Die goldene Rute - Peter Citti (2018)

Moderator: jogiwan

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Salvatore Baccaro
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Die goldene Rute - Peter Citti (2018)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Die goldene Rute

Produktionsland: Österreich 2018

Regie: Peter Citti

Cast: Katharina Oberleitner, Jennifer Krejza, Lisa-Janine Oberleitner, Daniel Bernthaler, Martin Hoi, Stefanie Heinsch


In meiner kürzlichen Kurzkritik zum österreichischen Spanking-Krampus-Happening SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS aus dem Jahre 2012 habe ich ja bereits gemutmaßt, dass ein gewisser Elmar Weihsmann, der mit seinem Kompagnon Stefan Peczelt 2007/2008 versucht hatte, Fuß im internationalen Slasher-Geschäft zu fassen, und mit seinen Produkten SILENT BLOODNIGHT und TAG DER TEUFEL gnadenlosen künstlerischen Schiffbruch erlitt, hinter den Pseudonymen Pierre Deville (Regie) und Monica Armstrong (Drehbuch) stecken dürfte. Inzwischen hat sich mein Spekulieren zu beinahe fester Gewissheit ausgewachsen: DIE GOLDENE RUTE, vermarktet als „Krampus-Komödie“, wurde 2018 vom selben Team auf den Weg gebracht: Erneut soll Frau Armstrong das Skript verfasst haben, diesmal aber sitzt angeblich ein gewisser Peter Citti auf dem Regiestuhl – und unter genau diesem Pseudonym hat Weihsmann bereits zwei Romane verfasst, von denen VIRUS DES GRAUENS ein Thriller ist, der vom Untergang der Menschheit durch ein Killervirus just am Krampustag berichtet! Es gibt Sachen, die kann man sich gar nicht ausdenken…

So wie es meinen geneigten Lesern sicherlich nachzuvollziehen schwerfallen wird, weshalb ich nach dem Desaster, das SEXY GIRL IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS darstellte, freiwillig noch einmal 2,99 Euro ausgegeben habe, um mir nun auch noch DIE GOLDENE RUTE für 48 Stunden per Streaming-Plattform zu leihen. 30.000 Euro veranschlagt die IMDB, wo das Machwerk unter dem Titel HOT SPANKING ROD gelistet ist, als Budget – und ich frage mich ernsthaft, wohin all diese Tausender geflossen sein sollen, denn auch DIE GOLDENE RUTE sieht aus wie ein ohne besonderes Engagement heruntergekurbeltes Fetischfilmchen für Leute, die es anmacht, wenn vollständig bekleidete Frauen die Hintern von Krampusruten versohlt bekommen, und einmal mehr ist es eine regelrechte Frechheit, solch ein Special-Interest-Vehikel offiziell als Horrorkomödie zu vermarkten, denn mit narrativem Kino hat DIE GOLDENE RUTE ungefähr so viel zu tun wie ein beliebiger Internet-Porno-Clip. Jedem Tierchen sein Pläsierchen – doch, im Ernst: Viele zufriedene Gesichter kann ich mir nicht bei all den Menschen vorstellen, die ehrlich erwartet haben, ein unterhaltsames B-Movie serviert zu bekommen, und sich sodann einem Film gegenübersahen, dessen schwachbrüstige Story um eine endlose Parade von Krampus-Spanking-Exzessen notdürftig herumgestrickt wurde.

Genauso konfus wie der zugehörige Film klingt die Inhaltsangabe. „3 hübsche Mädchen haben den gleichen Liebhaber. Leider weiß niemand, dass Tom der Traummann ist. Auf dem Krampustag wird das lasterhafte Treiben der jungen Damen aufgedeckt und das Chaos ist perfekt. Der Oberkrampus übernimmt das Kommando und schickt den Krampus zu den Mädchen, um die Rechnungen zu begleichen. Heiße Hoseboden sind die Folge. Um Mitternacht endet der Reigen des Vergnügens.“ Na immerhin scheinen die Macher Selbstironie zu besitzen...

Tatsächlich überwiegen zunächst aber die positiven Eindrücke: Nicht nur der (spanischsprachige!) Vorspann mit seiner gelben Schrift und die primärfarbenaffine Anfangsszenen-Beleuchtung erweisen unmissverständlich dem Giallo-Genre ihre Referenz, und zugeben sieht es durchaus atmosphärisch aus, wenn eine Horde Krampusse zu Beginn schellenklirrend durch eine halbverfallene Burgruine streift. Überhaupt ähnelt DIE GOLDENE RUTE im Vergleich zu SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS wesentlich mehr einem „richtigen“ Film: Im Gegensatz zu den schmucklosen, mit After-Effekten und Farbfiltern zugekleisterten Camcorder-Bildern des Vorgängerstreifens gibt es hier die eine oder andere durchdachte Bildkomposition, den einen oder anderen Moment, der zeigt, dass die Macher inzwischen zumindest ein rudimentäres Gespür dafür haben, wie man eine Kamera anständig führt, die eine oder andere ansprechende Lichtsetzung. Aber, puh, das sind natürlich äußerst kümmerliche Meriten, sprich, im Grunde Selbstverständlichkeiten, und, überhaupt, was nutzt es schon, dass DIE GOLDENE RUTE ästhetisch-technisch nicht ganz so eine komplette Bankrotterklärung wie der Vorgänger darstellt, wenn der Film inhaltlich so viel mitbringt wie ein leergesaugter Krampusschweif…

Aufgetischt wird uns in Ermangelung einer kohärenten, kurzweiligen Geschichte folgendes: Celine, Dani und Ramona sind drei Freundinnen, die, ganz ähnlich wie ihre Geschlechtsgenossinnen in SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS, den 5. Dezember traditionell damit verbringen möchten, sich gepflegt zu betrinken, sich Männer für schnellen Sex zu angeln und natürlich vor allem ihre Hinterteile den Rutenschlägen wildgewordener Krampusse auszusetzen. Höhepunkt des Treibens soll eine sogenannte „Krampus-Disco“ sein, wo zu belanglosem Metal das österreichische Jungvolk das Po-Hauen zelebriert. Verkompliziert werden die Pläne unserer Heldinnen dadurch, dass, wie schon die oben zitierte Inhaltsangabe andeutet, alle drei, ohne dass sie's voneinander wissen, mit dem selben Typ anbandeln, einem gewissen Tom, der eine nach der andern vernascht, und trotzdem am Ende nicht derjenige ist, dem das Moralempfinden der Krampusse den Arsch blau werden lässt. Wie schon für SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS gilt: Das hier in Anschlag gebrachte Frauenbild ist mindestens bedenklich, stehen unsere Grazien den sadistischen Übergriffen der Kramperl doch durchweg wohlwollend gegenüber, legen es immer wieder förmlich darauf an, rote Hinterbäckchen zu erhalten. Ohne rechten Fokus mäandert DIE GOLDENE RUTE von einer Spanking-Szene zur nächsten, von einer (verbalen und/oder handgreiflichen) Auseinandersetzung zwischen unseren Heldinnen zur nächsten, von einer fragwürdigen humoristischen Einlage zur nächsten: Da ist ein Zirkus-Herkules, der mit der eigentlichen Handlung rein gar nichts zu tun hat, aber immer wieder gezeigt werden muss, wie er mit einem monströsen Hammer in Zeitlupe Kürbisse zersmasht; da gibt es endlos ausgewalzte Sequenzen, in denen eine der Freundinnen hinter Toms Geheimnis kommt, dass er sie mit den beiden andern betrügt, weshalb sie ihm sein Auto mit Beleidigungen vollkritzelt; da gibt es natürlich die unvermeidbaren Dokumentaraufnahmen irgendwelcher Krampus- und Perchtenläufe, wenn diese auch nicht so inflationär eingesetzt werden wie in SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS.

Was DIE GOLDENE RUTE indes mit dem Vorläufer teilt, ist, dass in den Dialogen nur Signalworte wie „Rute“ oder „Hintern“ oder „Versohlen“ fallen müssen, und schon wird zusammenhanglos zu irgendwelchen Spanking-Scharmützeln geschnitten. Es mag ja sein, dass Weihsmann und sein Team diesmal eine gewisse Contenance bewahren, was den Einsatz von Filtern und Effekten betrifft, wodurch DIE GOLDENE RUTE ein kleines bisschen genießbarer wird als SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS, doch mindert man diese Angenehmlichkeiten sogleich, indem man die Tonspur derart leise hält, dass ich Mühe habe, einzelne Dialoge zu verstehen, indem man die Protagonistinnen sich vornehmlich in derbster Gossensprache miteinander unterhalten lässt, oder indem man sich in befremdlichen Einfällen ergeht wie der Sprengung eines Käfigs, in den die Krampusse eine unserer Heldinnen gesteckt hatten, mittels Silvesterknaller, die Entscheidung, den Film zeitweise mit furchtbarstem Boogie-Rock zu untermalen, oder immer wieder, was wohl lustig sein soll, das schmerzhaft schrille Krächzen eines Hahnes von der Tonspur schmettern zu lassen. Was das Ganze übrigens mit der titelgebenden Goldrute zu tun haben soll, erschloss sich mir genauso wenig wie die Existenz einer TV-Reporterin, die anscheinend eine Krampus-Dokumentation dreht, und durch den Film stolpert, als sei sie einem ganz anderen Projekt entsprungen. (Nicht von ungefähr klärt uns diese Dame mit den exakt gleichen Worten über die traditionellen Krampus-Insignien Larve, Fell und Schellen auf, wie ihre Berufsgenossinnen sowohl in SEXY GIRLS IN DEN KLAUEN DES KRAMPUS wie auch in TAG DER TEUFEL: Weihsmann muss diese Szene lieben, wenn er sie 1:1 gleich zweimal neu inszeniert!) Bei all den bescheuerten Momenten, die einem der Film beschert, stechen für mich drei hervor: 1) Wenn die Mädels Tom dadurch für seine Untreue strafen, indem sie ihm seinen geliebten Anzug zerreißen, und er minutenlang jammert: Nun ist er hin, nun ist er hin!, 2) Wenn man eine ausgedehnte Parallelmontage veranstaltet zwischen der erwähnten Reporterin auf Tuchfühlung mit einem Rutenbündel und einer unserer Heldinnen, die einfach nur eine Straße hinabläuft, ohne dass klar wäre, was diese beiden Ereignisse denn nun dafür prädestiniert, in einem gemeinsamen Atemzug illustriert zu werden, 3) Wenn Ramona den PKW Toms erspäht und sich zusammenreimt, dass er gerade mit einer ihrer Freundinnen rummacht, und minutenlang um das Fahrzeug herumspringt, gegen die Scheiben schlägt und vor sich hin zetert: Du Hurensohn!, Du Drecksau!, obwohl Tom sich nicht mal in Hörweite aufhält.

Offenbar hecken Weihsmann & Co. derzeit schon den nächsten Krampus-Film aus: KRAMPUS MADE THE SEX soll, wie auf der zugehörigen Facebook-Seite vermeldet wird, noch dieses Frühjahr in den Kasten gebracht werden. Entweder ist dieses Genre lukrativer als ich mir vorstellen kann oder, was mir wahrscheinlicher vorkommt, es handelt sich um wahre Überzeugungstäter. Spitzgeworden bin ich bei DER GOLDENEN RUTE jedenfalls nicht, und gelacht hab ich auch kein einziges Mal, dafür staune ich noch immer, was die Filmgeschichte zuweilen für bizarre Blüten treibt. Nein, das kann man sich wirklich nicht ausdenken…

Zum Abschluss noch einige denkwürdige Zitate: „
„Was ziehst Du heute zur Krampus-Disco an?“ – „Na, Leder. Was sonst?!“
„Fester, fester! Den Gören gehört der Po richtig kräftig versohlt!“
„Gib Deinem Arsch die wohlverdiente Freiheit!“
„Brennt wenigstens ordentlich der Hintern?“
„Die Goldene Rute ist mein Schwanz!“

In dem Sinne: Kauft euch von den 2,99 lieber einen halben Döner, eine Packung Streichhölzer oder ein Paar Socken...
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Salvatore Baccaro
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Re: Die goldene Rute - Peter Citti (2018)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Fundierte und ausführliche Kritik mit vielen wundervollen Screenshots und Spanking-Counter - (gezählt werden insgesamt 14 Szenen!):

https://mainstreamspanking.wordpress.com/2020/12/04/a-different-kind-of-hot-rod/

"However much the publicists tried to set it up as a comedy, or even a serious film essay on the Krampus, this is not a movie about anything other than some girls being spanked, over and over again: that is its raison d’être."
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Salvatore Baccaro
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Re: Die goldene Rute - Peter Citti (2018)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

In jedweder Hinsicht ein, ehm, "bemerkenswerter" Artikel: Die Gründe für den Misserfolg der Krampus-Filme in Mitteleuropa müsste man sich auf den Bauch tätowieren lassen:

https://www.meinbezirk.at/klagenfurt/c-wirtschaft/der-krampus-und-die-pornographie-zur-veroeffentlichung-von-zwei-filmen-aus-kaernten-im-deutschen-sprachraum_a3581112
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