Handlung:
Ein namens- und obdachloser Mann (Rutger Hauer) kommt mit einem Zug nach Hopetown, um sich dort niederzulassen. Er plant genug Geld zusammenzubetteln, um sich einen Rasenmäher zu kaufen und mit diesem seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen. Doch als er merkt, dass die Stadt von dem Verbrecherkönig Drake, korrupten Polizisten und einigen anderen üblen Gesellen in einen lebensbedrohlichen Sündenpfuhl verwandelt wurde, investiert der Hobo sein Geld in ein anderes Gerät…in eine Schrotflinte!
Kritik:
In den letzten Jahren haben wir einige Werke bekommen, die den Grindhouse-Filmen der 60er-80er Tribut zollten. Besonders ins Gedächtnis kommen dabei diverse Streifen vom ollen Quentin oder Robert Rodriguez. Diese Filme waren Großteils auch ziemlich toll, besonders „Machete“ hat mir sehr gut gefallen, bei allem Lob muss ich jedoch eingestehen, dass sie sich weniger nach den schmuddeligen Genrefilmen, denen sie sich verschrieben haben, anfühlen, sondern mehr wie große Massenpublikums-kompatible Blockbuster. Dies ist ja nichts Negatives aber trotzdem war ich froh, dass sich unter all diesen „Throwbacks“ auch ein kleiner Streifen befand, der sich auch wirklich so anfühlt wie ein billig produziertes Schmuddelwerk, welches man sich in einem nach Urin stinkenden Bahnhofskino ansieht. Ein Hoch auf „Hobo with a Shotgun“.
Nun ist es natürlich nicht so, dass der Film einfach versucht das Formular von damals zu kopieren, er präsentiert seine Gewalt schon exzessiver, die Einstellungen sind moderner und einige Handlungselemente verrückter, aber man merkt ihm an, dass er nicht die Welt gekostet hat und es war einfach schön und erfrischend, dass es Regisseur Jason Eisener gelungen ist sein Publikum zu unterhalten ohne Horden von Statisten, Wagenladungen voller Props und Massen von Hochklassestars am Höhepunkt ihrer Karriere zu haben. Stars hat er sich im Grunde nur einen geholt, dafür aber einen ganz großen: Rutger Hauer.
Hauer, der schon in jüngeren Jahren ein einnehmender Actionheld aller erster Güte war, hat auch im Alter nichts von seiner Coolness eingebüßt. Auf der einen Seite ist er überzeugend als heruntergekommener verwahrloster Obdachloser, aber andererseits hat man auch keinen Zweifel daran, dass dieser Kerl zu übermenschlichen Heldentaten fähig ist. Obwohl Hauer jede Szene absolut dominiert, ist er von durchaus talentierten Nebendarstellern umgeben, in erster Linie Brian Downey der mit seinem Overacting einen diabolischen Oberschurken abliefert und Molly Dunsworth als „Hooker with a Heart of Gold“ die gegen Ende auch in einigen Actionszenen glänzend partizipiert.
Besonders beeindruckend fand ich, wie Eisener den Handlungsort inszenierte: Hopetown wird so ungemütlich und verkommen dargestellt, wie es nur geht. Alles ist voller Graffiti, die ganze Stadt besteht fast nur aus Hinterhöfen und wo man hinsieht ist gerade irgendein Verbrechen in Gange. Die Stadt wird so erfolgreich als Sündenpfuhl aller Sündenpfuhle dargestellt, dass das Verständnis des Publikums vollkommen bei unserem Hobo liegt, der endlich in diesem Nest aufräumen will, auch wenn er dabei zu unorthodoxen Mitteln greifen muss.
Die Gewalt ist erschreckend explizit und das Morden macht auch vor Frauen und Kindern keinen Halt. Allerdings weiß Eisener, dass es dem Film durchaus dienlich ist, wenn die Gewalt, die vom Protagonisten ausgeht, geringer ist als jene, welche die Antagonisten zu verantworten haben. Sicher, Hobo streckt einige Menschen grausam nieder, aber der Film hat sich Zeit genommen um zu zeigen, dass diese Menschen absolut skrupellose Mörder, Psychopathen, Vergewaltiger und was weiß ich noch sind. Nicht dass dies Selbstjustiz rechtfertigt, aber es ist jedenfalls besser, als wenn der Protagonist wehrlose unschuldige Frauen niederschießen würde.
Trotz dem ungeheuren Härtegrad wirkt „Hobo with a Shotgun“ nie wirklich verstörend, da die ulkige Prämisse stets präsent ist, um dem Publikum ein Schmunzeln zu entlocken. Egal welche Grausamkeit auf der Leinwand gezeigt wird, solange man gleich danach sieht wie ein alternder Rutger Hauer mit einer Schrotflinte durchs Bild schlürft, bekommt man ein wohliges Gefühl. Ich halte es dem Film auch sehr hoch, dass er Szenen selten als Witz per se inszeniert hat. Durch einige Übertreibungen kann man zwar durchgehend schmunzeln, wenn nicht sogar lachen, aber es gibt keine allzu offensichtliche Gags, die einen aus dem Film holen würden.
Anspielungen auf ältere Meisterwerke finden sich einige, aber sie sind gut versteckt und Eisener hat anstrebsamer Weise darauf verzichtet, ganze Einstellungsfolgen zu
klauen referenzieren. Ganz grandios ist es natürlich, wenn einem schon am Anfang Michael Holms Liebesthema aus „Hexen bis aufs Blut gequält“ entgegen trällert. Als Drakes Söhne einen Schulbus in Flammen aufgehen lassen wird „Disco Inferno“ im Radio gespielt, so wie in Glickenhaus‘ wundervollem Vigilante-Meisterwerk „The Exterminator“. Und ratet mal was für eine Whisky-Marke Rutger Hauer zu trinken bekommt.
Fazit: „Hobo with a Shotgun“ zollt den schmuddeligen Selbstjustizstreifen der Exploitation-Ära nicht als aufgeblähter Blockbuster sondern als schmuddeliger Selbstjustizstreifen Hommage, ohne jedoch die Vorbilder zu kopieren, und dies macht er gelungen und großartig. Ein alter aber immer noch absolut wunderbarer Rutger Hauer trägt das seinige zum Erfolg des Filmes bei.