, die mit sicherem Gespür Szene-Bullshit aufspürt und satirisch verarbeitet – und mit erstaunlich trockenem Humor noch immer für die eine oder andere Irritation sorgt. Ob Frank seinen Quinoa-Salat noch bekommen hat, ist allerdings nicht überliefert.

Im Anschluss bot sich dann mal wieder die Gelegenheit, DJane Eddelbüttel abzufeiern, bis die Vernunft uns aus dem Laden in die Koje trieb, ohne Exzesse bis 10:00 Uhr morgens mitzunehmen. Ausnahmsweise – schließlich sollte es am nächsten Abend bereits weitergehen...

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/19-05-201 ... ast-sluts/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10905
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von CamperVan.Helsing »

The Rockhouse Brothers meets The Sinderellas, Imperial Theater Hamburg


Die Rockhaus-Brüder spielen in klassischer R'n'R-Besetzung (Gitarre, Standbass, Drums), verstärkt um einen Saxophonisten, Klassiker aus den 60ern bis zur Seven Nations Army. Für ihre Auftritte im Imperial Theater hatten sie sich Unterstützung aus der Burlesque-Truppe The Sinderellas geholt, und ja, die Ladies können toll singen. Das hätten sie allerdings häufiger tun können (Die Mädels dürften wohl nicht mal bei 50% der Songs auf der Bühne gestanden haben), und noch seltener gab es die körperlichen Vorzüge der Damen zu sehen. Das Publikum war freilich zu Recht hochgradig begeistert und tanzte zwischen den Stuhlreihen.
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

20.05.2017, Menschenzoo, Hamburg:
THE IDIOTS + EAT THE BITCH


Bild

Verseucht, verstrahlt und angepisst

Hamburger Konzert-Marathon, Tag 2, Tatort: derselbe wie am Vortag. Diesmal war das Wetter wesentlich gnädiger, dafür der Kiez überfüllt mit feiernden HSVern, obwohl dieser die Qualifikation zur Relegation knapp verkackt hatte. Also schnell um die Ecke in den Menschenzoo, wo EAT THE BITCH den Vorturnerposten für THE IDIOTS abgegriffen hatten – im Prinzip eine geile Kombination und wenngleich EAT THE BITCH nun in letzter Zeit ein ums andere Mal zu meinem abendlichen Unterhaltungsprogramm gehörten, kommen sie mir noch immer nicht aus den Ohren raus, im Gegenteil. Soundmann Norman haderte noch mit der defekten Endstufe und hoffte, dass seine neuerliche Improvisation den Abend überstehen würde, was ohrenscheinlich der Fall war. Das Publikum ließ, wie es öfter mal im Zoo der Fall ist, zu großen Teilen bis nach 22:00 Uhr auf sich warten; doch als EAT THE BITCH schließlich zum Angriff bliesen, war die Bude ansehnlich gefüllt.

Die Band begann diesmal direkt mit meinem Favoriten „Fressen & Kotzen“ und spielte vor zum Teil gänzlich neuem Publikum, das in erster Linie hauptsächlich wegen der IDIOTS da war. Angesichts der geballten Wut und Aggression, die da von der Bühne drang, wusste es bisweilen gar nicht, wie ihm geschah und zeigte sich überrascht und beeindruckt. Insbesondere Sängerin Jona wiegt das Publikum mit eigentlich unnötiger leichter Nervosität, unschuldigem Lächeln und freundlichen bis zuckersüßen Ansagen gern in Sicherheit, um ihm dann gehörig den Hintern zu versohlen, wenn sie in den Songs in Raserei und (im positiven Sinne) Hysterie verfällt und sich die Seele aus dem Leib schreit. Ich liebe ja extreme Gesänge, weshalb sie damit offene Türen bei mir einrennt, zumal immer noch ausreichend Raum für stimmliche Variationen bleibt und – ebenso entscheidend – jeder einzelne der Songs über individuellen Wiedererkennungswert verfügt. Damit ist der ETB’sche Aggro-Sound weit entfernt von monotonem Crust-Einheitsbrei o.ä. und lässt stattdessen immer mal wieder schönen HC-Groove in den rifforientierten HC-Punk einfließen. Aber ich laufe Gefahr, mich zu wiederholen bzw. fällt mir gerade nichts mehr ein, was ich nicht schon geschrieben hätte. Jona war so viel in Bewegung, Ausflüge ins Publikum inklusive, dass meine Smartphone-Knipse nicht mehr mitkam und auf dem Großteil der Fotos nur ein verschwommenes Etwas schemenhaft wahrnehmbar ist. Der Konzertfluss wurde lediglich einmal von einem Wackelkontakt irgendwo auf dem Weg vom Gesangsmikro zum Lautsprecher gestört, aber Norman war schnell zur Stelle. Gewohnt geile Adrenalinspritze mit einem herzlichen „Fuck Off!“ als Zugabe!

Die dienstältesten Dortmunder THE IDIOTS hab‘ ich früher verdammt gern gehört, zunächst natürlich die Uralt-Klassiker zwischen Oi!- und D-Punk, später auch die metallastigeren Crossover-Alben. Live gesehen hatte ich sie aber nie, schlicht weil es sie nicht mehr gab. Dies änderte sich vor ein paar Jahren, als ein neues Album veröffentlicht und ‘ne Best Of mit neu aufgenommenen Klassikern eingespielt wurde. Gepasst hatte es bei mir live nur leider nie, sodass der heutige Abend tatsächlich zur Premiere wurde. Martin wusste im Vorfeld schon zu berichten, welch angenehm umgänglicher Typ Sir Hannes sei, neben Bassist Volker einziger Verbliebener der ‘89er-Besetzung und aufgrund seiner über die IDIOTS hinausgehenden musikalischen und Szene-Aktivitäten (wie seinem legendären Plattenladen) noch immer bzw. wieder gern gesehener Interview-Partner in den hiesigen Metal-Postillen. Nun war ich natürlich in erster Linie gespannt darauf, was der in Würde gealterte Adlige auf der Bühne noch so drauf hat. Um es vorwegzunehmen: alles! Mit Lederjacke, NVA-Deckel und keinem Gramm Fett am drahtigen Körper betrat er die Bühne und eröffnete mit „Der Idiot“ ein Oldschool-Punk-Inferno, das sich gewaschen hatte (anfänglich noch begleitet von fiesen Rückkopplungen, denen Norman jedoch bald den Garaus machte). Fürs peitschende „Nuclear War“ inkl. Verweisen auf Trump, Erdoğan und Putin während der Ansage griff er zur Gasmaske, beim genialen, den Wahnsinn der Fleischindustrie und des Konsums ihrer Erzeugnisse aufgreifenden „Fleischwolf“ vom Comeback-Album behängte er sich mit Fleisch und Wurst, die er während des Songs im Publikum verteilte, und bei „Schweine im Weltall“ war’s Zeit für die Schweinsmaske. Lederjacke und T-Shirt landeten in der Ecke und oben ohne, was irgendwann die gesamte Band war, wurden mein Lieblingssong, das geniale-stumpfe, infernalische „Der Säufer“ sowie „Tage ohne Alkohol“ angestimmt und dazu ‘ne Palette Hansa-Dosenpils ins Publikum geworfen. Von nun an spritzten regelmäßig Bierfontänen durch die Luft und besudelten Laden, Publikum und Band, die das stoisch über sich ergehen ließ und lediglich zum Handtuch griff, um die Saiten abzuwischen. Welch göttliches, „idiotisches“ Chaos zwischen Genie und Wahnsinn! Direkt vor der Bühne stolperten betrunkene Punks ungelenk durch den Pogo-Mob, von denen einer auf die Bühne fiel und sich dort offenbar schlafen legen wollte. Hannes himself latschte davon ungerührt immer wieder durch die Reihen, sang mit dem Publikum, füllte beim „Now I Wanna Be Your Dog“-Cover Bier in einen Napf und bot ihn zum Schlürfen an, „Selbstmord“ wurde ebenso durchgepeitscht wie die Fußball-Hymne „Der S04 und der BVB“, bei „Samstagnacht“ brüllte ich ebenso fast jedes Wort mit wie bei „Bayrischer Wald“ und eigentlich allen anderen, das „Mädchen mit den roten Haaren“ wurde heute zur Blauhaarigen oder zur Blondine, wenn Hannes Blickkontakt mit den entsprechenden Mädels aufnahm, „Verseucht“ ist live noch garstiger als auf LP, „Heavy Metal Psycho Punk“ bringt das subkulturübergreifende Selbstverständnis der Band auf den Punkt und zum großen Finale holte man im Zugabenteil mit dem Hektiker „EDEKA“ (was, wie wir alle wissen, Akronym von „Ein deutscher Esel kauft alles“ ist) aus, bei dem ich endgültig jede Vernunft an den Bühnenrand schmiss. „Sonderangebot! Sonderangebot! Sonderangebot bei Edeka-ha-ha!“ Nur der abschließende „Pechvogel bei den Frauen“ klang in der Originalversion irgendwie besser als in dieser neu arrangierten Fassung. Wie wär’s stattdessen mit der alten Litanei vom „Dynamo Doppelkorn“ gewesen? Der längst aus allen Poren triefende Hannes tanzte mit der als Nonne verkleideten Merchandiserin und hinterließ ein ausgepowertes, glückliches, nach Bier, Schweiß und Qualm müffelndes Publikum. Topfit, der Mann, da gibbet mal nix! Danke an alle für dieses kreuzgeniale, geil-chaotische, dreckige und euphorisierende Konzert nach bester Oldschool-Manier, wie ich es liebe und anscheinend – Punk sei Dank – ebenfalls nie zu alt für werde. Heißer Anwärter aufs Club-Konzert des Jahres!

Und die Party war, trotz langsam eintretender Müdigkeitserscheinungen, noch nicht vorbei, denn der gute Pablo kredenzte einen ’77-Klassiker nach dem anderen vom DJ-Pult aus und erhöhte (mir zuliebe?) die CLASH-Frequenz irgendwann beträchtlich, sodass sich mit manch geschmackssicherem Mitstreiter weiterfeiern ließ. Auch nicht schlecht: Ein Typ aus Barcelona war zu Gast, eigentlich auf der Durchreise zum COCK-SPARRER-Gig in Berlin, aber so angenehm überrascht, dass er sich ebenfalls einen nach dem anderen reingoss. Ob er’s noch zu SPARRER geschafft hat, wäre interessant zu erfahren. U.A. mit ihm verging noch die eine oder andere Stunde, bis mich der beste aller möglichen Timos abholte – natürlich nicht, ohne noch ‘nen Absacker zu verhaften. Oder zwei...

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/20-05-201 ... the-bitch/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
karlAbundzu
Beiträge: 9573
Registriert: Fr 2. Nov 2012, 20:28
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von karlAbundzu »

IDIOTS würde ich abe auch gern mal wieder sehen, aber Anmerkung: Ur-Bassitin bis 1989 war Anne :knutsch:


Edit: Huch wir sind ja in dinem FTB, nicht im Konzertthread
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Antworten