Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman (2012)

Moderator: jogiwan

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FarfallaInsanguinata
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Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman (2012)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Lovelace.jpg
Lovelace.jpg (168.83 KiB) 264 mal betrachtet

Originaltitel: Lovelace

Herstellungsland/-jahr: USA 2012

Regie: Rob Epstein & Jeffrey Friedman

Drehbuch: Andy Bellin
Produktion: Heidi Jo Markel, Laura Rister, Jason Weinberg, Jim Young
Musik: Stephen Trask
Kamera: Eric Alan Edwards
Schnitt: Robert Dalva

Darsteller:

Amanda Seyfried: Linda Lovelace
Peter Sarsgaard: Chuck Traynor
Sharon Stone: Dorothy Boreman, Lindas Mutter
Robert Patrick: John Boreman, Lindas Vater
Juno Temple: Lindas beste Freundin
Adam Brody: Harry Reems
Wes Bentley: Larry Marchiano, Lindas zweiter Ehemann
Eric Roberts: Nat Laurendi
James Franco: Hugh Hefner
Chris Noth: Anthony Romano
Bobby Cannavale: Butchie Peraino
Hank Azaria: Gerard Damiano
Debi Mazar: Dolly Sharp
Cory Hardrict: Frankie Crocker
Chloë Sevigny: Rebecca

Inhalt:

Die streng religiös aufgewachsene Linda verfällt dem charismatischen Chuck und zieht für ihn nach New York. Ihm zuliebe fängt sie an in Pornofilmen mitzuspielen und Chuck wird nicht nur ihr Ehemann, sondern ebenso ihr gewalttätiger Manager und Zuhälter. Der plötzliche Erfolg von "Deep Throat" zieht die naive Linda immer tiefer in den Strudel von Sex, Gewalt und Drogen.
("Studiocanal"-DVD-Cover)
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Kritik folgt, aber nicht mehr heut nacht. :schnarch:
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Ich habe von jeher einen Faible für tragische Frauenfiguren, deshalb war mir als ich im Laufe des Jahres 2012 zufällig mitbekam, das Leben von Linda Lovelace wird verfilmt, sofort klar, dass ich diesen Film anschauen würde.
Da ich einiges an Vorkenntnissen zur Person mitbringe, so habe ich autobiographische Bücher von ihr gelesen und auch den Film „Inside Deep Throat“ gesehen, der sich allerdings eher mit der Entstehung des Pornos, als mit dem Leben seiner Hauptdarstellerin beschäftigt, und außerdem über ein Auge für stilistische Details verfüge, kann ich „Lovelace“ eine außergewöhnliche Authentizität bescheinigen. Von den Klamotten, über die Frisuren, Einrichtungsgegenstände, Autos usw. hat man sich große Mühe gegeben; das sieht alles wirklich perfekt nach USA der 70's aus. Ebenso sind die nachgestellten Szenen aus „Deep Throat“ selbst bis ins Detail mit dem Original abgestimmt, da wurde mit der gleichen Liebe ans Werk gegangen.
So vergeht der Film sehr angenehm schaubar mit dem Weg der jungen Linda Boreman vom Kennenlernen Chucks über die Heirat der beiden und die Dreharbeiten zu „Deep Throat“ bis zum Aufstieg Linda Lovelaces', wie sie sich nun nennt, zum landesweit bekannten Star. Dabei werden die Eckpunkte des gemeinsamen Lebens allerdings alle nur mehr oder weniger kurz und recht oberflächlich angerissen.
An dieser Stelle fing sich bei mir ein gewisses Unbehagen an breit zu machen, denn an kritischen Zwischentönen fehlte es dem Geschehen bis dahin völlig. Hier verwendet der Film einen cleveren Kunstgriff, kommt es doch nach ziemlich genau der Hälfte der Laufzeit zum Bruch in der Handlung, der Film springt einige Jahre vor und wir sehen Linda bei einem von ihrem Verleger initiierten Lügendetektortest. Sie schreibt nämlich inzwischen eine Autobiographie, in der sie mit ihrem Ex-Mann Chuck Traynor abrechnet, und der Verlag möchte offensichtlich die Glaubwürdigkeit ihrer Geschichte überprüfen.
Nun ja, man weiß ja aus vielen Fernsehkrimis, dass die Amis einen Tick mit ihren Lügendetektortests haben, aber wie es um die Glaubwürdigkeit der tatsächlichen Linda Boreman bzw. Linda Marciano, wie sie nach ihrer zweiten Heirat heißt, bestellt ist, wage ich nicht zu beurteilen, widersprechen sich doch einige Aussagen in ihren verschiedenen Büchern nicht unerheblich.
Der Kniff mit der Zweiteilung dieses Spielfilms ist indes gelungen, denn nun bekommt der Zuschauer in retrospektiven Einstellungen zusätzliche Details serviert, die auf den ersten Blick verborgen blieben. Wenn z.B. vorher durch aus einem Hotelzimmer dringenden Krach der Anschein erweckt wurde, Linda und Chuck würden gerade leidenschaftlich bumsen, sehen wir nun im Nachhinein, dass dem mitnichten so ist, sondern Chuck Linda als Strafe für eine „schnippische Bemerkung“ windelweich prügelt. Hier hat der Film seine stärksten Szenen, besonders gelungen etwa Lindas nächtlicher Besuch bei ihren Eltern, wo sie ihre Mutter unter Tränen anfleht, wieder dort einziehen zu dürfen, weil Chuck sie misshandle, diese aber nur kalt entgegnet, sie solle gefälligst zu ihrem Mann zurückgehen und ihm eine gehorsame Ehefrau sein, wie es ihre verdammte Pflicht wäre.
Leider spart „Lovelace“ das wie und warum der Wandlung Lindas vom grauen, unterwürfigen Mäuschen zur feministischen Kämpferin völlig aus, hier bleibt der Zuschauer doch mit einem ziemlichen Fragezeichen im Kopf zurück, aber vielleicht war dafür einfach keine Zeit mehr. ;)
Apropos graues Mäuschen, Hauptdarstellerin Amanda Seyfried macht ihr Sache ausgesprochen überzeugend und sieht umwerfend aus, direkt zu hübsch im Verhältnis zur echten Linda Marciano, die doch die personifizierte Durchschnittlichkeit war, was aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil ihren Erfolg begründete. Das perfekte Mädchen von nebenan eben gibt die Seyfried nicht ganz, es wurde wohl eher nach einem Hollywoodstar als Zugpferd geschielt.
Gelungene Unterhaltung mit ein wenig Anspruch, der es aber letztlich an der Fähigkeit, echte Empathie für das Leben und Leiden von Linda Lovelace zu wecken, fehlt. Hätte man nach meinem Geschmack noch deutlich mehr draus machen können.

7/10

Noch eine Nachbemerkung zur deutschen DVD-Veröffentlichung: Das Bild ist soweit in Ordnung, aber der Ton krankt an unterschiedlichen Lautstärkepegeln. So sind die Werbe-Trailer der weiteren Filme und das Bonusmaterial deutlich lauter auf die Disc gespielt als der Hauptfilm, bis auf die Pressekonferenz im Bonusbereich, deren extrem schlechter und leiser Ton dieses Feature völlig unbrauchbar macht. Dicken Punktabzug für solchen Nerv, ebenso wie für die lieblose Gesamtaufmachung der Verpackung. :(
Zuletzt geändert von FarfallaInsanguinata am Mi 26. Feb 2014, 01:20, insgesamt 1-mal geändert.
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

 ! Nachricht von: buxtebrawler
Entfernt, da beim Bildhoster directupload.net leider nicht mehr verfügbar.
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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karlAbundzu
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman

Beitrag von karlAbundzu »

Ich kann der guten und ausführlichen Kritik von Farfalle eigentlich nr zustimmen. Mir erging es gestern sehr ähnlich.
Auffallend fand ich dazu noch, dass nicht die Porno-Industrie als irgendwie böse oder häßlich dargestellt wurde, sondern vor allem Chuck, bzw. die Ehe zwischen den beiden. Und in genau diesem Punkt wiedersprichen sich ja die Aussagen Lindas in ihrem Leben. also fand ich es ganz gut, dass die Pornoindustrie weder als Herd der Gewalt und Drogen, noch als Hort der sexuellen Befreiung und des alternativen Lebenstils, sondern als Markt dargestellt wurde.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
purgatorio
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman (2012)

Beitrag von purgatorio »

LOVELACE (USA 2013, Regie: Rob Epstein, Jeffrey Friedman)

Oha… tatsächlich ein guter Film. Sehr toll ausgestattet, detailliert und glaubwürdig. Licht und Schatten werden hier säuberlich getrennt. Dem Weg zum Star und Weltruhm folgt im Anschluss die Parallelhandlung aus Prügel, Misshandlung und Demütigung. Sehr interessanter Aufbau! Wobei ich anmerken muss, dass gerade die zweite Hälfte zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd die Drastik erreicht, die Linda in ihrem Buch schildert. Da wäre noch mehr drin gewesen. Aber insgesamt – auch im Angesicht der angenehmen Laufzeit – ein recht guter Film über den wohl berühmtesten Pornostar (wider Willen).
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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Arkadin
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman (2012)

Beitrag von Arkadin »

Guckst Du Dich gerade durch das Amazon-Prime-Programm, purgschi?
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purgatorio
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman (2012)

Beitrag von purgatorio »

Arkadin hat geschrieben:Guckst Du Dich gerade durch das Amazon-Prime-Programm, purgschi?
punktuell ja, aber nicht gezielt. Dann würde ich ja nur noch da hängen. Aber LOVELACE stach mir ins Auge und ich erinnerte mich, dass ich nach der Lektüre der Autobiographie den Film unbedingt sehen wollte :)
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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CamperVan.Helsing
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Re: Lovelace - Rob Epstein & Jeffrey Friedman

Beitrag von CamperVan.Helsing »

FarfallaInsanguinata hat geschrieben: Mi 26. Feb 2014, 00:32
Der Kniff mit der Zweiteilung dieses Spielfilms ist indes gelungen, denn nun bekommt der Zuschauer in retrospektiven Einstellungen zusätzliche Details serviert, die auf den ersten Blick verborgen blieben. Wenn z.B. vorher durch aus einem Hotelzimmer dringenden Krach der Anschein erweckt wurde, Linda und Chuck würden gerade leidenschaftlich bumsen, sehen wir nun im Nachhinein, dass dem mitnichten so ist, sondern Chuck Linda als Strafe für eine „schnippische Bemerkung“ windelweich prügelt. Hier hat der Film seine stärksten Szenen, besonders gelungen etwa Lindas nächtlicher Besuch bei ihren Eltern, wo sie ihre Mutter unter Tränen anfleht, wieder dort einziehen zu dürfen, weil Chuck sie misshandle, diese aber nur kalt entgegnet, sie solle gefälligst zu ihrem Mann zurückgehen und ihm eine gehorsame Ehefrau sein, wie es ihre verdammte Pflicht wäre.
Ich hab den Film am vergangenen Wochenende in einer Nachtausstrahlung des ZDF erwischt, und fand das ebenfalls einen gelungenen Kniff, wenn Szenen später wieder aufgegriffen werden, aber anders aufgelöst werden als erwartet. Und das bedeutet dann häufig schlimmer als erwartet.

Die Szene mit der Mutter fand ich ziemlich erschütternd, mir fällt da immer der Satz ein "Wenn es die Menschen nicht gäbe, wäre ich glatt Humanist geworden". Das eigene Leid muss an die nächste Generation weitergegeben werden, damit das eigene Martyrium nicht völlig sinnlos gewesen ist.

Und was nun auch an Lindas Aussagen vielleicht widersprüchlich war, oder vielleicht gar gelogen, Chuck Traynor war verdammter menschlicher Abfall.
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
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