Fall 39 - Christian Alvart

Moderator: jogiwan

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horror1966
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Fall 39 - Christian Alvart

Beitrag von horror1966 »

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Fall 39
(Case 39)
mit Renee Zellweger, Jodelle Ferland, Ian McShane, Kerry O'Malley, Callum Keith Rennie, Bradley Cooper, Adrian Lester, Georgia Craig, Cynthia Stevenson, Tiffany Lyndall-Knight, Cindy Sungu, Philip Cabrita, J. Winston Carroll, Mary Black, Domenico D'Ambrosio
Regie: Christian Alvart
Drehbuch: Ray Wright
Kamera: Hagen Bogdanski
Musik: Michi Britsch
FSK 16
USA / 2009

Emily glaubt, in ihrem Beruf alles schon gesehen zu haben, doch ihr jüngster Fall treibt die engagierte Sozialarbeiterin an ihre Grenzen und fast in den Wahnsinn. Warum wurde Lilith, ein sanftes 10-jähriges Mädchen, von ihren Eltern fast umgebracht? Warum sterben Menschen aus Emilys privatem und beruflichem Umfeld, die das Rätsel um Lilith zu klären versuchen? Als Emily dem Unbegreiflichen auf den Grund geht, gerät sie selbst in Gefahr und muss erkennen, dass in diesem konkreten Fall Kinderschutz überbewertet wird.


Es gibt ja nicht gerade wenige Filme, in denen dämonische Kinder im Mittelpunkt des Geschehens stehen, somit bietet "Fall 39" nicht unbedingt ein Feuerwek an Innovation. Das ist aber auch nicht zwingend notwendig, denn die hier erzählte Geschichte bietet altbewährte Zutaten, die in einer wirklich guten und extrem spannenden Verpackung daherkommen und dem Zuschauer somit eine wirklich packende und bedrohlich erscheinende Story offenbaren, an der man seine helle Freude haben wird. Anders als beispielsweise in den "Omen-Filmen" wird die 10-jährige Lilith hier aber nicht von Beginn an als das Böse dargestellt, sondern kommt vielmehr in der bedauernswerten Opferrolle eines bildhübschen und zarten Mädchens daher, das von ihren anscheinend psychisch gestörten Eltern getötet werden soll. Und obwohl man als Betrachter ganz genau weiss, worauf die Geschichte im Endeffekt hinauslaufen wird, hat man Mitleid mit dem Mädchen und schließt sie sogar in sein Herz, da man ihr allein schon rein optisch nichts Böses zutrauen würde.

Dieser Eindruck ändert sich aber mit der Zeit schlagartig, denn die Entwicklung, die das Szenario mit der Zeit nimmt, lässt einen schon in einigen Passagen richtiggehend frösteln und Lilith in einem vollkommen anderen Licht erscheinen. Hierbei muss man insbesondere der kleinen Jodelle Ferland ein Riesenkompliment machen, denn ihre Darstellung der kleinen Lilith kann man einfach nur als fabelhaft und absolut überzeugend bezeichnen. Gerade in den Phasen, in denen sie sich charakterlich total verändert und ihr wahres Gesicht zeigt, brilliert sie durch eine ausgeprägte Mimik und ein sehr hohes Maß an Darstellungskraft. Nichts ist mehr zu sehen von dem in sich gekehrten und äusserst eingeschüchtertem Mädchen, das sich einem zu Beginn des Filmes präsentiert. Fast zwangsläufig denkt man an Bezeichnungen wie "Der Teufel mit dem Engelsgesicht", denn so und nicht anders erscheint das Mädchen auf einmal, wobei von ihr eine Eiseskälte ausgeht, die einem selbst kalte Schauer über den Rücken jagt.

Auch Renee Zellweger in der Rolle der Emily liefert hier meiner Meinung nach eine grandiose Schauspielleistung ab, was sich ganz besonders in den Szenen widerspiegelt, in denen ihr bewust wird, wen sie da eigentlich vor sich hat. Es ist absolut faszinierend wenn man sieht, wie eine 10-jährige immer mehr an Dominanz gewinnt und einer Erwachsenen ihren Willen aufzwingen will. Hier findet im Prinzip ein klassischer Rollentausch statt, denn aus einem kleinen Kind wird eine absolut dominierende Figur, wohingegen die Erwachsene Person ein ängstliches Individium wird, das nervlich vollkommen am Ende ist und sich vor lauter Panik kaum noch unter Kontrolle hat. Es ist aber längst nicht nur das tolle Schauspiel, das diesen Film so sehenswert macht, denn auch im Bezug auf Spannung und eine gelungene Grundstimmung wird man hier bestens bedient.

So zieht sich beispielsweise von der ersten bis zur letzten Minute ein äusserst konstanter Spannungsbogen durch die Geschichte, der phasenweise sogar Ausmße von absoluter Hochspannung annimmt. Dabei gibt es durch die sehr temporeiche Erzählweise auch keine Einbrüche oder gar langatmige Phasen zu verzeichnen, die einem das Seh-Vergnügen trüben könnten. Dafür sorgt auch eine exzellente Grundstimmung, die zu Beginn ein Gefühl der Beklemmung beim Betrachter auslöst, da man in dieser Phase des Films noch sehr positive Gefühle für Lilith hegt und somit auch mit ihr mitleidet, da ihre Eltern ihr ja anscheinend vollkommen unbegründet Böses antun wollen. Doch spätestens zu dem Zeitpunkt, als das Geschehen sich wendet, entsteht eine dichte und bedrohliche Atmosphäre, die einem phasenweise eine aufkommende Gänsehaut beschert. So erlebt man im wahrsten Sinne des Wortes ein Wechselbad der Gefühle und ist hin-und hergerissen zwischen Symphatie -und Antiphatie für die kleine Hauptdarstellerin.


Fazit:


Auch wenn "Fall 39" nicht gerade viel Neues bietet, so präsentiert sich meiner Meinung nach ein absolut spannender und faszinierender Horror-Thriller, der ganzzeitig für extrem gute Unterhaltung sorgt. Gute Schauspieler, eine interessante Geschichte, sehr viel Spannung und teilweise auch gute Effekte (Hornissen-Szene) sorgen für ein insgesamt erstklassiges Gesamtpaket, das man sich auf jeden Fall anschauen sollte, da ansonsten ein richtig guter Film an einem vorbeigeht.


8/10
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buxtebrawler
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Re: Fall 39 - Christian Alvart

Beitrag von buxtebrawler »

„Fall 39“, eine US-Produktion aus dem Jahre 2009, gedreht vom deutschen Regisseur Christian Alvart, ist der x-te Horrorfilm über ein böses bzw. von einem Dämon besessenes Kind, das allem Anschein nach zunächst kein Wässerchen trüben kann, am Ende aber seine wahre Fratze offenbart. Eine solche, wenig innovative Geschichte einmal aus der Perspektive einer Mitarbeiterin des Jugendamts zu zeigen, ist die eigentliche Kreativleistung dieses Films. Der Beginn, der Renée Zellweger als engagierte, verantwortungsvolle Behördenmitarbeiterin zeigt, die dabei immer wieder an die Grenzen ihres Einflussbereichs stößt und innerbehördliche Probleme offensichtlich werden, ist vermutlich nah an der Realität und dadurch spannend und stark. Früh ist allerdings klar, dass die kleine Lilith keinesfalls so unschuldig und süß ist, wie sie gemeinhin tut, und der Zuschauer freut sich auf eine interessante Hintergrundgeschichte und darauf, zu erfahren, worin die Beweggründe des Kind-Dämons liegen. Leider entpuppt sich auch „Fall 39“ als ein weiterer flacher Film ohne Aha-Effekt, da der Zuschauer außer „Das Kind ist böse. Punkt.“ nichts weiter erfährt. Gut, würde dabei eine atmosphärische, mystische Aura entfaltet wie z. B. beim von der Geschichte her gewisse Parallelen aufweisenden „The Ring“, könnte man darüber geflissentlich hinwegsehen. Stattdessen wird man hier aber mit einer fehlerbehafteten inneren Logik der Handlung, ungruseligen CGI-Effekten und einem Finale nach Schema F abgespeist. Warum wollten die Eltern das Kind ausgerechnet im Backofen verbrennen? Vermutlich nur, damit der Film Assoziationen zu „Hänsel & Gretel“ weckt. Warum verfügt das Kind über Mordskräfte, kann sich aber nicht aus dem Ofen befreien? Sinn ergibt das alles jedenfalls nicht. Neben dem starken Beginn überzeugt „Fall 39“ darüber hinaus lediglich mit den beachtlichen schauspielerischen Leistungen Jodelle Ferlands, die die kleine Lilith mimt, sehr gut von einem Gemütszustand zum nächsten umzuschalten weiß und glaubwürdig ihre manipulativen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Renée Zellweger hat allein schon aufgrund ihres Gesichtsumfangs eine starke Leinwandpräsenz, macht ihre Sache eigentlich nicht schlecht, nervte mich aber mit ihrer Mumpsvisage irgendwann nur noch. Weniger Screentime wäre hier mehr gewesen. Nachdem „Fall 39“ so überzeugend begann, gingen den Drehbuchautoren schnell die Ideen aus, die diesen Film evtl. zu einem mehrdimensionalen Horrorbeitrag mit tragischer Note gemacht hätten. Glatter Durchschnitt zum Einmalgucken und Vergessen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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jogiwan
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Re: Fall 39 - Christian Alvart

Beitrag von jogiwan »

„Fall 39“ ist durchaus unterhaltsame Ware nach bekannten Motiven mit bekannten Gesichtern, der für knapp 100 Minuten auch gut unterhalten kann. Die Umsetzung ist solide, die Effekte akzeptabel, nur die Geschichte war für meinen Geschmack jetzt zu sehr auf „Best-of-der-letzten-Jahre“ gestrickt und zu 100 % auf Nummer-sicher gebürstet. Zuschauer, die sich aber keine innovative Ware erwarten und sich auch von Renée Zellweger nicht abschrecken lassen, werden mit einer halbwegs spannenden Geschichte entlohnt, die zwar immer etwas vorhersehbar bleibt, aber mit etwas eingeschränkter Erwartungshaltung trotzdem gut zu gucken ist. Wer neben den splattrigen Filmen der aktuelleren Terrorwelle auch mal wieder Lust auf etwas Ruhigeres mit Schwerpunkt Atmosphäre hat, der wird von „Fall 39“ auch sicher nicht enttäuscht werden. 6/10 Punkten
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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Onkel Joe
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Re: Fall 39 - Christian Alvart

Beitrag von Onkel Joe »

Kein absoluter Treffer aber durchaus ein Grusler der anständig unterhält, der Film ist bestens geeignet um seine Madame mal ein wenig durchzurütteln :twisted: :kicher: .
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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