Die Rache der Dinosaurier - Jim O'Connolly

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
Blap
Beiträge: 6842
Registriert: Sa 19. Dez 2009, 14:21

Die Rache der Dinosaurier - Jim O'Connolly

Beitrag von Blap »

BildBild
Links: Cover der Box (drei Amaray Cases im Pappschuber) / Rechts: Cover der DVD (auch einzeln erhältlich)


Die Rache der Dinosaurier (USA 1969, Originaltitel: The Valley of Gwangi)

Das goldige Urpferd und der fette Freßsack

T.J. (Gila Golan) betreibt eine Wild West Show, momentan gastiert die Truppe in Mexiko, der Erfolg hält sich in überschaubaren Grenzen. Als plötzlich Tuck (James Franciscus) auftaucht, gerät T.J. umgehend und heftig in Wallung, denn der lebensfrohe Strahlemann war einst ihr Lebensgefährte. Noch immer ist die junge Frau ihrem Ex zugeneigt, schnell verfliegt ihre mühselig aufgesetzte Kratzbürstigkeit. Tuck möchte T.J. (und vor allem sich selbst) zu einem lukrativen Geschäft verhelfen, als diese ihm stolz die kommende Hauptattraktion ihrer Show präsentiert. Es ist kaum zu fassen, aber ein kleines Pferdchen hoppelt fröhlich auf dem Tisch herum, ein Wesen wie aus einer anderen Welt. Kurz zuvor hat Tuck den schrulligen Paläontologen Professor Bromley (Laurence Naismith) kennengelernt, der beim Anblick des Tierchens völlig aus dem Häuschen gerät. Tatsächlich scheint es sich um ein Urpferd zu handeln, eine seit vielen Millionen Jahren ausgestorbene Tierart. Die alte Mexikanerin Tia Zorina (Freda Jackson) warnt ständig und ausdauernd vor dem verbotenen Tal -aus dem das Tierchen stammt- ihre Schergen entwenden das Pferdchen aus der Obhut seiner neuen Besitzerin. T.J., Tuck, Bromley und diverse Helferlein heften sich an die Fersen der Diebe, nach einem flotten Ritt findet man einen Zugang in das sagenumwobene Tal. Was die Dame und ihre Herren dort erwartet, übertrifft selbst die kühnsten Erwartungen des fachkundigen Prof. Bromley. Im vermeintlichen Paradies für Forscher und Geschäftemacher lauern allerdings immens gefährliche Ungetüme, darunter der stattliche und extrem gefräßige Allosaurus Gwangi...

Meine ältesten Erinnungen an wirklich beeindruckende Streifen, mich gewissermaßen fürs Leben prägende Werke, beziehen sich auf Gruselfilme der britischen Schmiede Hammer (Dracula, Blut für Dracula, Dracula jagt Mini-Mädchen), die damals wohl den Grundstein für meine Liebe zum Horrorkino legten. Dazu gesellen sich die ebenfalls im Gedächtnis eingebrannten Begegnungen mit japanischen Monsterknüllern (Godzilla, Die Rückkehr des King Kong). Später tauchten Filme auf meinem Schirm auf, bei denen Ray Harryhausen für die Monstereffekte sorgte. Ich mache keinen Hehl daraus, dass mir die Suitmation-Stampfer aus dem Land der aufgehenden Sonne noch immer (und ewig) näher am Herzen liegen, doch den knuffigen Stop-Motion Ungetümen von Harryhausen kann ich mich ebenfalls nicht entziehen. Klar, wer Monster und Monsterchen mag (oder gar liebt), der kommt nicht an den animierten Schätzchen des guten Ray vorbei. Noch heute fällt zuerst der Name Ray Harryhausen, wenn der Mann einen Film mit seinen Ungeheuern bereicherte, meist stehen Regisseure und Schauspieler in der zweiten Reihe. Dies ist bezeichnend für die Klasse und Bedeutsamkeit dieses legendären Könners, dessen liebevoll gestaltete Effekte jedes CGI-Spektakel zum kalten Kaffee degradieren. Star der Sause ist der ständig hungrige Saurier Gwangi, der sich kleinere Vertreter aus der Urzeit schmecken lässt, sich mit feisten Vierbeinern aus seinem Umfeld prügelt, vor allem Freude an seiner neuen Leibspeise Menschlein hat. Gwangi kommt zwar erst in der zweiten Filmhälfte zum Zuge, dafür dann aber nach allen Regeln der Stop-Motion Kunst! Zuvor darf das putzige Urpferchen unsere Herzen erobern, das Harryhausem mit sehr viel Fingerspitzengefühl (im wahrsten Sinne des Wortes) zum Leben erweckt hat. Ich will mich nicht endlos über die Klasse der Monsterszenen auslassen, es gibt Kämpfe, Entführungen und Krawall auf die Augen, für die liebreizenden Momente sorgt der winzige Traber des Jahres.

Die Story erinnert immer wieder an den Klassiker "King Kong und die weiße Frau". Wie ein einfallsloses Plagiat fühlt sich "Die Rache der Dinosaurier" jedoch nie an, dafür sorgt (nachrangig zur Arbeit Harryhausens) die clevere Verknüpfung von Westernfeeling und Monsterfilm, die wahrlich nicht alltäglich anmutet. Mir erscheint die Idee nicht nur klug, ich halte sie für durchaus mutig, denn die Gefahr sich zwischen alle Stühle zu setzen, ist nicht von der Hand zu weisen. Zwar gelingt die Verknüpfung der unterschiedlichen Genres im Ansatz ordentlich, doch Regisseur Jim O'Connolly inszeniert zu bieder und unkreativ, reizt die mutige Idee der Story nicht aus. Auch die Riege der Schauspieler kann mich nur bedingt erfreuen, werfen wir einen Blick auf die Herrschaften. James Franciscus gefiel mir in "Die Rückkehr zum Planet der Affen" (1970) und Dario Argentos "Die neunschwänzige Katze" (1971) sehr gut, in der Rolle des Sunnyboys Tuck kommt er bei mir nicht vollständig an. Zu uninteressant erscheint mir sein gelecktes Auftreten, ich musste mir grosse Mühe geben, Franciscus in dieser allzu glatten Ausführung zu mögen. Gila Golan kommt nicht über "nett" hinaus, die nur "angetäuschte Kantigkeit" ihres Charakters wird schnell zur Nebensache, ihr gezähmter Anflug von Sexappeal erinnert leider stetig an die späten fünfziger Jahre. Nahezu alle weiteren Mitstreiter bleiben austauschbar, lediglich Laurence Naismith kann sich als kauziger Professor immer wieder aus der öden Masse hervorheben. Ok, Freda Jackson gibt die "alte Hexe" herrlich geifernd, ihre Leistung soll nicht unterschlagen werden, so viel Zeit muss sein.

Will man einem Monsterfilm tatsächlich ankreiden, dass die Schauspieler weitgehend die Rolle von "Alibi-Füllmaterial" einnehmen? Sicher nicht, oder? Wenn jedoch der Versuch unternommen wird, zwei nicht näher verwandte Genres zu verbinden, dann sollte man IMHO nicht nur den Monstern den Starruhm überlassen. Wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lasse, entstehen fantastische Bilder vor meinen entzündeten Augen. Anstatt in den USA hätte man den Streifen in Italien produziert, einen Mann wie Enzo G. Castellari auf dem Regiestuhl platziert, kernige Fratzen aus dem Italowestern vor die Kamera geholt, Ray Harryhausen seine Monster in diesem Umfeld für Angst und Schrecken sorgen lassen. Pünktlich zum Finale wäre ein Japaner im Monster Suit aufgetaucht, hätte mit gewaltigem Getöse das gesamte Szenario planiert. Hilfe, wäre ich nicht bereits seit Jahren aus dem Verkehr gezogen, würde bei diesen Gedanken eine gigantische Erektion meine Windel sprengen! Doch wie tönt es unüberhörbar aus dem prall gefüllten Phrasenschwein: "Das Leben ist kein Wunschkonzert!" Schade, schade, schade...

Fazit, Fazit. Fazitpopazit.
• Harryhausen und seine Monster, Knuffelchen und Knuffelmonsterchen = Knuffig, oberknuffig, putzig, süß und herzallerliebst!
• Die Idee Western und Monsterfilm zu verbinden = Sehr lobenswert, leider zu zaghaft und bieder umgesetzt.
• Die Damen und Herren vor der Kamera = Mittelprächtig bis schlapp, immerhin sorgen Laurence Naismith und Freda Jackson nach Kräften für Stimmung.


Die Monster verdienen eine Bewertung im Bereich der Höchstnote, keine Frage. Der "Rest" fällt (zu) stark ab, ebenso keine Frage. Letztlich reicht es für meinen Geschmack nur zu einem Platz im vorderen Mittelfeld, denn inzwischen habe ich jede Menge Genrebeiträge inniger ins Herz geschlossen, wirkt der Gesamteindruck auf mich eine Spur zu unrund (bla...). An der DVD aus der "Ray Harryhausen Collection" (Warner) gibt es nicht viel zu bemängeln. Labeltypisch geht das Bild in Ordnung, reisst das "Drumherum" aber keine Bäume aus. Immerhin gibt es vier Trailer zu sehen, zusätzlich eine kurze Dokumentation und ein kleines Easter Egg. Die Scheibe war auch einzeln erhältlich, in der Box befinden sich ferner "Dinosaurier in New York" (1953) und "Kampf der Titanen" (1981).

6,5/10 (oberste Mittelklasse) Die Monster sprengen die Skala, sie mögen mir die Bewertung bitte nachsehen.

Lieblingszitat:

"Sie sind wahnsinnig. Völlig wahnsinnig!"
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40653
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Die Rache der Dinosaurier - Jim O'Connolly

Beitrag von buxtebrawler »

Blap hat geschrieben:Hilfe, wäre ich nicht bereits seit Jahren aus dem Verkehr gezogen, würde bei diesen Gedanken eine gigantische Erektion meine Windel sprengen!
:o :? :D
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
purgatorio
Beiträge: 15637
Registriert: Mo 25. Apr 2011, 19:35
Wohnort: Dresden

Re: Die Rache der Dinosaurier - Jim O'Connolly

Beitrag von purgatorio »

ich weiß nicht wohin, darum hier: Interview mit Ray Harryhausen vom 10. Okt. 1974

[BBvideo 425,350][/BBvideo]

:thup:
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
Antworten