Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Moderator: jogiwan

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Maulwurf
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Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Beitrag von Maulwurf »

Die Leuchter des Kaisers
Die Leuchter des Kaisers
Österreich 1936
Regie: Karl Hartl
Karl Ludwig Diehl, Sybille Schmitz, Max Gülstorff, Friedl Czepa, Johannes Heesters, Inge List, Fritz Rasp, Anton Edthofer, Hans Unterkircher, Jane Tilden, Fritz Imhoff, Heinrich Schroth


Die Leuchter des Kaisers.jpg
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Die namensgebenden zwei Leuchter sind Geschenke des österreichischen Kaisers an eine Verwandte in Petersburg, und der Edelmann Wolenski darf sie auf seiner Reise mitnehmen. Was ihm grade sehr gut zupass kommt, soll Wolenski in seiner Eigenschaft als Agent polnischer Separatisten doch einen Brief an den russischen Zaren mitnehmen, geschrieben vom Sohn des Zaren, der sich in Geiselhaft ebendieser Separatisten befindet, die damit ihren Anführer vor der Verbannung nach Sibirien bewahren wollen. Denn die beiden Leuchter haben ein Geheimfach, wie geschaffen für solche Botschaften, und so kommt es das der eine der beiden Leuchter ein Erpressungsschreiben an den Zaren enthält. Aber der österreichische Kaiser ist wankelhaft, und noch bevor Wolenski die Leuchter abholen kann, hat Frau von Demidow die Aufgabe übernommen, die Leuchter nach Petersburg zu bringen. Und so kommt es, dass der andere Leuchter einen geheimen Brief enthält, in dem die Rolle Wolenskis erläutert wird, sein Doppelleben als polnischer Geheimagent und russischer Edelmann also aufgedeckt wird. Denn Frau von Demidow ist eine Frau, die „von Stadt zu Stadt reist, von Abenteuer zu Abenteuer“ – eine Geheimagentin in russischen Diensten also.
Das wäre ja nun alles noch gar nicht so schlimm, wenn Frau von Demidow die Leuchter nicht gestohlen werden würden! Eine wilde Jagd quer durch Europa beginnt: Von Wien nach Charkow, wieder nach Wien, nach Paris, nach London … Und irgendwann stehen die beiden Gegner vor den beiden Leuchtern, bloß: In welchem Leuchter ist nun welcher Brief?

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Eine aufregende Jagd nach einem MacGuffin, quer durch das Europa vor dem ersten Weltkrieg. Lustig, romantisch, abenteuerlich, und vor allem ausgesprochen spannend und mit viel Gespür für Dramatik, Tempo und Nervenkitzel. Dazu eine zarte Romanze zwischen zwei eigentlichen Feinden, eine tödliche Bedrohung für einen ausgesprochen sympathischen und coolen Großfürsten, edle Dekors und große Ausgestaltung, schwungvolle Musik, geheimnisvolle Geheimgesellschaften … Wie mag dieser klassische Kolportagefilm wohl in einer würdigen Kopie wirken, in der die gehobene Ausstattung und die Atmosphäre der Settings auch richtig zur Wirkung kommen? Johannes Heesters ist als Joe Heesters in einer seiner ersten deutschsprachigen Sprechrollen zu sehen, und Sybille Schmitz ist auf dem Höhepunkt ihrer Schönheit und ihrer Schauspielkunst, gleich nach FÄHRMANN MARIA. Die Chemie zu dem 13 Jahre älteren Karl Ludwig Diehl stimmt zwar nicht immer, dafür hat aber Diehl in einigen Szenen den grimmigen Charme eines Richard Burton, was dann zu der bezaubernden und oft fast mädchenhaft und spielerisch wirkenden Sybille Schmitz ein interessantes Pendant bildet.

DIE LEUCHTER DES KAISERS ist sicher kein herausragender Film, in keiner Beziehung, aber er bietet ansprechende und aufregende Unterhaltung auf gutem Niveau. Er macht ungeheuren Spaß, setzt die komödiantischen Akzente an den perfekten Stellen und spielt die Europareise auf einem technischen und narrativen Niveau durch, das erst Jahrzehnte später wieder erreicht wurde. Ein k. und k.-James Bond, gewissermaßen. Und wenn ich mir jetzt noch was wünschen dürfte, dann, dass dieser wunderschöne Abenteuerfilm endlich mal ordentlich restauriert werden würde

Damit man sich eine Vorstellung machen kann, wie der Film mal ausgesehen hat:

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8/10
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buxtebrawler
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Re: Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Beitrag von buxtebrawler »

Maulwurf hat geschrieben: Mi 21. Apr 2021, 06:20 Ein k. und k.-James Bond, gewissermaßen.
Was ist damit gemeint?
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Blap
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Re: Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Beitrag von Blap »

buxtebrawler hat geschrieben: Mi 21. Apr 2021, 08:33
Maulwurf hat geschrieben: Mi 21. Apr 2021, 06:20 Ein k. und k.-James Bond, gewissermaßen.
Was ist damit gemeint?
Zitat:

"Die Österreichisch-Ungarische Monarchie, ungarisch Osztrák-Magyar Monarchia, kurz Österreich-Ungarn, informell auch k. u. k. Doppelmonarchie genannt, war eine Realunion in der letzten Phase des Habsburgerreiches in Mittel- und Südosteuropa für den Zeitraum zwischen 1867 und 1918."
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Re: Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Beitrag von purgatorio »

Blap hat geschrieben: Mi 21. Apr 2021, 09:15
buxtebrawler hat geschrieben: Mi 21. Apr 2021, 08:33
Maulwurf hat geschrieben: Mi 21. Apr 2021, 06:20 Ein k. und k.-James Bond, gewissermaßen.
Was ist damit gemeint?
Zitat:

"Die Österreichisch-Ungarische Monarchie, ungarisch Osztrák-Magyar Monarchia, kurz Österreich-Ungarn, informell auch k. u. k. Doppelmonarchie genannt, war eine Realunion in der letzten Phase des Habsburgerreiches in Mittel- und Südosteuropa für den Zeitraum zwischen 1867 und 1918."
:mrgreen:

Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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Maulwurf
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Re: Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Beitrag von Maulwurf »

k.u.k. steht für Kaiserlich und Königlich, und bindet das Kaiserreich Österreich und das Königreich Ungarn somit begrifflich zusammen. Die damit verbundene Gemütlichkeit, das Flair, dieses Mir san mir :mrgreen: , dass dann auch gerne mit SISSI oder eben der von Purgatorio geposteten Musik assoziiert wird (wobei der Radetzkymarsch das Lebensgefühl dieser Epoche wohl am Treffendsten darstellte, nachzulesen bei Joseph Roth: Radetzkymarsch - Sehr empfehlenswerter Roman über die letzten Tage der Donaumonarchie.), das alles ist in DIE LEUCHTER DES KAISERS tatsächlich nicht vorhanden. Abgesehen von der Ballszene zu Beginn, wo Wiener Walzer-Schwoof stimmungstechnisch auf den Kölner Karneval zu treffen scheint, abgesehen davon ist der Film formell modern gehalten, und ähnelt mit seiner Reise durch die verschiedenen Stationen Europas eher einem Bond-Film als dem zu erwartenden, altmodischen Kostümschinken.
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buxtebrawler
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Re: Die Leuchter des Kaisers - Karl Hartl (1936)

Beitrag von buxtebrawler »

Danke für die geschichtlichen Erläuterungen - das Forum mit dem Bildungsauftrag wieder mal :thup:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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