Originaltitel: American Guerrilla in the Philippines
Produktionsland: USA 1950
Regie: Fritz Lang
Darsteller: Tyrone Power, Micheline Presle, Tom Ewell, Robert Patten, Jack Elam
Aus Gründen, die mir wohl selbst unerfindlich bleiben werden, habe ich mir nun sämtliche Filme angesehen, die Fritz Lang von den späten 30ern bis in die späten 50er hinein in Hollywood gedreht hat. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES ist von den insgesamt zweiundzwanzig Werken für mich das wohl mit Abstand inhaltlich problematischste.
Was nicht heißen soll, dass Langs Ausflug bzw. Langzeitaufenthalt in den USA an problematischen Filmen arm sei. Gerade jene unmissverständlich propagandistischen Werke, die er Anfang der 40er in Opposition zu seiner einstigen Heimat, dem nunmehr nationalsozialistischen Deutschland, gedreht hat, tragen für mich teilweise doch leicht bedenkliche Züge. Nehmen wir zum Beispiel MAN HUNT von 1941, der die Geschichte des britischen Jägers Thorndike erzählt, der, Hitler bereits in Reichweite seine Flinte, ihn aus dem Ehrencodex heraus doch nicht hinterrücks erschießt, weil das, selbst bei einem gefährlichen Diktator, feige und eines echten Grünrocks nicht würdig sei. Allerdings sehen das die Leibwächter anders, die Thorndike im Umkreis von Hitlers Berghof ergreifen, ihn für einen Spion halten, und, glauben sie zumindest, erschlagen in einer Felsenschlucht liegenlassen. Im Folgenden entwickelt MAN HUNT sich zu exakt dem, was Lang mit seinem späteren SECRET BEYOND THE DOOR erfolglos zu wiederholen versucht hat: ein Film, der seine Hauptinspiration aus dem Oeuvre Hitchcocks schöpft, und, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach, sogar besser funktioniert, d.h. spannender, unterhaltsamer ist, als beispielweise der ähnlich gelagerte SABOTEUR von 1942. Vor allem begeht Lang nicht den Fehler, seinen mitunter überaus packenden Spionagethriller in ein süßliches Happy End münden zu lassen. Stattdessen wird Thorndikes Geliebte, hervorragend gespielt von Joan Bennett, von seinen Verfolgern grausig ums Leben gebracht, er selbst liefert sich in einer Felsenhöhle ein Duell auf Leben und Tod mit einem auf ihn angesetzten Nazi-Funktionär, aus dem er allerdings in gewisser Weise geläutert hervorgeht, sprich: er sieht auf einmal seine Lebensaufgabe darin, das Deutsche Reich, allerdings in ehrenvollem Kampf von Mann gegen Mann, in die Knie zu zwingen. Die letzte Szene des Films zeigt Thorndike wie er zu pathetischer Musik mit einem Fallschirm über Deutschland aus einem Kampfjet hüpft. Die Konklusion ist offensichtlich: MAN HUNT soll nicht etwa bloß ein reiner Unterhaltungsfilm vor zeitgenössischer Kulisse sein. Nicht nur in seinem Subtext vertritt er vielmehr die Ansicht, dass es die Pflicht jedes demokratisch und freiheitlich gesinnten Menschen sei, für Ideale wie Demokratie und Freiheit einzutreten – und dass man das am besten tut, indem man sich bis an die Zähne bewaffnet über dem deutschen Feindesland abwerfen lässt. Obwohl MAN HUNT für mich zu den qualitativ besten Filmen gehört, für die Lang in den Vereinigten Staaten verantwortlich zeichnete, handelt es sich bei diesem unreflektierten Ende um eins, das ich am liebsten der Schere zum Opfer fallen gesehen hätte.
Noch ärger hat mir der Western THE RETURN OF FRANK JAMES von 1940 aufgestoßen, der, meine ich, exemplarisch dafür steht, in welchem Maße Lang, der sich, wie wir gesehen haben, ja recht kämpferisch von seinem Vaterland abgrenzt, die vorherrschende Ideologie in seiner neuen Wahlheimat inhaliert hat. THE RETURN OF FRANK JAMES ist ein recht typischer Edelwestern, der höchstens durch seine exzellente Ausleuchtung auffällt. Frank James, der Bruder des weitaus berühmteren, angeblich feige ermordeten Jesse James, verlässt sein idyllisches Farmleben, um die Killer seines Bruders zur Rechenschaft zu ziehen – nicht etwa aber, indem er sie einer nach dem andern niedermeuchelt, nein, es soll eine Gerichtsverhandlung stattfinden, in deren Verlauf er sie rechtskräftig verurteilt sehen möchte. Auf seiner Reise quer durch den bei Lang gar nicht mal allzu wilden Western kreuzen sich Franks Wege mehrmals mit Schwarzen, die immer mal wieder beiläufig, flüchtig in ausnahmslos knechtischen Posen ins Bild treten. Nun mag man mir vorhalten, dass meine Kritik zu weit führt: immerhin befinden wir uns im Missouri der 1880er Jahre, und zu dieser Zeit ist es eben Standard, dass Posten wie Stallburschen oder Hausmädchen vornehmlich von Schwarzen bekleidet wurden, ob einem das heutzutage nun gefällt oder nicht. Dagegen habe ich zwei Einwände. Zum einen, dass THE RETURN OF FRANK JAMES offenkundig ein Film ist, dem es primär nicht darum geht, irgendeine Form von historischer Realität abzubilden, immerhin sind seine weiße Revolverhelden vollkommen idealisierte Figuren, seien sie nun, wie Frank James, der Inbegriff von Tugend und Ehre, oder, wie die feigen Mörder von Jesse, das absolute Gegenteil davon, jedenfalls keine Menschen, von denen man behaupten könnte, man würde sie irgendwo auf der Straße, außerhalb von Romanen und Filmen, treffen können. Zum anderen gibt es da die Figur des Pinky, des schwarzen Hausdieners von Frank James, der derart beladen mit Klischees dargestellt wird, dass die Rolle sich kaum auf eigenständigen Beinen halten kann. Pinky ist anhänglich wie ein Hund, treu bis in den Tod, oftmals schwer vom Begriff, und sowieso hauptsächlich für die komödiantischen Elemente zuständig. Dass da ein Machtgefälle herrscht zwischen weißen Helden und schwarzen sidekicks, und dass es, wo es doch schon mal eine schwarze Figur gibt, die ein bisschen mehr screentime hat als all die anderen stummen afroamerikanischen Schatten im Hintergrund, zumindest die potentielle Möglichkeit gegeben hätte, Pinky in ein etwas anderes Licht zu kleiden, beweist mir, wie sehr die Verantwortlichen, und damit Lang, dem Zeitgeist der frühen 40er entsprochen haben, als es für einen Großteil der weißen US-Amerikaner noch undenkbar gewesen ist, neben einem Schwarzen im Bus zu sitzen.
Allerdings haben Fritz Langs Film niemals außerhalb der Realität gestanden, in der sie entstanden sind. DIE NIBELUNGEN fängt einen völkisch-romantischen Zeitgeist ein, DAS TESTAMENT DER MABUSE die politisch wacklige Phase im Deutschland Anfang der 30er Jahre und damit, in weiser Voraussicht, das Heraufdämmern eines autokratischen Systems, und THE RETURN OF FRANK JAMES und MAN HUNT spiegeln konsequent das geistige Umfeld, in dem und für das sie letztlich gedreht wurden. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES geht jedoch noch einen Schritt weiter. Für mich hat Lang mit diesem Film zum ersten und einzigen Mal in seiner Karriere die Linie übertreten, die zwischen bloßem Widerspiegeln gesellschaftlicher Realitäten und dem bewussten Steuern und Manipulieren solcher gesellschaftlicher Realitäten verläuft. Dass er in späteren Jahren den Film entweder für denjenigen erklärte, den er persönlich am wenigsten von allen mochte, die er jemals gedreht hat, eine reine Auftragsarbeit, um seine Miete zu zahlen, oder zuweilen gar geleugnet hat, bei AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES überhaupt auf dem Regiestuhl gesessen zu haben, zeigt, wie unangenehm ihm dieser schier ungenießbare Kriegsstreifen im Nachhinein selbst gewesen sein muss – und womöglich hätte er den folgenden fünf Punkten vorbehaltlos zugestimmt, in denen ich einmal meine Hauptvorbehalte dem Film gegenüber zusammenfassen möchte:
1. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES basiert auf dem gleichnamigen Tatsachenbericht eines gewissen Iliff Richardson, der im Zweiten Weltkrieg als US-amerikanischer Soldat maßgeblich am Guerillakampf der Filipinos gegen ihre japanischen Besatzer beteiligt gewesen ist. Eigentlich wollte 20th Century Fox die in Buchform außerordentlich viele Leser findende, heroische Geschichte noch zu Kriegszeiten verfilmen, als letztere aber mit dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki jäh endete, vertagte der verantwortliche Produzent Lamar Trotti das Projekt eben, könnte man sagen, zum nächstpassenden Anlass. Der fand sich im Jahre 1950 im sich zuspitzenden Konflikt zwischen Nord- und Südkorea, bei dem die USA auf Seiten des Südens, und China, mit Unterstützung der Sowjetunion, auf Seiten des Nordens mitwirkten. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES erscheint im November 1950, der offizielle Beginn des Koreakriegs wird auf Juni desselben Jahres datiert. Ich erlaube mir, vorsichtig die Frage in den Raum zu werfen, wo denn bei einer solchen Praxis, eine Bevölkerung mittels Spielfilmen unterschwellig auf Kriegshandlungen einzustimmen, die großartigen qualitativen Unterschiede zwischen vorliegendem Werk und, zum Beispiel, nationalsozialistischer Kriegsfilme wie STUKAS (1941) oder JUNGE ADLER (1944) liegen.
2. Der Titel sagt schon alles: AMERICAN GUERILLA, um nichts anderes geht es hier. Im Mittelpunkt des Geschehens steht Tyrone Power alias Chuck Palmer, ein aufrechter Freiheitskämpfer, der sich zu Beginn des Films zwar mit einigen Kameraden und einem Boot auf der Flucht vor den japanischen Besatzern nach Australien zu flüchten versucht, als er aber dort nie ankommt, sondern Schiffbruch erleidet und zurück an die philippinische Küste gespült wird, sein Schicksal umarmt, d.h. sich mit anderen Versprengten in den Dschungel zurückzieht, um dort ein Radionetzwerk aufzubauen, junge Filipinos im Nahkampf und Gebrauch von Schusswaffen auszubilden, und Sabotageaktionen gegen die Japaner auszuführen – ach ja, und nebenbei verliebt er sich natürlich noch in eine Französin, deren Ehemann, ein reicher Unterstützer der Guerillas, vor ihren Augen von den Japanern brutal zu Tode geprügelt worden ist, und die in Chuck Palmer eine starke Schulter zum Anlehnen und herbe Männerlippen zum Küssen findet. Es ist schon erstaunlich wie wenig AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES daran interessiert scheint, zu irgendeinem Zeitpunkt so etwas wie Gefahr oder wenigstens Spannung aufkommen zu lassen. Chuck Palmer tritt während des gesamten Films derart souverän auf, dass man sich einfach nicht vorstellen kann, irgendwas könne ihm jemals auch nur ein Härchen krümmen. Bezeichnend ist allein schon der Auftakt, wenn Palmer mit einem Weggefährten und einer Menge philippinischer Flüchtlinge mehrere Tage quer durch das Landesinnere wandert. Als man in der nächstgrößeren Stadt ankommt, wo die US-Armee gerade dabei ist, ihre Sache zu packen und das Weite zu suchen, weist Palmer nicht nur nicht den geringsten Kratzer auf, er ist bester Laune, hat Scherze en masse auf den Lippen und, trotz der im Grunde ziemlich ausweglosen Situation, denn immerhin kommen die japanischen Truppen von Sekunde zu Sekunde näher, sogar noch Muse, seiner späteren französischen Geliebte zum ersten Mal den Hof zu machen. Niemanden wird es verwundern, dass mit solchen makellosen, unkaputtbaren Stereotypen eine auch nur ansatzweise realistische Darstellung von Krieg und Kampf nicht erreichbar ist. AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES stellt den Guerillakrieg zwar nie als Abenteuerspielplatz für große Jungs dar und spart sich jedwede Blödeleien, trotzdem: wo ich mir einen echten Krieg als Laken vorstelle, das von Blut, Schlamm und Kot nur so trieft, ist die mediale Repräsentation von Krieg in vorliegendem Film eher eins, das höchstens an den Rändern ein bisschen mit Schlamm vollgespritzt wurde. Diese Spritzer stammen dann allerdings zum Großteil aus einer einzigen Szene. US-amerikanische Soldaten sind auf der Flucht vor den Japanern. Man versteckt sich in einem Feld mit hohen Gräsern. Ein Soldat hat sich unter einem Baumstamm verborgen. Ganz dicht streifen die Japaner an ihm vorbei. Mit ihren Bajonetten zerteilen sie die Halme. Obwohl seine Beine bereits von oben bis unten mit Ameisen bedeckt sind, die ihn beißen und zwicken, darf der Soldat es sich nicht erlauben, sich zu bewegen oder zu schreien. Verkrampft liegt er da, offenbar in ein Gebet versunken. Nur dieses eine Mal habe ich bei AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES atemlos die Leinwand angestarrt.
3. Wenn die Amerikaner das absolute Gute repräsentieren, dann müssen ihre Kontrahenten, die Japaner, zwangsläufig den Schwarzen Peter des absoluten Bösen zugeschoben bekommen. Selten nur tauchen diese zwar auf, doch wenn, dann verständigen sie sich ausnahmslos in einem Befehlston, der wie Gebell klingt, wiederholen gebetsmühlenartig, dass jeder Filipino, der einen Amerikaner deckt, unweigerlich mit dem Tode bestraft wird, erschießen ohne mit der Wimper zu zucken mutmaßliche Verschwörer, und lassen dabei eine stark und heftig pulsierende sadistische Ader erkennen. Da ist es kein Verbrechen, so die These des Films, wenn unsere amerikanischen Helden nicht nur zum Gegenschlag ausholen, sondern dabei außerdem eine gewisse Befriedigung empfinden. Die Szene in AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES, bei der es mir am kältesten den Rücken hinunterlief, siedelt etwa in der Mitte des Films, als Palmer und seine Verbündeten bereits sieben Monate im Urwald campiert haben, versorgt von ihren philippinischen Freunden und Waffengefährten. Zum ersten Mal verirren sich Japaner in die Nähe ihres Verstecks. Nachdem Palmer und seine Leute sie aus dem Hinterhalt heraus niedergestreckt haben, erklärt unser Held, der den gesamten Film über immer wieder als Off-Sprecher aus der Zukunft das Geschehen kommentiert, dies sei sein „first moment of satisfaction“ seit langer Zeit gewesen, dass er endlich einmal wieder ein paar Japsen hat killen können.
4. Jemand fehlt aber noch in unserer Gleichung. Amerikaner = gut, Japaner = böse, wie sieht es aber mit den Filipinos aus, deren Heimat doch immerhin auf dem Spiel steht? In AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES sind sie, und verwundert hat mich das kaum, eine gesichtslose Masse, aus der nur einzelne Personen, zumeist Männer, vorstechen, und das auch nur, weil sie sich komplett der Sache ihrer amerikanischen Befreier verschrieben haben. Von Eigenständigkeit ist bei den Filipinos, wie sie vorliegender Film darstellt, keine Spur zu entdecken. Stets ist ihre Abhängigkeit von den weitaus klügeren, weitaus versierteren und weitaus mächtigeren Amerikanern ungebrochen. Von letzteren erfahren sie wie sie effektiv gegen die Japaner ins Feld ziehen, erhalten sie Medikamente, humanitäre Hilfestellungen. Eine Szene relativ zu Beginn fasst dieses Primat einer ausschließlich weißen Perspektive, in die nur das integriert wird, was ihr entspricht, und alles, was sich ihr entzieht, als Fremdkörper ausgeschlossen bleiben muss, perfekt zusammen. Palmer steht kurz davor, mit seinen Freunden gen Australien zu segeln. Er verabschiedet sich am Strand von seiner französischen Bekanntschaft. Doch nicht nur sie ist gekommen, um der Abreise der Soldaten beizuwohnen. Hinter ihr scheint das gesamte Dorf versammelt, zu dem der Sandstrand gehört. Frauen, Kinder, Männer stehen geschlossen, stumm, starrend ein Stück hinter den Schauspielern und blicken aufs Meer hinaus. Für mich verwischen in diesem Moment die Grenzen zwischen Fiktion und Realität. Es sind nämlich eben nicht nur die philippinischen Statisten innerhalb des Filmuniversums, es sind zugleich reale Menschen mit realen Biographien, realen Schicksalen, die dort vor der Kamera stehen und den Dreharbeiten zuschauen. Warum sind sie dort? Hat das Filmteam sie dort platziert, um eine exotischere Kulisse zu generieren? Sind sie von allein gekommen, weil die Dreharbeiten sie, als außergewöhnliches Ereignis, faszinieren? Was denken sie in dem Moment, als Tyrone Power seine Drehbuchzeilen runterrasselt? Ich würde gerne in ihre Köpfe, in ihre Herzen schauen, erfahren: wie stehen sie zu diesem Film?, teilen sie mein Gefühl, dass sie für eine Sache instrumentalisiert worden sind, die sie zur bloßen Staffage degradiert?, amüsiert sie das Treiben des amerikanischen Filmteams, finden sie es einfach nur befremdlich oder weckt es gar schlimme Erinnerungen an die nur wenige Jahre zurückliegende Kriegszeit? , sind sie damit einverstanden, in diesem Film mitzuwirken?, wurden sie überhaupt gefragt?, und, vielleicht am wichtigsten: was für einen Film hätten sie gedreht, wenn man ihnen das Equipment überlassen hätte?
Noch drei Anmerkungen: a) keiner der philippinischen Schauspieler wird im Abspann des Films namentlich genannt, b) dass Tyrone Powers Liebschaft von einer Französin, Micheline Presle, gespielt wird, hat rein pragmatische Gründe: im Hollywood der frühen 50er ist es undenkbar, dass ein weißer Amerikaner mit einer philippinischen Frau anbandelt, weswegen die Rolle mit jemandem besetzt werden musste, der dem europäischen Kulturkreis entstammt, c) vom Alltagsleben, der Kultur, der Sozialstruktur der Filipinos erfahren wir in AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES, obwohl der Film an Originalschauplätzen und nicht etwa in einem muffigen Hollywood-Studio gedreht worden ist, rein gar nichts, nur einmal wird uns ein Tänzchen gezeigt, bei dem eine Frau und ein Mann über Bambusstämme hüpfen, ein Schauspiel wie für einen Pulk sonnenverbrannter Touristen.
5. Zu allem Überfluss endet AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES nicht nur mit einer patriotischen Geste, die die amerikanische Flagge in höchste Höhen hält, sondern außerdem mit frommgefalteten Händchen, zwischen deren Fingern ein inbrünstiges Gebet an den Christengott schläft. Es stimmt zwar wohl, dass die Philippinen das asiatische Land mit dem, gemessen an der Bevölkerungsdichte, größten Anteil von Christen sind – seit der Kolonisation durch die Spanier 1565 wurden sowohl genuin philippinische Naturreligionen wie auch der Islam sukzessive durch die Römisch-Katholische Kirche verdrängt - und gegen zwei frühe Beerdigungsszenen – einmal wird ein gefallener Amerikaner beigesetzt, einmal der ermordete Gatte von Palmers crush -, bei denen man am Rande einige Filipinos mit Kreuzen und gefalteten Händen sieht, habe ich demnach gar nichts einzuwenden. Wiederum sehr plakativ und als Metapher einfach banal habe ich jedoch das Finale empfunden, das ausgerechnet in einem christlichen Gotteshaus stattfinden muss. In diesem haben Palmer und seine Leute sich verschanzt, während draußen die Japaner aufmarschieren und schließlich das Feuer eröffnen. Während die Situation schon ausweglos scheint, eilt, sozusagen auf göttlichen Ratschluss hin, in allerletzter Sekunde eine Einheit US-amerikanischer Truppen zur Rettung, schlägt die Japaner vernichtend und bewahrt Palmer, seine Waffenkameraden sowie die Kirche vor dem sicheren Untergang.
Nein, dieses Gemisch aus Propaganda, Patriotismus, unverhohlenem Kolonialismus, Rassismus und Kriegstreiberei liegt mir noch immer schwer im Magen. Die bunten Bilder haben ihren Reiz, das Ganze ist professionell in Szene gesetzt, die eine oder andere Szene mag sogar recht unterhaltsam sein, von der in diesem Film vergrabenen Ideologie kann ich nur nachdrücklich warnen. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES ist der Tiefpunkt im Oeuvre von Fritz Lang, eine unangenehme Grube, um die ich, hoffe ich, mit dieser Kurzkritik eine Reihe Bauzäune gepflanzt habe.
Was nicht heißen soll, dass Langs Ausflug bzw. Langzeitaufenthalt in den USA an problematischen Filmen arm sei. Gerade jene unmissverständlich propagandistischen Werke, die er Anfang der 40er in Opposition zu seiner einstigen Heimat, dem nunmehr nationalsozialistischen Deutschland, gedreht hat, tragen für mich teilweise doch leicht bedenkliche Züge. Nehmen wir zum Beispiel MAN HUNT von 1941, der die Geschichte des britischen Jägers Thorndike erzählt, der, Hitler bereits in Reichweite seine Flinte, ihn aus dem Ehrencodex heraus doch nicht hinterrücks erschießt, weil das, selbst bei einem gefährlichen Diktator, feige und eines echten Grünrocks nicht würdig sei. Allerdings sehen das die Leibwächter anders, die Thorndike im Umkreis von Hitlers Berghof ergreifen, ihn für einen Spion halten, und, glauben sie zumindest, erschlagen in einer Felsenschlucht liegenlassen. Im Folgenden entwickelt MAN HUNT sich zu exakt dem, was Lang mit seinem späteren SECRET BEYOND THE DOOR erfolglos zu wiederholen versucht hat: ein Film, der seine Hauptinspiration aus dem Oeuvre Hitchcocks schöpft, und, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach, sogar besser funktioniert, d.h. spannender, unterhaltsamer ist, als beispielweise der ähnlich gelagerte SABOTEUR von 1942. Vor allem begeht Lang nicht den Fehler, seinen mitunter überaus packenden Spionagethriller in ein süßliches Happy End münden zu lassen. Stattdessen wird Thorndikes Geliebte, hervorragend gespielt von Joan Bennett, von seinen Verfolgern grausig ums Leben gebracht, er selbst liefert sich in einer Felsenhöhle ein Duell auf Leben und Tod mit einem auf ihn angesetzten Nazi-Funktionär, aus dem er allerdings in gewisser Weise geläutert hervorgeht, sprich: er sieht auf einmal seine Lebensaufgabe darin, das Deutsche Reich, allerdings in ehrenvollem Kampf von Mann gegen Mann, in die Knie zu zwingen. Die letzte Szene des Films zeigt Thorndike wie er zu pathetischer Musik mit einem Fallschirm über Deutschland aus einem Kampfjet hüpft. Die Konklusion ist offensichtlich: MAN HUNT soll nicht etwa bloß ein reiner Unterhaltungsfilm vor zeitgenössischer Kulisse sein. Nicht nur in seinem Subtext vertritt er vielmehr die Ansicht, dass es die Pflicht jedes demokratisch und freiheitlich gesinnten Menschen sei, für Ideale wie Demokratie und Freiheit einzutreten – und dass man das am besten tut, indem man sich bis an die Zähne bewaffnet über dem deutschen Feindesland abwerfen lässt. Obwohl MAN HUNT für mich zu den qualitativ besten Filmen gehört, für die Lang in den Vereinigten Staaten verantwortlich zeichnete, handelt es sich bei diesem unreflektierten Ende um eins, das ich am liebsten der Schere zum Opfer fallen gesehen hätte.
Noch ärger hat mir der Western THE RETURN OF FRANK JAMES von 1940 aufgestoßen, der, meine ich, exemplarisch dafür steht, in welchem Maße Lang, der sich, wie wir gesehen haben, ja recht kämpferisch von seinem Vaterland abgrenzt, die vorherrschende Ideologie in seiner neuen Wahlheimat inhaliert hat. THE RETURN OF FRANK JAMES ist ein recht typischer Edelwestern, der höchstens durch seine exzellente Ausleuchtung auffällt. Frank James, der Bruder des weitaus berühmteren, angeblich feige ermordeten Jesse James, verlässt sein idyllisches Farmleben, um die Killer seines Bruders zur Rechenschaft zu ziehen – nicht etwa aber, indem er sie einer nach dem andern niedermeuchelt, nein, es soll eine Gerichtsverhandlung stattfinden, in deren Verlauf er sie rechtskräftig verurteilt sehen möchte. Auf seiner Reise quer durch den bei Lang gar nicht mal allzu wilden Western kreuzen sich Franks Wege mehrmals mit Schwarzen, die immer mal wieder beiläufig, flüchtig in ausnahmslos knechtischen Posen ins Bild treten. Nun mag man mir vorhalten, dass meine Kritik zu weit führt: immerhin befinden wir uns im Missouri der 1880er Jahre, und zu dieser Zeit ist es eben Standard, dass Posten wie Stallburschen oder Hausmädchen vornehmlich von Schwarzen bekleidet wurden, ob einem das heutzutage nun gefällt oder nicht. Dagegen habe ich zwei Einwände. Zum einen, dass THE RETURN OF FRANK JAMES offenkundig ein Film ist, dem es primär nicht darum geht, irgendeine Form von historischer Realität abzubilden, immerhin sind seine weiße Revolverhelden vollkommen idealisierte Figuren, seien sie nun, wie Frank James, der Inbegriff von Tugend und Ehre, oder, wie die feigen Mörder von Jesse, das absolute Gegenteil davon, jedenfalls keine Menschen, von denen man behaupten könnte, man würde sie irgendwo auf der Straße, außerhalb von Romanen und Filmen, treffen können. Zum anderen gibt es da die Figur des Pinky, des schwarzen Hausdieners von Frank James, der derart beladen mit Klischees dargestellt wird, dass die Rolle sich kaum auf eigenständigen Beinen halten kann. Pinky ist anhänglich wie ein Hund, treu bis in den Tod, oftmals schwer vom Begriff, und sowieso hauptsächlich für die komödiantischen Elemente zuständig. Dass da ein Machtgefälle herrscht zwischen weißen Helden und schwarzen sidekicks, und dass es, wo es doch schon mal eine schwarze Figur gibt, die ein bisschen mehr screentime hat als all die anderen stummen afroamerikanischen Schatten im Hintergrund, zumindest die potentielle Möglichkeit gegeben hätte, Pinky in ein etwas anderes Licht zu kleiden, beweist mir, wie sehr die Verantwortlichen, und damit Lang, dem Zeitgeist der frühen 40er entsprochen haben, als es für einen Großteil der weißen US-Amerikaner noch undenkbar gewesen ist, neben einem Schwarzen im Bus zu sitzen.
Allerdings haben Fritz Langs Film niemals außerhalb der Realität gestanden, in der sie entstanden sind. DIE NIBELUNGEN fängt einen völkisch-romantischen Zeitgeist ein, DAS TESTAMENT DER MABUSE die politisch wacklige Phase im Deutschland Anfang der 30er Jahre und damit, in weiser Voraussicht, das Heraufdämmern eines autokratischen Systems, und THE RETURN OF FRANK JAMES und MAN HUNT spiegeln konsequent das geistige Umfeld, in dem und für das sie letztlich gedreht wurden. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES geht jedoch noch einen Schritt weiter. Für mich hat Lang mit diesem Film zum ersten und einzigen Mal in seiner Karriere die Linie übertreten, die zwischen bloßem Widerspiegeln gesellschaftlicher Realitäten und dem bewussten Steuern und Manipulieren solcher gesellschaftlicher Realitäten verläuft. Dass er in späteren Jahren den Film entweder für denjenigen erklärte, den er persönlich am wenigsten von allen mochte, die er jemals gedreht hat, eine reine Auftragsarbeit, um seine Miete zu zahlen, oder zuweilen gar geleugnet hat, bei AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES überhaupt auf dem Regiestuhl gesessen zu haben, zeigt, wie unangenehm ihm dieser schier ungenießbare Kriegsstreifen im Nachhinein selbst gewesen sein muss – und womöglich hätte er den folgenden fünf Punkten vorbehaltlos zugestimmt, in denen ich einmal meine Hauptvorbehalte dem Film gegenüber zusammenfassen möchte:
1. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES basiert auf dem gleichnamigen Tatsachenbericht eines gewissen Iliff Richardson, der im Zweiten Weltkrieg als US-amerikanischer Soldat maßgeblich am Guerillakampf der Filipinos gegen ihre japanischen Besatzer beteiligt gewesen ist. Eigentlich wollte 20th Century Fox die in Buchform außerordentlich viele Leser findende, heroische Geschichte noch zu Kriegszeiten verfilmen, als letztere aber mit dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki jäh endete, vertagte der verantwortliche Produzent Lamar Trotti das Projekt eben, könnte man sagen, zum nächstpassenden Anlass. Der fand sich im Jahre 1950 im sich zuspitzenden Konflikt zwischen Nord- und Südkorea, bei dem die USA auf Seiten des Südens, und China, mit Unterstützung der Sowjetunion, auf Seiten des Nordens mitwirkten. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES erscheint im November 1950, der offizielle Beginn des Koreakriegs wird auf Juni desselben Jahres datiert. Ich erlaube mir, vorsichtig die Frage in den Raum zu werfen, wo denn bei einer solchen Praxis, eine Bevölkerung mittels Spielfilmen unterschwellig auf Kriegshandlungen einzustimmen, die großartigen qualitativen Unterschiede zwischen vorliegendem Werk und, zum Beispiel, nationalsozialistischer Kriegsfilme wie STUKAS (1941) oder JUNGE ADLER (1944) liegen.
2. Der Titel sagt schon alles: AMERICAN GUERILLA, um nichts anderes geht es hier. Im Mittelpunkt des Geschehens steht Tyrone Power alias Chuck Palmer, ein aufrechter Freiheitskämpfer, der sich zu Beginn des Films zwar mit einigen Kameraden und einem Boot auf der Flucht vor den japanischen Besatzern nach Australien zu flüchten versucht, als er aber dort nie ankommt, sondern Schiffbruch erleidet und zurück an die philippinische Küste gespült wird, sein Schicksal umarmt, d.h. sich mit anderen Versprengten in den Dschungel zurückzieht, um dort ein Radionetzwerk aufzubauen, junge Filipinos im Nahkampf und Gebrauch von Schusswaffen auszubilden, und Sabotageaktionen gegen die Japaner auszuführen – ach ja, und nebenbei verliebt er sich natürlich noch in eine Französin, deren Ehemann, ein reicher Unterstützer der Guerillas, vor ihren Augen von den Japanern brutal zu Tode geprügelt worden ist, und die in Chuck Palmer eine starke Schulter zum Anlehnen und herbe Männerlippen zum Küssen findet. Es ist schon erstaunlich wie wenig AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES daran interessiert scheint, zu irgendeinem Zeitpunkt so etwas wie Gefahr oder wenigstens Spannung aufkommen zu lassen. Chuck Palmer tritt während des gesamten Films derart souverän auf, dass man sich einfach nicht vorstellen kann, irgendwas könne ihm jemals auch nur ein Härchen krümmen. Bezeichnend ist allein schon der Auftakt, wenn Palmer mit einem Weggefährten und einer Menge philippinischer Flüchtlinge mehrere Tage quer durch das Landesinnere wandert. Als man in der nächstgrößeren Stadt ankommt, wo die US-Armee gerade dabei ist, ihre Sache zu packen und das Weite zu suchen, weist Palmer nicht nur nicht den geringsten Kratzer auf, er ist bester Laune, hat Scherze en masse auf den Lippen und, trotz der im Grunde ziemlich ausweglosen Situation, denn immerhin kommen die japanischen Truppen von Sekunde zu Sekunde näher, sogar noch Muse, seiner späteren französischen Geliebte zum ersten Mal den Hof zu machen. Niemanden wird es verwundern, dass mit solchen makellosen, unkaputtbaren Stereotypen eine auch nur ansatzweise realistische Darstellung von Krieg und Kampf nicht erreichbar ist. AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES stellt den Guerillakrieg zwar nie als Abenteuerspielplatz für große Jungs dar und spart sich jedwede Blödeleien, trotzdem: wo ich mir einen echten Krieg als Laken vorstelle, das von Blut, Schlamm und Kot nur so trieft, ist die mediale Repräsentation von Krieg in vorliegendem Film eher eins, das höchstens an den Rändern ein bisschen mit Schlamm vollgespritzt wurde. Diese Spritzer stammen dann allerdings zum Großteil aus einer einzigen Szene. US-amerikanische Soldaten sind auf der Flucht vor den Japanern. Man versteckt sich in einem Feld mit hohen Gräsern. Ein Soldat hat sich unter einem Baumstamm verborgen. Ganz dicht streifen die Japaner an ihm vorbei. Mit ihren Bajonetten zerteilen sie die Halme. Obwohl seine Beine bereits von oben bis unten mit Ameisen bedeckt sind, die ihn beißen und zwicken, darf der Soldat es sich nicht erlauben, sich zu bewegen oder zu schreien. Verkrampft liegt er da, offenbar in ein Gebet versunken. Nur dieses eine Mal habe ich bei AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES atemlos die Leinwand angestarrt.
3. Wenn die Amerikaner das absolute Gute repräsentieren, dann müssen ihre Kontrahenten, die Japaner, zwangsläufig den Schwarzen Peter des absoluten Bösen zugeschoben bekommen. Selten nur tauchen diese zwar auf, doch wenn, dann verständigen sie sich ausnahmslos in einem Befehlston, der wie Gebell klingt, wiederholen gebetsmühlenartig, dass jeder Filipino, der einen Amerikaner deckt, unweigerlich mit dem Tode bestraft wird, erschießen ohne mit der Wimper zu zucken mutmaßliche Verschwörer, und lassen dabei eine stark und heftig pulsierende sadistische Ader erkennen. Da ist es kein Verbrechen, so die These des Films, wenn unsere amerikanischen Helden nicht nur zum Gegenschlag ausholen, sondern dabei außerdem eine gewisse Befriedigung empfinden. Die Szene in AMERICAN GUERILLA IN THE PHILIPPINES, bei der es mir am kältesten den Rücken hinunterlief, siedelt etwa in der Mitte des Films, als Palmer und seine Verbündeten bereits sieben Monate im Urwald campiert haben, versorgt von ihren philippinischen Freunden und Waffengefährten. Zum ersten Mal verirren sich Japaner in die Nähe ihres Verstecks. Nachdem Palmer und seine Leute sie aus dem Hinterhalt heraus niedergestreckt haben, erklärt unser Held, der den gesamten Film über immer wieder als Off-Sprecher aus der Zukunft das Geschehen kommentiert, dies sei sein „first moment of satisfaction“ seit langer Zeit gewesen, dass er endlich einmal wieder ein paar Japsen hat killen können.
4. Jemand fehlt aber noch in unserer Gleichung. Amerikaner = gut, Japaner = böse, wie sieht es aber mit den Filipinos aus, deren Heimat doch immerhin auf dem Spiel steht? In AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES sind sie, und verwundert hat mich das kaum, eine gesichtslose Masse, aus der nur einzelne Personen, zumeist Männer, vorstechen, und das auch nur, weil sie sich komplett der Sache ihrer amerikanischen Befreier verschrieben haben. Von Eigenständigkeit ist bei den Filipinos, wie sie vorliegender Film darstellt, keine Spur zu entdecken. Stets ist ihre Abhängigkeit von den weitaus klügeren, weitaus versierteren und weitaus mächtigeren Amerikanern ungebrochen. Von letzteren erfahren sie wie sie effektiv gegen die Japaner ins Feld ziehen, erhalten sie Medikamente, humanitäre Hilfestellungen. Eine Szene relativ zu Beginn fasst dieses Primat einer ausschließlich weißen Perspektive, in die nur das integriert wird, was ihr entspricht, und alles, was sich ihr entzieht, als Fremdkörper ausgeschlossen bleiben muss, perfekt zusammen. Palmer steht kurz davor, mit seinen Freunden gen Australien zu segeln. Er verabschiedet sich am Strand von seiner französischen Bekanntschaft. Doch nicht nur sie ist gekommen, um der Abreise der Soldaten beizuwohnen. Hinter ihr scheint das gesamte Dorf versammelt, zu dem der Sandstrand gehört. Frauen, Kinder, Männer stehen geschlossen, stumm, starrend ein Stück hinter den Schauspielern und blicken aufs Meer hinaus. Für mich verwischen in diesem Moment die Grenzen zwischen Fiktion und Realität. Es sind nämlich eben nicht nur die philippinischen Statisten innerhalb des Filmuniversums, es sind zugleich reale Menschen mit realen Biographien, realen Schicksalen, die dort vor der Kamera stehen und den Dreharbeiten zuschauen. Warum sind sie dort? Hat das Filmteam sie dort platziert, um eine exotischere Kulisse zu generieren? Sind sie von allein gekommen, weil die Dreharbeiten sie, als außergewöhnliches Ereignis, faszinieren? Was denken sie in dem Moment, als Tyrone Power seine Drehbuchzeilen runterrasselt? Ich würde gerne in ihre Köpfe, in ihre Herzen schauen, erfahren: wie stehen sie zu diesem Film?, teilen sie mein Gefühl, dass sie für eine Sache instrumentalisiert worden sind, die sie zur bloßen Staffage degradiert?, amüsiert sie das Treiben des amerikanischen Filmteams, finden sie es einfach nur befremdlich oder weckt es gar schlimme Erinnerungen an die nur wenige Jahre zurückliegende Kriegszeit? , sind sie damit einverstanden, in diesem Film mitzuwirken?, wurden sie überhaupt gefragt?, und, vielleicht am wichtigsten: was für einen Film hätten sie gedreht, wenn man ihnen das Equipment überlassen hätte?
Noch drei Anmerkungen: a) keiner der philippinischen Schauspieler wird im Abspann des Films namentlich genannt, b) dass Tyrone Powers Liebschaft von einer Französin, Micheline Presle, gespielt wird, hat rein pragmatische Gründe: im Hollywood der frühen 50er ist es undenkbar, dass ein weißer Amerikaner mit einer philippinischen Frau anbandelt, weswegen die Rolle mit jemandem besetzt werden musste, der dem europäischen Kulturkreis entstammt, c) vom Alltagsleben, der Kultur, der Sozialstruktur der Filipinos erfahren wir in AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES, obwohl der Film an Originalschauplätzen und nicht etwa in einem muffigen Hollywood-Studio gedreht worden ist, rein gar nichts, nur einmal wird uns ein Tänzchen gezeigt, bei dem eine Frau und ein Mann über Bambusstämme hüpfen, ein Schauspiel wie für einen Pulk sonnenverbrannter Touristen.
5. Zu allem Überfluss endet AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES nicht nur mit einer patriotischen Geste, die die amerikanische Flagge in höchste Höhen hält, sondern außerdem mit frommgefalteten Händchen, zwischen deren Fingern ein inbrünstiges Gebet an den Christengott schläft. Es stimmt zwar wohl, dass die Philippinen das asiatische Land mit dem, gemessen an der Bevölkerungsdichte, größten Anteil von Christen sind – seit der Kolonisation durch die Spanier 1565 wurden sowohl genuin philippinische Naturreligionen wie auch der Islam sukzessive durch die Römisch-Katholische Kirche verdrängt - und gegen zwei frühe Beerdigungsszenen – einmal wird ein gefallener Amerikaner beigesetzt, einmal der ermordete Gatte von Palmers crush -, bei denen man am Rande einige Filipinos mit Kreuzen und gefalteten Händen sieht, habe ich demnach gar nichts einzuwenden. Wiederum sehr plakativ und als Metapher einfach banal habe ich jedoch das Finale empfunden, das ausgerechnet in einem christlichen Gotteshaus stattfinden muss. In diesem haben Palmer und seine Leute sich verschanzt, während draußen die Japaner aufmarschieren und schließlich das Feuer eröffnen. Während die Situation schon ausweglos scheint, eilt, sozusagen auf göttlichen Ratschluss hin, in allerletzter Sekunde eine Einheit US-amerikanischer Truppen zur Rettung, schlägt die Japaner vernichtend und bewahrt Palmer, seine Waffenkameraden sowie die Kirche vor dem sicheren Untergang.
Nein, dieses Gemisch aus Propaganda, Patriotismus, unverhohlenem Kolonialismus, Rassismus und Kriegstreiberei liegt mir noch immer schwer im Magen. Die bunten Bilder haben ihren Reiz, das Ganze ist professionell in Szene gesetzt, die eine oder andere Szene mag sogar recht unterhaltsam sein, von der in diesem Film vergrabenen Ideologie kann ich nur nachdrücklich warnen. AMERICAN GUERRILLA IN THE PHILIPPINES ist der Tiefpunkt im Oeuvre von Fritz Lang, eine unangenehme Grube, um die ich, hoffe ich, mit dieser Kurzkritik eine Reihe Bauzäune gepflanzt habe.