Prime Cut - Michael Ritchie

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Blap
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Prime Cut - Michael Ritchie

Beitrag von Blap »

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DVD: explosive media



Prime Cut - Die Professionals (USA 1972, Originaltitel: Prime Cut)

Würstchen aus Kansas

In Chicago werden die Gangsterbosse zunehmend ärgerlich! Mary Ann (Gene Hackman) schuldet dem Syndikat bereits eine halbe Million Dollar, denkt jedoch nicht daran einen einzigen Cent zu berappen. Mehr noch, er sendet den letzten Geldeintreiber per Post zurück, verarbeitet zu Mettgut und in Würstchenpelle gepresst. Nun baut man auf die Dienste von Nick Devlin (Lee Marvin), mit ein paar Helferlein macht er sich auf den Weg nach Kansas. Dort betreibt Mary Ann einen Schlachthof, verkauft überdies junge Mädchen und Drogen. Nick befreit Poppy (Sissy Spacek) aus den Fängen seines Gegenspielers, kein geeignetes Mittel zur Entspannung der Gesamtsituation. Weder Platzhirsch noch Inkassobeauftragter können nachgeben, offenbar vermag nur noch der Griff zur groben Kelle für Klärung sorgen ...

Beim Stichwort "New Hollywood" wird vermutlich kaum der Name Michael Ritchie fallen. In den sechziger Jahren war der Regisseur für TV-Produktionen aktiv, sein kerniger Gangsterthriller "Prime Cut" fand leider kaum Beachtung. Immerhin konnte Ritchie später diverse Erfolge verbuchen, als Beispiele möchte ich "Die Bären sind los" (1976) und "Fletch - Der Troublemaker" (1985) anführen. "Prime Cut" ist kein Werk feiner Zwischentöne, zielstrebig schreitet der Plot vorwärts, alle relevanten Charaktere sind klar umrissen, Tiefgang oder Überraschungen stehen nicht auf der Speisekarte. Gewaltdarstellungen geraten nie allzu ausufernd, Stärke des Streifens ist die stets bedrohliche und aufgeladene Atmosphäre. Hier und da bleibt Raum für prächtige Bilder, in dieser Hinsicht punkten vor allem atemlose Momente im Kornfeld, in der ein fetter Hinterwäldler Marvin und Spacek per Mähdrescher ans Fell will, Alfred Hitchcock lässt grüßen. Später hauen sich die Gegenspieler inmitten malerischer Sonnenblumenfelder heißes Blei um die Ohren, wohl eine Verneigung vor dem "Sunflower State" Kansas.

Lee Marvin und Gene Hackman prallen mit aller Wucht aufeinander. Marvin zeigt uns Nick Devlin als Ganoven mit Anstand, ohne Zögerlichkeit befreit er gewissermaßen Jungfrau Poppy aus den Krallen teuflischer Bestien. Sissy Spacek dankt es ihrem Retter mit Aufmerksamkeit und Zuneigung. Allerdings bewegt sich die Beziehnung zwischen Poppy und Nick überwiegend auf einer "Vater-Tochter-Ebene", obschon der ältere Herr die Bewunderung sichtlich genießt, sich an der erfrischenden Unverdorbenheit seines Schützlings labt. Zurück zum Duell Marvin vs. Hackman. Während Nick noch immer ein großes Herz im Leib trägt, kommt Hackman als Mary Ann -was für ein Name für einen knallharten Schwerverbrecher- wie das bellende Konzentrat des Bösen daher. Unbequeme Gauner zu beseitigen mag in seinen Kreisen normal sein, hemmungsloser Menschenhandel und Drogenvertrieb sind ein anderer Sport, Sport für den Nick keinerlei Toleranz aufbringt. Folglich bieten Originalton und deutsche Synchronisation etliche Grobheiten auf, vor allem Mary Ann erweist sich Freund harscher Worte. Marvin, Hackman und Spacek spielen großartig, ich möchte einige Nebendarsteller dennoch kurz würdigen. Im Angebot habe ich Gregory Walcott, er stellt Wennie dar, Mary Anns Bruder. Weenie gibt sich nicht minder menschenverachtend, indes fehlt ihm der abgebrühte Verstand seines Bruders, dient er als Metzergeselle des Grauens dem Unheil. Angel Tompkins fällt der Part ruchloses Flittchen zu, typische Gangsterbraut, freilich war sie vor Mary Ann mit Nick Devlin zusammen, würde den Hengst gern erneut wechseln. Janit Baldwin sehen wir als Violet, Poppys beste Freundin muß als Spielplatz für Wennies Perversionen herhalten. Lee Marvins Begleiter bleiben unscheinbar, der Chef schultert das Unternehmen sowieso.

Starkes Ensemble, stimmungsvolles (und stilsicher eingefangenes) Umfeld, gut dosierte Mischung aus rohen Dialogen, Spannung, Action und Gewalt. Mich hat die gradlinige Marschrichtung nicht gestört, Michael Ritchie inszeniert punktgenau, seine Darsteller füllen ihre Schablonen mit Leben auf, geben Klischees neue Kraft.

explosive media präsentiert "Prime Cut" auf einer guten DVD, ungekürzt und in ansprechender Qualität. Im Bonusbereich findet der Filmfreund Trailer und Bildergalerie. Wenn es einen Schwachpunkt gibt, dann das etwas einfallslos gestaltete Cover. Leider ziert das Motiv nicht nur den Schuber, sondern auch Cover und Wendecover der DVD-Hülle. Ferner liegt ein Booklet mit Anmerkungen von Markus Tschiedert bei. Tschiedert schreibt kurzweilig und gehaltvoll, ich möchte daher mit einem Zitat schließen: "Dennoch ist "Prime Cut" ein knallharter Gangsterfilm mit einem stets sarkastischen Unterton, ein Zeugnis seiner Zeit, als in Hollywood für kurze Zeit eine kreative Kraft und Euphorie herrschte."

7,5/10 (gut bis sehr gut) Klarer Kauftipp!


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Re: Prime Cut - Michael Ritchie

Beitrag von buxtebrawler »

Ist mutmaßlich am 27.06.2019 bei Explosive Media zusammen mit "Monte Walsh" als "Lee Marvin Double Feature" noch einmal auf Blu-ray und Doppel-DVD erschienen:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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