American Psycho - Mary Harron (2000)

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben:Ich finde ja auch etwas irritierend, dass sich die Figur des Patrick Bateman ja sonst nur mit dem Besten und Exklusivsten zufrieden gibt und sich dann auf einmal Genesis, Whitney Houston und Huey Lewis hört und sich dann auch noch so ausgiebig Gedanken über die Arrangements und Texte von diesem 80er-Radio-Pop macht. Ist das im Buch eigentlich auch so auf Maintream-Radio-Pop reduziert, oder hat man da für die Verfilmung einfach nur die bekanntesten Acts genommen, die halt jeden in den Sinn kommen, wenn es um Achtziger geht? Oder ist es vielleicht am Ende mit dem ach so exquisiten Geschmack von Herrn Batemann dann doch nicht soweit her... ;)
Das würde mich auch interessieren.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von karlAbundzu »

Ebenso wie die exquisiten Modelabels auf die er so abfuhr, und die damals die Chrome de la Chrome war, galt genau die Musik von eben Huey Lewis, Genesis und Whitney Houston zu der Zeit in USAmerika als das beste was produziert wurde. Im speziellen das Debut von Whitney war das Highlight an R 'n' B was Songs und Produktion anging. Die Sports von Huey Lewis war ja auch deshalb so erfolgreich, weil es so glatt und sauber (und zu der Zeit allerhöchsten Produktionsstandards gehorchten) produziert war. Und Genesis hat ja mit dem Album Genesis, spätstens aber mit Invisible Touch ja auch jeden Credit von Gegenkultur verloren und war Pop par excellence.
So wie die Designerklamotten ja nicht unbedingt durch besonders qualitative Verarbeitung, sondern vor allem durch den look, dem Namensschild und den Preis auszeichneten war eben diese Popmusik (aus unterschiedlichen Bereichen) das angesagteste, aber auch glatteste, von der Produktion oberflächlichste.
Trotzdem ist die Huey Lewis LP sehr gut gealtert und mit tollen Songs versehen, und funtktioniert immer noch. Ist halt prima R'n'R. Aber der Sex dieser Musik wurde hier fast wegproduziert....

Ich glaube, es wäre schwierig gewesen hätte Bateman progressiven klasse Pop wie Devo oder Depeche Mode besprochen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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jogiwan
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von jogiwan »

Interessant! Klingt angesichts der Produktionsbedingungen einleuchtend, aber es wäre ja auch möglich, dass Bateman - der für sich beansprucht, den exklusivsten Geschmack in allem zu haben - im Grunde nur das Ergebniskonzentrat der Einflüsse seines Umfelds ist. Die Wohnung von Innenausstatter, die Mode von der Luxus-Boutique, die Körperhygiene-Routine vom Beauty-Salon - alles fremde Sachen, die sich für seinen elitären Lebensentwurf zu eigen macht um dann in Punkto Musik völlig im Mainstream zu versanden und dem Publikum beweisen, dass sein Geschmack im Grunde doch alles andere als individuell ist. Ich hab das zumindest so interpretiert und das würde meines Erachtens auch zum offenen Ende passen, das ja auch vieles vorangegangene wieder relativiert.
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buxtebrawler
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von buxtebrawler »

karlAbundzu hat geschrieben:Ich glaube, es wäre schwierig gewesen hätte Bateman progressiven klasse Pop wie Devo oder Depeche Mode besprochen.
Darunter fällt aber auch die "Invisible Touch". Man kann dem Produzenten nur danken, dass er Genesis endlich zu einer hörbaren Platte nach all dem Hippiegefrickel verholfen hat. Und wenn ein Song wie "Land of Confusion" mit seinem Videoclip über kein subversives Potential verfügte, was denn dann?
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Adalmar
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von Adalmar »

"Duke" (1980) und "Abacab" (1981) von Genesis sind vom Sound her gar nicht mal so weit entfernt von "Invisible Touch", aber bei Weitem nicht derart poppig und belanglos. Abgesehen von "Land of Confusion" ein Tiefpunkt der Bandgeschichte, deren Höhepunkt natürlich aus meiner Sicht das "Hippiegefrickel" der 70er darstellt.

"American Psycho" habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht gesehen, nur so Parodiekram auf Youtube.
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karlAbundzu
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von karlAbundzu »

buxtebrawler hat geschrieben:
karlAbundzu hat geschrieben:Ich glaube, es wäre schwierig gewesen hätte Bateman progressiven klasse Pop wie Devo oder Depeche Mode besprochen.
Darunter fällt aber auch die "Invisible Touch". Man kann dem Produzenten nur danken, dass er Genesis endlich zu einer hörbaren Platte nach all dem Hippiegefrickel verholfen hat. Und wenn ein Song wie "Land of Confusion" mit seinem Videoclip über kein subversives Potential verfügte, was denn dann?
Ich möchte gar nicht über Geschmack streiten, sicher gibt es gute Songs auch in der Phase von Genesis, und, wie gesagt, ich liebe die Sports-LP,. Auch wenn jeglicher Sex aus dem Rocknroll rausproduziert wurde. Und bei den Genesis-Sachen der Zeit ähnlich: Jede Subversivität blieb in der Produktion hängen. Und so passt es zu Bateman sehr gut. Glatt mit scheinbaren High End Komponenten.
Der Vergleich mit Modelabels ist natürlich schwierig: Popmusik als Phänomen, auch "teure" Popmusik also sehr hochpreisig hergestellt, ist natürlich trptzdem ein Produkt, was durch (oder gerade dannn) die Masse funktionieren muss, sprich: Im Radio laufen, in den Charts sein. Die hochpreisigen Modelabels funktionieren nur durch die Exklusivität, egal, wie hoch die Produktionskosten waren (die natürlich alleine schon durch den Hochpreisigen Designer , Vergleiche hier Popmusikproduzent, hochpreisig ist).
jogiwan hat geschrieben:Interessant! Klingt angesichts der Produktionsbedingungen einleuchtend, aber es wäre ja auch möglich, dass Bateman - der für sich beansprucht, den exklusivsten Geschmack in allem zu haben - im Grunde nur das Ergebniskonzentrat der Einflüsse seines Umfelds ist.
Das geht meiner Meinung in die richtige Richtung. Und eben, das Bateman als Psychopath gerade eben nicht in so einem Umfeld lange ohne Ausbrüche eistieren kann, bzw. auch merkt, dass er auch nur ein Produkt ist. Bis zu einem gewissen Punkt.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
purgatorio
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von purgatorio »

buxtebrawler hat geschrieben:
jogiwan hat geschrieben:Ich finde ja auch etwas irritierend, dass sich die Figur des Patrick Bateman ja sonst nur mit dem Besten und Exklusivsten zufrieden gibt und sich dann auf einmal Genesis, Whitney Houston und Huey Lewis hört und sich dann auch noch so ausgiebig Gedanken über die Arrangements und Texte von diesem 80er-Radio-Pop macht. Ist das im Buch eigentlich auch so auf Maintream-Radio-Pop reduziert, oder hat man da für die Verfilmung einfach nur die bekanntesten Acts genommen, die halt jeden in den Sinn kommen, wenn es um Achtziger geht? Oder ist es vielleicht am Ende mit dem ach so exquisiten Geschmack von Herrn Batemann dann doch nicht soweit her... ;)
Das würde mich auch interessieren.
Ist im Buch auch so! Übrigens ein tolles und brechend hartes Buch. Klare Empfehlung! :nick:
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von Arkadin »

Wahrscheinlich bin ich der Einzige mit der Kombi "Buch gelesen, Film nicht geguckt". Ich vermute daher mal - auch aus dem, was ihr hier geschrieben habt - dass Frau Harron sich auf die satirischen Elemente des Buches konzentriert und die ultra-brutalen Stellen ausgelassen hat. Was ich gut finde, da letztere eh nicht umzusetzen gewesen wären.

Zum Buch kann ich sagen, dass es für mich das vielleicht intensivste Leseerlebnis überhaupt war. Ich habe es mit Anfang 20 in einem Rutsch gelesen und es hatte einen erschreckende Effekt. Da es in der ersten Person geschrieben ist, befindet man sich ständig im Kopf Batemans. Und der Kerl ist zwar komplett wahnsinnig, aber eben auch recht smart. Und seine Weltsicht, die er einem permanent um die Ohren haut, extrem zynisch. Die "Splatterszenen" ist extrem drastisch und krank und werden sehr detailiert, aber auch völlig nüchtern von Bateman beschrieben. Eher so, als würde er eine Runde Golf spielen und erzählen, wie er sich drauf vorbereitet, und dann versucht den richtigen Schwung zu finden. Das ist schon ziemlich verstörend, weil so "nebenbei". Und da man ständig Batemans Blickwinkel teilt, fängt man im Geiste an, auch schon jedes weibliche Wesen als "Hardbody" zu titulieren und nach äußeren Reizen und Möglichkeiten abzuchecken. Ich fand es zumindest ziemlich gruselig, was sich da nach einiger Zeit alles in meinem Kopf abspielte. Von anderen Lesern weiß ich, dass es ihnen ähnlich erging.
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Salvatore Baccaro
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Arkadin hat geschrieben:Wahrscheinlich bin ich der Einzige mit der Kombi "Buch gelesen, Film nicht geguckt".
Mitnichten! Ich habe aber zumindest mal, glaube ich, den John-Cale-Soundtrack gehört.
Im Nebel meines Gedächtnis haben sich aus dem Buch noch die prätentiösen Monologe, die inflationäre Aufzählung irgendwelcher Markennamen und unbeschreibliche Gewaltexzesse bewahrt... Viel mehr steckte wohl auch nicht zwischen Front und Back-Cover dieses hochinteressanten, aber kaum konsumierbaren Romans.
buxtebrawler hat geschrieben:Man kann dem Produzenten nur danken, dass er Genesis endlich zu einer hörbaren Platte nach all dem Hippiegefrickel verholfen hat.
Huch! Da bin ich eben zusammengezuckt. THE MUSICAL BOX?! STAGNATION?! THE KNIFE?! :shock:
purgatorio
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Re: American Psycho - Mary Harron (2000)

Beitrag von purgatorio »

Ich hatte das Buch 2003, kurz nach dem Abi, gelesen. Und bei mir ist da noch eine ganze Menge im Gedächtnis. Das gräbt sich wirklich richtig ein. Der Film verzichtet natürlich auf die heftige Gewalt. Das Buch provoziert ja teilweise physische Reaktionen auf das Gelesene :kotz:
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