Produktionsland: Mexiko 1954
Regie: René Cardona
Darsteller: El Médico Asesino, René Cardona jr., Aurora Segura, Victor Junco,
Nachdem ich nun unzählige mexikanische B-Movies in einer gesundheitsschädlichen Überdosis genossen habe, um zurück in die normale Welt zu finden, und darunter natürlich der eine oder andere Santo-Film gewesen ist, möchte ich meine Eindrücke, sozial wie ich bin, niemandem vorenthalten.
Technisch gesehen ist EL ENMASCARDO DE PLATA eigentlich gar kein Santo-Film. Allerdings, so will es die Meistererzählung, soll die Heldenrolle vorliegenden Films zunächst dem seinerzeit schon populären Luchador angeboten worden sein. Santo indes, aus Angst, seinen Ruf durch billige B-Movies zu ruinieren (sic!), entzog sich noch vor Beginn der Dreharbeiten dem Projekt, weswegen seine Rolle mit einem anderen Wrestler – sein wundervoller Name: El Médico Asesino - bestückt worden ist. Wieso der gute Mann sich so nennt, erklärt er selbst vor laufender Kamera. Sein frühverstorbener Vater sei Arzt gewesen, und El Médico sieht sich selbst als einer, nur ist er eben keiner, der handelsüblichen Krankheiten heilt, nein, seine Agenda soll es sein, das Übel mit der Wurzel auszureißen, sprich: all die Schurken zu bekämpfen, die beispielweise die Weltherrschaft übernehmen möchten. Sein Namenszusatz Asesino, der in vorliegendem Film weitgehend verschwiegen wird, leitet sich so her: wo gehobelt wird, surren eben auch Späne durch die Luft, die einem, wenn man nicht achtgibt, die Kehle durchschneiden können. Das gehört sozusagen zum Beruf, sagt El Médico, das Köpfchen seines jungen Freundes Pecas tätschelnd, der vom verwaisten Zeitungsjungen zu seinem Ziehsohn avanciert und im Übrigen von keinem Geringeren als René Cardona jr. gespielt wird, jenem Meisterregisseur, der später solche Meisterwerke wie TINTORERA – MEERESUNGEHEUER GREIFEN AN! drehen sollte.
Bei EL ENMASCARDO DE PLATA führt folgerichtigerweise der Herr Papa Regie, René Cardona sr., der sich vor allem an alten Serials zu orientieren scheint und den Film so zu einer Ansammlung winzigster Episödchen werden lässt, die völlig austauschbar sind und alle nach folgendem Schema ablaufen: El Médico vereitelt die garstigen Machenschaften einer Räuberbande, die von einem verfeindeten Wrestler angeführt wird – sein Name: El Enmascardo de Plata (sic!) - man wird entführt, bedroht, gehetzt und dann beginnt alles wieder von vorne. Insgesamt zwölf solcher, sich auf der Suche nach dem eigenem Schwanz im Kreis drehender Segmente hab ich zählen können, und angesichts der Laufzeit von knapp über zwei Stunden legt das den Verdacht nahe, dass EL ENMASCARDO DE PLATA ursprünglich wohl sogar als eins jener Serials konzipiert gewesen zu sein scheint, denen er sich ohne einen Funken Eigenkreativität verpflichtet. El Médico unterscheidet dabei so gut wie nichts von der Figur, die Santo in späteren Filmen verkörpern wird: er ist stark wie ein Sandalenfilmherakles, klug wie Sherlock Holmes, von Mysterien umwoben wie Fantomas oder Judex, heroisch wie ein Marvel-Superheld und hat keine nennenswerte Biographie, die sich dem Zuschauer dabei in den Weg stellen würde, ihn zur Folie all dessen werden zu lassen, was er selbst nicht besitzt, aber gerne hätte. EL ENMASCARDO DE PLATA ist damit ein Film, der sich an seiner reinen Oberflächenstruktur erschöpft. Schon jetzt merke ich: über die eigentliche Story, dieses endlose, irgendwann reichlich ermüdende Gewebe aus Entführungen, Faustkämpfen, Autoverfolgungsjagden und lauen Witzen, braucht man keine großen Worte zu verlieren, sie ist derart einer Tradition verpflichtet, dass einem nichts in ihr nicht schon irgendwo anders begegnet wäre, man nicht jedes Element zu seinem Ursprungskontext zurückverfolgen könnte. EL ENMASCARDO DE PLATA hat eben auch das mit den späteren Vehikeln gemein, mit denen Santo in die möglichsten und unmöglichsten Abenteuer reisen wird: er ist ein archetypischer Film, bei dem jedes Bild sozusagen universell für die Träume steht, die kleine Buben wohl seit Anbeginn der Zeit träumen. Außerdem, und das finde ich ziemlich wichtig, ist seine Bilderwelt eine prä-pubertäre. Sicher, eine junge Dame verguckt sich gleich zu Beginn in El Médico, schmachtet ihm hinterher und muss mehrmals von ihm aus Lebensgefahren errettet werden, selbst das ist aber völlig frei von sexuellen Implikationen. Sollte EL ENMASCARDO DE PLATA ein männliches Wesen sein, ist ihm noch kein einziges Bart- oder Schamhaar gesprossen. Wir befinden uns da in einem Kosmos, bei dem es reicht, sich eine Feder ins Haar zu stecken und schon ist man ein Komantschenhäuptling. Was seinen Reiz hat, sicherlich, nur eben für mich etwas wenig, um mich zwei Stunden damit unterhalten zu lassen.
Zumal EL ENMASCARDO DE PLATA das fehlt, was ich bei den Serials Louis Feuillades, für mich das Nonplusultra auf dem Gebiet, so sehr bewundere. Ein Beispiel: Feuillade hat nicht nur in Studios, sondern auch auf offener Straße gedreht. In der ersten Episode seines Meisterwerks LES VAMPIRES schaffen Ganoven die überwältigten Helden in Säcke verschnürt hinfort. Passanten laufen vorbei, verwundert über das Treiben, bleiben stehen, schauen direkt in die Kamera. Das Kino hat damals noch eine Unschuld, die es nie wieder erlangen wird, schon gar nicht in Zeiten, in denen jeder irgendwen kennt, der schon mal in der Pseudo-Dokumentation eines Privatsenders mit vollem Körpereinsatz die Realität verzerrt hat. Deswegen wohnt einem Serial wie LES VAMPIRES eine Poesie inne, die sich nicht darum schert, ob sie kongruent mit der Wirklichkeit ist. Dennoch aber guckt die Wirklichkeit permanent in die Fiktion hinein, und sei es nun konkret in Gestalt von Passanten, die keinen blassen Schimmer haben, was das für merkwürdige Objekte da am Straßenrand sind, vor denen verkleidete Männer herumhüpfen. Nur ganz selten findet man solche Momente wie beispielweise den, in dem Irma Vep ihren Fledermaustanz zum Besten gibt, im weiteren Verlauf der Filmgeschichte. Im Grunde fallen mir gerade nur Georges Franjus JUDEX, dem Remake von Feuillades gleichnamigem Serial, und Jean Rollins Debut-Spielfilm LE VIOL DU VAMPIRE ein, beides Werke, die es, wie genau ist mir nach wie vor ein Rätsel, es schaffen, einen Zauber über ihre Zuschauer zu werfen, der vielleicht ähnlich riecht wie der, der einen ein halbes Jahrhundert zuvor dazu veranlasst hat, sein Taschengeld zusammenzukratzen, um sich die neuste Episode der Lieblingsserie ansehen zu können. EL ENMASCARDO DE PLATA demgegenüber ist für mich ein netter, herrlich antiquierter Spaß, nicht mehr, nicht weniger.
Technisch gesehen ist EL ENMASCARDO DE PLATA eigentlich gar kein Santo-Film. Allerdings, so will es die Meistererzählung, soll die Heldenrolle vorliegenden Films zunächst dem seinerzeit schon populären Luchador angeboten worden sein. Santo indes, aus Angst, seinen Ruf durch billige B-Movies zu ruinieren (sic!), entzog sich noch vor Beginn der Dreharbeiten dem Projekt, weswegen seine Rolle mit einem anderen Wrestler – sein wundervoller Name: El Médico Asesino - bestückt worden ist. Wieso der gute Mann sich so nennt, erklärt er selbst vor laufender Kamera. Sein frühverstorbener Vater sei Arzt gewesen, und El Médico sieht sich selbst als einer, nur ist er eben keiner, der handelsüblichen Krankheiten heilt, nein, seine Agenda soll es sein, das Übel mit der Wurzel auszureißen, sprich: all die Schurken zu bekämpfen, die beispielweise die Weltherrschaft übernehmen möchten. Sein Namenszusatz Asesino, der in vorliegendem Film weitgehend verschwiegen wird, leitet sich so her: wo gehobelt wird, surren eben auch Späne durch die Luft, die einem, wenn man nicht achtgibt, die Kehle durchschneiden können. Das gehört sozusagen zum Beruf, sagt El Médico, das Köpfchen seines jungen Freundes Pecas tätschelnd, der vom verwaisten Zeitungsjungen zu seinem Ziehsohn avanciert und im Übrigen von keinem Geringeren als René Cardona jr. gespielt wird, jenem Meisterregisseur, der später solche Meisterwerke wie TINTORERA – MEERESUNGEHEUER GREIFEN AN! drehen sollte.
Bei EL ENMASCARDO DE PLATA führt folgerichtigerweise der Herr Papa Regie, René Cardona sr., der sich vor allem an alten Serials zu orientieren scheint und den Film so zu einer Ansammlung winzigster Episödchen werden lässt, die völlig austauschbar sind und alle nach folgendem Schema ablaufen: El Médico vereitelt die garstigen Machenschaften einer Räuberbande, die von einem verfeindeten Wrestler angeführt wird – sein Name: El Enmascardo de Plata (sic!) - man wird entführt, bedroht, gehetzt und dann beginnt alles wieder von vorne. Insgesamt zwölf solcher, sich auf der Suche nach dem eigenem Schwanz im Kreis drehender Segmente hab ich zählen können, und angesichts der Laufzeit von knapp über zwei Stunden legt das den Verdacht nahe, dass EL ENMASCARDO DE PLATA ursprünglich wohl sogar als eins jener Serials konzipiert gewesen zu sein scheint, denen er sich ohne einen Funken Eigenkreativität verpflichtet. El Médico unterscheidet dabei so gut wie nichts von der Figur, die Santo in späteren Filmen verkörpern wird: er ist stark wie ein Sandalenfilmherakles, klug wie Sherlock Holmes, von Mysterien umwoben wie Fantomas oder Judex, heroisch wie ein Marvel-Superheld und hat keine nennenswerte Biographie, die sich dem Zuschauer dabei in den Weg stellen würde, ihn zur Folie all dessen werden zu lassen, was er selbst nicht besitzt, aber gerne hätte. EL ENMASCARDO DE PLATA ist damit ein Film, der sich an seiner reinen Oberflächenstruktur erschöpft. Schon jetzt merke ich: über die eigentliche Story, dieses endlose, irgendwann reichlich ermüdende Gewebe aus Entführungen, Faustkämpfen, Autoverfolgungsjagden und lauen Witzen, braucht man keine großen Worte zu verlieren, sie ist derart einer Tradition verpflichtet, dass einem nichts in ihr nicht schon irgendwo anders begegnet wäre, man nicht jedes Element zu seinem Ursprungskontext zurückverfolgen könnte. EL ENMASCARDO DE PLATA hat eben auch das mit den späteren Vehikeln gemein, mit denen Santo in die möglichsten und unmöglichsten Abenteuer reisen wird: er ist ein archetypischer Film, bei dem jedes Bild sozusagen universell für die Träume steht, die kleine Buben wohl seit Anbeginn der Zeit träumen. Außerdem, und das finde ich ziemlich wichtig, ist seine Bilderwelt eine prä-pubertäre. Sicher, eine junge Dame verguckt sich gleich zu Beginn in El Médico, schmachtet ihm hinterher und muss mehrmals von ihm aus Lebensgefahren errettet werden, selbst das ist aber völlig frei von sexuellen Implikationen. Sollte EL ENMASCARDO DE PLATA ein männliches Wesen sein, ist ihm noch kein einziges Bart- oder Schamhaar gesprossen. Wir befinden uns da in einem Kosmos, bei dem es reicht, sich eine Feder ins Haar zu stecken und schon ist man ein Komantschenhäuptling. Was seinen Reiz hat, sicherlich, nur eben für mich etwas wenig, um mich zwei Stunden damit unterhalten zu lassen.
Zumal EL ENMASCARDO DE PLATA das fehlt, was ich bei den Serials Louis Feuillades, für mich das Nonplusultra auf dem Gebiet, so sehr bewundere. Ein Beispiel: Feuillade hat nicht nur in Studios, sondern auch auf offener Straße gedreht. In der ersten Episode seines Meisterwerks LES VAMPIRES schaffen Ganoven die überwältigten Helden in Säcke verschnürt hinfort. Passanten laufen vorbei, verwundert über das Treiben, bleiben stehen, schauen direkt in die Kamera. Das Kino hat damals noch eine Unschuld, die es nie wieder erlangen wird, schon gar nicht in Zeiten, in denen jeder irgendwen kennt, der schon mal in der Pseudo-Dokumentation eines Privatsenders mit vollem Körpereinsatz die Realität verzerrt hat. Deswegen wohnt einem Serial wie LES VAMPIRES eine Poesie inne, die sich nicht darum schert, ob sie kongruent mit der Wirklichkeit ist. Dennoch aber guckt die Wirklichkeit permanent in die Fiktion hinein, und sei es nun konkret in Gestalt von Passanten, die keinen blassen Schimmer haben, was das für merkwürdige Objekte da am Straßenrand sind, vor denen verkleidete Männer herumhüpfen. Nur ganz selten findet man solche Momente wie beispielweise den, in dem Irma Vep ihren Fledermaustanz zum Besten gibt, im weiteren Verlauf der Filmgeschichte. Im Grunde fallen mir gerade nur Georges Franjus JUDEX, dem Remake von Feuillades gleichnamigem Serial, und Jean Rollins Debut-Spielfilm LE VIOL DU VAMPIRE ein, beides Werke, die es, wie genau ist mir nach wie vor ein Rätsel, es schaffen, einen Zauber über ihre Zuschauer zu werfen, der vielleicht ähnlich riecht wie der, der einen ein halbes Jahrhundert zuvor dazu veranlasst hat, sein Taschengeld zusammenzukratzen, um sich die neuste Episode der Lieblingsserie ansehen zu können. EL ENMASCARDO DE PLATA demgegenüber ist für mich ein netter, herrlich antiquierter Spaß, nicht mehr, nicht weniger.