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Der Polarexpress.jpg (92.22 KiB) 29 mal betrachtet
Originaltitel: The Polar Express
Herstellungsland: USA / 2004
Regie: Robert Zemeckis
Darsteller(innen), Sprecher(innen): Tom Hanks, Leslie Zemeckis, Eddie Deezen, Nona Gaye, Peter Scolari, Brendan King, Andy Pellick, Jimmy 'Jax' Pinchak, Josh Eli, Mark Mendonca, Rolandas Hendricks, Mark Goodman u. A.
Ein einsamer Junge, der an der Existenz des Weihnachtsmannes zweifelt, wird an Heilig Abend auf eine wundersame Reise zum Nordpol "entführt". Wie aus dem Nichts taucht vor seinem Fenster der sagenumwobene Polarexpress auf und nimmt ihn, wie viele andere Kinder auch, mit auf eine spannende Reise, an deren Ziel er ein Geschenk bekommt, das nur die zu würdigen wissen, die an den Weihnachtsmann glauben...
„Du hast, wie mir scheint, ein kritisches Jahr...“
Robert Zemeckis, US-Regisseur der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie, des Zeichentrick-/Realfilm-Crossovers „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ und von auf Tom Hanks zugeschnittenen Filmen wie „Forrest Gump“ und „Cast Away – Verschollen“, arbeitete mit letzterem auch für den im Jahre 2004 veröffentlichen Familienweihnachtsfilm „Der Polarexpress“ zusammen, für den die damals neue Motion-Capture-Technologie zum Einsatz kam. Bei dieser werden Schauspielerinnen und Schauspieler real abgefilmt, um anschließend Digitalanimationsfiguren aus ihnen zu machen. „Der Polarexpress“ basiert auf dem gleichnamigen Kinder-Bilderbuch Chris van Allsburgs aus dem Jahre 1985, der mit Tom Hanks zum Produzentenstab der Verfilmung zählte. Zudem wurde sie als erster Hollywood-Film in das IMAX-3D-Format für entsprechende Kinovorführsäle transferiert.
„Der wahre Geist der Weihnacht wohnt in deinem Herzen.“
Ein kleiner Junge (Tom Hanks) zweifelt an der Existenz des Weihnachtsmanns, da es ihm unplausibel erscheint, wie dieser in einer einzigen Nacht derart viele Kinder weltweit mit Geschenken versorgen will. Doch an Heiligabend steht plötzlich der Polarexpress vor seiner Tür, dessen Zugführer (ebenfalls Tom Hanks) ihn zusammen mit anderen Kindern auf eine aufregende Reise mitnimmt, um ihn nicht nur von der Existenz Santa Claus‘ (noch mal Tom Hanks) zu überzeugen, sondern ihm auch den wahren Geist der Weihnacht zu vermitteln…
„Welcher Hebel ist die Bremse?!“
Der namenlose Junge berichtet seine Erlebnisse aus dem Off im Präteritum, während diese in atemberaubender Tricktechnik vor den Zuschauerinnen und Zuschauern ausgebreitet werden. Faszinierende Fahrkartenflug-Kettenreaktionen gehen einher mit äußerst gelungenen Musical-Einlagen und einem opulenten Orchester- und Weihnachtslieder-Soundtrack Alan Silvestris. Was sehr ruhig beginnt, avanciert zu einem chaotischen, adrenalingeschwängerten Wahnsinnstrip, bei dem die Deutsche Bahn schon längst den Dienst quittiert hätte. „Seht alleine zu, wie ihr zum Nordpol kommt“, hätte es geheißen, und Taxikosten wären auch keine erstattet worden. Das rasante, turbulente Abenteuer führt unter anderem in eine Spielzeug-Wiederaufbereitungswerkstatt, was den Nachhaltigkeitsgedanken fördert. Die Sets sind detailverliebt gestaltet, der Humor, wie beispielsweise beim an Big-Brother-Überwachung gemahnende Artig/unartig-Check mit großer Wichtelbelegschaft, bringt auch ein erwachsenes Publikum zum Schmunzeln, und der Auftritt des Weihnachtsmanns am Nordpol mündet in ein Riesenspektakel wie bei Popstars, was einen solchen Starrummel köstlich aufs Korn nimmt.
Die eingewobene Glaubensbotschaft – es könne nur sehen und erleben, wer glaube – erscheint hingegen etwas fragwürdig, lässt sie sich doch nur allzu leicht auf religiös verbrämten Erleuchtungshumbug übertragen. Alles andere ist aber aufregendes großes Kino für die ganze Familie, das technisch einiges zu bieten hat und in schierem Bombast seine Erfüllung findet. Bei den Kamerafahrten kann einem schon mal schwindelig werden; wer davon unbeeindruckt genauer hinsieht, kann Aerosmith-Sänger Steven Tyler zwischen den Wichteln entdecken. Für die deutsche Fassung bemühte man sich sogar um deutschsprachige Inserts, wenn auch nicht sonderlich konsequent. Ganz am Schluss erklingt wieder die Erzählstimme aus dem Off und ist man, obwohl sich hier viel um Geschenke dreht, um eine im Grunde positive Weihnachtsbotschaft reicher. Und wer sich aus dem ganzen Weihnachtsbrimborium nichts macht, aber neuen Technologien gegenüber offen und neugierig ist, kann hier einem technischen Meilenstein beiwohnen, ähnlich wie seinerzeit bei „Tron“, dem „Rasenmäher-Mann“ oder auch „Terminator II – Tag der Abrechnung“.
Unerwünschter Nebeneffekt dieser Technologie war jedoch die Uncanny Valley genannte Akzeptanzlücke bei Teilen des Publikums, das mit den grafisch relativ realistisch menschlichen Figuren bei zugleich sichtbarer Künstlichkeit haderte – ein Phänomen, das auftritt, sobald künstliche Figuren wie beispielsweise Roboter sich zu nah an menschlicher Imitation bewegen. Dieses Empfinden hatte ich nicht; möglicherweise zahlte es sich aus, mit Trickfilmen verschiedenster Stile, filmischen Spezialeffekten und der rasanten Weiterentwicklung von Computerspielen aufgewachsen zu sein. Möglicherweise war aber auch die Handlung schlicht nicht geeignet, Unwohlsein bei mir auszulösen. Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein spannendes Thema, das diesen Film noch ein wenig interessanter, aber auch ambivalenter macht.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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