Mörderisch - William Castle (1961)

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Mörderisch - William Castle (1961)

Beitrag von buxtebrawler »

HOMICIDALHRws.jpg
HOMICIDALHRws.jpg (90.61 KiB) 341 mal betrachtet

Originaltitel: Homicidal

Herstellungsland: USA / 1961

Regie: William Castle

Darsteller: Glenn Corbett, Patricia Breslin, Eugenie Leontovich, Alan Bunce, Richard Rust, James Westerfield, Gilbert Green, Joan Marshall
Eine attraktive Blondine heiratet einen Hotelangestellten, den sie gerade kennen gelernt hat und dem sie dafür 2000 Dollar anbietet. Miriam Webster, der Name, den sie angibt, ist falsch. Den Friedensrichter, der sie mitten in der Nacht trauen soll, ersticht sie während der Zeremonie und fährt davon. Wir erfahren, dass sie eigentlich Emily heißt und als Krankenschwester für eine Helga Swenson arbeitet. Miriam Webster ist der Name der Halbschwester von Emilys Gatten Warren. Erst nach einem weiteren Mord stellt sich das eigentliche Motiv heraus.
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Mörderisch - William Castle

Beitrag von buxtebrawler »

William Castle („Das Haus auf dem Geisterhügel“), berüchtigter US-Low-Budget-Filmer, ließ sich für seinen Film „Mörderisch“ aus dem Jahre 1961 offensichtlich stark von Hitchcocks „Psycho“ inspirieren und drehte einen im Prinzip ganz ähnlichen Schwarzweiß-Film.

Dennoch gibt es einige entscheidende Unterschiede, die „Mörderisch“ nicht zu einem reinen Rip-Off machen: Das Motiv für die Morde ist materielles Interesse statt in erster Linie psychopathologischer Natur und „Mörderisch“ greift den transsexuellen Aspekt Psychos auf, um ihn für damalige Verhältnisse sicherlich schockierend auf die Spitze zu treiben. Subtilität ist dabei Seines nicht; er geht wesentlich offensiver und direkter vor als Hitchcock, was dem Unterhaltungswert des Films aber natürlich zugute kommt. Einen zweiten Anthony Perkins mit seiner tragischen Zerbrechlichkeit sollte man zwar nicht erwarten, doch Joan Marshall in der Hauptrolle macht ihre Sache ganz hervorragend und ist, gleich in welcher Montur, ein echter Hingucker. Die Skrupellosigkeit und Brutalität, die das Drehbuch in ihre Rolle legte und von der Regie in Form spannend und blutig inszenierter Morde dankbar aufgegriffen wurden, stehen im Gegensatz zu ihrem äußeren Erscheinungsbild und wirkend daher umso erschreckender.

William Castle neigte gern zu Übertreibungen, so dass es kaum verwunderlich ist, dass die Reaktionen der Nebendarsteller meist zwischen Overacting und glaubhafter Hysterie pendeln, aber auch hier zählt für jemanden, der sich bewusst auf einen William-Castle-Film einlässt, selbstverständlich der Unterhaltungsfaktor, der durchgehend hoch ist. Trotz seiner Vorhersehbarkeit – insbesondere mit „Psycho“ sowie x Jahren Horror- und Thriller-Erfahrung im Hinterstübchen – ist „Mörderisch“ ein nicht nur auf Kurzweiligkeit bedachter, total liebenswerter Psycho-Thriller, der zu jeder Sekunde Castles Liebe zu dieser Art Kino erkennen lässt und nicht nur wieder vom Regisseur persönlich angesagt wird, sondern kurz vorm großen Finale den Zuschauer eindrücklich warnt und einen Countdown herunterzählt – genial, muss man mal gesehen haben!

„Mörderisch“ ist gnadenlos unterbewertet und zumindest hierzulande viel zu unbekannt. Ich brauche dringend mehr Castle-Stoff!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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untot
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Re: Mörderisch - William Castle

Beitrag von untot »

Danke für den Tipp Bux!! :D

Ich fand den Film echt gradios!!
Von der ersten Minute an wurde man nicht nur gut unterhalten, mich hat "Mörderisch" gefesselt bis zum Schluß.
Das Thema hatte man wohl so damals noch nicht gehabt und so kann ich mir gut vorstellen das der Film einiges an Diskussionen ausgelöst haben mag.
Auch mich wundert das der Film so unbekannt ist, klar kann er nicht mit Meisterwerken wie "Psycho" mithalten, aber er kommt meiner Meinung nach schon ziemlich nahe ran.
Ich hatte zwar des Buxens Review, mit dem kleinen Spoiler *hüstel*, vorher zum Glück nicht gelesen, aber ich wusste auch so ziemlich früh wie der Hase läuft, aber es war verdammt gut gemacht, denn meine "Mitgucker" wollten es nicht glauben, aber ich hatte dann doch recht.
Wie dem auch sei, spannende Unterhaltung, mit Niveau und dem typischen, 60er Jahre Charme, top! :thup:

8,5/10
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buxtebrawler
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Re: Mörderisch - William Castle

Beitrag von buxtebrawler »

Freut mich, dass ich dir auch mal einen gelungenen Tipp unterbreiten konnte, liebste untot! :)
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sergio petroni
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Re: Mörderisch - William Castle

Beitrag von sergio petroni »

Eine attraktive Blondine checkt in ein Hotel ein und überredet den Pagen sie des nachts zu heiraten.
Sie bietet ihm 2000 Dollar und beteuert, daß die Ehe danach gleich wieder annulliert würde. Der Page
stimmt zu. Im Verlauf des Abends kommt es zu einer schockierenden Bluttat.
Danach sehen wir besagte Blondine namens Emily, wie sie eine ältere Dame namens Helga pflegt.
Helgas Sohn Warren, Emilys Ehemann, wird von einer Reise aus Dänemark zurückerwartet.
Warrens Halbschwester Miriam und ihr Verlobter Karl haben ein distanziertes Verhältnis zu Emily, legt diese
doch ab und zu ein eher etwas befremdliches Wesen an den Tag. Auch Helga scheint Angst vor
ihrer Schwiegertochter zu haben. Nach Warrens Ankunft brechen sich verborgene Gefühle Bahn,
und es kommt zu weiteren Gewalttaten.

William Castle ist halt William Castle. Er greift auf Hitchcocks "Psycho", der ein Jahr zuvor entstand,
als Blaupause zurück und spinnt seine eigene Geschichte daraus. Dabei sind viele Einstellungen und Szenenbilder
verblüffend ähnlich. Emilys Autofahrt ähnelt Marion Cranes. Der Polizeiwagen könnte sogar der gleiche sein.
Der Motelpatio gleicht dem von Miriams Blumenladen. Auch die berühmte Treppenszene von Arbogast
scheint sich in "Homicidal" zu wiederholen, sogar mit ähnlichen Zoomfahrten. Von inhaltlichen
Ähnlichkeiten ganz zu schweigen.
Doch ist Castle ein Plagiator? Keineswegs. Sein Werk ist ein astreiner Psychothriller, der den Zuschauer
mühelos bei der Stange hält, und zwar gleich vom ersten, unerwartet blutigen Messermord an.
Hier ist Castle seinem Vorbild in Sachen Schockwirkung nahezu ebenbürtig. Castle selbst versuchte
"Homicidal" als den besseren "Psycho" zu verkaufen, baute vor dem Finale eine 45-sekündige Pause (Fright Break)
ein, in der allzu ängstliche Zuschauer den Kinoslaal verlassen und sogar das Eintrittsgeld zurückfordern konnten.
Ohne "Psycho" würde "Homicidal" heutzutage dessen Stellenwert einnehmen. Allerdings gäbe es
"Homicidal" ohne "Psycho" natürlich nicht.
Ein kleiner Geniestreich Castles, leider viel zu wenig bekannt.
7,5/0
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Blap
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Re: Mörderisch - William Castle

Beitrag von Blap »

sergio petroni hat geschrieben: Fr 3. Sep 2021, 21:43 Ein kleiner Geniestreich Castles, leider viel zu wenig bekannt.
7,5/0
So sieht es aus. Da darf man gern noch 0,5-1 Pünktchen addieren. :smile:
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CamperVan.Helsing
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Re: Mörderisch - William Castle

Beitrag von CamperVan.Helsing »

sergio petroni hat geschrieben: Fr 3. Sep 2021, 21:43 7,5/0
:???:
buxtebrawler hat geschrieben: Di 13. Sep 2011, 13:02 Das Motiv für die Morde ist materielles Interesse statt in erster Linie psychopathologischer Natur
So völlig würde ich da nicht mitziehen. Sicher ist das Millionenerbe ein stichhaltiges Motiv, ich sehe aber auch darin eine (erhoffte) finanzielle Kompensation für das erlittene Leid und die Folgen für Warrens Psyche. Ohne den Kontext der Vergangenheit erscheinen die aktuellen Morde vielleicht nur finanziell motiviert, was m.E. deutlich zu kurz gegriffen ist.

Vor 60 Jahren gewiss schockierend, enthält "Mörderisch" mehr Substanz, als ich aufgrund des Gimmicks mit der "Fright break" und der "Coward's corner" befürchtet hätte. Lohnt sich!

My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
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