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Darsteller: John Astin, Carolyn Jones, Ted Cassidy, Marie Blake, Ken Weatherwax, Lisa Loring, Felix Silla, Jackie Coogan, Tony Magro, Edward Schaaf u. A.
Familie Addams wohnt in einem dunklen alten Schloss in Cemetery Ridge. Die stets in Schwarz gekleidete Morticia Frump Addams ist die düstere Herrin der Familie. Gatte Gomez ist ein erfolgloser Anwalt, dessen Hobby es ist, Spielzeugeisenbahnen zu sprengen. Zur Familie gehören außerdem Onkel Fester, der sich gerne im Streckbett foltert, die Kinder Pugsley und Wednesday, Cousin Itt, ein haariges Monster, Grandma, eine gelernte Hexe im Ruhestand, Butler Lurch, ein wortkarger, langhaariger Riese, der oft lautlos auftritt und selten mehr als "Sie haben gedonnert" sagt, und das "Eiskalte Händchen" (auch Ted Cassidy), eine einzelne Hand (im Original "The Thing"), die in einer Kiste wohnt. (Quelle: Fernsehlexikon)
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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
“They're creepy and they're kooky, mysterious and spooky, they're altogether ooky, the Addams Family.”
Die „Addams Family“ hat ihren Ursprung in den 1930ern Jahren: US-Zeichner Charles Addams entwarf Comic-Strips um eine bürgerliche Idealvorstellungen kontrastierende, morbide veranlagte Familie, die ab 1938 in der Zeitung „The New Yorker“ abgedruckt wurden. Im Jahre 1964 entstand daraus eine SitCom-Fernsehserie, für die 64 rund halbstündige Schwarzweiß-Episoden von verschiedenen Regisseuren gedreht wurden, die in drei Staffeln drei Jahre lang liefen und sich mit leichten Startschwierigkeit zumindest ab ihrer ersten Wiederholung großer Beliebtheit erfreute.
Familie Addams bewohnt eine große viktorianische Villa inmitten eines ansonsten unauffälligen US-amerikanischen Orts. Das Gebäude ist dekoriert mit zum Teil uralten Devotionalien wie Ritterrüstungen, einem noch immer brummenden Eisbärenfell, einem Elchschädel mit verdrehtem Geweih oder einem Schwertfisch – mit einem Fuß im Maul. Das Anwesen verfügt ferner über Kerker und Folterkammern. Die Addams sind die vermögenden Nachfahren von Ghoulen, Hexen, Missgebildeten und anderen bizarren Gestalten, die sich normalen anatomischen und biologischen Gesetzen entziehen. Das Familienoberhaupt ist Gomez Addams (John Astin, „Gremlins 2“), gigolohafter Rechtsanwalt und Börsenzocker spanischer Abstammung, der gern seine Modelleisenbahn entgleisen lässt, Zigarre raucht und durch Zen-Yoga seine innere Ausgeglichenheit erlangt. Seine schöne Frau ist Morticia Addams (Carolyn Jones, „Das Kabinett des Professor Bondi“), geb. Frump, die mit langen pechschwarzen Haaren und ihren schwarzen Gewändern über eine dunkle Aura verfügt, die die spätere Gothic-Subkultur maßgeblich beeinflusst haben dürfte, und sich neben den gemeinsamen Kindern Pugsley (Ken Weatherwax) und Wednesday (Lisa Loring, „Blood Frenzy“) liebevoll um ihre fleischfressende Schlingpflanze Cleopatra kümmert. Pugsley, der ältere Junge, hält sich einen Kraken als Haustier und experimentiert gern mit Sprengstoff, während die kleine Wednesday vernarrt in ihre Puppe Marie Antoinette ist, die sie gern einen Kopf kürzer macht.
„Sie haben geläutet?“
Mit im Haus lebt Onkel Fester (Jackie Coogan, „Der Vagabund und das Kind“), der aussieht wie ein glatzköpfiger Mönch und durch dessen Körper Elektrizität fließt, so dass er mit seinem Mund Glühlampen zum Leuchten bringen kann. Außerdem ist stets Morticias Mutter (Marie Blake, „Der Kandidat“) anwesend, eine Hexe und Wahrsagerin im Ruhestand. Das eiskalte Händchen wiederum ist eine einzelne Hand, die in einer Schatulle lebt und der Familie gern assistiert. Die Familie hat einen Butler angestellt: Lurch (Ted Cassidy, „Butch Cassidy und Sundance Kid“) ist ein kräftiger, über zwei Meter großer Kerl, der mit seinen Gesichtszügen und seiner steifen Art an Frankensteins Monster erinnert. Doch er ist ein leidenschaftlicher und versierter Cembalo-Spieler, der vornehmlich klassische Stücke interpretiert. Häufiger zu Besuch kommt Vetter It, ein Kleinwüchsiger, der so lange Haare hat, dass man sein Gesicht nie sieht und der so irrsinnig schnell spricht, dass Normalsterbliche kein Wort verstehen. Allen gemein ist der ausgeprägte Hang zum Morbiden: Alles, was mit Tod und Verderben zu tun, ist zunächst einmal positiv konnotiert; unwirtliche Gegenden wie Friedhöfe und Sümpfe zählen zum bevorzugten Ambiente, während gemeinhin positiv Besetztes Abscheu erzeugt.
Der Witz dabei ist jedoch, dass die Addams keinesfalls bösartig oder schlechte, nun ja, „Menschen“ sind, sondern „schlicht“ eine sich liebevoll umeinander kümmernde Familie, die im Endeffekt anderen ästhetischen Idealen und Interessen folgt, aufgrund ihrer Eigenheiten andere Bedürfnisse hat und mitunter divergierenden Wertvorstellungen nachhängt, aber von sich aus niemandem etwas zuleide tut. Im Gegenteil: Sie sind gastfreundlich und Fremden gegenüber aufgeschlossen, sich aber nicht bewusst, dass normale Mitmenschen ihre Lebensweise, ihr Erscheinungsbild und ihre Einrichtung verängstigt und schockiert oder zumindest in Erstaunen versetzt. Daraus bezieht die erste Staffel dann auch in erster Linie ihren Humor: Fremde besuchen aus verschiedenen Gründen nichts ahnend die Familie zu Hause und wissen nicht, wie ihnen geschieht. Die mitunter gutgläubig erscheinende Addams-Familie löst daraus resultierende Probleme gern unbewusst durch Zufall, denn gleich, mit welcher Intention andere an sie herantreten: Mit dem, was sie dort erwartet, rechnet niemand.
Running Gags und wiederkehrende Charakteristika der Serie sind neben der Kult gewordenen Titelmelodie mit ihrem unverkennbaren Fingerschnippen u.a., wie Morticia erhaben durch die Szenerie tänzelt (statt normal zu gehen), Gomez für seine Zen-Yoga-Techniken ständig Kopf steht, Morticia ihren Rosen die Köpfe abschneidet, Folterinstrumente zu Wellness-Zwecken eingesetzt werden, Moriticia für dem Zuschauer unbekannte Verwandtschaft Kleidung in den bizarrsten Formen strickt (und dadurch Kopfbilder entstehen lässt, wie diejenigen wohl gebaut sein müssen), ständig etwas explodiert, Hauslöwe „Kitty“ gerade zum Entsetzen von Gästen die Treppe herunterkommt oder der etwas einfältige Fester wieder einmal jemandem, der der Familie seines Erachtens nichts Gutes will, mit seiner Flinte in den Rücken schießen möchte. Nicht zu vergessen natürlich, wie Gomez darauf anspringt, wenn Morticia französische Wörter verwendet oder ihn „Bubele“ nennt: Er vergisst alles um sich herum, ergreift ihren Arm und küsst ihn ungestüm von unten nach oben.
Eines der inhaltlichen Kernstücke der Serie ist nämlich die Beziehung der Eheleute zueinander, die nicht nur von größtem gegenseitigem Respekt, sondern auch von feuriger Leidenschaft geprägt ist. Gomez und Morticia machen sich ständig gegenseitig Komplimente und viele Episoden beginnen damit, dass sie etwas miteinander spielen, dabei gern auch Ungewöhnliches wie sich Degenkämpfe zu liefern. Zudem drücken sie sich für gewöhnlich überaus gewählt aus und entsprechen damit aller Bizarrerie zum Trotz sehr viel mehr dem tatsächlichen Ideal einer liebevollen, erfüllten Ehe zwischen zwei kultivierten Menschen, als es viele „normale“ Verheiratete tun. Das Feuer zwischen beiden dürfte im US-amerikanischen TV seinerzeit zudem vor dem Hintergrund aufsehenerregend gewesen sein, dass andere TV-Eltern so prüde dargestellt wurden, dass sie sogar in getrennten Betten schliefen.
Dieses herrliche Spiel gerade nicht nur mit Grusel- und Horror-Klischees ist es, das die Serie so wertvoll macht. Der grobschlächtige, monströse Lurch, der weitestgehend emotionslos wie ein Roboter wirkt und vornehmlich schlechtgelaunt zu grummeln scheint, entlockt dem Familien-Cembalo die filigransten Klänge und die Familie wirkt auf Außenstehende abschreckend und gefährlich, ist letztlich aber so viel menschlicher als andere. „Beurteile ein Buch nicht nach seinem Umschlag“, ist eine der essentiellen Aussagen der Serie, die sich in der zweiten Staffel vermehrt den einzelnen Familienmitgliedern und ihren jeweiligen Befindlichkeiten widmet und in der dritten Staffel verstärkt deren Schwächen aufgreift, sie damit bisweilen der Lächerlichkeit preis- und ihr Konzept als über den Dingen stehende Familie damit ein Stück weit aufgibt. Zugegebenermaßen ist auch die Erklärung für den Reichtum der Familie, der ihr ihren exzentrischen, von gesellschaftlichen Konventionen unabhängigen Lebensstil ermöglicht, reichlich simpel ausgefallen und bewegt sich irgendwo zwischen Erbe und Börsenerfolg, was den Spaß jedoch kaum mindert. Dies mag durchaus auch in Tradition bewusster Absurditäten und Logikbrüche innerhalb der Serie stehen, was bei den gesundheitsschädlichen Lebensmitteln der Familie anfängt und beim scheinbaren Umfang des Händchens Schatulle aufhört.
Ein sicheres (eiskaltes) Händchen bewies man auch bei der Wahl der Schauspieler. Mit vollem Einsatz und sichtlicher Freude sind sie bei der Sache, mit der sich alle zu identifizieren und in ihr voll aufzugehen scheinen. Besonders hervorzuheben sind indes Jackie Coogan, der seinem als kindsköpfigen und aufbrausenden Kontrast zum Rest der Familie skizzierten Onkel Fester eine wunderbar grimassierende Charakterfresse verleiht sowie zweifelsohne der hünenhafte Ted Cassidy, dem es gelingt, seine Rolle als Lurch durch die Maskerade hindurch um eine gewisse Tiefe und Melancholie zu erweitern und zudem mit viel Mut zur Selbstironie letztendlich ja auch seine eigene Statur auf die Schippe nimmt. Unvergessen seine Tanzeinlagen! Tragisch: Wie so viele Großwüchsige aus dem Show- und Entertainment-Geschäft ist auch Cassidy viel zu früh – mit gerade einmal 46 Jahren – verstorben. Auch mit Carolyn Jones, die neben Morticia auch ihre eigene nicht minder exzentrische Schwester Ophelia, der Blumen aus dem Kopf wachsen, spielte, meinte es das Schicksal leider nicht allzu gut: Sie starb bereits mit 53 Jahren.
Da Familie Addams bereits damals als trendunanfällig und anti-modernistisch, eher Altertümlichem zugeneigt und aus der Zeit gefallen konzipiert wurde, haben die Jahrzehnte gar nicht allzu sehr an der Serie genagt, wenngleich die (nur spärlich zum Einsatz kommende) Tricktechnik natürlich sehr durchschaubar wirkt und die Komik für jüngere Generationen, die mit den außerdem farbigen „Addams Family“-Spielfilmen aus den 1990ern aufgewachsen sind, hier und da ein wenig Staub angesetzt hat. Doch gerade für diejenigen, die es selbst unkonventionell bevorzugen und/oder ebenfalls einen Hang zum Morbiden haben und sich diesbzgl. gemischten Reaktionen bis hin zu Vorurteilen ausgesetzt sahen oder sehen, ist diese Serie noch immer Genugtuung und Genuss. Man kann nur ahnen, wie sie damals zu wesentlich spießigeren Zeiten einschlug und aufgefasst wurde – und was sie bewirkt hat. Popkulturell ist sie jedenfalls nicht mehr wegzudenken. Interessanterweise lief noch im selben Jahr – 1964 – eine direkte Konkurrenz mit ähnlichem Konzept, „Die Munsters“, an. Dazu später an anderer Stelle mehr.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)