Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman (1963)

Moderator: jogiwan

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Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman (1963)

Beitrag von buxtebrawler »

themanwiththexrayeyes.jpg
themanwiththexrayeyes.jpg (253.38 KiB) 374 mal betrachtet

Herstellungsland: USA / 1963

Regie: Roger Corman

Originaltitel: X: The Man with the X-Ray Eyes

Darsteller: Ray Milland, Diana Van der Vlis, Harold J. Stone, John Hoyt, Don Rickles, Morris Ankrum, Lorrie Summers, Dick Miller, John Dierkes, Kathryn Hart, Jonathan Haze, Vicki Lee u. A.
Der Wissenschaftler Xavier (Ray Milland) arbeitet an einer Substanz, die, auf die Augen aufgetragen, es ermöglicht in einem anderen Spektrum zu sehen. Er stellt bald fest, daß man auch durch andere, feste Objekte sehen kann. Als ihm die Mittel gekürzt werden, testet er die Droge an sich selbst. Der fortschreitende Gebrauch befähigt ihn allerdings weiter zu sehen, als es irgendjemand je getan hätte, hinter das Gefüge unserer Realität...
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von buxtebrawler »

„Ich entwickle eine Methode, um das Auge so zu sensitivieren, dass es fähig ist, Strahlungen bis in die Bereiche der Gammastrahlen und der Mesonen wahrzunehmen.“ – „Ja, ja, ich verstehe das...“

Achtung: Enthält massive Spoiler!

„Der Mann mit den Röntgenaugen“ aus dem Jahre 1963 ist ein originaler Science-Fiction-Horror-Flick von Budgetknauser und B-Movie-Papst Roger Corman („Die letzten Sieben“), der mit einer originellen Geschichte aufwartet: Der engagierte Wissenschaftler Dr. Xavier (Ray Milland, „Lebendig begraben“) forscht an einem Serum, das, auf die Augen aufgetragen, die Sehfähigkeit verstärken soll. Diese Wirkung geht sogar soweit, dass man durch Gegenstände hindurch sehen kann – man erhält einen „Röntgenblick“. Doch plötzlich werden die Gelder für Xaviers Projekt gestrichen und der manische Forscher schreitet zu Selbstversuchen. Immer weiter erhöht er die Dosis, bis er schließlich mehr zu sehen in der Lage ist, als er jemals wollte. Nachdem er im Eifer aus Versehen einen Kollegen aus dem Fenster stößt, flieht er vor dem Zugriff der Justiz...

Cormans Film lässt sich grob in drei Kapitel aufteilen: Ein wissenschaftlicher, ernster Beginn, der den Zuschauer mit Xaviers Projekt sowie seiner Person vertraut macht und als Einleitung dient. Darauf folgt ein komödiantisch angelegter Abschnitt, während dessen Xavier seinen Röntgenblick genießt, auf einer Party (mit der obligatorischen Tanzszene) durch die Kleider der Besucherinnen hindurch sieht und Corman Gelegenheit gibt, vorsichtig recht prüde Nacktszenen zu integrieren und Nackedeis beschwingt tanzen zu lassen. Der bald folgende, dominierende Hauptteil des Films jedoch negiert sämtliche Albernheiten und ist die überaus tragische Geschichte eines vom Forschungsdrang getriebenen Mannes, der sich mit Haut und Haar der Wissenschaft verschreibt und in eine Manie, eine Art Sucht verfällt, trotz negativer Auswirkungen die Versuche an sich selbst immer weiter fortzuführen, immer mehr zu sehen, auch wenn er es längst nicht mehr verstehen kann, und letztlich alles verliert. Damit beginnt auch der Horroranteil des Films, sowohl optisch – Xaviers Augen, die er fortan hinter dicken Sonnenbrillen verbirgt, verändern ihre Farbe und wirken gruselig, irreal, schwarz und bedrohlich – als auch inhaltlich und atmosphärisch: Xavier wird zum Außenseiter, zum Ausgestoßenen, der sich den Anfeindungen seiner Mitmenschen ausgesetzt sieht und von windigen Geschäftemachern aufgrund seiner Notlage ausgenutzt wird, dabei sämtlichen Bezug zur Realität verliert, an seinen übermenschlichen Eigenschaften verzweifelt. Die Stimmung des Films ist unwirtlich und düster, der Zuschauer bemitleidet und fürchtet Xavier zugleich. In seinen dämonisch wirkenden Augen scheint sich das unendliche Nichts des Universums, die Dunkelheit der Ewigkeit abzuzeichnen – zuviel für einen einzelnen Mann. Höhepunkt der Handlung ist das Finale, wenn Xavier als heruntergekommener, gebrochener, vom Wahnsinn gezeichneter Mann in eine Kirchenpredigt platzt und erbarmungswürdig in starken Worten seine Situation beklagt, bis ins Zentrum des Universums blicken zu können, jedoch auch vom Klerus verstoßen wird – woraufhin er sich in einer kruden Schockszene selbst seiner Augen entledigt.

Das ist durchaus starker, surreal angehauchter Tobak, der viel Interpretationsspielraum lässt und sowohl philosophische als auch okkulte bzw. religiöse Fragen aufwirft. Vor allem aber ist das alles verdammt unheimlich! Evtl. bedient man den demütigen Lebensentwurf, besser weniger als zuviel zu wissen, da man ansonsten unweigerlich verrückt würde bzw. greift diese Überlegungen als eine Art menschlicher Urängste auf, in jedem Falle warnt man vor Größenwahn und dessen unabsehbaren, fatalen Folgen. Ray Milland spielt seine Rolle grandios, versieht sie mit Ambivalenz, Emotionen und Glaubwürdigkeit. Besonders Letzteres muss dabei betont werden, denn genau das ist das große Plus des Films: In einem sichtbar niedrig budgetierten Film, der menschliche Eingeweide in Form deutlich erkennbarer Zeichnungen präsentiert, Xaviers Visionen wie Visualisierungen eines Drogentrips grafisch umsetzt und seine effektivsten Spezialeffekte durch den simplen Gebrauch von Kontaktlinsen erzielt, Authentizität auszustrahlen und damit das Publikum zu packen. Natürlich respektiere ich, dass man aus geringsten Mitteln vermutlich das Maximum herausgeholt hat, finde es zugleich angesichts des großen Potentials des Stoffs aber auch etwas schade – da wäre noch wesentlich mehr drin gewesen.

Dennoch unbestritten eine kleine Perle des phantastischen Low-Budget-Kinos der 1960er-Jahre mit einem großartigen Hauptdarsteller, Intelligenz, unschwer erkennbarer Corman’scher Sozialkritik, einer straffen Dramaturgie und geschickt platzierten, unvergesslichen Höhepunkten. Zweifelsohne wäre „Der Mann mit den Röntgenaugen“ noch etwas intensiver ausgefallen, hätte man Xavier wie ursprünglich geplant am Ende noch entsetzt rufen lassen: „Ich kann immer noch sehen!“ Brrr...

P.S.: Ich erhöhe auf 7/10.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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DrDjangoMD
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von DrDjangoMD »

Wusste gar nicht, dass der von Corman ist :? Da tut es mir ja fast leid, dass ich ihn nie angesehen habe als er in meiner Kindheit ein-zweimal im Fernsehprogramm auftauchte...naja, war wahrscheinlich eh ein eher schlechterer Corman-Film...
buxtebrawler hat geschrieben:Dennoch unbestritten eine kleine Perle des phantastischen Low-Budget-Kinos der 1960er-Jahre mit einem großartigen Hauptdarsteller, Intelligenz, unschwer erkennbarer Corman’scher Sozialkritik, einer straffen Dramaturgie und geschickt platzierten, unvergesslichen Höhepunkten.
:cry: :cry: :cry: :palm:
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 25.10.2013 als Abschluss der Anolis-Reihe "Die Rückkehr der Galerie des Grauens":

Bild

Extras:
Audiokommentar von Roger Corman
Audiokommentar von Ingo Strecker und Robert Zion
Trailer
Bildergalerie

Quelle: http://www.ofdb.de/view.php?page=fassun ... &vid=48446
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Adalmar
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von Adalmar »

Schon lange her, dass ich den im Fernsehen geguckt habe, hat mir aber sehr gefallen! Tolle Darbietung von Ray Milland. Das Ende hat fast was Apokalyptisches ... Irrwitziger Kontrast zu den Szenen, in denen er verschmitzt den Damen durch die Wäsche guckt.
buxtebrawler hat geschrieben:
► Text zeigen
Kommt dieser Satz nicht zumindest in der deutschen Fassung tatsächlich am Schluss vor? Ich meine mich daran zu erinnern :?
Bild
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von buxtebrawler »

Adalmar hat geschrieben:Kommt dieser Satz nicht zumindest in der deutschen Fassung tatsächlich am Schluss vor? Ich meine mich daran zu erinnern :?
In der von mir gesehenen Fassung leider nicht...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von Adalmar »

Mal sehen, wie es auf der DVD sein wird. Hier mal eine musikalische Einstimmung:

Bild
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von buxtebrawler »

Ich setze Theos Beitrag auch hier hinein:
Ivo Scheloske hat geschrieben:Hier und da hatten wir schon mal angemerkt, dass wir für unseren Abschlusstitel aus der „Rückkehr der Galerie des Grauens“ Box vor kurzem vom Lizenzgeber ein HD-Master geliefert bekamen. Daher erscheint im Oktober die entsprechende Blu-ray.

Bild

Da der Titel bereits in der „Galerie des Grauens“ erschienen ist, verzichte ich auf die Inhaltsangabe und gehe gleich zu den Details über:

Verpackung: schwarzes Blu-ray-Softbox (limitiert auf 1000 St.)

Bestell-Nr.: 37041
EAN-Code: 404 1036 37041 1

Bildformat: 1:1,85 (16:9)
Tonformat: Deutsch / Englisch 2.0 DTS MA Mono
Untertitel: Deutsch (ausblendbar)
Länge: 79 min.

Bonus: Amerikanischer und Deutscher Trailer, Werbeflyer, Bildergalerie

Veröffentlicht wird der Titel am 16. Oktober 2015. Die entsprechenden Infos gehen wie üblich morgen an die Händler raus.
Quelle: Kongulas Pranke
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 18.09.2020 bei MGM noch einmal als Blu-ray/DVD-Kombination im Mediabook:

Bild

Extras:
- 24-seitiges Booklet mit tollen Fotos und Hintergrundinformationen

Bemerkungen:
- Blu-ray mit neuer HD-Abtastung (auch die DVD stammt vom neuen Master)
- Digital remastert (neue Stereo & DTS Ton-Abmischung)

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=105145
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Borderline666
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Re: Der Mann mit den Röntgenaugen - Roger Corman (1963)

Beitrag von Borderline666 »

Ich möchte nicht extra erwähnen müssen, dass ich soweit eingefleischter Fan von Roger Corman´s Werken bin, er ist und bleit für mich immer noch die Nummer 1 unter den B-Movie-Machern und hat sich definitiv in der Filmbranche einen Namen gemacht, ob man ihn hasst oder liebt, aber da muss sich jeder eingestehen, dass der Mann eine Legende ist, und genau so legendär sind teilweise seine Filme die er produziert hat, seien es alte Klassiker oder manche seiner trashigen Creature Feature-Produktionen wie PIRANHACONDA oder die SHARKTOPUS-Filme, geiler geht´s nicht, sofern man für derartige Filme ein Faible hat.

Mit dem Mann mit den Röntgenaugen wurde in den 60ern ein megaumwerfender Film erschaffen, der durch die Blume das Thema psychedelische Substanzen beinhaltet und perfekt umgesetzt wurde. Klar, Röntgi ist kein Film der das Thema LSD zum Thema macht, aber man merkt dass der Film eindeutig von der ganzen Thematik geprägt ist, unter anderem auch, weil zu der Zeit ein gewisser Ex-Harvard-Dozent namens Timothy Leary von sich reden machte anhand seiner "Forschungen" die er betrieben hat. Kenner wissen Bescheid! :D

Eines der Elemente was den Film so eindrucksvoll macht, ist die Art und Weise wie sie so effektiv vermittelt werden und ihren Mindtrip ohne sonderlich große Spezialeffekte durchgeführt werden. Während Corman die erwarteten Überlagerungen, Lichtreflexe und andere einfache fotografische Effekte verwendet, um die Welt so zu visualisieren, wie Dr. Xavier sie jetzt sieht, ist es der Dialog, der den wirklichen Freak-out hervorruft.

Die ganze Laufzeit über schafft man es nur schwer sich von dem Geschehen abzuwenden, weil es durch und durch spannend und interessant bleibt und selbst wenn man tricktechnisch zu der damaligen Zeit nicht auf dem technischen Stand wie heute war, bleibt man dennoch fasziniert, wie man den Film damals umgesetzt hat. Ein großes Lob gebührt auch Ray Milland, der sehr authentisch rüber kommt und seine Rolle als Dr. James Xavier exzellent meistert. Da dürfen sich so manche Schauspieler gerne eine Scheibe davon abschneiden.

Die letzten Minuten von DER MANN MIT DEN RÖNTGENAUGEN, in denen sich Religion, Wissenschaft und Philosophie überschneiden, verleihen dem Film einen Höhepunkt, der nicht nur schockierend, sondern auch äußerst intelligent ist, und das Ende mit einer solchen Note zeigen durchaus kreative Risiken, die Corman mit dem Projekt einging. Mit diesem Film hat sich Roger meines persönlichen Erachtens wahrhaftig selber übertroffen und ist mitnichten in meiner Roger Corman-Top Ten, weil es einer der Filme ist, den man sich immer wieder anschauen kann, ohne das er langweilig wird.
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