Frankensteins Braut - James Whale (1935)

Moderator: jogiwan

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sid.vicious
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Frankensteins Braut - James Whale (1935)

Beitrag von sid.vicious »

Frankensteins Braut.jpg
Frankensteins Braut.jpg (112.4 KiB) 301 mal betrachtet

Alternativer Titel: Bride of Frankenstein
Produktionsland: USA
Produktion: Carl Laemmle Jr.
Erscheinungsjahr: 1935
Regie: James Whale
Drehbuch: William Hurlbut
Kamera: John J. Mescall
Schnitt: Ted Kent
Spezialeffekte: David S. Horsley, Ken Strickfaden
Musik: Franz Waxman
Länge: ca. 78 Minuten
Freigabe: FSK 12
Darsteller:
[center]Boris Karloff: Das Monster
Colin Clive: Dr. Henry Frankenstein
Ernest Thesiger: Dr. Prätorius
Valerie Hobson: Elizabeth Frankenstein
O. P. Heggie: Eremit
Elsa Lanchester: Die Braut des Monsters
Una O'Connor: Minnie
John Carradine: Jäger[/center]


4 Jahre nach „Frankenstein“ setzte James Whale seine Geschichte unter dem Titel „Frankensteins Braut“ fort. Erfreulich, dass zu Beginn eine Szene mit Mary Shelley nachgestellt wurde, die somit jeden noch so unerfahrenen Kinobesucher darauf hinweisen konnte, dass die Romanvorlage zu „Frankenstein“ aus den Federn einer Frau stammt. Dieser gespielte Prolog mündet in einen Rückblick bzw. demonstriert u. a. das was zum Ende der 1931er Frankenstein-Verfilmung geschah. …und siehe da, der Zuschauer ist postwendend eingebunden und harrt auf die Dinge die folgen werden.

Demnach geht es in der abgebrannten Mühle auch richtig gut los. Atmosphärisch dicht und überzeugend gefilmt wird der Zuschauer mit dem noch lebenden Ungeheuer konfrontiert. Optisch einfach hervorragend umgesetzt und ein Fest für das klassische Auge des Filmliebhabers.

Das der Film allerdings noch wesentlich mehr zu bieten hat, das läutet der Auftritt von Ernest Thesiger in der Rolle des Doktor Prätorius ein. Eine stimmungsvolle Musik begleitet diese diabolische und absonderliche Gestalt. Eine Gestalt die nichts Gutes verheißen lässt und 1935 in den Kinosälen mit Sicherheit für Fingernägel kauende Besucher sorgte. Ernest Thesiger bringt in Whales Film eine ganz besondere Würze ein. Am Rande sei erwähnt, dass Thesiger ein Jahr nach „Frankensteins Braut“ unter der Regie von Lothar Mendes in H.G. Wells „Der Mann, der die Welt verändern wollte“ mitwirkte und dort die Rolle des Mister Maydig verkörperte.

„Was ist Wahnsinn?“

Eine Frage die von Doktor Prätorius gestellt wird und die vom Zuschauer beantwortet werden soll. Das dieser sich längst gegen die Wissenschaft und den Bürger und für die Kreatur entschieden hat ist definitiv die Absicht des Regisseurs. Es soll ein Nachdenken erreicht werden, welches Vorurteile verurteilt. Die altbekannte Frage die auch der Vorgänger stellte: Wer ist hier eigentlich das Monster?

Was weiterhin zu einem positiven Angriff auf die Zuschauersynapsen sorgt, ist die Intensität mit der Whale vorgeht. Hat der Vorgänger noch ein paar Anlaufhemmnisse, so räumt sein Sequel diese konsequent aus dem Weg.

Fazit: Ein intelligentes Meisterwerk und ein Wegbereiter des Horrorfilms, der eine Anklage auf die Misseigenschaften der Gesellschaft eskortieren lässt. Kino wie es der Filmfreund schätz und liebt.

10/10
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purgatorio
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Re: Frankensteins Braut - James Whale

Beitrag von purgatorio »

FRANKENSTEINS BRAUT (THE BRIDE OF FRANKENSTEIN, USA 1935, Regie: James Whale)

Abermals gelungene Bildsprache und definitiv neue Highlights, lose orientiert am Originalwerk von Frau Shelley (die ihre Geschichte zu Beginn des Films gleich noch selbst erzählen darf). Ganz toller Film, wenn mir auch die Integration eines völlig neuen Wissenschaftlers mit äquivalenter Technik ziemlich auf den Nerv ging. Die Tricks, Sets und Maskendesigns sind dagegen überragend und stilprägend! 8/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
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Arkadin
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Re: Frankensteins Braut - James Whale

Beitrag von Arkadin »

purgatorio hat geschrieben:wenn mir auch die Integration eines völlig neuen Wissenschaftlers mit äquivalenter Technik ziemlich auf den Nerv ging.
Ernest Thesiger als Dr. Prätorius! Ganz großes Kino! :opa:
Früher war mehr Lametta
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purgatorio
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Re: Frankensteins Braut - James Whale

Beitrag von purgatorio »

Arkadin hat geschrieben:
purgatorio hat geschrieben:wenn mir auch die Integration eines völlig neuen Wissenschaftlers mit äquivalenter Technik ziemlich auf den Nerv ging.
Ernest Thesiger als Dr. Prätorius! Ganz großes Kino! :opa:
mag sein, wird mir bei der Zweitsichtung wahrscheinlich auch positiv auffallen. Bei den Erstsichtungen war ich aber durch die frei kombinierten Elemente der Vorlage leicht irritiert :|
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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buxtebrawler
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Re: Frankensteins Braut - James Whale (1935)

Beitrag von buxtebrawler »

Die gesamte Universal-"Frankenstein"-Reihe ist mutmaßlich bereits am 15.10.2021 bei Koch Films als "Die ultimative Monster-Collection"-6-Blu-ray-Box erschienen:

Bild Bild

Extras:

zu "Frankenstein" (1931):

Box-Disc 2 (Film Blu-ray/ BD-50/ 50 GB):

Audiokommentare:
1) von Filmhistoriker Dr. Rolf Giesen
2) von Filmhistoriker Scott MacQueen *
Sie lebt! - Die Erschaffung von Frankensteins Braut (38:52 Min.) *
Super-8-Fassungen:
1) Deutsch (16:41 Min.)
Deutsch LPCM 2.0 Mono
Keine Untertitel
2) Englisch (8:29 Min.)
Englisch LPCM 2.0 Mono
Keine Untertitel
Englischer Trailer (1:29 Min.) *
Bildergalerie (154 Bilder/ manuelle Steuerung)

Box-Disc 6 (Bonus Blu-ray/ BD-50/ 50 GB):

Dokumentation Universal Horror (95:26 Min.) *
Karloff: The Gentle Monster (37:57 Min.) *
Carl Laemmle: Ein Leben wie im Kino (89:24 Min.) **
Restaurierungs-Doku (9:13 Min.) *
"Frankenstein" von 1910 mit Musik von Donald Sosin (12:47 Min.)
Kurzfilm "Boo" (9:06 Min.) *
The Frankenstein Archives (9:24 Min.) *

* = englisch mit optionalen deutschen Untertiteln

Die Gesamtlaufzeit der Extras ist berechnet:
- nur für Disc 1 (zum Film "Frankenstein")
- ohne die Audiokommentare

[Gesamtlaufzeit Bonusmaterial (ausgenommen: Audiokommentare; Alternative Fassung von Teil 3) der kompletten Box: 559 Min.]

BONUSMATERIAL ZU ANDEREN FILMEN:
siehe Links unten am Ende des Bemerkungsfelds.

Bemerkungen:
- Exklusiv-Vertrieb über den Koch Films Shop.
- Fester Hartkarton mit Glanzfolien-Druck des Charakters.
- Das FSK-Logo mitsamt Titel und kurzer Ausstattungsangaben ist nur Sticker auf der Folie.

Die Box enthält:
1) einen Halbschuber, ebenso im Hartkarton wie der Hauptschuber (der Hauptschuber ist unten geöffnet)
2) ein 6-Disc-Set Digipak mit 7 Filmen
3) ein 112-seitiges Booklet (mit Umschlag 116-seitig) "Traumatisiert von Frankenstein" / "Die Frankenstein-Chronik" mit Texten von Jörg Buttgereit und Dr. Rolf Giesen
4) den Roman "Mary Shelley - Frankenstein" (226 Seiten/ ISBN 978-3-596-90187-6/ Fischer Verlage)
5) sieben Artcards zu den enthaltenen Filmen (je 13,8 x 18,7 cm)

6-Disc-Set. Bestellnummer: 1057158.

Dieser beschriebene Film "Frankenstein": 16 Kapitel, s/w.

ENTHALTENE FILME:
1) Frankenstein (1931)
2) Frankensteins Braut (1935)
3) Frankensteins Sohn (1939)
4) Frankenstein kehrt wieder (1942)
5) Frankenstein trifft den Wolfsmenschen (1942)
6) Frankensteins Haus (1944)
7) Draculas Haus (1945)

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=473268
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Maulwurf
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Re: Frankensteins Braut - James Whale (1935)

Beitrag von Maulwurf »

 
Frankensteins Braut
Bride of Frankenstein
USA 1935
Regie: James Whale
Boris Karloff, Colin Clive, Valerie Hobson, Elsa Lanchester, O.P. Heggie, Una O'Connor, Ernest Thesiger, Gavin Gordon, Douglas Walton, E.E. Clive, Lucien Prival, Dwight Frye, Reginald Barlow, Mary Gordon, Anne Darling, Ted Billings, Helen Parrish


Frankensteins Braut.jpg
Frankensteins Braut.jpg (155.15 KiB) 137 mal betrachtet
OFDB

FRANKENSTEINS BRAUT ist mal wieder so ein Film, wo ich überhaupt nicht so recht weiß ob ich nun lachen oder weinen soll. Auf der einen Seite sind da die Szenen, wenn die Dorfbewohner das Monster jagen, und sich dafür zusammenrotten, sich gegenseitig hochschaukeln, und den Bürgermeister suchen („Go, tell the Burgomeister!“), und dabei in ihrer selbstdarstellerischen Gefährlichkeit so lächerlich wirken wie Pappkameraden. Oder die Homunkuli von Dr. Pretorius, die wie Micky Maus klingen, nur aufs Poppen aus sind, und zwischen vollkommener Idiotie und peinlichem Grauen hin- und herpendeln.
Auf der anderen Seite dann die gotischen Dekors von Frankensteins Labor, in denen sich (m)ein schwarzes Herz völlig verlieren könnte, und die stark an Piranesis Kerker erinnern, offensichtlich von einem kranken Geist unter Zuhilfenahme des deutschen Expressionismus im Absinthrausch ersonnen. Elsa Lanchester, die in ihrem Blick und ihrer abgehackten Gestik mehr Sex ausstrahlt als so manche vermeintliche Erotik—Queen späterer Zeitalter. Karloff, der unter seiner Maske mit einer ausgesprochen zurückhaltenden Mimik so ungeheuer viel Gefühl ausdrücken kann und so immens viel Qual zeigt, bis er dann dummerweise anfängt zu sprechen und die ungelenke Vokalakrobatik dann schnell zum Kichern reizt. Ernest Thesiger als Dr. Pretorius, der mit seiner feinen englischen Art und dem irren Blick so viel Grauen erzeugt. Das Grauen von der leisen und stillen Art, welches sich als das wahre Böse zeigt. Und andererseits dann auch wieder der Eremit, dessen Bilder zugegeben von Mel Brooks‘ genialer Parodie FRANKENSTEIN JUNIOR überlagert werden, und der auf seine eigene und hilflose Art und Weise dabei selber schon wie eine Parodie wirkt. Allein, dass er seit Jahren im Wald lebt ohne einen Menschen gesehen zu haben – Und jetzt kommen innert weniger Stunden ein Monster, zwei Jäger und eine Schulklasse vorbei …

Und überhaupt, wieso hat die Braut eigentlich so wenig Screentime bekommen? Zuerst erfahren wir in einer geschickt geschnittenen Rückblende was im ersten Teil passiert ist, wir sehen dabei zu, wie das Monster auf der Suche nach Nahrung und auf der Flucht vor sich selbst den erwähnten Eremiten kennenlernt, eingekerkert wird, flüchten kann, und Dr. Pretorius über den Weg läuft, der das mittlerweile zu Intelligenz erwachte Wesen gleich für seine finsteren Zwecke einspannt. Denn Pretorius will Frankenstein dazu zwingen, ihm bei seinen Experimenten zu helfen, und künstliches Leben zu erzeugen. Also entführt das Monster Frankensteins Braut (richtiger: Viktors Ehefrau aus dem ersten Teil), und als Resultat wird im Gewittersturm eine Frau erschaffen: Die neue Freundin des Monsters. Die allerdings, wie so viele Frauen, ihren ganz eigenen Kopf hat (Kleines Wortspiel am Rande…).

Die lange Sequenz im Schloss, wenn das Gewitter tobt und der Leichnam hoch auf dem Turm den Elementen ausgesetzt ist, so stellt sich der kleine Maulwurf alte Horrorfilme vor. Und so muss verdammt nochmal gotischer Horror auch tatsächlich aussehen! Die Gänge und Räume des Schlosses sind düster-expressionistische Gothic-Architektur, und die Personen darin, also der gruselige Dr. Pretorius und der ständig alkoholisiert wirkende Frankenstein (woran das wohl liegen könnte? Ob Darsteller und Gewohnheitsalkoholiker Colin Clive etwa …?), zusammen mit den Gehilfen Karl und Ludwig, passen in diese Gänge wie Kette zu Gespenst. Aber dann ist da leider auch noch eine Figur wie Minnie, ihres Zeichens die Zofe von Fr. Frankenstein und als Comic Relief mindestens ebenso nervig wie alle Comic Reliefs der damaligen Horrorfilme. Minnie wirkt auf mich wie die Giftmörderin Madam Lafarge, die hinter ihrer bigotten und wohlanständigen Fassade ein einziger Abgrund aus verdrängten Sehnsüchten ist. Der Typ Mensch, der in der Rettungsgasse sein Auto abstellt um anderen Menschen beim Sterben zuzusehen … Der wahre Horror? Leider ist die Dame dafür zu sehr ins Komische übertrieben, dabei könnte sie problemlos Grusel der ganz eigenen Art verbreiten.

FRANKENSTEINS BRAUT ist ein toller Film, gewiss, und er hat alles, was sich ein kleiner Maulwurf von einem Film erwartet: Horror, Erotik, Irrwitz, Gefühle. Der Film reißt mit, er kann begeistern, und er macht ungeheuren Spaß. Wenn da nicht so ein paar kleinere Nebensächlichkeiten wären, die, wenn man zu gut aufpasst, den Spaß ein klein wenig reduzieren. Aber ganz ehrlich, das ist Jammern auf einem cineastischen Niveau, das andere Filme in Jahrzehnten nicht erreichen …

8/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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