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Darsteller: Johnny Depp, Mary Stuart Masterson, Aidan Quinn, Julianne Moore, Oliver Platt, CCH Pounder, Dan Hedaya, Joe Grifasi, William H. Macy, Liane Curtis, Eileen Ryan, Don Hamilton u. A.
Benny und Joon sind Geschwister, leben zusammen und befinden sich in einer schwierigen Situation. Einerseits möchte Benny ein normales Leben führen, das in erreichbare Nähe rückt, als er sich frisch verliebt, andererseits hängt er jedoch an seiner neurotischen Schwester, die er mit ihren tausend Macken weder einliefern, noch alleinlassen will. Da kommt eines Tages ein exzentrischer junger Mann in die Stadt, Sam, der seinem großen Idol Buster Keaton nacheifert. Wider Erwarten verstehen sich Sam und Joon ausgezeichnet, doch das weckt ausgerechnet Bennys Argwohn...
Die zweite Regiearbeit des Kanadiers Jeremiah S. Chechik nach der populären Weihnachtskomödie „Schöne Bescherung“ ist das romantische US-Komödiendrama „Benny & Joon“ aus dem Jahre 1993 mit Johnny Depp („Edward mit den Scherenhänden“) in einer der Hauptrollen.
Seit dem Unfalltod ihrer Eltern lebt die junge Frau Joon (Mary Stuart Masterson, „Die Frauen von Stepford“) mit ihrem älteren Bruder Benny (Aidan Quinn, „Crusoe“) zusammen. Joon hat schwere psychische Störungen davongetragen und ist zu einer Gefahr für sich und andere geworden. Benny arbeitet als Automechaniker und fungiert zudem als Betreuer und Vormund seiner Schwester. Unter dieser Mehrfachbelastung ist an eine normale Partnerschaft nicht zu denken. Durch Zufall lernt Joon jedoch eines Tages den exzentrischen Sam (Johnny Depp) kennen, den Benny bei einer Pokerpartie mit seinen Arbeitskollegen „gewann“. Er zieht zu Benny und Joon, verdingt sich als Haushälter – und scheint die erste Haushaltshilfe zu sein, die Joon nicht vergrault. Im Gegenteil, sie findet Gefallen an dem jungen Mann, der sie mit seinen Kunststückchen und seinem außergewöhnlichen Lebensentwurf prächtig unterhält. Als sich die beiden jedoch ineinander verlieben, eskaliert die Situation…
Johnny Depp begeistert in „Benny & Joon“ mit seinen Buster-Keaton- und Charlie-Chaplin-Imitationen und anderen clownesken Choreographien, um die der Film unschwer zu erkennen herumkonstruiert wurde. Doch eben diese Rahmenhandlung ist der frappierende Schwachpunkt des Films: Auf höchst naive und erschreckend oberflächliche Weise thematisiert „Benny & Joon“ das Zusammenleben mit einer psychisch kranken Person, die auch schon einmal Gefahr läuft, das gemeinsame Haus abzufackeln. Zwar stellt der Film die Einschnitte, die die Betreuung für Bennys Privatleben bedeuten, zumindest ansatzweise dar, bleibt jedoch die Antwort schuldig, wie jemand wie Sam eigenverantwortlich überlebensfähig sein soll und romantisiert das Aufeinandertreffen zweier gestörter Menschen, das Joon angeblich über ihre Krankheit hinweghilft. Was bis hierhin trotz aller Unwahrscheinlichkeiten zumindest nett anzusehen ist, erfährt eine unverständliche Wendung, als Benny ohne ersichtlichen Grund seine Schwester wütend beschimpft und dann doch in eine stationäre Pflegestation gibt, nachdem er von der Liebe zwischen beiden erfahren hat. Das ist nur schwer nachvollziehbar, wirkt alles andere als glaubwürdig und soll sehr offensichtlich lediglich die Dramatik verschärfen, bevor sich selbstverständlich alles zum Guten wendet und im selben Abwasch auch Benny eine Partnerin kennenlernt. Wenn es doch nur alles so einfach wäre…
Seine Intention, eine Lanze für psychologisch auffällige Mitmenschen zu brechen, unterwandern Chechik und die Drehbuchautoren ungewollt, indem sie sich in sichten Oberflächlichkeiten und Klischees ergehen, eine naive „Alles-nicht-so-schlimm“-Botschaft transportieren und damit unter Beweis stellen, von der behandelten Materie eigentlich keinen Schimmer zu haben. Nicht persönlich betroffene Zuschauer bekommen ihre kleine Portion heiler Welt ab und eine verklärende, verzerrte Darstellung mit auf den Weg, die eines in der Realität ganz sicher nicht bewirkt: Verständnis für tatsächlich Kranke. Dennoch positiv: der Titelsong „I’m Gonna Be (500 Miles)“ der Proclaimers, der durch den Film zum Hit wurde.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)