Angel Above, Devil Below - Dominic Bolla (1974)

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Salvatore Baccaro
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Angel Above, Devil Below - Dominic Bolla (1974)

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Originaltitel: Angel Above, Devil Below

Produktionsland: USA 1974

Regie: Dominic Bolla

Darsteller: Linda York, Robert Bedford (sic!), Starlyn Simone, Lamar Gilbert, Rene Bond
Nach THE RITES OF URANUS und THE DEVIL INSIDE HER ist ANGEL ABOVE, DEVIL BELOW nunmehr innerhalb kürzester Zeit mein dritter US-amerikanischer Spielfilm aus den 70ern, der Hardcore-Sex mit okkult-diabolischen Praktiken verbindet, und erneut kann ich mir nur verwundert die Augen darüber reiben, zu welchen kruden Ideen die erste post-68-Generation von Horizontalfilmern sich seinerzeit verstiegen hat. Dabei beginnt die einzige Regie-Arbeit Dominic Bollas – nicht zu verwechseln natürlich mit Rick Bolla! – noch weitgehend innerhalb gängiger Fleischfilm-Klischees: Der Handwerker werkelt im Haus der alleinerziehenden Turgid, was primär bedeutet, dass er mit seinem Hämmerchen sinnlos auf den Stufen der Treppe herumklopft, die hoch ins Schlafzimmer führen, aus dem die Hausherrin im Negligé tritt: Er solle doch mit dem Lärm aufhören, denn ihr Töchterchen Randy fühle sich nicht wohl, habe sich bereits hingelegt, und außerdem wolle sie ihm etwas an ihrem Bett zeigen, das auch dringend mal die Zuwendung eines strammen Burschen wie ihm bräuchte - und was sie damit meint, das bekommen wir, (allerdings untermalt von sehr alberner, geradezu peinlicher Musik mit penetrantem Flöten-Einsatz), in Detailfreude gleich im Anschluss zu sehen. Doch nebenan braut sich ein Unwetter höllischen Ausmaßes zusammen: Randy, die ihrer Mutter nicht nur überhaupt nicht wie aus dem Gesicht geschnitten aussieht, sondern außerdem höchstens eine Handvoll Jahre jünger als sie zu sein scheint, ist irgendwie – erklären möchte das der Film nicht – in den Besitz eines Lehrbuches darüber geraten, wie man den Leibhaftigen beschwören könne, und im Kerzenschein tut sie jetzt genau das. Satanas, venit me fornicare!, wiederholt sie mantra-artig in holprigem Latein einen Satz, den man wohl gar nicht übersetzen muss, um ihn zu verstehen – und tatsächlich: Plötzlich materialisiert sich ein Mann mit Hut und schwarzem Anzug mitten in ihrem Zimmer, wo er zunächst einmal leger an die Wand gelehnt stehenbleibt, und Randys Vagina beim Zwiegespräch mit einem Dildo zuschaut. So sehr ist das junge Mädchen in Ekstase versetzt, dass es weder etwas von den stark behaarten Armen mitbekommt, die lüstern ihren Körper betasten, noch davon, dass eine Tarot-Karte mit Ziegengott wie von selbst zu ihrer Scham hin flattert. Irgendwann aber eröffnet ihr der Teufel, des Voyeurismus überdrüssig und auf einmal bestückt mit einer Fratze, die an eine zerfließende Pizza erinnert, dass er nun den Koitus mit ihr vollziehen wolle („Come taste my cock! Come, sweet meat – fuck me!“), was Randy, die es plötzlich mit der Angst zu tun kriegt, ihm indes unter vollem Körpereinsatz verwehrt. Die Strafe folgt auf den Pferdehuf: Der brüsk Abgewiesen rächt sich an unserer Heldin, indem er kurzerhand in ihr Geschlechtsteil fährt, und fortan dort ein Unwesen treibt, das vor allem einerseits aus einem Randy von jetzt an plagenden unstillbaren Sextrieb besteht, und andererseits darin, dass Satanas mit stark verfremdeter Dämonenstimme aus der Muschi unserer Heldin kontinuierlich Obszönitäten ausstößt – was ANGEL ABOVE, DEVIL BELOW gerne und oft mittels Großaufnahmen illustriert, bei denen Darstellerin Linda York ihre Schamlippen zucken lässt wie ein Bauchredner.

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Spätestens jetzt wird jeder, der das Entstehungsjahr unseres heutigen corpus delicti im Blick hat, schon ahnen, auf was vorliegender Film hinauslaufen möchte, denn der sensationelle Erfolg, den Friedkins THE EXORCIST einfuhr, ist 1974 noch kein Schnee von gestern, und ANGEL ABOVE, DEVIL BELOW ganz offensichtlich vorrangig darum bestrebt, so etwas wie eine XXX-Parodie auf besagten Kassenschlager zu bilden. Randys Erklärungen, sie bzw. ein bestimmter Teil von ihr sei vom Teufel besessen, schenkt ihre Mutter keinen Glauben, und vermutet stattdessen, dass ihr Töchterchen in eine besonders anstrengende Phase der Pubertät geraten sei, während Randy reihenweise Männer wie den Hausarzt oder den Handwerker vom Anfang mit ihrer kräftig zubeißenden und pöbelnden Vagina in die Flucht schlägt oder ihnen körperlichen Schaden zufügt. Nachdem ihr eine Krankenschwester zur Seite gestellt worden ist, deren Augen wachsam auf Randy ruhen sollen, und die dem Teufel schließlich das Maul stopft, indem sie Randy einen massigen Dildo einführt, sind es schließlich zwei Vertreter für religiöse Broschüren, die von Randys Mutter für waschechte Exorzisten gehalten, und von ihr, wider Willen, mit der Satansaustreibung betraut werden. Wahrscheinlich hört sich der episodenhafte Plot in meiner Zusammenfassung genauso blöde an wie er dann auch tatsächlich ist: Der Hardcore-Sex hält sich in Grenzen des guten Geschmacks – obwohl ich gerade die inflationär eingesetzten und unnötig ausgedehnten Aufnahmen von Männerzungen, die in weiblichen Unterleibsbüschen herumfuhrwerken, nun wirklich alles fand, nur nicht prickelnd-erotisch -, der Horror-Anteil, wenn man das bisschen Geisterbahn-Spuk überhaupt so schimpfen möchte, ist noch verschwindend geringer, und letztlich dominiert eine Art von Humor, wie man ihn sich auch in zeitgenössischen bundesdeutschen, mit den Landesfarben Bayerns verzierten Produktionen abgewöhnen kann. „You should see a psychologist or stud service!“, erklärt der zu Rate gezogene Mediziner Randys Mutter, nachdem er von der Göre bzw. dem Fangapparat zwischen ihren Beinen fast entmannt worden ist, und fasst den spezifischen Witz vorliegenden Films damit genauso gut zusammen wie die vielen Szenen, in denen Randys Möse sich in Schimpftiraden ergeht oder zum Beischlaf einlädt, und unsere Heldin alle Hände voll zu tun hat, ihrem geschwätzigen Kleinod einen (metaphorischen) Maulkorb zu verpassen.

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Dass ich gerade auf Denis Diderots Roman LES BIJOUX INDISCRETS von 1748 angespielt habe, ist kein reiner Selbstweck: Dort entwirft der französische Aufklärer nämlich ein ganz ähnliches Szenario, nur mit dem Unterschied, dass ein magischer Ring es ist, der, sobald er an einem Frauenfinger feststeckt, der zugehörigen Muschel zum Ausplaudern sämtlicher Geheimnisse und Intimitäten bringt, die sie kennt, und das fiktive Sultanat Kongo, wo der Text spielt, alsbald Kopf stehen lässt, weil besagter Ring von einem Finger zum andern wandert. Der größte Unterschied aber: Diderots anonym veröffentlichter Roman ließ sich von späteren Generationen leicht als ironische Allegorie auf die intrigenreichen Verhältnisse am Hofe Ludwigs XIV. lesen, womit der titelgebende Gimmick der fabulierenden Vaginen letztlich zum Mittel für einen gesellschaftskritischen Zweck wird. Keine Spur davon jedoch in ANGEL ABOVE, DEVIL BELOW – einem Film, der sich an eine seltsame Schnittstelle begibt irgendwo zwischen dem Wunsch, seinem Publikum stimulierend einzuheizen, und es zum Lachen zu reizen, und, zumindest in meinem Fall, beides nicht wirklich vollbracht hat, (obwohl ich immerhin noch etwas häufiger schmunzeln musste, als dass sich in meiner Hose irgendwas geregt hätte, zumal die endlos ausgewalzte storyfremde Szene, in der der Handwerker Randys Krankenschwester fesselt und sie abwechselnd oral verwöhnt und Dosenbier trinkt, wohl mit zum Abturnendsten gehört, was mir in letzter Zeit unter die Augen gekommen ist.) Immerhin, einigermaßen kurzweilig sind die achtzig Minuten dennoch gewesen, und möglicherweise wäre die deutsche VHS-Veröffentlichung des Werks – unter dem Titel DAS MÄDCHEN MIT DEM TEUFEL IM UNTERLEIB – noch ein Zugewinn an dümmlichen Dialogen, insgesamt aber fällt das Filmchen doch verglichen mit meinen beiden letzten Ausflüge ins Bahnhofskino THE RITES OF URANUS und THE DEVIL INSIDE HER zu stark ab, als dass ich eine Empfehlung für jemanden aussprechen könnte, der sich nicht gerade mit dem Topos der sprechenden Vulva in Literatur, Kunst und Film beschäftigen sollte. Dann doch lieber Diderot lesen...
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