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New Yorker Geschichten.jpg (99.97 KiB) 62 mal betrachtet
Originaltitel: New York Stories
Herstellungsland: USA / 1989
Regie: Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Woody Allen
Darsteller(innen): Nick Nolte, Rosanna Arquette, Heather McComb, Woody Allen, Julie Kavner, Talia Shire, Steve Buscemi, Illeana Douglas, Gia Coppola, Carmine Coppola, Giancarlo Giannini, James Keane, Don Novello, Patrick O'Neal, Marvin Chatinover, Mae Questel, Mia Farrow u. A.
Episodenfilm: "Life Lessons": Ein egomanischer Maler (Nick Nolte) und eine Frau mit Indentitätsproblemen (Rosanna Arquette) durchleiden eine selbstzerstörerische Beziehung. "Life without Zoe": Ein zwölfjähriges, reiches Mädchen, dessen einziger Freund ein Pförtner ist, muß vor ihrer Zeit erwachsen werden, um ihren Vater davor zu retten, als Schuldiger aus einem Juwelendiebstahl dazustehen. "Oedipus wrecks": Sheldon (Woody Allen) ist nicht in der Lage, ein Leben ohne seit alldominierende Mutter zu führen, so sehr er es auch versucht, nicht einmal als sie nicht mehr unter den Lebenden weilt.
Die Weltklasse-Regisseure Martin Scorsese („Taxi Driver“), Francis Ford Coppola („Der Pate“) und Woody Allen („Der Stadtneurotiker“) inszenieren einen Episodenfilm – was soll da schon schiefgehen können? Nun ja, beispielsweise, dass die daraus resultierende Erwartungshaltung unterlaufen wird, insbesondere wenn es einen großen Ausreißer gibt. Der 1989 veröffentlichte Film setzt sich aus drei in sich abgeschlossenen Episoden zusammen, eine Rahmenhandlung o.ä. gibt es nicht; es ist lediglich allen gemein, dass sie in New York spielen:
„Du wirst es packen, Lionel!“
Martin Scorsese verfilmte für seine „Lebensstudien“ ein Drehbuch Richard Price‘: Nick Nolte („Nur 48 Stunden“) mimt den etwas exzentrischen bildenden Künstler Lionel Dobie, der kurz vor einer wichtigen Ausstellung von seiner Freundin Paulette (Rosanna Arquette, „Susan … verzweifelt gesucht“) verlassen wird. Paulette interessiert sich vielmehr für den Performance-Künstler Gregory Stark (Steve Buscemi, „Abschiedsblicke“), was Lionel hinzunehmen vorgibt und Paulette seine Freundschaft vorgaukelt, sich ihr gegenüber jedoch als große Nervensäge erweist.
„Ich muss nicht mehr mit dir ins Bett?“
Die Episode thematisiert die schwierige Beziehung der beiden zueinander, was visuell mit Zeitlupen, Liebesfantasien unterm Blaufilter und verengten Blickfeldern Lionels einhergeht, während wiederkehrend der ‘60er-Evergreen „A Whiter Shade of Pale“ ertönt und man auch eine interessante Version von „Like a Rolling Stone“ zu hören bekommt. Leider kann die Pointe da nicht mithalten, in der (Achtung: Spoiler!) Lionel sich schlicht bereits nach kurzer Zeit die Nächste aufreißt. Unterm Strich bleibt eine gut geschauspielerte Warnung vor alternden, schlecht allein sein könnenden Künstlern, die für einen Scorsese aber ein wenig enttäuscht. 6 von 10 Punkten.
„Wir sind von den Irren Nachrichten, nicht vom Playboy!“
Francis Ford Coppola verfasste das Drehbuch zu seiner Episode „Leben ohne Zoe“ zusammen mit seiner Tochter Sofia. Die zwölfjährige Zoe (Heather McComb, „Generation X“) ist ein verwöhntes, im Hotel lebendes Töchterchen reicher, aber getrenntlebender Eltern (Talia Shire, „Der Pate“ und Giancarlo Giannini, „Sieben Schönheiten“). Sie freundet sich dem Neffen (Selim Tlili, „Cantara“) eines arabischen Scheichs an und wird Zeugin, wie das Hotel überfallen wird. Fortan spielt ein Ohrring eine große Rolle, der ihren Vater in die Bredouille bringt, letztendlich dazu führt, dass Zoe ihre Eltern wieder zusammenbringen kann.
Zoe führt per Voice-over über Flötenspielklängen in die Episode ein, bevor Rückblenden in ihre Kindheit und ein animierter Vorspann in die eigentliche Handlung übergehen. Auch diese wird von Zoe wiederholt aus dem Off kommentiert. Mit ihrer Mutter spricht sie auf sehr altkluge Weise, was angesichts ihrer Alters irritiert. Der Stil der Episode ist komödiantisch, zu lachen gibt es aber nichts. Zirkuseinlagen auf einem Kostümfest und ein Flötenkonzert Zoes Vaters strecken den Kurzfilm, der ein paar schräge Kameraperspektiven und eine niedlich anzusehende Hauptdarstellerin anzubieten hat, darüber hinaus jedoch nicht viel. Und wer glaubte, Scorseses Pointe sei bereits schwach gewesen, wird sich eingestehen müssen, dass Coppola diese locker unterbietet. Nichtssagend und enttäuschend, daher nicht mehr als 3 von 10 Punkten wert, aber immerhin von ein wenig filmhistorischem Interesse, da Schauspielerin Heather McComb hier debütiert.
„Gott, du siehst ja furchtbar aus!“
Am stärksten die Handschrift des Regisseurs erkennt man in Woody Allens Komödienepisode „Ödipus Ratlos“, für die er nicht nur auch das Drehbuch verfasste, sondern wie gewohnt auch die Hauptrolle bekleidet. Er mimt Rechtsanwalt Sheldon Mills, einen Mann mittleren Alters, der sein ungeklärtes Verhältnis zu seiner Mutter (Mae Questel, „A Majority of One“) in Therapiesitzungen psychologisch behandeln lässt. Das ist ziemlich witzig, weil seine Mutter tatsächlich unmöglich ist: Sie behandelt ihn wie einen unselbständigen Einfaltspinsel und glaubt, seine Verlobte Lisa (Mia Farrow, „Peyton Place“) sei zu gut für ihn. Die Alpträume, von denen er seinem Therapeuten erzählt, werden anschaulich visualisiert. Als seine Mutter bei einem Zaubertrick auf der Bühne plötzlich verschwindet, ist er zunächst schockiert – doch bereits kurz darauf empfindet er ihre Abwesenheit als große Entlastung. Dass sie aber schließlich unvermittelt überlebensgroß am Himmel erscheint und mit ihm und einigen Passanten spricht, scheint zunächst eine weitere Vision Sheldons zu sein, entpuppt sich jedoch überraschend als filmische Realität, die die Episode zur Groteske macht. Sogar das Fernsehen berichtet über dieses außergewöhnliche Phänomen. All das belastet seine Beziehung enorm. Schließlich sucht er ein Medium auf…
…und findet in ihr (Achtung: Spoiler!) endlich eine Frau, die seiner Mutter gefällt! Diese Verfilmung und Verarbeitung eines Ödipus-Komplexes geht mit viel Allen-typischem Humor einher und unterhält prächtig, bietet aber nicht viel, was man nicht bereits von Allen gekannt hätte. Dennoch ist „Ödipus Ratlos“ der Gewinner dieser Anthologie. 7 von 10 Punkten und auch hier ein nicht ganz unbedeutendes Schauspielerinnen-Debüt: Lisas kleine Tochter wird von niemand Geringerer als Kirsten Dunst („Spider-Man“) verkörpert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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