Silent Bloodnight - Elmar Weihsmann, Stefan Peczelt (2006)

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Salvatore Baccaro
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Silent Bloodnight - Elmar Weihsmann, Stefan Peczelt (2006)

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Originaltitel: Silent Bloodnight

Produktionsland: Österreich 2006

Regie: Elmar Weihsmann, Stefan Peczelt

Cast: Vanessa Vee, Mike Vega, Christine Dune, Julia Melcher, Alexander E. Fennon, Andy Freund, Markus Schöttl, Sabine Kranzelbinder


Obwohl ich von Elmar Weihsmanns und Stefan Peczelts Krampus-Slasher TAG DER TEUFEL aus dem Jahre 2007 nun nicht wirklich begeistert gewesen bin, habe ich mir nun doch einmal ihren früheren Versuch vorgeknöpft, auf dem internationalen Genre-Parkett Fuß zu fassen, namentlich SILENT BLOODNIGHT, ein weiterer Slasher, der, trotz seines Titels, keine Adventszeitstimmung heraufbeschwört wie TAG DER TEUFEL, sondern eher wie der völlig missglückte Versuch wirkt, einen Thriller aus Versatzstücken à la FRIDAY THE 13TH und I KNOW WHAT YOU DID LAST SUMMER und auf Grundlage des Budgets von PLAN 9 FROM OUTER SPACE zusammen zu rühren. Puh, dagegen wirkt ja sogar der ein Jahr später erschienene Teufelstag wie eine Offenbarung, wenn das Regie-Duo in SILENT BLOODNIGHT im Prinzip alles falschmachen, was man bei Dreh und Produktion eines Spielfilms (und sei er noch so indie) falschmachen kann. So gesehen muss ich bei der Geschichte um eine Lokalreporterin, die investigativ und vor allem privat einer Mordserie rund um den Flatschacher See im Kärntischen Feldkirchen auf den Grund geht und dadurch selbst ins Visier des Schlächters gerät, genau dieselben Kritikpunkte aufführen, die mich schon TAG DER TEUFEL weitgehend verdammen ließen – mit dem Unterschied, dass bei vorliegendem Werk alles tatsächlich noch einen Tick miserabler ausgefallen ist.

1) Gesichtet wurde von mir die englischsprachige Exportfassung, mit der Weihsmann/Peczelt anscheinend auf den US-Videomarkt schielten – und, was soll ich sagen?, die zeitgenössischen Kritiken, die man im Netz finden kann, blasen in das gleiche Rohr wie ich: Welcher Krampus die beiden Regisseure geritten haben mag, ihren Streifen in einer derart kauderwelschenden und radebrechenden Sprachversion auf die Videotheken und Festivals jenseits des Großen Teichs loszulassen, das will ich eigentlich gar nicht wissen. Dass sämtliche Castmitglieder Laien sind, sprich, größtenteils wohl keine professionelle Schauspielausbildung genossen haben, verwundert bei einer solchen Indie-Produktion nicht, - doch scheinen Weihsmann und Peczelt ein auffallend unglückliches Händchen dabei gehabt zu haben, aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis ausgerechnet diejenigen Personen auszuwählen, denen nicht das geringste mimische Talent in die Wiege gelegt worden ist. Zum größten Teil werden die Darsteller auch im Nachfolgeprojekt TAG DER TEUFEL recycelt, wo sie allerdings allein deshalb eine bessere Figur abgeben, weil sie ihre Zeilen wenigstens in ihrer Muttersprache runterbeten dürfen. Nahezu jede Figur, die in SILENT BLOODNIGHT ihren Mund öffnet, hat ernsthafte Probleme, ihren englischen Text fehlerfrei aufzusagen. Überhaupt wirkt es so, als ob die Schauspieler ihre Dialoge stur auswendiggelernt hätten: Da ist kein Raum für eine einzige improvisierte Geste, für eine noch so kleine Modulation im monotonen Vortrag. Zugutehalten muss man ihnen wenigstens, dass sie ihre Zeilen offenbar nicht von Zetteln außerhalb des Bildkaders ablesen. Doch, trotzdem: Weshalb spart man sich das Geld für eine professionelle Post-Synchronisation und nimmt es stattdessen in Kauf, dass sich der Cast bei der Bemühung, die fremdsprachigen Worte ansatzweise korrekt auszusprechen, überhaupt nicht auf die eigene Rolle, das Zusammenspiel mit dem Gegenüber, und die Glaubwürdigkeit der Intonation zu konzentrieren vermag. Im Ernst: SILENT BLOODNIGHT erreicht ein ganz neues Level dessen, was hölzerne Texte und hölzerne Vortragsweise derselben angeht. Zumeist stehen die armen Österreicher hilflos vor der Kamera, sprechen bewusst langsam, um sich an den englischen Worten nicht die Zungen zu verknoten oder die Kiefer zu brechen, und können natürlich dennoch nicht verhindern, dass sich eine eindeutige Dialektfärbung in ihre Deklamationen einschleicht. Hinzukommt, dass die Texte, die sie aufzusagen gezwungen sind, selbst nicht aus der spitzesten Feder stammen, und merklich von Leuten verfasst wurden, die ihrerseits das Englische nicht mit der Muttermilch aufgesogen haben. Ich kann mir vorstellen, dass SILENT BLOODNIGHT seither allein wegen seiner schauspielerischen „Leistungen“ den einen oder anderen bierseligen Heumkinoabend schlagartig in einen dionysischen Rausch verwandelt hat.

2) Nicht zum Rauschen einlädt indes die Story, bei der sich Weihsmann/Peczelt, ähnlich wie bei TAG DER TEUFEL, hemmungslos verheben und so ziemlich jedes narrative No-Go begehen, um zu verhindern, dass der Zuschauer sich in ihrem Plot zurechtfindet. Es sind viel zu viele Figuren, die viel zu früh und viel zu schnell eingeführt werden; außerdem sind diese Figuren auch noch auf mannigfaltigste Weise miteinander liiert oder verwandt oder sonst wie verbandelt, dass es mir kaum gelang, allein während der ersten Viertelstunde den Überblick zu behalten, wer da denn nun die Schwester von wem ist und wer mit wem ein Sommercamp für Teenies veranstalten möchte und wieso Person X bei Person Y anruft, obwohl gar nicht postuliert wurde, dass diese sich überhaupt kennen; und dann passiert auch noch viel zu viel auf einmal, gerade in der ersten halben Stunde, wo es fast so wirkt, als wären da entscheidende Momente, die die Handlung etwas gebremst und übersichtlicher gestaltet hätten, entweder der Schere zum Opfer gefallen oder nie gedreht worden. Identifikationsfigur soll eine gewisse Sabrina Meyers sein, (die so heißt, weil auch in SILENT BLOODNIGHT, wie in TAG DER TEUFEL, sämtliche Figuren englische Namen tragen, obwohl die gesamte Kulisse KÄRNTEN! schreit), eine aufstrebende Journalistin, die ihre Wald-und-Wiesen-Reportagen vorzugsweise im Bikini absolviert, und die sich die fixe Idee in den Kopf gesetzt hat, Zeugin eines Mordes geworden zu sein. Die Versessenheit unserer Heldin, der Sache auf die Schliche zu kommen, und überhaupt die Gewissheit, weshalb eine Halskette, die sie am Ufer eines Sees findet, nun unbedingt auf ein Verbrechen hindeuten muss, macht uns das Drehbuch niemals plausibel, - genauso wie es, wenn man die Auflösung kennt, schleierhaft bleibt, weshalb überhaupt die eine oder andere Person auf der Todesliste des Killers gelandet ist. Was die Genre-Elemente betrifft, ist SILENT BLOODNIGHT kein bisschen originell, und wiederkäut fortwährend vertraute Zutaten, ohne diese beim Verdauen in eine homogene Masse zu verwandeln. Eine dramaturgische Katastrophe ist es erneut, dass Weihsmann/Peczelt uns die Identität des Mörders (und seines Gehilfen!) gleich zu Beginn präsentieren: Auch bei TAG DER TEUFEL wird man sich dieses „Kniffs“ bedienen – und ich rätsle ernsthaft darüber, weshalb man einen Film des einzigen beraubt, was ihn noch halbwegs spannend gestaltet hätte, nämlich die Frage, wer hinter den Übeltaten steckt und was ihn zu diesen Übeltaten bewogen hat. So beläuft sich das Thrill-Potential einzig auf die Frage, ob Sabrina Meyers es schafft, ebenfalls hinter die Identität des Schlächters zu kommen, und den Film lebend zu verlassen – und das ist halt nicht unbedingt etwas, was einen neunzigminütigen Streifen trägt. Die größte Spannung wird in SILENT BLOODNIGHT aber, wie gesagt, sowieso dadurch generiert, ob die Darsteller es schaffen, sich erfolgreich durch ihre englischen Dialogzeilen zu kämpfen.

3) All das wäre ja vielleicht noch entschuldbar, wenn mich SILENT BLOODNIGHT wenigstens visuell reizen würde. Auch hier Fehlanzeige: Wie steril und generisch man einen Film in den Kasten bringen kann, beweist ja auch TAG DER TEUFEL schön, (und das, obwohl das dort verbratene lokale Brauchtum sicherlich den einen oder anderen Schauwert geboten hätte). SILENT BLOODNIGHT sieht bestenfalls aus wie ein TV-Film, der ohne viel Esprit, ohne Leidenschaft, ohne Gespür für ein Mindestmaß an genuin kinematographischen Momenten runtergekurbelt wurde: Die Bildkompositionen sind fad; die Kamera beschränkt sich darauf, das, was vor ihrer Linse geschieht, unbeteiligt aufzunehmen; die Montage ist zweckdienlich, manchmal auch etwas holprig; auf die Ohren gibt es immer wieder eine sentimentale Akustikgitarrenmelodie und ein brachiales Gitarrenriff, letzteres zuweilen unterlegt mit harten Elektro-Beats; bei den Morden spritzt zwar zuweilen ordentlich das Kunstblut und ungewöhnlich ist es vielleicht, dass eine Hotelbedienstete, die auf Bienenstiche allergisch ist, vom Killer gemeuchelt wird, indem er ihr ein Glas voller Hornissen an den nackten Bauch hält, doch ist es wiederum sehr bezeichnend, dass in der finalen Einstellung weder auf besagtem Frauenbauch irgendwelche Einstiche zu sehen sind noch in besagtem Glas irgendein herumsummendes Insekt. So unplausibel, zusammengeschustert, überkonstruiert das Drehbuch wirkt, so blutarm ist die Mise en Scene, bei der einem die Augen einschlafen würden, würden sie das Overacting und die mühsam hervorgepressten Sätze der Darsteller nicht doch ständig wieder in die Höhe zwingen. Wie in TAG DER TEUFEL darf auch in SILENT BLOODNIGHT nicht eine Szene fehlen, die den speziellen Obsessionen der Regisseure frönt, namentlich: Dem Spanking-Fetisch, dem in TAG DER TEUFEL exzessiv gehuldigt wird, und dem Weihsmann/Peczelt gar einen eigenständigen Streifen namens SPANKING DEVILS gewidmet haben: Da greift sich Sabrinas Freund plötzlich seine Liebste, weil er glaubt, sie habe fremdgeknutscht, und verhaut ihr den Allerwertesten; ein paar Sekunden später ist der Übergriff allerdings schon wieder vergessen und man geht weiter der Mörderjagd nach.

Es gibt echt noch Filme, bei denen selbst eine abgebrühte Lederhaut wie ich noch mit den Augen rollt, als seien es herumkullernde Christbaumkugeln…
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