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Darsteller: Christian Bale, Justin Theroux, Josh Lucas, Bill Sage, Chloë Sevigny, Reese Witherspoon, Samantha Mathis, Matt Ross, Jared Leto, Willem Dafoe, Cara Seymour, Guinevere Turner u. A.
Patrick Bateman ist ein Mann der Achtziger: ein erfolgreicher dynamischer Yuppie. Wichtig sind in seinem Leben nur ausgesuchte Dinge: immer der neueste Anzug, die exklusivste Visitenkarte, die Reservierung im Restaurant seiner Wahl. Seine Kollegen sind ihm ähnlich, genauso oberflächlich, genauso leer, doch es gibt einen wichtigen Unterschied: Patrick Bateman hat sich zur Bewältigung seiner inneren Leere zum stilvollen Serienkiller entwickelt, der reihenweise Prostituierte in seinem Appartment zerstückelt und auch vor Kollegen nicht haltmacht. Die Polizei ist ihm schon auf der Fährte, doch in der gestylten Yuppiewelt verschwimmen Schein und Wirklichkeit zu einer undurchdringlichen Melange...
Im Jahre 2000 erschien in US-Produktion die Verfilmung des allgemein als unverfilmbar gegolten habenden Romans „American Psycho“ von Bret Easton Ellis durch die kanadische Regisseurin Mary Harron („I Shot Andy Warhol“). „American Psycho“ ist eine bissige, schwarzhumorige Satire auf das Yuppietum der 1980er.
New York, 1987: Der 27-jährige Patrick Bateman (Christian Bale, „The Dark Knight“) ist Vizepräsident eines Finanzimperiums und ein neureicher Yuppie. In seinem manischen Perfektionismus scheint er ganz in der Welt der Oberflächlichkeit, der Etikette, von Prestige und Status, aufzugehen. Doch hinter dem stets akkuraten Äußeren seines durchtrainierten und übertrieben gepflegten Körpers verbirgt sich ein Abgrund aus Drogen- und Sexualexzessen und Mordsucht, der aus tiefen Selbstzweifeln resultiert.
„American Psycho“ beschreibt den versnobten Lebensentwurf der 80er-Yuppies und wie er, erst einmal „oben“ angelangt, in einer verzweifelten Suche nach einer Identität unter austauschbaren Anzugträgern resultiert. Wirklich arbeiten sieht man Bateman nie, seine Tage bestehen aus Treffen mit Kollegen in angesagten Nobelrestaurants, die bei oberflächlichem Smalltalk in einer Nabelschau der Eitelkeiten münden, bei denen man sich über ach so edle Visitenkarten definiert, auf denen bei allen dasselbe steht. Eine vermeintlich hochwertigere Visitenkarte als die eigene kann Bateman dann schon aus der Ruhe bringen und neidisch werden lassen. In einem von derartigen Nichtigkeiten bestimmten Leben mangelt es an eigener Identität, Verwechslungen mit anderen Yuppies sind permanent an der Tagesordnung. Hinter Batemans Fassade ist es leer, einem Roboter gleich macht er mit bei diesem Spiel; über sein wahres Ich, seine Biographie, erfährt man quasi nichts. Menschliche Emotionen sind ihm fremd und in seinem Dasein fehl am Platze, sie sind verkümmert, er empfindet nichts – eben bis auf Missgunst, Häme und Aggression, die sich auf der Suche nach sich selbst unaufhaltsam ihren Weg bahnen und Bateman zu einem unberechenbaren, gemeingefährlichen Irren machen, der zunächst auf Obdachlose und Prostituierte losgeht, eines Tages jedoch auch auf einen Arbeitskollegen – dessen Verschwinden Detective Donald Kimball auf seine Spur bringt.
Doch in einer ihn und die anderen Zombies herangezüchtet habenden, materialistischen Gesellschaft, in der der Blick hinter die Fassade schlicht unerwünscht ist, hat er kaum etwas zu befürchten – was ihn letztlich in den Wahnsinn treibt. So vertreibt er sich neben den genannten Exzessen und seinem Körperkult die Zeit mit Videofilmen und populärer Rock- und Popmusik. Letztere interpretiert er eloquent und beinahe leidenschaftlich, referiert vor seinen Opfern über sie – unfähig jedoch, das Gehörte auf sich selbst zu projizieren, Schlüsse daraus zu ziehen und als positive Inspiration aufzufassen.
Christian Bale spielt seine Rolle mit einer beinahe beängstigenden Hingabe. „American Psycho“ wird aus seiner Sicht erzählt, während sein Doppelleben eine vereinnahmende Faszination auf den Zuschauer auswirkt. Zwar wird nie die Grenze überschritten, die sich sein Publikum mit ihm identifizieren lassen würde, jedoch fehlt auch jedwede abgrenzende Distanz – wozu auch, denn selbst in seinen intimsten Momenten, die er teilt, wirkt er abgeschottet und in sich selbst, seiner gesellschaftlich als erstrebenswert erachteten Parallelwelt, gefangen. Diese ist das bizarre Spiegelbild des dekadenten, um wahre Werte beraubten US-amerikanischen Großstadtwohlstands des Jahrzehnts, das mit größtmöglicher individueller Freiheit warb, aber entmenschlichte, austauschbare Hüllen hervorbrachte. Harron und ihrem Team gelang es, den High-Society-Schick der 80er in keimfreiem Büro- und Appartement-Ambiente zu reproduzieren, in dem ironischerweise Blut und Leichenteile wie die einzigen Anzeichen menschlichen Lebens wirken. Die Sex- und Gewaltszenen fielen, zumindest in der von mir gesehenen, vermutlich auf der R-Rated-Version basierenden Fassung, zwar nicht explizit, jedoch eindeutig und direkt genug aus, um ihre Schockwirkung voll zur Geltung zu bringen, stets in Kombination mit irrem, mutigem Humor. Bateman rennt mit einer Kettensäge als Phallusersatz herum und pfeffert diese anschließend durchs Treppenhaus, bewahrt abgetrennte Köpfe im Kühlschrank auf und posiert beim Sex vor riesigen Spiegeln, wobei er selbstverliebt seine Muskeln spielen lässt und Phil-Collins-Lieder mitsingt. Bei Gott, sollte mal wieder im Radio „Sussudio“ ertönen, werde ich den Song mit anderen Ohren hören und ganz bestimmte Bilder damit assoziieren...
Willem Dafoe („Der blutige Pfad Gottes“, „Antichrist“) gibt einen unglaublich schmierig grinsenden Detective und neben den sich ihrer gespielten Austauschbarkeit unterordnenden männlichen Nebendarstellern bekommt man mit z.B. Reese Witherspoon („Walk The Line“), Chloë Sevigny („Kids“) oder Cara Seymour („e-m@il für Dich“) eine Reihe recht attraktiver Damen zu Gesicht, von denen man bis auf die hier dauersedierte Samantha Mathis („Super Mario Bros.“) keine einzige Bateman gönnt. Bei aller Überdrehtheit des Stoffs gelingt es allen voran natürlich Bale, im Prinzip aber ausnahmslosen allen, in den richtigen Momenten nüchtern bis gleichgültig zu agieren; angenehmerweise konnte ich kein unpassendes Overacting ausmachen. Genau hinzugucken lohnt sich indes immer, denn der Film bietet viele Details und subtilen Humor. Als besonderen Kniff hält „American Psycho“ gleich mehrere Interpretationsmöglichkeiten parat. So wird zumindest angedeutet, dass Bateman sich seine Gräueltaten lediglich einbilden könnte, was ein interessanter Aspekt des Films wäre. Derlei Gedankenspiele überlasse ich aber lieber anderen, denn mich quält momentan ein ganz anderes:
Der Soundtrack besteht aus zur filmischen Gegenwart populärer Musik u.a. von New Order, Genesis und Huey Lewis & The News, Bateman schaut gern Filme wie „The Texas Chainsaw Massacre“ und zählt Lewis, Genesis und Phil Collins zu seiner privaten CD-Sammlung, mit der er sich eingehend beschäftigt. Soll es als Zeichen von Dekadenz und/oder Langeweile ausgelegt werden, wenn sich jemand ausgiebig Spielfilmen und der Musik der genannten Künstler widmet? Möchte man diese gleichsetzen mit der Substanzlosigkeit von Yuppies wie Bateman? Oder soll ihre Betonung darauf hinweisen, wie sie vereinnahmt wurden, sich scheinbar widerspruchslos von jener Klientel konsumieren ließen? Ich sehe schon: Ich sollte womöglich einmal das Buch lesen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
buxtebrawler hat geschrieben:
Ich sehe schon: Ich sollte womöglich einmal das Buch lesen.
Womöglich. Ich hab das Buch vor seehr langer Zeit gelesen, und etwaige satirische Ansätze sind mir damals nicht aufgegangen. Vielmehr empfand ich das Buch nicht nur als nicht verfilmbar (OK, da war mir Andreas Bethmann auch noch kein Begriff), sondern im Hinblick auf die exzessiven Gewaltschilderungen auch als schwer verdaulich.
Ich empfand es positiv, dass die Verfilmung gewaltmäßig doch sehr zurückhielt und die Aussagen über die Gesellschaft, in der gesichtslose, aalglatte Finanzarschlöcher reich werden können, umso mehr durchscheinen.
Eigentlich wollte ich das Buch danach noch einmal lesen, wollte mir das dann aber doch nicht mehr antuen. Endstation Mülltonne.
The more I see
The less I know
About all the things I thought were wrong or right
& carved in stone
buxtebrawler hat geschrieben:Ich sehe schon: Ich sollte womöglich einmal das Buch lesen.
Nicht zuletzt, weil es mich total interessieren würde, was jemand von dem Film hält, der das Buch kennt (P.S. aber auch ohne literarische Vorkenntnisse hast du da wieder eine tolle Kritik mit wunderbaren Interpretationsansätzen verfasst, von welchen mich besonders deine letzte Überlegung ziemlich viele schlaflose Nächte kosten wird ). Ich kenn das Buch auch nicht und das Witzige ist: Alle Aspekte, die ich am Film mochte (die hingebungsvolle Darstellung, der dunkle Humor, die visuelle Symbolik) kann ich mir nicht in einem Buch vorstellen; wogegen ich von all den Aspekten, die ich am Film nicht mochte (in Erster Linie das Ende, wo man nicht weiß was man davon halten soll) vermute, dass sie im Buch besser gehandhabt werden.
Der Film selbst hat mich ziemlich überrascht. Ich erwartete wenig, denn ich war nie ein großer Christian Bale Fan. Und dann ließ mich dieses dämliche Plakat noch vermuten, dass wir einen todernsten Thriller im Stil von sagen wir "Henry - Portrait of a Serial Killer" bekommen. Und dann stellte es sich heraus, dass es eine herrliche tiefgründige rabenschwarze ultrawitzige Tragikkomödie ist, mit einem Christian Bale, der sichtlich mehr drauf hat, als ich dem Knaben je zugetraut hätte.
ugo-piazza hat geschrieben:Vielmehr empfand ich das Buch nicht nur als nicht verfilmbar (OK, da war mir Andreas Bethmann auch noch kein Begriff), (...)
ugo-piazza hat geschrieben:Eigentlich wollte ich das Buch danach noch einmal lesen, wollte mir das dann aber doch nicht mehr antuen. Endstation Mülltonne.
Hättest es mal für mich aufbewahrt...
@Doc2: Danke! Wobei mir das mit den schlaflosen Nächten aber leid tut
Ja, der Bale liefert eine irrsinnige Ein-Mann-Show, vor der ich meinen Hut ziehe.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Die Yuppie Welt ist trotz finanzieller Annehmlichkeiten doch mit Langeweile, mangelnden Herausforderungen und Oberflächlichkeiten "gesegnet" und man sucht den Weg heraus oder nach einer willkommenen Abwechslung. Jeder auf seine Weise. Drogen, harte Filme oder gar Menschenhass, der in blutigen Morden endet....für die man aber nicht belangt wird, der Schutzmantel dieser Welt beschützt einen trotz Verdachtsmomente.
Wirkt wie eine Abrechnung mit der aalglatten Yuppie Welt, die entgegen aller Meinungen doch mit Problemen behaftet ist.Die Psyche spielt verrückt und verleitet zu einem Ausbruch dieser künstlichen Welt, in der man doch nur ein Rädchen im System ist und niemand deren Hilfeschreie erhört.
Einige Popgrößen der 80er Jahre finden hier Gehör (die sogar ich kenne), aber sie retten einen nicht heraus. Erfüülung findet sich nur mässig, auch beim Sex doch nur bedingt, auch hier muss man an seine Grenzen stossen, um halbwegs Erfüllung zu finden. Da nur wenige Verbote gelten in diesem von Finanzen bestimmten Schutzwall, versucht der Bateman, diesen zu durchbrechen. Es gelingt ihn aber nur kurzweilig. Eine Ikone, die an der Wall Street "arbeitet" (arbeiten lässt), der in Havard studiert hat, hat die Schutzengel auf seiner Seite, ob man will oder nicht. Man hat einen Namen, aber wer immer nur regiert, verliert seine Persönlichkeit, seine Eigenständigkeit. Blutige, phantasievolle Morde könnten einen da heraus helfen, .....könnten....
Den Skandal um das Buch von Bret Easton Ellis mit seiner ausufernden Gewaltdarstellung habe ich ja seinerzeit auch schon mitbekommen, auch wenn ich das Buch selber leider nie gelesen habe – Regisseurin Mary Harron lässt diese aber ohnehin aus und macht aus dem Stoff eine schwarzhumorige Satire auf eine völlig oberflächliche Welt der New Yorker Yuppie-Schicht und einen Abgesang auf eine männliche Welt, die ja auf wundersame Weise noch immer für viele erstrebenswert erscheint. Innere Werte wie Emotionen und Empathie sind unserem soziopathischen Titelhelden aber völlig fremd und hinter der gepflegten Fassade und dem Luxus-Apartment mit Hochglanz-Designer-Möbel lauert dann auch das Grauen in Form eines gewalttätigen Sadisten, der in der Auswahl seiner Opfer auch völlig willkürlich zu Werke geht. Dabei ist auch die filmische Adaption auf den ersten Blick ebenfalls sehr hübsch, luxuriös und oberflächlich gehalten, was die Gewaltausbrüche eigentlich noch erschreckender erscheinen lässt, die von seiner gelangweilten Umgebung erst gar nicht zur Kenntnis genommen werden. Dabei erscheinen die Figuren selbst in einer ganz eigenen Welt gefangen und vor allem Christian Bale glänzt mit der diabolischen Darstellung, einer völlig narzisstischen Figur, die einen nicht nur aufgrund seines Musikgeschmacks nachhaltig erschaudern lässt. Eine amerikanische Erfolgsgeschichte der etwas anderen Art als gelungene Horror-Satire, die seit 2017 sogar noch aktueller erscheint.
Ich mochte den FIim sehr gerne, Bale und Dafoe rocken richtig. Und sie fangen Aspekte des Buches gut ein (im Gegensatz zum zweiten Teil...). Und mehr kann man von einer Filmverleihung nicht verlangen.
Ich bin ja ein großer Fan des Buches und kann es nur empfehlen, sehr gut geschrieben, aber mehr als einmal liest das wohl kaum jemand.
Irritierend fand ich ja da schon die erweiterten LP- und Künstlerkritiken des Bateman's, über die ich immer wieder nachdachte. Aber das passt schon.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Ich finde ja auch etwas irritierend, dass sich die Figur des Patrick Bateman ja sonst nur mit dem Besten und Exklusivsten zufrieden gibt und sich dann auf einmal Genesis, Whitney Houston und Huey Lewis hört und sich dann auch noch so ausgiebig Gedanken über die Arrangements und Texte von diesem 80er-Radio-Pop macht. Ist das im Buch eigentlich auch so auf Maintream-Radio-Pop reduziert, oder hat man da für die Verfilmung einfach nur die bekanntesten Acts genommen, die halt jeden in den Sinn kommen, wenn es um Achtziger geht? Oder ist es vielleicht am Ende mit dem ach so exquisiten Geschmack von Herrn Batemann dann doch nicht soweit her...